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24.11.17 / Von der Mücke zum Elefanten, oder ... / ... warum der »größte Steuerskandal aller Zeiten« relevant wie ein Mückenstich ist und trotzdem gefährliche Folgen haben kann

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-17 vom 24. November 2017

Von der Mücke zum Elefanten, oder ...
... warum der »größte Steuerskandal aller Zeiten« relevant wie ein Mückenstich ist und trotzdem gefährliche Folgen haben kann
Dirk Pelster

Es ist kein Rauschen im Blätterwald, es ist ein Sturm, sozusagen eine mediale Extremwetterlage: Bei der Berichterstattung über die sogenannten Paradise Papers reiht sich ein Superlativ an den nächsten: Niemals wurden mehr vertrauliche Daten der Öffentlichkeit zugespielt. Niemals schlossen sich weltweit mehr Journalisten zur gemeinsamen Recherche zusammen, und natürlich ist es der größte Steuerskandal aller Zeiten.

Die Rede ist von den sogenannten Paradise Papers, ein zugegeben gigantischer Datensatz von 13,4 Millionen Dokumenten. Der Großteil sind Geschäftsunterlagen von Appleby, einer der größten Off-

shore-Kanzleien der Welt. Offshore steht für Steuerparadiese mit geringer Finanzregulierung und großer Diskretion. Appleby hilft dementsprechend seinen Kunden Steuern zu sparen. Aber geschah es über den Rahmen des gesetzlich Erlaubten hinaus? 

400 Journalisten weltweit werteten die zugespielten Appleby-Datensätze aus. In Deutschland waren Mitarbeiter von „Süddeutscher Zeitung“, WDR und NDR dabei. Stichworte wie „kriminelle Briefkastenfirmen“, „Machtmissbrauch“ und „Korruption“ heizten die Stimmung an. Den elefantösen Ankündigungen folgten dann allerdings Enthüllungen mit der Relevanz von – wenn überhaupt – Mückenstichen.

Zugegeben, die Auswertung der gestohlenen Daten brachte eine Vielzahl an Namen von Politikern und anderen Prominenten zutage, die sich an Unternehmen in Steuerparadiesen beteiligt haben. Ebenso wurden Details zur Art und Weise ihres finanziellen Engagements bekannt. Zu der generellen Funktionsweise von Offshore-Firmen konnten die Recherchen aber keine nennenswerten neuen Erkenntnisse beisteuern. Der Besitz eines Unternehmens in einer Steueroase ist zudem weder in Deutschland noch in den meisten anderen Ländern strafbar. Erst, wenn die von dort zurückfließenden Gewinne von den Inhabern in ihren Wohnsitzstaaten nicht ordnungsgemäß beim Fiskus gemeldet werden, begehen diese eine strafrechtlich verfolgbare Steuerhinterziehung.

Nichtsdestotrotz ist ein finanzielles Engagement in einem Steuerparadies gerade für Politiker heikel. Sie sehen sich schnell dem Vorwurf ausgesetzt, dem eigenen Staat Steuereinnahmen vorzuenthalten. Da auch die selbsternannten Enthüllungsjournalisten der „SZ“ und ihres Recherchenetzwerkes schnell einräumen mussten, dass die von ihnen aufgedeckten Geschäftstätigkeiten zumeist vollkommen legal sind und nur in Einzelfällen tatsächlich gegen Gesetze verstoßen wird, setzten sie bei ihrer medialen Skandalisierung genau auf diesen Empörungsmechanismus. 

Ein weiteres wichtiges Element der Kampagne ist die ständige Hervorhebung des Gerechtigkeitsargumentes: Der vielbeschworene „Kleine Mann“ in Deutschland hat brav seine Steuern abzuführen, während Großkonzerne und Multimillionäre über ausländische Briefkastenfirmen riesige Summen am Fiskus vorbeischleusen. Dieses Argument wird zunehmend auch von bundesdeutschen Politikern aufgegriffen. Doch die Kritik ist nur bedingt berechtigt. Tatsächlich unterhalten in Deutschland tätige große Unternehmen und Personen nicht selten Firmen auf Offshore-Finanzplätzen, an denen selbst keine oder nur geringe Steuern anfallen. Ebenso ist es richtig, dass mit diesen Unternehmen in Deutschland Steuern eingespart werden. Dies geschieht in der Regel dadurch, dass die in einem Steuerparadies beheimatete Tochter- oder Schwesterfirma eines hierzulande tätigen Betriebes diesem eine Leistung in Rechnung stellt. Auf der Seite des in Deutschland tätigen Unternehmens entstehen also Kosten, die mit den hier erzielten Einnahmen gegengerechnet werden können. Damit verkürzt sich der inländische Gewinn und folglich auch die Steuerlast. 

