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08.12.17 / Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel / Stabil zum Chaos / Was eine neue Groko verheißt, warum unsere europäischen Freunde sie so händeringend erhoffen, und wann wir am Ziel sind

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-17 vom 08. Dezember 2017

Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel
Stabil zum Chaos / Was eine neue Groko verheißt, warum unsere europäischen Freunde sie so händeringend erhoffen, und wann wir am Ziel sind

Wird das was mit der neuen, alten Groko? Wissen wir noch nicht, nach dem „Jamaika“-Fehlschlag sind ja alle ganz vorsichtig geworden. Erst einmal liefen jetzt interne Gespräche in den Parteien darüber, ob man in Vorsondierungen eintreten solle, in denen vorsondiert wird, ob man zu Sondierungen bereit ist, heißt es in den Medien. Geht das gut aus, treten Schwarz und Rot also in Sondierungen ein, in denen sondiert werden soll, ob man Verhandlungen aufnehmen möchte.

Kommt das ebenfalls zum Erfolg, beginnen die Verhandlungen darüber, ob man eine Koalition bilden will. Und dann ist da ja noch die Basis, die zumindest bei der SPD auch irgendwann gefragt werden will.

Wird alles gut, betritt schließlich der Osterhase die Bühne und legt sein Ei: den Koalitionsvertrag. Könnte aber auch sein, dass das liebe Tier viel zu spät kommt, weil’s dann schon Juli ist. Macht nichts: Hauptsache, in Berlin sitzt am Ende wieder eine „stabile Regierung“, auf die schließlich nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa, ja, die gesamte Welt so händeringend wartet.

Was Deutschland angeht, muss man sich über die Sehnsucht nach einer „stabilen Regierung“ ein wenig wundern. Wer die Fakten betrachtet, sollte eine Regierung mit allzu komfortabler Parlamentsmehrheit eher fürchten als erhoffen. 

So „stabil“ wie in den vergangenen vier Jahren war die Regierung dieser Republik noch nie in der Geschichte. Die Koalitionsfraktionen hatten mehr als drei Viertel der Bundestagsmandate inne.  Vis-à-vis saß eine Opposition, die gar keine war. Wenn die mal den Mund aufmachte, etwa in der Asylfrage, forderte sie immer genau das Gleiche wie die Regierung, nur doller: Noch offenere Grenzen, noch weniger „sichere Herkunftsländer“, noch mehr „Hereinspaziert, Hereinspaziert!“.

Das Staatssäckel war so prall gefüllt wie noch nie in der fast 1100-jährigen Geschichte des Reiches, die Wirtschaft lief und die Arbeitslosigkeit sank, keine sozialen Unruhe oder Katastrophen erschütterten das Land, kurz: Die Ausgangslage für die Groko von 2013 war so rund und glatt wie ein Baby-Popo.

Zeit, dass sich was tut, dachte sich da die Susi-Sorglos-Regierung und stiftete das größte Chaos seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Und das nicht nur für den Moment, sondern – ganz dem Zeitgeist verpflichtet – „nachhaltig“. Denn Zigtausende von denen, die über unsere regierungsamtlich niedergerissenen Grenzen hereingeflutet sind und weiter fluten, werden uns auf Generationen hinaus viel Bewegung verschaffen.

Besteht womöglich ein Zusammenhang zwischen stabiler Regierungsmehrheit und Chaos im Land? Die Geschichte der Bundesrepublik sagt ja: Kein Bundeskabinett musste je mit weniger Rück­halt im Parlament überleben als das allererste. Mit einer einzigen Stimme Mehrheit erklomm der alte Adenauer 1949 den Kanzlerstuhl. Nach vier Jahren rauschte der aus den Wirren der Nachkriegsjahre gekrochene Staat durchs Wirtschaftswunder Richtung Weltspitze. Die Stimmung der Bundesbürger war von Freude über das Erreichte erfüllt und bescherte der CDU/CSU bei den beiden Folgewahlen 1953 und 1957 glänzende Siege.

Über die nächste Groko, so sie gelingt, sollten sich die Deutschen dagegen so unbekümmert freuen wie über ein DHL-Paket aus Brandenburg. Was die Bewältigung der Asylflut angeht, hat sie schon jetzt die Segel gestrichen: Der Geschäftsführende Innenminister Thomas de Maizière bietet ausreisepflichtigen Ausländern bis zu 3000 Euro an, wenn sie in ihre Länder zurückkehren. Wohl gemerkt: Damit werden ausschließlich Leute angesprochen, die weder einen Asyl- noch einen Fluchtgrund besitzen. Hätten sie den, würden sie auch für alles Geld der Welt nicht heimkehren, droht ihnen dort doch sonst was.

