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08.12.17 / Bekenntnisse eines Grapschers / Mannsein wird zur psychiatrischen Schmuddel-Diagnose – Frausein zum permanenten Opferstatus kultiviert – Eine Abrechnung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-17 vom 08. Dezember 2017

Bekenntnisse eines Grapschers
Mannsein wird zur psychiatrischen Schmuddel-Diagnose – Frausein zum permanenten Opferstatus kultiviert – Eine Abrechnung
Burkhard Voß

Wie böse: Erst hat PAZ-Autor Burkhard Voß einen Grapscher-(Alb)-Traum und dann regt er sich auch noch über Frauen auf, die ein Ethikkrönchen tragen und sich zur erfolgreichsten Opfergruppe der Welt stilisieren. Zartbesaitete Gemüter sollten an dieser Stelle keinesfalls weiterlesen.

Mein Tag war erfolgreich. Noch. Schon siebenmal hatte meine rechte Hand Tuchfühlung mit einem weiblichen Musculus glutaeus maximus aufgenommen, auch verlängerter Rücken genannt. Waren es früher die Diagnosen Schizophrenie, Persönlichkeitsstörung oder Pädophilie, die die Gemüter erregten, so ist es heute das Mannsein an sich. Es steht kurz davor, eine psychiatrische Schmuddeldiagnose zu werden. Natürlich mit verminderter Schuldfähigkeit – immerhin etwas Positives, dachte ich so bei mir.

Spätestens jetzt sollte ich mich vorstellen: Nervenarzt, 54 Jahre, hypersexuelle Störung, bislang therapieresistent, gegenwärtig auf der Jagd nach dem unvergleichlichen Gefühl des männlicher Greiforgans auf ebenjenem weiblichen Musculus glutaeus maximus. 

Das nächste Objekt meiner Begierde vermute ich in einer Buchhandlung. Der intellektuelle Touch einer Buchhändlerin war für mich schon immer das süßeste Aphrodisiakum. Doch die achte Tuchfühlung ist die letzte an diesem Tag, Kolleginnen informieren Polizei und Rettungswagen. Sanitäter erkennen ihren Wiederholungstäter und in einer Form der ausgleichenden Gerechtigkeit spüre ich nicht nur starke Arme und Hände, die mich zu Boden ringen, sondern auch eine Injektionsnadel, die sich in meinen Musculus glutaeus maximus bohrt. Ein antitestostoronhaltiges Serum schießt in meinen Blutkreislauf und raubt mir sämtliche Kraft. Ruck-zuck werde ich auf einer Liege festgeschnallt, ab geht’s in den Rettungswagen. Zehn Minuten später finde ich mich im Aufnahmezimmer der örtlichen psychiatrischen Klinik wieder. „Lieber Herr Kollege“, schlüpft es aus dem rotlippigen und wollüstigen Mund der aufnehmenden Ärztin, „Ich hatte Ihnen schon letztes Mal eine Depotspritze empfohlen, dann könnten wir uns dieses 14-tägige Intermezzo wenigstens ein paar Monate hintereinander sparen.“ Sie zieht die Plastikhülle einer Valiumspritze ab. Was mich jedoch überhaupt nicht beunruhigt, denn als sie eine Vene sucht und sich vornüber beugt, rieselt ein Dopaminschauer durch mein Limbisches System. Die Moleküle bewirken eine euphorische Anästhesie des präfrontalen Cortex. Dann dringt die Nadel ein … 

Schweißgebadet wachte ich auf. Mit „Gott sei Dank, nur ein Albtraum“ befreite ich mich aus dem Bettlaken, ging ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Gezeigt wurde eine Talkshow, offensichtlich eine Aufzeichnung vom gestrigen Abend. Sandra Maischberger moderierte zum Thema permanente sexuelle Übergriffe von Männern an Frauen, die vorher offensichtlich niemand bemerkt hatte. Vermutlich handelte es sich um einen der Wissenschaft noch nicht aufgefallenen kollektiven Sensibilitätsausfall bezüglich ganz bestimmter maskuliner Enthemmungen. 

Neben Frau Maischberger waren noch vier andere Frauen anwesend, offensichtlich selbsternannte Sittenwächterinen mit einem Schuss altjüngferlicher Pedanterie. Sogar ein Exemplar des Mängelwesens Mann hatte sich verirrt, ein wohl dressierter Frauenversteher, an dem sieben Achtsamkeits- und Sensibilitätskurse nicht ganz spurlos vorüber gegangen waren. An ihm konnte man rasch feststellen, dass aus dem generellen Täterprofil „männlich, weiß, heterosexuell“ schon längst weibisch, impotent und kastriert geworden war. Wie immer war die Realität 1000 Mal schlimmer als der schlimmste Albtraum. Fast könnte man(n) von Valiumspritzen träumen.

