28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
22.12.17 / Lebenshilfe statt Donnerwort / Wie die Kirchen Advent und Weihnachten begehen sollten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52-17 vom 22. Dezember 2017

Lebenshilfe statt Donnerwort
Wie die Kirchen Advent und Weihnachten begehen sollten

Schnell ist das Urteil gefällt: Brachialer Kommerz dominiert die Advents- und Weihnachtszeit. Ist das Verdikt gerecht? Selbst Theologen, die gerne einen Kontrapunkt zum „Konsumfest“ setzen möchten, sind sich da nicht ganz sicher. Zum Beispiel der Münsteraner katholische Kirchenhistoriker Professor Hubert Wolf, der trotz aller Kritik Grundsehnsüchte der Menschen zu erkennen glaubt. Der Träger des angesehenen Leibnitz-Preises  versucht, hinter diesen weltlichen Adventsbräuchen Anknüpfungspunkte zu finden für das, was die christliche Botschaft eigentlich ausmacht: Liebe.

Es geht, theologisch gesprochen, um die Menschwerdung Gottes und um die Menschwerdung des Menschen. „Mach‘s wie Gott und werde Mensch.“ Gott kommt nicht als Herrscher, sondern als Kind, und ein Kind braucht die Hilfe der Mitmenschen. „Der christliche Glaube“, sagt Wolf, „ist keine Zwangsbotschaft, sondern ein Angebot Gottes, Ja oder Nein zu sagen.“ 

Advent und Weihnachten verlangen vor allem dem „Bodenpersonal Gottes“ etwas ab, wie die Autoren des „Spiegel“-Ablegers „Geschichte“ schreiben: Weniger Donnerwort und Zeigefinger, mehr Lebenshilfe; weniger Dogmenstrenge, mehr individuell seelsorgerische Gesprächskunst. Die Kirche, gibt der Pastoraltheologe Paul M. Zulehner zu bedenken, werde nicht durch Strukturen zukunftsfähig, sondern durch Pastoren, die vom Evangelium „durchflutet“ seien. Eine solche Kirche moralisiere nicht, sie heile. „Sie führt nicht in den Gerichtssaal, sondern in ein Feldlazarett. Sie wendet nicht Gesetze auf Menschen an, sondern kümmert sich in göttlicher Fürsorge um den Einzelnen.“

Wahre Worte zur Advents- und Weihnachtszeit. Werden sie von den Glaubenshütern beherzigt, kann der kirchenkritische „Spiegel“ durchaus recht behalten mit seiner frohen Botschaft „Das Christentum ist die erfolgreichste Religion der Welt“. Wie auch immer: Religiöses bleibt gefragt. Denn, so fragte der prominente tschechische Theologe und Philosoph Tomas Halik: „Was würde einer Gesellschaft widerfahren, deren Kultur ihre spirituelle Dimension verloren hat und von der kommerziellen Unterhaltungsindustrie beherrscht wird?“ Ihr würden die Menschen fehlen, die dem Wort Liebe „jene tiefe Bedeutung wiedergeben, die es einmal in der radikalen Botschaft des Evangeliums hatte“. GF