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15.12.17 / Kampf gegen den „religiösen Kühlschrank“ / Pater Johannes Leppich hat in seiner Heimat Oberschlesien noch heute Konjunktur

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-17 vom 15. Dezember 2017

Kampf gegen den „religiösen Kühlschrank“
Pater Johannes Leppich hat in seiner Heimat Oberschlesien noch heute Konjunktur
Chris W. Wagner

Unser Europa ist ein religiöser Kühlschrank im Vergleich mit dem gläubigen Indien.“ „Mit humanistisch gepflegtem Innenleben allein ist in sozialen Katastrophenfällen die Feuerprobe kaum zu bestehen.“ „Leider wurden die revolutionärsten Forderungen der Weltgeschichte vielfach harmlosen Bibelkränzchen überlassen und mit dem öligen Pathos sanfter Losungsworte eines Jungfrauenzirkels präpariert.“ Worte, mit denen der Jesuit Johannes Leppich in den Jahren nach dem Krieg die Herzen der Deutschen erreichen wollte. Vor 25 Jahren verstarb der sprachgewaltige Oberschlesier, doch zwei Jahre vor seinem Tode durfte er noch einmal zu Tausenden seiner Landsleute sprechen.

Ob in Fabrikhallen, Zirkuszelten, Fußballstadien, bei Straßenpredigten – Pater Leppich hörten Tausende zu. „Die Kirchen füllten sich schnell, wenn ich sprach, so dass ich einen Lautsprecher vor das Portal legen musste, damit die draußen stehenden auch mithören konnten. Bald aber standen vor dem Portal mehr Menschen, als die ganze Kirche fasste, da bin ich selbst auch draußen geblieben“, zitierte Markus Trautmann den Pater im Buch „Mit Glaubensglut und Feuereifer“. 

Der 1915 in Ratibor geborene Leppich war Sohn eines Zuchthausaufsehers und sein Vater nahm ihn nicht selten auf seine Arbeit mit. Und weil er aus ärmlichen Verhältnissen kam, fühlte er sich den Arbeitern in besonderer Weise verpflichtet. In den letzten Kriegsjahren als Jugendseelsorger in Gleiwitz erlebte er den Einmarsch der Roten Armee. 1944 wurde er als Kaplan nach Gleiwitz geschickt, wo er den Einmarsch der Roten Armee erlebte. Im Herbst 1945 arbeitete Leppich in Breslau als Kaplan in der Kinder- und Jugendseelsorge. „Später erzählt er gern, wie wichtig diese Zeit für ihn war; da habe er gelernt, anschaulich, direkt und bildhaft zu sprechen. (…) Im Winter 1945/46 beginnt die Ausweisung der deutschen Bevölkerung aus Schlesien. Leppich ist dabei, als die ersten Kinder- und Jugendtransporte aus Breslau organisiert werden. Einige Zeit hält er sich an der Grenzstation in Kohlfurt auf, um den Flüchtlingen zu helfen. Mai 1946 wird er Lagerpfarrer im Durchgangslager Friedland. Die grauenvollen Erlebnisse der letzten Kriegsmonate und der unmittelbaren Nachkriegszeit haben den jungen Seelsorger entscheidend geprägt. Was die Menschen auf den Flüchtlingstransporten durchmachen mussten, das hatte er selbst miterlebt. So konnte er mit ihnen fühlen, kannte ihre Ängste und ihr Leid nicht nur vom Hören-Sagen; er selbst war ein Vertriebener“, so Hans-Georg Lachmund in einem Nachruf.

Alles längst vergangene Zeit? Nicht für Josef Gonschior aus Ratibor. Er setzt sich dafür ein, dass das Andenken Pater Leppichs in seiner Heimat bewahrt wird. So brachte er eine ganze Reihe Andenken an seinen großen Landsmann aus Deutschland nach Oberschlesien mit. „Er hatte eine Ähnlichkeit zu Josef Stalin. Aber im Leben hat er gegen den Kommunismus gekämpft. Heute weiß kaum jemand, dass durch Leppichs Wirken in deutschen Hotels die Bibel ausgelegt wird oder dass es ohne Pater Leppich keine Telefonseelsorge gäbe“, berichtet Gonschior.

Anfang der 60er Jahre rief Leppich die Internationale „Aktion 365“ ins Leben – eine Laienbewegung, deren geistliche Grundlage das tägliche Bibellesen ist. Auch in Ratibor gibt es seit fast 25 Jahren den Bibelkreis „Aktion 365. Anfangs waren es noch drei Bibelkreise: In Gleiwitz, Groß Rauden und Ratibor. Der Ratiborer-Kreis überdauerte als einziger. „Wir Deutschen aus der Region treffen uns ein Mal in Monat und halten eine Bibelstunde nach Vorschriften von Pater Leppich, beten, aber es gibt auch einen Gesprächskreis – all das in deutscher Sprache“, so der 80-jährige Gonschior. Bei den Bibeltreffen erinnert man sich gerne an Leppich, der zwei Jahre vor seinem Tod, 1990, noch einmal seine Heimat besuchte. Der einstige „Kommunistenfresser“ durfte damals kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs noch einmal die Massen bewegen. Vor 12000 oberschlesischen Landsleuten predigte Leppich auf dem St. Annaberg, vor 15000 an der Schlossruine in Lubowitz, dem Geburtsort Joseph von Eichendorffs. „Er war damals auch bei mir zu Hause. Ich wollte ihn ja betreuen, aber das wollte er nicht. Er wollte alleine durch die Straßen seiner Heimatstadt laufen. Er hat ältere Leute angesprochen. Er hat es abgeschlagen, in einer Pfarrei zu wohnen, stattdessen hat er Leute angesprochen, hat sich vorgestellt und fragte, ob er bei den Menschen übernachten könnte. Das hat geklappt“, erinnert sich Gonschior.

Leppichs wird in seiner Heimat auch heute noch besonders gedacht. Die Leppichgedenkstube im Begegnungshaus der Deutschen in Benkowitz bei Ratibor erlebt dieser Tage aufgrund des Jubiläums einen ungewohnten Zulauf. Dort kann man die Lieblingspfeifen des Geistlichen, seine Werke und Tonbandaufnahmen bewundern, ebenso eine Dokumentation über seinen letzten Besuch in der Heimat.