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08.12.17 / Königsberger wegen WM verärgert / Wegen erwarteter Touristen und höheren Polizeiaufgebots: Bürger sollen die Stadt verlassen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-17 vom 08. Dezember 2017

Königsberger wegen WM verärgert
Wegen erwarteter Touristen und höheren Polizeiaufgebots: Bürger sollen die Stadt verlassen
Jurij Tschernyschew

Die Fußballweltmeisterschaft 2018 rückt unaufhaltsam heran. Die Vorbereitung auf dieses Ereignis ruft in Königsberg widersprüchliche Gefühle hervor. Eine große Rolle spielen dabei Äußerungen von Regierungsvertretern des Gebiets.

„Während der Spiele der Fußball-WM wird in Königsberg der private Autoverkehr eingeschränkt sein. Königsberger sollten zu dieser Zeit besser die Stadt verlassen und sich in der Natur erholen“. Mit solch unerwarteten Vorschlägen trat Bürgermeister Alexander Jaroschuk öffentlich auf. Er begründete seine Empfehlung damit, dass „in die Stadt 70000 bis 100000 Touristen kommen. Sie werden sich hauptsächlich in der Hauptstadt aufhalten und in Kneipen sitzen. Ich denke, an Wochenenden wird die Stadt überfüllt sein. Der Verkehr wird eingestellt sein, außer Shuttle-Services, welche die Fans befördern“, sagte Jaroschuk.

Schon Ende letzten Jahres hatte die Regionalregierung vorgeschlagen, sich an den Spieltagen in Königsberg frei zu nehmen, um einen Verkehrskollaps zu vermeiden. Doch die Aussage des Bürgermeisters sorgte bei vielen Städtern für Empörung. Bis dahin hatte die Regierung stets versprochen, dass die Fußball-WM eine Feier für alle sei, vor allem aber für die Königsberger selbst und dass gerade sie froh sein sollten, wenn Spiele in ihrer Stadt stattfinden.

Später versuchte der Bürgermeister, seine Worte abzuschwächen, indem er erklärte, sein Vorschlag sei nur als Alternative gemeint gewesen für diejenigen, die sich die Spiele im Stadion nicht ansehen werden: „Ich habe nur gesagt, dass es eine Menge Alternativen gibt – man kann in die Natur oder auf die Datscha fahren.“ Damit konnte er das Gesagte jedoch nicht rückgängig machen. Im Gegenteil: Die Freude der Königsberger über das Sportereignis in ihrer Stadt befindet sich im Sinkflug.

Grund dafür sind die vielen Einschränkungen, die sie hinnehmen sollen. Neben den Menschen, die der Bürgermeister aufs Land verbannen möchte, sollen auch Schüler und Studenten Platz für die WM machen. Für die Garantie der Sicherheit etwa muss die Stadt zusätzliche Ordnungskräfte einstellen. Deshalb werden Zimmer in Studentenwohnheimen während der WM an Polizeibeamte und Ordnungshüter vergeben. Im Mai kommenden Jahres sollen Studenten ihre Wohnungen verlassen und sich Privatunterkünfte suchen. Da normalerweise im Juni die Sommerexamina beginnen, werden diese ebenfalls verlegt. Das Studienprogramm wird so abgeändert, dass die Sommersemesterferien schon im Mai beginnen.

Die russische Studentenvertretung hat dagegen protestiert. „Die Zwangsräumung der Studenten aus Wohnheimen, zudem in den Sommerferien, wenn viele in Praktika gehen oder arbeiten, ist gesetzeswidrig und verstößt gegen die Rechte der Studenten. Wenn die Regierung plant, Polizeimitarbeiter in Studentenwohnheimen unterzubringen, dann muss sie für die dadurch verursachten Mehrkosten der Studenten aufkommen.“

An der sogenannten Protokollstrecke, das sind die Hauptmagistralen, die zum Stadion und den im Zentrum liegenden Hotels führen, sollen die Fassaden der Häuser erneuert werden. Spezialisten des Moskauer Instituts für Architektur hatten Baupläne entwickelt, die eine Fassadenrenovierung im „hanseatischen Stil“ vorsehen. Für die Sanierung der Fassaden werden Mittel aus den regionalen und lokalen Haushalten zur Verfügung gestellt, vorausgesetzt, dass sich die Besitzer des Hauses mit fünf Prozent selbst an der Finanzierung beteiligen. Aber nicht alle Eigentümer waren mit der Veränderung der Fassaden einverstanden. Vor allem die Eigentümer einiger Häuser auf der Kneip-höfschen Langgasse [Lenin-Prospekt] waren gegen eine Verwandlung der Fassaden ihrer „Chruschtschow-Häuser“ in den Hansestil. 

Ein weiteres Thema, das im Rahmen der Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft große Aufmerksamkeit fand, ist der Zustand des Geländes um das im Bau befindliche Stadion. Ungeachtet dessen, dass die Bauarbeiten am Stadion selbst in schnellem Tempo voranschreiten, ist die Situation der Umgebung weit weniger eindeutig. Die Insel wurde schon vor dem Krieg immer wieder überflutet, und in der Sowjetzeit blieb sie so gut wie unbebaut. Nach den heftigen Regenfällen im Herbst tritt das Problem wieder zutage. Im Bereich der zweiten Hochbrücke haben sich riesige Pfützen gebildet, in der Lindengrabenstraße war die Fahrbahn überflutet und zahlreiche Seen hatten sich rund um das Stadion gebildet. Gouverneur Anton Alichanow erklärte, dass die Verdichtung des Bodens auf der Insel mit zu großer Verspätung begonnen habe, vor allem in dem Bereich, wo die Lindengrabenstraße auf die zweite Hochbrücke führt. 

Es bleibt also abzuwarten, wie das Gelände im kommenden Frühling aussehen wird.