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01.12.17 / Können im Gefecht allein nicht mehr traditionsstiftend / Neuer Traditionserlass der Bundeswehr zieht klare Trennlinie zu Wehrmacht und Nationaler Volksarmee

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-17 vom 01. Dezember 2017

Können im Gefecht allein nicht mehr traditionsstiftend
Neuer Traditionserlass der Bundeswehr zieht klare Trennlinie zu Wehrmacht und Nationaler Volksarmee
Jan Heitmann

Das Bundesverteidigungsministerium hat nach einer Reihe sogenannter, teilweise ressortübergreifender, Workshops den Entwurf des neuen Traditionserlasses für die Bundeswehr fertiggestellt. Zwar ging es laut Vizeadmiral Joachim Rühle, Stellvertreter des Generalinspekteurs, bei der Überarbeitung des mittlerweile 35 Jahre alten Erlasses nicht um eine „radikale Neuschreibung“, sondern um eine „sinnvolle Weiterentwicklung“, doch folgt das Dokument der von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vorgegebenen Direktive, zu „nicht traditionswürdigen Kapiteln, Ereignissen und Personen“ eine klare Trennlinie zu ziehen.

Soldatische Tugenden wie Tapferkeit, Ritterlichkeit und Pflichterfüllung und sogar Beispiele herausragender Truppenführung dürfen auch weiterhin „in der Bundeswehr Anerkennung finden“. Allerdings sind sie „immer im histo- rischen Zusammenhang zu bewerten und nicht zu trennen von den politischen Zielen, denen sie dienten“. „Handwerkliches Können im Gefecht“ soll allein nicht mehr reichen, um sinn- und traditionsstiftend zu sein.

Die Trennung von nunmehr nicht Traditionswürdigem betrifft zuallererst die Wehrmacht, die in dem Vorgängererlass von 1982 noch gar nicht explizit erwähnt worden war. So heißt es jetzt: „Die Wehrmacht diente dem national- sozialistischen Unrechtsregime und war in dessen Verbrechen schuldhaft verstrickt, die in ihrem Ausmaß, in ihrem Schrecken und im Grad ihrer staatlichen Organisation einzigartig in der Ge- schichte sind.“ Und weiter: „Der verbrecherische NS-Staat kann Tradition nicht begründen. Fur die Streitkräfte eines freiheitlichen demokratischen Rechtsstaates ist die Wehrmacht als Institution nicht sinnstiftend. Gleiches gilt fur ihre Truppenverbände, Organisationen, Militärverwaltung und den Rüstungsbereich.“ Immerhin gesteht der Erlass Einzelpersonen zu, traditionswürdig für die Bundeswehr zu sein. Voraussetzung dafür ist „immer eine sorgfältige Einzelfallbetrachtung und Abwägung, die die Frage persönlicher Schuld einschließt sowie eine Leistung zur Bedingung macht, die vorbildlich oder sinnstiftend in die Gegenwart wirkt, etwa die Beteiligung am militärischen Widerstand gegen das NS-Regime oder besondere Verdienste um den Aufbau der Bundeswehr“. Auch dem untadeligsten Wehrmachtsoldaten ist also „die Aufnahme in das Traditionsgut der Bundeswehr“ verwehrt, wenn er weder dem Widerstand angehört noch später in der Bundeswehr gedient hat, um auf diese Weise seine demokratische Gesinnung unter Beweis zu stellen.

Mit dem neuen Erlass hängt auch der Nationalen Volksarmee der DDR der Makel fehlender Traditionswürdigkeit an. Dazu heißt es: „Die NVA wurde von der SED geführt, handelte im Sinne ihrer Politik und trug maßgeblich zu ihrer Herrschaftssicherung bei.“ Später folgt dann die deutliche Distanzierung: „Auch die NVA begründet als Institution keine Tradition der Bundeswehr. Als Hauptwaffenträger der Partei-Diktatur der SED war sie fest in die Staatsideologie der DDR eingebunden und wesentlicher Garant fur die Sicherung ihres politisch-gesellschaftlichen Systems.“ Was für die Traditionswürdigkeit einzelner NVA-Angehöriger gilt, ist bekannt: Einzelfallprüfung und die nachgewiesene Auflehnung gegen die SED-Herrschaft oder Verdienste um die „Armee der Einheit“.

Was der Bundeswehr bleibt, ist also vor allem ihre eigene Geschichte. Diese bietet nämlich laut Erlass „einen breiten Fundus, um Tradition zu stiften“. Diese Geschichte „zu würdigen und zu entfalten“ ist demnach Aufgabe aller Bundeswehrangehörigen. Denn daraus gewinne „das Selbstver- ständnis unserer Bundeswehr Sinn und Stolz“.