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08.12.17 / Hör ich das friedliche Gesumm

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-17 vom 08. Dezember 2017

Hör ich das friedliche Gesumm
Silvia Friedrich

Wer anfängt, Bienen zu halten, und auch nach drei Jahren, wenn alle Anfängerdramen durchlebt sind, noch Bienenvölker hat, der hat keine Bienen mehr, sondern umgekehrt: Den haben die Bienen“, sagen die beiden Autoren Jürgen Tautz und Diedrich Steen in „Die Honigfabrik. Die Wunderwelt der Bienen, eine Betriebsbesichtigung“.

Der international anerkannte Bienenexperte und emeritierte Professor am Biozentrum der Universität Würzburg leitet seit 2006 das interdisziplinäre Projekt HoneyBee Online Studies (HOBOS). Zusammen mit Steen, der sich seit 20 Jahren mit wachsender Begeisterung selbst der Imkerei verschrieben hat, möchte er alle Leser zu einer „Betriebsbesichtigung“ einladen, zu einem Gang durch die Honigfabrik. Und man kann sicher sein, dass man nach der Lektüre diese Insekten als unfassbares Wunder der Natur betrachten wird. Bienen brächten in einer entzauberten Wirklichkeit ein Gefühl für den Zauber des Daseins zurück, dafür, dass alles mit allem zusammenhänge, meinen die Autoren. Und während Steen über die Faszination des Umgangs mit dieser komplexen Welt berichtet, sorgt Tautz als Doktor der Biologie für die wissenschaftliche Seite der Ausführungen. 

Das Buch berichtet davon, wie es in einem Bienenvolk zugeht. Die Insekten arbeiten nämlich so wunderbar zusammen, dass sie in ihrer Gesamtheit wie ein einziger, großer Organismus wirken: „Es scheint“, so die Autoren, „dass Bienen klug sind, dass sie wissen, was sie wann tun oder lassen müssen, damit das Überleben und die Vermehrung des Volkes gesichert ist.“ Wer aber handele im Bienenvolk eigentlich klug und planvoll, die einzelne Biene, oder läge die Klugheit nicht eher in der Summe der Individuen? Diese Fragen sind Gegenstand vieler Forschungen. Den hochkomplexen Gedankengebäuden zu folgen, ist spannend und aufschlussreich. 

In sechs Kapiteln erfährt der Leser fast alles über die Produktionsmittel der Bienen, ihre Teamarbeit, die Produktionspalette der Honigfabrik, über das Gründen von Tochterfirmen, Betriebsspionage, Raubüberfälle und den Kampf ums Überleben. Amüsant, unterhaltsam und gut verständlich bekommt der Interessierte hier einen tiefgründigen Einblick ins Leben unseres, nach Rindern und Schweinen, drittwichtigsten Nutztieres.

Auch unser großer Dichterfürst Goethe fühlte sich zu den nützlichen Tierchen hingezogen: „Hör ich das friedliche Gesumm, vergess ich Schelten und Gebrumm und aller Krieg und Krach auf Erden kann mir sogleich gestohlen werden.“ 

Jürgen Tautz, Died-rich Steen: „Die Honigfabrik. Die Wunderwelt der Bienen – eine Betriebsbesichtigung“, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2017, gebunden, 272 Seiten, 19,99 Euro