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01.12.17 / Die »Handelskrieger« / Billig geht’s zu bei Aldi und Lidl, schenken tut man sich trotzdem nichts: Die Discounter sind erbitterte Feinde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-17 vom 01. Dezember 2017

Die »Handelskrieger«
Billig geht’s zu bei Aldi und Lidl, schenken tut man sich trotzdem nichts: Die Discounter sind erbitterte Feinde
Frank Horns

Es geht um nicht weniger als die Weltherrschaft – zumindest in den Einkaufstaschen der Verbraucher. In die Schlacht geführt werden 250-Gramm-Butter-Stücke zu je 1,59 Euro (Aldi), und Samt-Blazer im Heidi-Klum-Design zu 19,99 Euro (Lidl). Um Marktanteile wird im US-Bundesstaat Virginia ebenso gerungen wie im englischen Liverpool oder im spanischen Toledo. Die beiden Konzern-Zwillinge Aldi Süd und Aldi Nord messen sich mit der Schwarz-Gruppe und ihren Töchtern Lidl und Kaufland.  

Seit vielen Jahren ringen die beiden Discount-Giganten quasi um jeden Straßenblock und um jede Häuserecke. Läuft irgendwo eine neueröffnete Discounter-Filiale gut, bleibt sie meist nicht lang alleine. Schnell klotzt die Konkurrenz ein eigenes Billig-Bollwerk in die Nachbarschaft. Das gilt nicht nur für Deutschland sondern rund um den Globus. Aldi ist mittlerweile in 20 Ländern der Welt präsent. In den USA beispielsweise erzielt Aldi Süd mit seinen 1760 Filialen demnächst wohl genauso viel Umsatz wie in Deutschland. In China versucht man gerade mit einem Internet-Handel Fuß zu fassen. Lidl denkt angeblich darüber nach, dem Erzrivalen ins Reich der Mitte zu folgen. Bereits vertreten sind Lidl-Filialen in 28 Ländern, die Kaufland-Kette in sieben.

So sind Deutschlands Discounter gleichzeitig zum weltweiten Exportschlager geworden. Wo das blau-weiße Aldi-Logo oder das dreifarbige Lidl-Emblem auftauchen, zittert die Konkurrenz. Zum Beispiel in England: Im Gegensatz zu britischen Anbietern wachsen die beiden Discount-Ketten dort zweistellig, und das nicht nur, weil sie kräftig investieren, sondern weil sie auf einheimische Produkte setzen. Bei Lidl gibt es britisches Rinderhack, britische Äpfel und britische Kürbisse. 70 Prozent der Waren sind „Made in England“, bei Aldi sind es sogar 77 Prozent. Die einheimische Konkurrenz kommt teilweise nur auf 50 Prozent. Deswegen wird wohl auch der Brexit Aldi und Lidl eher nutzen als schaden. Aldi ließ jüngst werbewirksam verlauten, dass man die Preise trotz EU-Ausstieg und Pfundschwäche nicht anheben werde. Da die meisten Waren in den Filialen aus Großbritannien stammen, werden sie für den Discounter ohnehin nicht teurer. Gelernt hat man die richtige Kundenansprache auf die härtest mögliche Tour, nämlich in Deutschland: Die hiesigen Kunden gelten als die schwierigsten und anspruchsvollsten weltweit.  

Derart kampferprobt hatte 2016 die Schwarz-Gruppe im Discounter-Wettstreit die Nase vorn, oder besser gesagt: den Einkaufswagen. Sie übersprang erstmals die Umsatzgrenze von 90 Milliarden Euro. Aldi blieb deutlich darunter. Das „Manager-Magazin“ nannte Klaus Gehrig, Konzernchef der Schwarz-Gruppe, daraufhin in seiner Titelgeschichte „Lidls Handelskrieger“ und kürte ihn zum Manager des Jahres. Im Interview mit der Wirtschaftzeitschrift zeigte sich der 68-jährige Niederbayer, der seit 40 Jahren in Diensten des  Dis-countgiganten aus dem schwäbischen Neckarsulm steht, in Erobererlaune. Er kündigte an, das Kaufland 2017 in die Republik Moldau gehen werde und es Lidl 2018 nach Serbien ziehe. 

In diesem Jahr allerdings hat ihm Erzrivale Aldi den Schneid abgekauft – zumindest in Deutschland, und das ist immer noch der wichtigste Absatzmarkt für beide Konzerne. Laut Marktforschungsinstitut GfK konnte Lidl danach die Umsätze von Januar bis August zwar um 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum steigern. Die SB-Warenhauskette Kaufland verbuchte aber ein Minus von 0,9 Prozent. Wettbewerber Aldi Nord legte dagegen um 5,7 Prozent zu, Aldi Süd sogar um 7,8 Prozent. Schwarz-Chef Gehrig zeigte sich zerknirscht. Der „Wirtschaftswoche“ erklärte er: „Wenn der Erfolg zur Regel wird, wird man mitunter nachlässig und weniger erfolgsorientiert.“ Man habe „etwas Speck ansetzt. Das darf in unserer Branche nicht sein“. 

Vor allem wenn die Konkurrenz gerade mit dem größten Investitionsprogramm der Firmengeschichte durchstartet: Bis zum Jahr 2019 will Aldi Süd seine 1880 deutschen Filialen für 3,5 Milliarden Euro modernisieren, gab das Unternehmen jüngst bei einer Pressekonferenz in der Firmenzentrale in Mülheim bekannt. Im Sommer hatte die Essener Schwester Aldi Nord bereits ein 5,2 Milliarden Euro schweres Programm für die eigenen 2300 Filialen gestartet. Mehr Markenartikel, mehr frische Produkte sollen das Sortiment aufhübschen, mehr Licht und ein edleres Interieur die Umsatzzahlen zum Funkeln bringen.

Bei Lidl besinnt man sich stattdessen gerade wieder auf alte Tugenden. Konzern-Chef Gehrig kritisierte jüngst die großen Eingangshallen in manchen modernisierten Lidl-Filialen als Platzverschwendung. Möglicherweise geht auch die Angst um, durch ein veredeltes Sortiment und Filialen in Palast-Optik genau dort Platz für einen Konkurrenten zu schaffen, wo man einst selber zum Welterfolg startete: bei günstigen Lebensmitteln, die auf schlichten Holzpaletten in kargen Räumen zum Verkauf stehen, und vor allem eines sind – unschlagbar günstig.