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15.12.17 / Der Euro wird südlicher / Der Portugiese Centeno löst den Niederländer Dijsselbloem ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-17 vom 15. Dezember 2017

Der Euro wird südlicher
Der Portugiese Centeno löst den Niederländer Dijsselbloem ab
Norman Hanert

Die Euro-Gruppe, in der die Staaten der Eurozone ihre Steuer- und Wirtschaftspolitik koordinieren, wird mit Mário Centeno ab dem 13. Januar 2018 einen neuen Vorsitzenden haben. Der Portugiese wird dann den bisherigen Amtsinhaber, den Niederländer Jeroen Dijsselbloem, ablösen. Der 1966 in Vila Real de Santo António geborene Ökonom ist seit November 2015 Finanzminister der in Lissabon amtierenden sozialistischen Minderheitsregierung. Der Portugiese galt in der Vergangenheit als Gegenspieler seines deutschen Amtskollegen Wolfgang Schäuble. Mehrmals sprach sich Schäuble gegen seinen Kurs aus und warnte, Portugal würde erneut einen Staatsbankrott riskieren. 

Die Warnung kam nicht von ungefähr. So haben die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) Portugal im Jahr 2011 mit einem Hilfspaket von 78 Milliarden Euro unter die Arme greifen müssen. Im Gegenzug hatte das Land Sparauflagen akzeptiert. In Centenos Amtszeit wurden allerdings die Bezüge für Beamte sowie der Mindestlohn angehoben und auch einige Sparmaßnahmen wieder rück­gängig gemacht. Unter Centeno verringerte sich aber auch das Loch im Staatshaushalt Portugals von 

4,4 auf prognostizierte 1,4 Prozent im laufenden Jahr. Auch die Arbeitslosigkeit ist auf den niedrigsten Stand seit Jahren gefallen. 

Vergangenen Mai lobte Wolfgang Schäuble sogar seinen portugiesischen Amtskollegen als „Cristiano Ronaldo“ unter den europäischen Finanzministern. Hintergrund des kleinen Wirtschaftswunders in Portugal war ein Boom im Tourismussektor und ein Ansteigen der Exporte. Nicht zu vergessen ist die Hilfe der Europäischen Zentralbank, die im Zuge ihres Kaufprogramms auch in beträchtlichem Umfang portugiesische Anleihen ankauft. Nach seiner Wahl zum Eurogruppenchef erklärte Centeno, er wolle seine Amtszeit nutzen, um Europa besser auf künftige Krisen vorzubereiten. 

Centeno wird sich auf Versuche einstellen müssen, die Macht des Eurogruppenchefs zu beschneiden oder dem Amt eine neue Ausrichtung zu geben. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verfolgt schon länger das Ziel, für die Eurozone ein eigenes Budget, einen eigenen Währungsfonds und einen eigenen Finanzminister zu installieren.

Auch die EU-Kommission hat vor Kurzem Vorschläge zur „Vertiefung“ der Währungsunion präsentiert. Mit unter den vorgestellten Ideen war der Vorstoß, einen EU-Finanzminister zu installieren. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission soll dieser in Personalunion sowohl der EU-Kommission als Vize-Präsident angehören als auch Chef der Eurogruppe sein. Beobachter werten dies als Versuch der Brüsseler Kommission, sich mehr Macht über die Euro-Gruppe zu sichern. 

Dijsselbloem verpasste der EU-Kommission einen Dämpfer. Vor einem Ausschuss des EU-Parlaments sagte der scheidende Chef der Eurogruppe dazu: „Ich denke, die Euro-Gruppe wird darauf bestehen, ihren eigenen Vorsitz zu haben.“