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24.11.17 / Wichtige Standortbestimmung eines Konservativen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-17 vom 24. November 2017

Wichtige Standortbestimmung eines Konservativen
Karlheinz Lau

Seit der Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zum „Tag der Deutschen Einheit“ am 3. Okto-ber und den Stellungnahmen der Parteien zu ihren Ergebnissen in den Bundestagswahlen vom 

24. September sind Begriffe wie Heimat, Tradition, bürgerlich- konservative Erneuerung wieder deutlich ins Gespräch gekommen. Sogar die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ betitelte am 9. Okto-ber einen Beitrag mit der Frage: „Ist konservativ wieder sexy?“

Die Meinungsumfragen einzelner Institute bestätigen eine Grundstimmung für diese Werte in der Bevölkerung, Pegida oder AfD haben allerdings nicht die Meinungsführerschaft. Bisher platzierten diese Werte der allgemeine Zeitgeist und/oder die Political Correctness in die rechte Ecke.

Mit Sicherheit werden diese sich andeutenden Entwicklungen vom Autor des Buches „Heimatlos“ mit Interesse verfolgt, weil er sich als einen heimatlosen Konservativen sieht. Die aktuellen Zeitströmungen kennzeichnet er als Anpassungsmoralismus und Augenblicksopportunismus. Das zeigt Ulrich Greiner an konkreten Beispielen, mit denen er sich auseinandersetzt. Zu nennen sind Political Correctness, Antifaschismus, die Gleichsetzung von rechts mit rechtsradikal oder gar Faschismus. 

An der Person Wolf Biermann beschreibt Greiner, wie ein überzeugter Kommunist sich von den linken Ideen allmählich abwendet. Es war für Biermann ein langer und sicher auch schmerzhafter Prozess. Anhand dieses 

Schicksals formuliert der Autor sein Unverständnis, dass gerade in Kreisen der Eliten es nach wie vor schick oder zumindest akzeptabel ist, links zu sein. 

Wie man als überzeugtes Mitglied der SED nach der politischen Wende Karriere machen kann, ohne seine Überzeugung über Bord zu werfen, zeigt Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei im Bundestag. Greiner knüpft daran die Überlegung, wie die öffentliche Reaktion wäre, wenn ein ehemaliger Funktionsträger der NSDAP in einer der heutigen demokratischen Parteien Politik machte. 

Weitere Felder seiner kritischen Betrachtungen sind die Sterbehilfe, das lange umstrittene Thema der künstlichen Befruchtung, die Flüchtlingskrise, der Islam und damit verbunden die Auseinandersetzungen um eine multikulturelle Gesellschaft. Probleme hat er als gläubiger Katholik mit der Homo-Ehe. 

Eine ganz zentrale Bedeutung besitzt für Greiner die deutsche Sprache als das „stärkste Bindeglied der Menschen einer Region“. Er bedauert die Zurück-drängung der Sprache durch das Englische – im Alltag und auf der Ebene der Wissenschaften, der Wirtschaft und der Politik. 

Die deutsche Sprache schaffe Identität und ist wesentlicher Teil der eigenen Leitkultur; diese ist für den Autor kein „rechtes“ Unwort. Zu dieser Identität gehörten Tradition und Bewusstsein der eigenen Geschichte, wobei die deutsche Nachkriegsgeschichte im Bann von Auschwitz stehe, das Teil der deutschen Identität sein müsse.

Greiner knüpft daran die Frage, wie zugewanderte Deutsche damit umgehen oder umgehen werden. Er spricht es deutlich aus: „Wenn sie eines Tages wirklich integriert sein sollen, darf ihnen das Thema nicht gleichgültig sein.“ Die Kenntnis der deutschen Geschichte könne und dürfe sich aber nicht nur auf die Zeit seit 1933 bis zur Gegenwart beziehen, was flächendeckend verbreitet sei.

Das Buch ist keineswegs die Klage eines enttäuschten Konservativen älteren Jahrgangs, sondern es ist der selbstkritische Versuch eines Zeitgenossen, seinen Standort in der gegenwärtig realen Welt der Bundesrepublik Deutschland zu suchen und auch zu finden. Das geschieht durch eine genaue Analyse der genannten Phänomene. Hierzu sammelt er Stimmen von Persönlichkeiten, die Aussagen zur Thematik machen, beziehungsweise er bemüht Klassiker wie Schiller, Goethe oder Kant, die aus ihrer Sicht schon damals Grundsätzliches sagten, was heute noch gilt. 

Der Band ist eine wichtige Standortbestimmung, zumal Vergleichbares gegenwärtig kaum vorhanden ist. Vielleicht ist Dieter Borchmeyers „Was ist deutsch“ (2017) zu nennen. Übersichtlich die Gliederung sowie klar und deutlich in Sprache und Inhalt hat Greiner ein lesenswertes und aktuelles Buch geschrieben. Der Leser sieht ihn nicht als heimatlosen Konservativen.

Ulrich Greiner: „Heimatlos – Bekenntnisse eines Konservativen“, Rowohlt Verlag, Reinbek 2017, gebunden, 157 Seiten, 19,95 Euro