25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
08.12.17 / Psychoanalytiker hält Deutsche für gestört

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-17 vom 08. Dezember 2017

Psychoanalytiker hält Deutsche für gestört
Wolfgang Kaufmann

Der Hallenser Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz trat in der Vergangenheit durch  Bücher in Erscheinung, in denen es um die kollektiven Befindlichkeiten beziehungsweise geistigen Fehlentwicklungen innerhalb der Gesellschaft der DDR sowie der Bundesrepublik ging. Dem gleichen Thema widmet sich nun auch  „Das falsche Leben“.

Es handelt von der Normopathie, also dem zwanghaft überkorrekten Verhalten – resultierend aus der Unterwerfung unter die geltenden sozialen Normen, gegen die der Normopath nicht aufzubegehren wagt. Dafür zahlt er den Preis, nicht das Leben führen zu können, das er führen möchte. Und tatsächlich gibt es hierzulande durchaus solche Menschen. Allerdings geht Maaz zu weit, wenn er suggeriert, dass die meisten Deutschen heute im „falschen Leben“ steckten. 

Wahrscheinlich ist der Beruf, den Maaz vier Jahrzehnte lang ausgeübt hat, für diese Übertreibung verantwortlich, die man ignorieren könnte, wenn da nicht die politischen Implikationen wären. Denn die werden von interessierten Kreisen aufgegriffen und instrumentalisiert. Wie beispielsweise die Behauptung, kollektive Protestbewegungen nach Art von Pegida und AfD seien auch eine Folge des „falschen Lebens“ und dienten vor allem dem Zweck, dieses wider besseren Wissens zu verteidigen und dabei den vorhandenen Frust an Schwächeren – „Flüchtlingen“ – abzureagieren. Oder nehmen wir die Mär vom bösen Donald Trump, der die „globale Gerechtigkeit“ bekämpfe, indem er den Interessen der USA und ihrer Bürger oberste Priorität einräume.

Andererseits liest Maaz aber auch denjenigen die Leviten, welche die „heuchlerische und irrationale“ Flüchtlingspolitik Merkelscher Machart verteidigen und bei deren Durchsetzung teilweise auch zu antidemokratischen Mitteln greifen. Somit kann praktisch jeder aus dem Buch herauslesen, was seinen Standpunkt zu den brennenden Fragen unserer Zeit untermauert. Hierbei geht er dann freilich einem Autor auf den Leim, der letztendlich keine Seite für voll nimmt und sowohl Flüchtlingshelfer als auch Pegida-Demonstranten quasi für gestört erklärt. Und das wiederum hat möglicherweise etwas mit Maaz’ ganz persönlichem Narzissmus zu tun: Je „normopathischer“ die ganze Gesellschaft erscheint, umso heller leuchtet dann natürlich das Licht des Psychoanalytikers, der die mentalen Gebrechen seiner Mitmenschen treffsicher erkannt hat und uns nun allen mahnend den Spiegel vorhält.

Hans-Joachim Maaz: „Das falsche Leben. Ursachen und Folgen unserer normopathischen Gesellschaft“, Verlag C.H. Beck, München 2017, broschiert, 256 Seiten, 16,95 Euro