26.04.2024

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15.12.17 / Weihnachten kann auch witzig sein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-17 vom 15. Dezember 2017

Weihnachten kann auch witzig sein
Erik Lommatzsch

Wenn ein oberbayerisches Urgestein seine Alpenkrimis mit dem Spruch „Sterben, wo andere Urlaub machen“ bewirbt, so erwartet man von ihm auch zum Thema Weih-nachten ein große Portion schwarzhumorig-bösartige Unterhaltung. Und genau die liefert Jörg Maurer mit den kurzen und kurzweiligen Äußerungen, welche er in seinem kleinen Werk „Stille Nacht allerseits“ versammelt hat. 

Witzig ist es immer, zuweilen auch belehrend, schließlich ist Maurers Adressat der Außerirdische, dem das Kulturgut Weihnachten nahegebracht werden soll. Aber auch der schon länger hier lebende Interessierte darf lachen und erfährt so manches, auch wenn ihn nicht jeder Wissenszuwachs gleich in schwere Sinnkrisen stürzen dürfte. Schaden kann es jedenfalls nicht, wenn man einmal gelesen hat, wie viel Nadeln eine „durchschnittliche Nordmanntanne“ (1,63 Meter hoch) hat. Es sind 187333.

In der ihm eigenen Art und entsprechend gewohnt souverän schlägt Maurer gleich zu Beginn den Bogen vom Evangelisten Lukas zu Karl Marx. Er weist darauf hin, dass über den letzteren „Sinnstifter“ detaillierteste Lebensangaben („geboren am 5. Mai 1818 um 2 Uhr in Trier, … Brückenstraße 10 …“) vorliegen, während es über den meistzitierten Chronisten des Weihnachtsgeschehens nicht einmal einigermaßen gesicherte Lebensdaten gibt. Maurer meint, Weihnachten sei zwar eine „nebelige Mischveranstaltung, basierend auf unklaren Quellenlagen“, aber gerade das kommentiert er mit einem: „Herrlich!“

Man findet in diesem Buch vieles, was mit Weihnachten verbunden ist. Manches Bekannte wird aus neuer Perspektive beleuchtet.  Etwa der Text der ersten Strophe von „Stille Nacht“ – hier versehen mit studienrätlichen Korrekturen. Klar, schon in der ersten Zeile eine unschöne Wiederholung, zweimal das Wort „Nacht“. War bisher wohl noch niemandem so recht aufgefallen.

In diesem Sinne streut Maurer auch das eine oder andere Erzählstück ein – und vermittelt so beispielsweise, wie sich Weihnachten für die Figuren einer mehr oder weniger dekorativen Holzkrippenszenerie darstellt: Joseph und Maria sehen einen Himmel in Form eines Tannenbaums und vier Riesen, die eine „gigantische gebratene Gans“ verspeisen. Sie flüchten, den Verlust des zurück-gelassenen Kindes bedauert Joseph vor allem, weil er so lange „daran herumgeschnitzt“ habe.

In Somalia und Tadschikistan ist Weihnachten gesetzlich verboten. Der Wunschzettel des „jungen Christenmenschen“ wird sehr treffend als „kindliche Bedarfsoffensive“ charakterisiert. 

Hergestellt wird die Verbindung der immer wiederkehrenden Festtage zu natürlichen Gegebenheiten und den bereits darauf basierenden vorchristlichen Bräuchen mit den uns bekannten Festabläufen. Maurer wäre nicht Maurer, hätte er sich den Hinweis verkneifen können, dass ein bekannter Mythenforscher den Untergang von Sodom und Gomorra auf den 1. Dezember datiert hat. Ergo: „Die Weihnachtszeit geht also schon gut los.“

Die Sendlinger Mordweihnacht (hier kämpften im Jahre 1705 von vornherein unterlegene aufständische Bayern gegen österreichische Besatzer) hat – eigentlich – wenig mit der Tatsache zu tun, dass man auf dem Zürcher Weihnachtsmarkt einen Hotdog für 250 Franken erwerben kann. Um die Schweizer nicht übermäßig unter dem Teuer-Klischee leiden zu lassen, sei hinzugefügt, dass es sich um einen dänischen Würstchenstand handelt.

Aber gerade eine solche Mischung kann als Maurers Markenzeichen gelten. Und trotz aller distanzschaffenden Ironie merkt man ihm die Faszination an, die Weihnachten – mit jeglichem und wie auch immer geartetem historischen sowie gegenwärtigen Zubehör – auf ihn ausübt. 

Jörg Maurer: „Stille Nacht allerseits. Was Sie von Weih-nachten nie gedacht hätten“, Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2017, gebunden, 254 Seiten, 12 Euro