20.04.2024

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22.12.17 / Ein »deutscher Staat«?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52-17 vom 22. Dezember 2017

Ein »deutscher Staat«?
Manuel Ruoff

Marcus Spiegelberg hat Österreich als einen „deutschen Staat“ bezeichnet. Die Linke in der Bundesrepublik tobt. Sie beschimpft den AfD-Abgeordneten des sachsen-anhaltischen Landtags, der sich für den Beruf des Historikers und Völkerkundlers entschieden hat, mit denselben Argumenten, mit denen sie vor 1989 jene beschimpfte, die feststellten, dass diesseits wie jenseits des Eisernen Vorhangs Deutsche lebten. Den Antideutschen kann Deutschland eben gar nicht klein und kleinteilig genug sein.

Eine entsprechende Konsequenz im Denken und Handeln lässt das patriotische Lager vermissen. So gibt es nicht wenige Patrioten in der Bundesrepublik, die sich zwar bis 1989 standhaft geweigert haben, die DDR-Bürger als Ausländer zu behandeln, Österreicher aber durchaus als solche betrachten. 

Dabei gibt es kaum etwas, was zwar West- und Mitteldeutsche miteinander verbindet, beide mit Österreichern aber nicht. Deutschsprachig sind sie alle, das ist mittlerweile unbestritten. Auch ansonsten verbindet sie die gemeinsame deutsche Kultur. Haydn, der Komponist des Deutschlandliedes, ist nicht weniger deutsch als Beethoven, und Schubert nicht weniger deutsch als Schumann. 

Rund ein Jahrtausend haben West- und Mitteldeutsche sowie Österreicher erst im Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation) und dann im Deutschen Bund zusammengelebt, waren eine Schick­salsgemeinschaft. Was sind dagegen die gut 40 Jahre zwischen der Gründung von Bundesrepublik wie DDR 1949 und deren Vereinigung 1990 – aber auch die gut 140 Jahre zwischen dem Ende des Deutschen Bundes 1866 und dem Anschluss Österreichs 1938 sowie zwischen der erneuten Trennung nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gegenwart? 

Österreichern das Deutschsein abzusprechen, weil 1871 das Deutsche Reich ohne sie gegründet wurde, ist so widersinnig, wie Mitteldeutschen das Deutschsein abzusprechen, weil 1949 die Bundesrepublik ohne sie entstand. Weder das kleindeutsche Kaiserreich noch der westdeutsche Teilstaat umfasste alle Deutschen.

Dass sich das demokratisch legitimierte Paulskirchenparlament von 1848 schweren Herzens letztlich für eine kleindeutsche Lösung unter Ausschluss Österreich aussprach, lag nur daran, dass Österreich damals ein Vielvölkerstaat war und der angestrebte deutsche Nationalstaat sich mit der Integration der nichtdeutschen Österreicher übernommen hätte. 

Durch den verlorenen Ersten Weltkrieg hat Österreich jedoch seine nichtdeutschen Gebiete verloren. Folgerichtig nannte sich das, was übrig blieb, „Deutschös-terreich“ und beschloss den Anschluss an den kleindeutschen Nationalstaat. Entgegen dem Selbstbestimmungsrecht der Völker verboten die Sieger des Ersten Weltkriegs beides. Als Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg erneut darniederlag, wurde das Anschlussverbot von den Siegern wiederholt. 

Wenn ein Land gespalten wird, ist das ein bedauernswertes Schick­sal. Aber wenn selbst seine Patrioten diese Spaltung so sehr verinnerlichen, dass sie die Landsleute auf der anderen Seite der Grenze als Ausländer betrachten, ist das tragisch und beschämend.