Die „#MeToo“-Debatte hat die westliche Welt in einen hochgradigen Erregungszustand versetzt. Der ist fast so spektakulär wie Sex. Nach Enthüllungen um den Hollywood-Mogul Harvey Weinstein und dessen triebhafte Schlawienereien, bekennen sich ungezählte Frauen und ein paar Jungs unter dem Internet-Schlagwort „#Me Too“ dazu, unwillkommene Aufmerksamkeiten aus der Männerwelt erlebt zu haben. Aber mal ernsthaft: In welch asozialen Kreisen bewegen sich eigentlich die Protagonistinnen des „#Me Too“, dass sie ständig sexuellen Übergriffen und blöden Sprüchen ausgesetzt sind? Nicht nur in meinem nicht gerade kleinen Bekanntenkreis habe ich auch nur eine Frau gehört, die diese permanenten sexuellen Übergriffe bestätigt hat. Eine meinte sogar: „Gerade in dieser Zeit möchten ich kein Mann sein“. 

Was derzeit aus Hollywood und den USA auf die übrige westliche Welt hinüber schwappt ist, wie so oft, das lautstarke Getöse einer Minderheit von Frauen, die die Mechanismen der Skandalisierung perfekt beherrschen. Dabei ist die Faktenlage ausgesprochen dünn. Verlässliche Zahlen gibt es nicht, wie auch. Oft gibt es keine Zeugen und es steht Aussage gegen Aussage. Also ideale Ausgangsbedingungen. Wenn Revolutionen die Lokomotiven der Weltgeschichte sind, dann sind Emotionen die Lokomotiven der Skandalisierung. Beim Skandal geht es nicht um die Wahrheit, sondern um die Vorstellung der Masse. 

Um nicht missverstanden zu werden: Der Filmproduzent Harvey Weinstein ist gewiss kein Unschuldsengel. Aber warum bricht diese Lawine an Anschuldigungen erst jetzt los, warum kommen einige Frauen erst nach Jahren damit heraus? Weil die Hemmschwelle so hoch ist, so die offizielle und politisch korrekte Deutung. 

Böse Spekulation: Ganz sicher haben einige Frauen ganz bewusst mitgemacht um mit diesem Kalkül Karriere zu machen. Wenn dann noch die amerikanische Popsängerin Miley Cyrus, die sich in einem berühmten Musikvideo zwischen die Beine fasst, hinausposaunt: „Den Körper als Währung und Ware einsetzen“, könnte an dieser bösen Spekulation mehr als ein Körnchen Wahrheit dran sein. Und dann kommen Frauen in die Machtposition, die sie nun haben. Erst in diesen Machtpositionen haben sie den Mumm, Anklage zu erheben. Das Ethikkrönchen auf die botoxgeglättete Stirn gibt’s gratis. 

Zweite böse Spekulation: Folgt man dem „Spiegel“-Redakteur Jan Fleischhauer („Unter Linken“) sollen Frauen die erfolgreichste Opfergruppe der Welt sein. Die Erfüllung der Sehnsucht, Traumaopfer zu sein, bietet nicht nur eine regressive Aufteilung der Welt in Gut und Böse, in Opfer und Täter, sondern auch Aufmerksamkeit, Mitleid, Trost und – finanzielle Entschädigung. 

Raus aus den bösen Spekulationen und wieder hinein in die Wirklichkeit. Diese führte mich einen Tag nach dem Albtraum erneut in die Buchhandlung. Im Bereich Zeitschriften sah man eine Eindeutigkeit, die fernab aller Spekulationen war. Auf dem Titelblatt vom „Spiegel“ war zu lesen: „Aufwachen! Warum China schon jetzt Weltmacht Nummer 1 ist – ein Weckruf für den Westen.“ Weckruf impliziert einen schlafenden oder zumindest dösenden Westen, der nicht bei vollem Bewusstsein ist. Warum? Die Antwort lieferte der direkt daneben liegende Stern, wo auf dem Titelblatt die forsche Kabarettistin Caroline Kebekus zitiert wurde: „Sexismus im Job? Kenne ich“ und weiter „Warum die Debatte jetzt weitergehen muss: Frauen aus ganz Deutschland brechen ihr Schweigen.“

Keine böse Spekulation: Die Debatte muss allein schon deswegen weitergehen, weil jeder halbwegs glaubhaft konstruierte Missstand oder noch besser Skandal für die aufdeckende Zeitschrift eine Gelddruckmaschine ist. Unabhängig davon: Es sind genau diese von Fakten völlig losgelöste Debatten, mit denen der Westen sich selbst im Weg steht. Befindlichkeitsstörungen und Luxusprobleme, wie Gender, Ampelmännchen, Ampelweibchen, Streit um Unisex-Toiletten, Sprachregelungen, wie das Binnen-I, ad infinitum. 

Diese Diskurse, losgetreten von lautstarken und schrillen Minderheiten, rauben dem Wes-ten und Europa als Ursprungskontinent von Aufklärung, Rationalität und Wissenschaft den Verstand. Diese grenzenlose Thematisierungswut mit letztlich Tiffeltöffelkram kann fatale Folgen haben bis hin zum kulturellen Suizid. Auf dem Weg dorthin werden Europa subjektzentristische Nabelschauen à la „#MeToo“ und Gender begleiten. Schon der Dichterfürst Goethe hatte vor zwei Jahrhunderten die Problematik dieser Nabelschauen erkannt: „Alle im Rückschreiten und in der Auflösung begriffenen Epochen sind subjektiv, dagegen aber haben alle vorschreitenden Epochen eine objektive Richtung.“


Der Autor arbeitet als Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie in Krefeld. 2017 erschien sein Buch „Albtraum Grenzenlosigkeit” (Solibro Verlag).