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08.12.17 / Früher war Völkermord legal / Erst 1948 verabschiedeten die Vereinten Nationen eine Konvention zur Bestrafung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-17 vom 08. Dezember 2017

Früher war Völkermord legal
Erst 1948 verabschiedeten die Vereinten Nationen eine Konvention zur Bestrafung
Dirk Pelster

Ab 1998 wurde mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag eine Institution geschaffen, die neben den Vertragsstaaten ebenfalls einen Strafprozess wegen Völkermordverbrechen durchführen kann. Bis dahin war es ein weiter Weg.

„Du sollst nichts leben lassen, was Odem hat“, so wurden bereits die frühen Israeliten von ihrem Gott zum unnachsichtigen Umgang mit besiegten Feinden angehalten. Noch heute lässt sich dieses Zitat im Fünften Buch Moses nachlesen. Doch auch jenseits des Alten Testaments lassen sich schon in der Antike prominente Beispiele für das Ausmorden von ganzen Völkern finden. Bekannt ist vor allem die Zerstörung Karthagos durch die Römer im Dritten Punischen Krieg, bei der fast alle Einwohner der Stadt abgeschlachtet wurden und der verbliebene Teil versklavt wurde.

Obwohl die Kriegführung der Römer heute allgemein als vergleichsweise zivilisiert eingeschätzt wird, hinderte sie dies nicht, nur etwas über 100 Jahre später ein weiteres gewaltiges Massaker zu verüben. 55 v. Chr. metzelte ein von Julius Cäsar geführtes Expeditionskorps am Zusammenfluss von Rhein und Maas über 400000 Angehörige der germanischen Stämme der Usipeter und Tenkterer, inklusive Frauen und Kinder, nieder. 

Besonders verankert im europäischen Bewusstsein hat sich aber der sogenannte Mongolensturm. Ab 1206 drangen Reiterheere aus dem Inneren Asiens unter ihrem Anführer Dschingis Khan und später unter einem seiner Söhne bis nach Europa vor. Auf ihrem Weg zerstörten sie 1258 die Stadt Bagdad, welche bis dahin als das kulturelle Zentrum des Islam galt. Zeitzeugen schilderten die Bestialität des mongolischen Vorgehens, die aus den Schädeln ihrer Opfer turmhohe Pyramiden gebaut haben sollen. 

Erste Schritte, die Auswirkungen von militärischen Auseinandersetzungen auf die Zivilbevölkerung zu begrenzen, wurden im Zusammenhang mit dem Westfälischen Frieden von 1648 unternommen. Zwar wurden Zivilisten in innereuropäischen Kriegen auch in der Folge immer wieder zu Opfern von religiös begründeten Vertreibungen und grausamen Repressionen, vorsätzliche Ausrottungsfeldzüge fanden indes nicht mehr statt. 

Mit der Entwicklung des modernen Nationalstaates sowie dem zunehmenden Aufkommen eines eigenen nationalen Bewusstseins der europäischen Völker traten religiöse und dynastische Aspekte bei militärischen Konflikten zunehmend in den Hintergrund. Stattdessen strebte man danach, mit Menschen derselben ethnischen und kulturellen Herkunft in einem eigenen Staat zu leben. Das bisherige Ordnungssystem Europas war damit radikal infrage gestellt. In der Folge des Ersten Weltkrieges bemühten sich insbesondere Polen und Frankreich darum, einerseits ihre Grenzen zu erweitern und zum anderen die neu erworbenen Gebiete ethnisch zu säubern. Damit wollte man künftige innenpolitische Spannungen mit nationalen Minderheiten vermeiden. Zugleich sollte einer benachbarten ausländischen Macht kein Grund für eine Intervention zum Schutze einer solchen Minderheit gegeben werden. 

Anlass für erste Initiativen, eine solche Praxis unter Strafe zu stellen, gab die Vertreibung der Armenier durch die Türken. Bereits 1915 erließen die Entente-Mächte eine Protestnote, mit der sie das Osmanische Reich eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit bezichtigten. 30 Jahre später sollte dieser Terminus die Grundlage für die Verurteilung deutscher sowie japanischer Regierungsangehöriger und Militärs in den ab 1945 beginnenden Prozessen für ihnen von den Siegermächten zur Last gelegte Völkermordhandlungen werden. Tatsächlich hatte es zuvor jedoch nie eine verbindliche internationale Übereinkunft gegeben, sodass die Angeklagten allenfalls wegen eines Verstoßes gegen ihr jeweiliges nationales Recht oder gegen das seinerzeit geltende Kriegsvölkerrecht hätten verurteilt werden dürfen. 

Erst 1948 verabschiedeten die Vereinten Nationen eine Konvention zur Bestrafung von Völkermord, die jedoch von den einzelnen Mitgliedsstaaten zunächst in eigenes Recht umgesetzt werden musste, um Wirksamkeit zu entfalten.