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01.12.17 / Das genaue Gegenteil von seinem Ruf / Vor 200 Jahren starb mit William Bligh der Mann, gegen den sich die Meuterei auf der »Bounty« richtete

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-17 vom 01. Dezember 2017

Das genaue Gegenteil von seinem Ruf
Vor 200 Jahren starb mit William Bligh der Mann, gegen den sich die Meuterei auf der »Bounty« richtete
Wolfgang Kaufmann

Die Karriere des überaus honorigen und befähigten britischen Marineoffiziers William Bligh begann im Juli 1761. Damals verpflichtete sich der am 9. September 1754 geborene Sohn eines Zollbeamten als Steward des Kapitäns des Linienschiffes „Monmouth“. Dem folgte 1770 der formelle Eintritt in die Royal Navy. Anschließend avancierte Bligh bis 1775 zum Steuermann der „Ranger“. Kurz darauf wurde der große Forschungsreisende James Cook auf ihn aufmerksam und bewirkte bei der Admiralität, dass Bligh den Posten des verantwortlichen Navigators auf der „Resolution“ erhielt. So war er dabei, als Cook 1776 mit der Bark auf die Suche nach der Nordwestpassage ging. Im Verlaufe dieser Expedition kam der Seefahrer und Entdecker Anfang 1779 bei einem Angriff von Eingeborenen auf Hawaii zu Tode, wonach Bligh das Schiff in die Heimat zurück führte.

Anschließend fuhr der nunmehrige Leutnant auf der Fregatte „Belle Poule“ und nahm dabei auch an der Schlacht auf der Doggerbank gegen die Holländer teil. Dem folgte ein Kommando auf dem Linienschiff „Cambridge“, das zur Flotte von Admiral Richard Howe gehörte, die sich am 20. Oktober 1782 unweit von Gibraltar mit spanischen und französischen Einheiten ein Gefecht lieferte. Danach fungierte Bligh als Kapitän des zivilen Handelsschiffes „Britannia“.

Diesen überaus gut dotierten Posten gab er 1787 wieder auf, um eine Idee seines Förderers, des Naturforschers und Präsidenten der Royal Society Joseph Banks, umzusetzen und rund 1000 Stecklinge des Brotfruchtbaums von Tahiti in die Karibik zu bringen. Die Pflanze sollte dort die Ernährungslage der Sklaven auf den britischen Plantagen verbessern. Hierzu stellte die Admiralität den zum schwimmenden Treibhaus umgerüsteten Kohlefrachter „Bounty“ zur Verfügung, mit dem Bligh am 23. Dezember 1787 in See stach. 

An Bord befand sich dabei auch sein Protegé Fletcher Christian. Der 24-Jährige diente als Steuermannsmaat und schwang sich am 28. April 1789 während der Fahrt von Tahiti nach Java zum Führer der legendären Meuterei auf. Auslöser derselben war wohl die wiederholte heftige Kritik Blighs an der immer laxer werdenden Dienstauffassung Christians. Dass der Leutnant die Besatzung der „Bounty“ bis aufs Blut drangsaliert hätte, ist jedenfalls eine Lüge, die der Jurist Edward Christian in die Welt setzte, um vom kriminellen Handeln seines Bruders abzulenken. Nichtsdestotrotz griff Hollywood die Verleumdungen später gleich in fünf verschiedenen Kinofilmen auf.

Tatsächlich ließ der überaus erfahrene Seemann Bligh eine in der Royal Navy höchst unübliche Milde gegenüber der Besatzung walten und kümmerte sich genau wie sein großes Vorbild Cook in mustergültiger Weise um das Wohlergehen der Männer an Bord. So sorgte er für vitaminreiche Ernährung und eine bessere Wachregelung, die allen mehr Schlaf garantierte. Körperstrafen waren unter Bligh selbst bei schweren Vergehen die absolute Ausnahme. Allerdings reagierte er recht gereizt auf Unfähigkeit und Schlamperei. Dann setzte es heftige Schimpftiraden, die jedoch weniger temperamentvoll ausfielen als die seines Mentors Cook. 

Aus welchem Holz Bligh geschnitzt war, zeigte sich auf eindrucksvolle Weise nach der Meuterei, als die Aufrührer ihn und 18 loyal gebliebene Männer in der kleinen offenen Barkasse der „Bounty“ ohne Waffen und hinreichende nautische Ausrüstung mitten auf dem Pazifik aussetzten – was de facto auf versuchten Mord hinauslief. Der Leutnant brachte das Kunststück fertig, das vollkommen überladene Boot binnen 41 Tagen über 6701 Kilometer bis zur holländischen Faktorei Kupang auf der indonesischen Insel Timor zu segeln. 

Nach England zurückgekehrt, wurde Bligh am 22. Oktober 1790 in einem routinemäßig anberaumten Kriegsgerichtsverfahren von allen Vorwürfen hinsichtlich seiner Schiffsführung entlastet. Dem folgte die ersehnte Beförderung zum Kapitän. Anschließend diente Bligh als Kommandant diverser Schiffe, darunter der „Provi­dence“, mit der er nochmals in Richtung Tahiti in See stach und dann im September 1793 den Auftrag vollendete, Brotfrüchte nach Jamaika zu bringen. Während dieses Unternehmen völlig reibungslos verlief, erlebte der Marineoffizier, der später auch unter Admiral Horatio Nelson kämpfte, noch drei weitere Meutereien. Die erste fand 1795 auf der „Defiance“ statt und wurde von Blighs längsseits gegangener „Calcutta“ niedergeschlagen. Die zweite ereignete sich 1797 auf seinem Linienschiff „Director“, wobei die Rebellion diesmal den ganzen Verband der britischen Schlachtflotte in der Themsemündung erfasste und gegen die Admiralität gerichtet war. 

Dahingegen resultierte die dritte Meuterei wiederum aus dem persönlichen Vorgehen von Bligh. Der war 1805 zum Gouverneur der britischen Sträflingskolonie New South Wales in Australien ernannt worden und hatte in dieser Eigenschaft den Kampf gegen korrupte Offiziere aufgenommen, die sich an illegalen Geschäften mit Rum bereicherten. Daraufhin rebellierten diese und setzten Bligh mehrere Monate lang in seinem Haus und auf der Sloop „Porpoise“ fest.

Nach der Niederschlagung dieser Meuterei kehrte der nunmehrige Commodore 1811 nach England zurück, wo er am 31. Juli des Jahres zum Konteradmiral avancierte. Am 4. Juni 1814 wurde der kurz vor der Pensionierung stehende Bligh dann sogar noch zum Vizeadmiral befördert. Der heute vielfach verkannte Seeheld, der seit 1801 auch der Königlichen Wissenschaftlichen Gesellschaft angehörte, verstarb am 7. Dezember 1817 in der Londoner Bond Street auf dem Wege zu seinem Arzt. Die Todesursache war vermutlich Magenkrebs.