Es sind also Menschen, die illegal bei uns sind, welche nun eine Prämie dafür erhalten sollen, dass sie sich gnädigerweise an unsere Gesetze halten – weil sich der Staat außerstande zeigt, seine Regeln durchzusetzen. Das ist so, als böte man Ihnen eine Belohnung fürs korrekte Parken an, statt Sie fürs Falschparken zu bestrafen. Vergangenen Januar warnte der Minister eindringlich: „Das Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat erodiert!“ Ja, wie das wohl kommt?

Wir wollen aber nicht nur Negatives sehen und uns ein Beispiel nehmen an der Zuversicht, die unsere europäischen Freunde und Partner mit einer Neuauflage des alten Berliner Regierungsbündnisses verknüpfen. „Europa“ ist schließlich eines der „großen Zukunftsthemen“, mit denen Merkel-Schulz von der Asylmisere abzulenken versuchen.

Da wächst täglich der Handlungsbedarf. Wie eine Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) enthüllt, hat der Euro sein Ziel nicht erreicht, nämlich die Annäherung der Einkommensverhältnisse zwischen den ärmeren Südstaaten und dem besser bestellten Norden. 

Zwar geht es den Deutschen laut der EZB-Studie durch die Einführung der Gemeinschaftswährung tatsächlich schon etwas schlechter als davor. Leider aber reicht das nicht, denn Italiener oder Griechen sind regelrecht abgestürzt, der Abstand sei seit der Finanzkrise sogar gewachsen, so die Autoren der Untersuchung, die das „frappierend“ finden.

Die Medizin hat demnach nicht gewirkt. Und was machen wir, wenn eine Medikation fehlschlägt? Wir nehmen mehr von dem Zeug, ist doch klar!

Neben der Idee mit dem Euro-Finanzminister (das Thema hatten wir hier schon), der deutsches Steuergeld in andere Länder schaufeln soll, wird immer mehr Druck gemacht für eine „Europäische Einlagensicherung“.

Damit werden die Rücklagen solider deutscher Sparkassen haftbar gemacht für italienische oder griechische Pleitebanken. Das hilft vor allem den dortigen Regierungen, denn die müssten ihre bankrotten Geldhäuser nicht mehr von eigenem Steuergeld „retten“, weil dafür dann ja die deutschen Rücklagen zur Plünderung bereitständen.

Was nicht erst im Falle des Falles einer Pleite äußerst elegant wäre, sondern schon viel früher die Sonne über dem Süden aufgehen ließe: Denn mit der deutschen Sicherheit im Rücken könnten sich die Pleitebanken wieder richtig schick verschulden, da das Risiko für ihre Gläubiger wegen der deutschen Zwangshaftung viel kleiner würde. Außerdem könnten sich auch die darbenden Regierungen in Rom, Athen oder anderswo erneut viel leichter Geld leihen, wenn die Last möglicher Bankenrettungen von ihren Schultern genommen würde. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bereitet gerade eine entsprechende Lockerung der Schuldenregeln vor, damit die das auch dürfen.

Ein lästiges Hindernis zum fröhlichen Schuldenmachen auf anderer Völker Rechnung und Risiko hieß bislang Jeroen Dijsselbloem. Der bisherige Chef der Gruppe der Euro-Finanzminister hatte während der Hellas-Krise immer wieder auf die Einhaltung von Regeln gedrängt. Dafür wurde er heftig gehasst, was dem sturen Holländer herzlich egal war.

Wie wir am Montag erfuhren, tritt nun der portugiesische Sozialist Mário Centeno an Dijsselbloems Stelle. Mit ihm werden die Griechen ganz gewiss nicht so einen Ärger haben wie mit diesem Kerl aus Eindhoven, wenn es um das Verteilen des vor allem aus Deutschland, den Niederlanden und Österreich gespeisten Finanzkuchens geht.

Die Entwicklung bei der Euro-Gruppe entspricht der Erbfolge an der Spitze der EZB. Dort begann es mit dem stabilitätsvernarrten Holländer Wim Duisenberg, dem eine europäische D-Mark vorschwebte. Ihm folgte der schon deutlich elastischere Franzose     Jean-Claude Trichet und schließlich der Italiener Mario Draghi, der den Selbstbedienungsladen eröffnet hat. Die Frage, „Wann ist Europa vollendet?“, strebt damit ihrer Beantwortung entgegen: Wenn wir alle Sizilien sind.