18.04.2024

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08.12.17 / Väter als Vorbilder

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-17 vom 08. Dezember 2017

Väter als Vorbilder
Dagmar Jestrzemski

Bjørn Thorsten Leimbach nennt sich auf seiner Werbeseite „führender Autor, Trainer und Männercoach im deutschsprachigen Raum“. Bescheidenheit ist seine Sache nicht, das spürt man beim Lesen der ersten Seiten seines neuen Buches „Bevaterung. Warum Kinder den Vater brauchen“. Darin wendet er sich mit einer durchaus interessanten Me-lange von alten und neuen Verhaltenstipps für Väter an eben dieselben sowie an Männer, die es noch werden wollen. „Ich möchte mit der Einführung des Begriffs Bevaterung eine neue Pädagogik vorstellen“, erklärt er. Der Begriff entstand als komplementäres Wort zu „Bemutterung“. Der Autor möchte ein positives Bild davon vermitteln, was den Unterschied zwischen Vater und Mutter bei ihrem Umgang mit den Kindern ausmacht. Väter sollen sich ihrer Verantwortung als männliches Vorbild bewusst werden. 

Darüber hinaus drängt er dem Leser seine extremen Überzeugungen auf, wovon der Klappentext aber nichts verrät. Kritisch zu bewerten ist vor allem Leimbachs einseitige, schon als Ideologie zu bezeichnende Lehrmeinung, wonach in der Gesellschaft ein „Mutterchauvinismus“ vorherrsche. Im Kontrast dazu entwirft er ein ziemlich einseitiges, klischeehaftes Idealbild von Männlichkeit, das an die harten Typen aus Cowboyfilmen erinnert. Seine Kernthese lautet: So ziemlich alle angeblichen Benachteiligungen von Jungen und manche Verhaltensauffälligkeiten der männlichen Jugend seien „unserer femininen Erziehung“ geschuldet: „Ich behaupte, dass speziell Jungen durch unser Schulsystem ihrer Männlichkeit beraubt werden und alles Maskuline abgetrennt wird.“ 

Der Einfluss des Feminismus auf die Erziehung seit den 1970er Jahren habe dazu geführt, dass „der Status von Jungen erniedrigt und der von Mädchen erhöht“ werde. Hier findet er auch die Ursache dafür, dass Jungen mehr zur Spiel- und Computersucht neigen als Mädchen. Natürlich bewegt er sich dabei auf vermintem Gelände, da so weit reichende Generalisierungen nicht mit empirisch ermittelten Daten zu untermauern sind. Selbst in seiner Literaturliste findet sich kein Titel, der in diese Richtung weist. Etliche Allgemeinplätze ließen sich dagegen leicht mit Hinweisen auf fachwissenschaftliche Veröffentlichungen abstützen, was dem Buch wohl den erwünschten wissenschaftlichen Anstrich verleihen sollte.  

Generell sind verallgemeinernde Aussagen zu soziokulturellen Faktoren mit Vorsicht zu genießen. Umso mehr, wenn immer wieder Erzieherinnen und Lehrerinnen – Lehrer passen nicht so ganz in dieses Schema – an den Pranger gestellt werden, und  zwar gerade diejenigen, die nicht aus Prinzip zusehen, sondern schlichtend eingreifen, wenn Rangeleien zwischen Jungen um ihren Status in der Gruppe hart ausgetragen werden. 

Leimbach wendet sich dagegen, argumentiert, Hierarchien seien schon immer durch Konkurrenz festgelegt worden. Damit propagiert er das Recht des Stärkeren unter Vermeidung der Frage, wie der Sieger wohl mit dem unterlegenen Rivalen umgehen wird. Man kann dies nur so verstehen, dass er Erziehungsberechtigten den Rat erteilt, dem Mobbing in der Schulklasse und auf dem Spielplatz seinen Lauf zu lassen. Das hätte nicht stattfinden sollen: Eltern und Lehrern ein Deckmäntelchen für Herzenskälte anzubieten, verbrämt mit der „löblichen“ Absicht, der „Feminisierung des Lebensalltags“ Einhalt zu gebieten. Es sei außerdem daran erinnert, dass stille, zurückhaltende Charaktere durch Wegschauen untergehen können. 

Dabei wird nicht bestritten, dass das Buch durchaus brauchbare Ansätze präsentiert. Nur sollte man wegen der allgemeinen Tendenz Vorsicht walten lassen.  

Bjørn Thorsten Leimbach: „Bevaterung. Warum Kinder den Vater brauchen“, Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2017, broschiert, 240 Seiten, 16,95 Euro