Grundsätzlich ist ein solches Vorgehen legal. Problematisch ist lediglich, dass die von der im Ausland sitzenden Firma erbrachten Leistungen häufig überhöht und zum Teil sogar nur fiktiv sind. Wer hier eine rigidere Kontrolle fordert, muss sich allerdings einer Gefahr bewusst sein: Würde der Fiskus, der derzeit im Wesentlichen nur den Anfall von Kosten sowie deren Zweck überprüft, künftig auch bewerten dürfen, ob diese wirtschaftlich sinnvoll und der Höhe nach angemessen sind, dann kann dies schnell dazu führen, dass bald einem Durchschnittsverdiener die Pendlerpauschale mit dem Hinweis gestrichen wird, dass er ja näher an seinen Arbeitsort ziehen könne.

Ebenso könnte ein Finanzbeamter einem Kleinunternehmer dann die volle steuerliche Absetzbarkeit der Kosten seines bei einem deutschen Automobilhersteller beschafften Transportwagens verwehren, weil auf dem Markt auch Fahr

zeuge eines koreanischen Produzenten gleicher Größe angeboten werden, die zur Hälfte des Preises erhältlich sind. Im Übrigen führt die Einschaltung von Offshore-Firmen in der Regel auch nicht zu einem Totalverlust von in Deutschland abzuführenden Steuern. So verbleibt die Mehrwertsteuer zumeist schon deshalb beim deutschen Fiskus, weil es diese Abgabenart in Steuerparadiesen häufig gar nicht gibt und sie somit nicht verrechnet werden kann. 

Letztlich fließen die in Steueroasen generierten Gewinne regelmäßig zurück an deren Anteilseigner in den Industrieländern und sind hier zu versteuern. Zwar werden somit immer noch Teile der Ertragssteuern eingespart, jedoch muss man in der gesamten Diskussion die extrem hohe Abgabenlast in Deutschland berücksichtigen. Nach Abzug aller Kosten für Personal, Räumlichkeiten und selbst empfangener Leistungen, führt eine in der Bundesrepublik tätige umsatzstarke Kapitalgesellschaft von jedem vereinnahmten Euro durchschnittlich rund 43 Prozent Steuern an das Finanzamt ab. Die Aktionäre oder Anteilseigner haben in diesem Fall immer noch keinen einzigen Cent von dem Gewinn gesehen. Sie werden bei einer Ausschüttung noch einmal gesondert vom Fiskus abkassiert. 

Letztlich muss berücksichtigt werden, dass den ohnehin ständig ansteigenden Steuereinnahmen keine angemessenen Leistungen mehr gegenüberstehen. Während Straßen verfallen, Lehrer und Polizisten fehlen, gibt der Staat Abermilliarden für eine verfehlte Flüchtlingspolitik und andere absurde ideologische Projekte aus. Wer in der Steuerdebatte über Gerechtigkeit reden will, sollte einmal grundsätzlich die Frage beantworten, wie viel Geld ein Staat von seinen Bürgern verlangen und wofür er es verwenden darf.





2015 waren es die Panama Papers

Einigen Journalisten der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) wurden 2015 von einem anonymen Informanten illegal beschaffte Daten der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack-Fonseca angeboten. Das Geschäftsmodell dieser Kanzlei besteht in der Gründung und Verwaltung von Offshore-Firmen in Steuerparadiesen. Der Informant gab an, dass er helfen wolle, angebliche Straftaten in Zusammenhang mit den von Mossack-Fonseca verwalteten Unternehmen öffentlich zu machen. 

Insgesamt stellte er über elf Millionen Dokumente zur Verfügung. Da man bei der „SZ“ mit der Bewältigung dieser Datenflut schlichtweg überfordert war, schloss man sich national und international mit anderen Medien zusammen. Koordiniert wurde die Auswertung vom International Consortium of Investigative Journalists, einer Vereinigung linksliberaler Medienmacher, die auch von George Soros finanziert wird. 

Obgleich die Sichtung dieser Panama Papers nach wie vor noch nicht abgeschlossen ist, gelangte die „SZ“ und das hinter ihr stehende Recherchekollektiv im Verlauf diesen Jahres an weitere Dokumente. Diesmal stammten die nun als Paradise Papers bezeichneten Daten von der Kanzlei Appleby. In einer großangelegten Kampagne wurden sowohl die Panama als auch die Paradise Papers von der SZ und anderen Mainstreammedien pompös inszeniert. Zu der angeblich erhofften Aufklärung von Straftaten bei den Panama Papers ist es bislang dennoch nicht gekommen. Zwar wurden in einigen wenigen Fällen strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Vor einem Gericht angeklagt worden ist jedoch – auch eineinhalb Jahre nach Veröffentlichung – noch niemand. Lediglich einzelne Politiker, wie der isländische Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson, haben wegen ihrer Beteiligung an einer Briefkastenfirma ihren Hut nehmen müssen. DP