25.04.2024

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08.12.17 / Extrawurst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-17 vom 08. Dezember 2017

Extrawurst
Theo Maass

Sind Fahrradfahrer bessere Menschen? Ich muss es glauben, denn die Landesregierung in Berlin unternimmt vielfältige Bemühungen, den Autoverkehr zu diskriminieren und die Hauptstädter auf den „Drahtesel“ zu verweisen. Mit viel Geld und Aufwand werden Straßen umgewidmet und auf die Fahrbahn neue Radwege aufgemalt. Das ist nicht weiter schlimm. Sollte es einen Politikwechsel geben, kann die rot-rot-grüne Verkehrspolitik auf der Straße mittels einiger Eimer schwarzer Farbe wieder rückgängig gemacht werden. 

Dem Trend zur Bevorzugung von Fahrradfahrern wollen auch die öffentlichen Verkehrsbetriebe folgen. In einer Werbeschrift heißt es: „Die Kombination aus Fahrrad und öffentlichem Nahverkehr wird immer beliebter. Die BVG unterstützt diesen Trend und stellt an vielen Bahnhöfen und Haltestellen Abstellanlagen für Fahrräder an, teilweise sogar überdacht.“ Grundsätzlich gibt es keine Begrenzung für die Menge der Fahrräder, die sich in einen Wagon der U- oder S-Bahn zwängen wollen. In der S-Bahn sind die Räder generell erlaubt. In den Wagen gibt es entsprechend gekennzeichnete Stellplätze. Die BVG ist da etwas weniger euphorisch: „Die Fahrradmitnahme bei der U-Bahn und in der Straßenbahn ist nur in den gekennzeichneten Wagen möglich. Bei der U-Bahn darf man keine Fahrräder in den ersten Wagen mitnehmen.“

Konflikte sind programmiert. Gerade dann, wenn jemand glaubt, als „besserer Mensch“ (weil Radfahrer) Vorrechte zu haben, wird es schwierig. So kommt es vor, dass auch im Berufsverkehr ein drittes und viertes Fahrrad in den bereits vollen S-Bahn-Wagen geschoben wird. Die anderen Fahrgäste rücken dann eben zusammen. Es kann auch vorkommen, dass verschmutzte Drahtesel Kleidung oder Gepäckstücke anderer Fahrgäste verdrecken. 

Eine telefonische Nachfrage beim S-Bahn-Betreiber Deutsche Bahn in Berlin gestaltete sich schwierig. Auf den Bahnhöfen ist nicht jede „Servicekraft“ in der Lage, Auskünfte zu erteilen. Nach mehreren Versuchen erklärte sich beim telefonischen Auskunftsdienst ein Mitarbeiter für zuständig: Man appelliere an die Vernunft und die Rücksicht aller Fahrgäste. Ein Zurückweisen von Fahrgästen mit Fahrrädern sei gar nicht möglich, weil die ja schließlich einen Fahrschein gekauft hätten. 

Bei der BVG war die Nachfrage ähnlich unbefriedigend. Immerhin kann man sich dort beschweren und erhält die Zusage, dass eine Streife von BVG-Mitarbeitern den Konfliktschwerpunkt besucht – gelegentlich. Bei der S-Bahn wurde gar nichts in Aussicht gestellt. Gewiss ist die Mitnahme von Fahrrädern im ÖPNV kein Massenphänomen. Dennoch ist die geübte Praxis keineswegs eine Verbesserung der Attraktivität des Nahverkehrs, sondern die Bevorzugung einer kleinen Minderheit zulasten der Allgemeinheit.