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22.12.17 / Ränke, Rachsucht, Raserei / Fiese Päpste – Der ARD-Weihnachtszweiteiler »Die Puppenspieler«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52-17 vom 22. Dezember 2017

Ränke, Rachsucht, Raserei
Fiese Päpste – Der ARD-Weihnachtszweiteiler »Die Puppenspieler«
Anne Martin

Alle Jahre wieder bietet das Fernsehen zu Weihnachten einen üppigen Nachschlag aus bunten Bildern und wohlfeiler Spannung, gerne in ein historisches Mäntelchen ge­hüllt: diesmal den Zweiteiler „Die Puppenspieler“ (27. und 29. De­zember, jeweils 20.15 Uhr, Das Erste), frei nach dem 1993 erschienenen historischen Roman der damals 23-jährigen Tanja Kinkel.

Wer sich einlässt, darf tief in das Deutschland des Jahres 1484 eintauchen, darf mitfiebern und mitfühlen, wenn sich das Unheil über dem jungen Klosterschüler Richard zu­sammenbraut und dessen Mutter, die schöne Sarazenin Zo­beida, als Hexe verleumdet auf dem Scheiterhaufen brennt. 

Produzentin Regina Ziegler schickt große Schauspieler auf die Reise, von denen einer wie Ulrich Matthes sehr freimütig be­kennt, die Dreharbeiten seien ihm vorgekommen, wie Räuber und Gendarm zu spielen. Damit liegt er goldrichtig: Inquisitor Heinrich Institoris etwa, dargestellt von Philipp Moog, ist ein unbarmherziger Folterknecht, der geißelt, was ihm heimlich auch Lust verschafft. Kardinal Borgia (Matthes) mimt maliziös lächelnd den Machtstrategen, der es schließlich bis zum Papst bringt. Schwankend zwischen Kaufmannsgeist und moralischer Verantwortung gibt Herbert Knaup den mächtigsten Händler seiner Zeit, Jakob Fugger, der sich des verfolgten Jugendlichen annimmt. 

Saftiges Kernstück ist Fuggers Reise über die Alpen nach Rom, an der auch sein Schützling (Sa­muel Schneider) teilnimmt. Im Sündenbabel Rom gerät die Karawane mitten hinein in das Ränkespiel um die Papstwahl, das der durchtriebene Borgia für sich entscheidet. Richard, der ausgezogen ist, seine Mutter zu rächen, verliebt sich in die freiheitsdurstige junge Zigeunerin Savya (Helen Woigk), die ins Visier des Inquisitors geraten ist. Wird er seine Lie­be vor dem grausamen Schicksal seiner Mutter bewahren können?

Die ARD-Moritat bietet alles, was das Zuschauerherz begehrt: Richard verkörpert den ungestümen jungen Helden, sein Be­schützer Fugger den pragmatisch denkenden Kaufmann. Wenn die Kamera die Szenarien der beginnenden Renaissance ausleuchtet, findet sich der Zuschauer in sorgsam arrangierten Stillleben wieder. Auf den Tischen türmen sich Trauben und Bratenstücke, die toskanische Landschaft mit ihren Zypressen-Alleen leuchtet im sanften Licht des Südens, Statisten jonglieren mit Bällen, edle Pferde ga­loppieren in Zeitlupe.

Wollte man etwas kritisieren, dann die Klischees, die auch der historische Goldrand nicht verbrämen kann: Derart ruchlos sind die Kardinäle, dass sie einem sterbenden Papst nicht das verlangte Wasser reichen, sondern ihm eine trockene Oblate in den Mund drücken. So feige ist der Sohn des Borgia, dass er widerspruchslos seine einstige Geliebte töten würde. Überall Ränke, Rachsucht und Aberglaube, nur der Protagonist kämpft für das Gute. Kurz nach Weihnachten ist Märchenzeit – und wer hat je behauptet, dass Märchen wahr sein müssen?