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15.12.17 / Teilerfolg gegen RWE vor Gericht / Peruanischer Kleinbauer: Deutscher Konzern soll für seinen Flutschutz zahlen – wegen »Klimawandel«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-17 vom 15. Dezember 2017

Teilerfolg gegen RWE vor Gericht
Peruanischer Kleinbauer: Deutscher Konzern soll für seinen Flutschutz zahlen – wegen »Klimawandel«
Dirk Pelster

Bringt ein deutsches Kohlekraftwerk einen Gletscher in den Anden zum Schmelzen? Um diese Frage kümmern sich nun schon seit zwei Jahren deutsche Gerichte. 

Angerufen wurden sie von Saúl Luciano Lliuya, einem Kleinbauern aus Peru. Er lebt mit seiner Familie in der Stadt Huaraz. Diese Gemeinde liegt rund 3000 Meter über dem Meeresspiegel in einem Bergtal. Umrahmt wird Huaraz von der Gebirgskette der Cordillera Blanca. Etwas südwestlich der Stadt und in über 4000 Meter Höhe befindet sich der Palacacocha, ein See, der sich aus den Gletschern der umliegenden Berge speist. Seit einigen Jahren verlieren diese Gletscher an Masse, und der Palacacocha führt infolgedessen nun deutlich mehr Schmelzwasser als in der Vergangenheit. Bei einem weiteren Ansteigen des Wasserspiegels droht der See überzulaufen und eine Katastrophe in Huaraz anzurichten. 

Zuletzt ist im Jahre 1941 ein gigantischer Gletscherbrocken in den Palacacocha gestürzt und hat eine riesige Überschwemmung ausgelöst. Dabei starben über 5000 Menschen. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in der zudem stark erdbebengefährdeten Region im Jahre 1702 ist es – auch in vorindustrieller Zeit – insgesamt 23 Mal zu vergleichbaren Katastrophen gekommen. Trotzdem sieht sich Lliuya vor allem durch einen angeblich durch Kohlenstoffdioxid verursachten Klimawandel bedroht. 

Gerichtlich verantwortlich hierfür macht er den deutschen Energiekonzern RWE, der mehrere Kohlekraftwerke betreibt und damit ein größerer Emittent dieses Gases ist. Die Idee zu einer solchen Klage stammt jedoch nicht von ihm, sondern eingefädelt wurde die Unternehmung von der Organisation Germanwatch. Dieser Verein mit Sitz in Berlin hat sich der Durchsetzung von mehr Klimagerechtigkeit verschrieben.

Finanziert wird der Verein zu einem großen Teil von Ministerien und anderen öffentlichen Stellen. Allerdings werden Germanwatch ebenso durch die Parteistiftung der Grünen wie durch kirchliche Vereine Gelder zur Verfügung gestellt. Unabhängig davon, dass die Annahme eines menschengemachten Klimawandels durch erhöhte Kohlenstoffdioxid-Emissionen nach wie vor eine unbewiesene Hypothese ist, konnte der Verband wohl trotz längerer Suche kein eigenes hierdurch betroffenes Rechtsgut finden, dessen Schutz er selbst hätte vor Gericht geltend machen können. Da das deutsche Zivilrecht dies jedoch verlangt, schob man schließlich Lliuya vor. 

Dieser verlangte von RWE zunächst vor dem Landgericht in Essen Geld für Schutzmaßnahmen gegen eine mögliche Überflutung seiner Gemeinde. In der ersten Instanz wurde seine Klage abgewiesen. Als Grund nannten die Richter die fehlende rechtliche Kausalität von Emission und möglicher Gefährdung durch eine Gletscherschmelze. Auch, und dies betonten die Richter seinerzeit, wenn das Abschmelzen der Gletscher in Peru möglicherweise tatsächlich auf die von RWE emittierten Gase zurückzuführen sei, bewege sich dies im Rahmen des rechtlich Erlaubten und könne daher dem Konzern nicht nachteilig zur Last gelegt werden. Die von RWE betriebenen Kraftwerke sind zugelassen und deren Kohlenstoffdioxid-Ausstoß bewegt sich im Rahmen der geltenden gesetzlichen Regelungen. 

Mit finanzieller Unterstützung von Germanwatch legte Lliuya im Januar 2017 gegen dieses Urteil Rechtsmittel ein. Das Oberlandesgericht (OLG) in Hamm hat nun im November die erste mündliche Verhandlung in diesem Verfahren angesetzt und beabsichtigt tatsächlich in die Beweisaufnahme zu gehen. Damit deutet es an, dass die Beachtung von gesetzlichen Regelungen und die Berücksichtigung des aktuellen Stands der Technik künftig ein Unternehmen allein nicht mehr hinreichend vor den absurdesten Klagen schützt, in denen zudem ein Kostenanfall in unkalkulierbarer Höhe möglich ist. Das OLG Hamm hatte schon signalisiert, dass sich Großkonzerne wie RWE zukünftig nicht einfach ihrer Verantwortung entziehen könnten. 

Es stellt sich jedoch die Frage, warum eine unabsehbare Ausdehnung der rechtlichen Verantwortlichkeit allein Unternehmen treffen sollte. Hätte das von Germanwatch betriebene Musterverfahren Erfolg, so kann auch Otto Normalverbraucher sich schon recht bald verschiedensten Ansprüchen ausgesetzt sehen. Wer kann schon sicher beweisen, dass die Herz-Kreislauf-Erkrankung des Nachbarn nicht auf den Lärm zurückzuführen ist, der beim sonnabendlichen Rasenmähen im eigenen Garten entsteht. Aber selbst, wenn es tatsächlich dabei bliebe, dass nur Großkonzerne und diese nur für vermeintliche Klimafolgeschäden herangezogen werden würden, dürfte schon jetzt klar sein, dass solche Unternehmen die Kosten hierfür selbstverständlich nicht aus der eigenen Schatulle zahlen, sondern sie einfach nur an ihre Kunden durchreichen. Die Entscheidung in Hamm könnte daher nicht nur für den Rechtsstaat, sondern schnell auch für Wirtschaft und Verbraucher in Deutschland weitreichende Folgen haben.

(siehe Kommentar Seite 8)