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22.12.17 / Auf Hans Trapp gehalten / »Mannalas«, »Bredeles« und Christbaumkugeln – Weihnachten im Elsass erinnert an deutsche Traditionen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52-17 vom 22. Dezember 2017

Auf Hans Trapp gehalten
»Mannalas«, »Bredeles« und Christbaumkugeln – Weihnachten im Elsass erinnert an deutsche Traditionen
Andreas Guballa

Die Tradition der Weih­nachtsmärkte im Elsass gibt es seit etwa 500 Jahren, und sie verzaubert die Dörfer und Städte zwischen Rhein und Vogesen jedes Jahr mit Einbruch des Winters mit ganz besonderem Charme. Kaum hat der Besucher den Rhein überquert, begibt er sich auf eine außergewöhnliche Reise durch die elsässischen Weihnachtsbräuche, die eine Tür öffnet zu einer Welt der Mythen, Bräuche, Lichter und Aromen, die es nirgends sonst so gibt.

„Ich habe noch heute den Duft der ,Bredele‘ in der Nase, die meine Mutter an den Adventssonntagen zauberte und an­schließend die frisch gebackenen Weihnachtsplätzchen in große Weißblechdosen füllte,“ erinnert sich Pascal Schmitt. Vielleicht lässt der Direktor des Ecomusée d’Alsace deshalb in seinem Freilichtmuseum in der Nähe von Un­gersheim jedes Jahr in der Ad­ventszeit die traditionelle Weih­nachtsstimmung, wie sie in einem elsässischen Dorf am Anfang des 20. Jahrhunderts herrschte, wieder aufleben. 

Tag für Tag können Besucher sich von der Magie in den Bann ziehen lassen. Sie sitzen bei Kerzenschein, duftenden Äpfeln und Nüssen um den großen Holztisch in einem typisch elsässischen Fachwerkhaus und erleben das althergebrachte Fest ganz authentisch. Mehr als 72 davon gibt es im größten Freilichtmuseum Frankreichs, etwa 30 Kilometer südlich von Colmar, und keines gleicht dem anderen.

Fast alle haben aber eines gemeinsam: Sie standen einmal ganz woanders. Vorwiegend aus dem südlichen Elsass und dem Sundgau sind sie hierher transportiert und auf dem 100 Quadratmeter großen Gelände eines ehemaligen Kalibergwerkes wieder aufgebaut worden.

Auf dem großen Platz vor ei­ner ganzen Gruppe weihnachtlich geschmückter Häuser werden die letzten Vorbereitungen für das Eintreffen des Nikolaus’ getroffen. Leider hat er eine gar fürchterliche Gestalt mit langem schwarzen Bart und zerzausten Haaren im Gefolge. Denn auch im Elsass weiß man die Kinder mit angsteinflößenden Mythen einzuschüchtern. Mit erhobenem Zeigefinger, erinnert sich Schmitt, drohte seine Mutter: „Wenn du nicht brav bist, dann kommt der Hans Trapp.“ 

Die Schreckfigur für Kinder geht auf eine Legende zurück, wonach im 15. Jahrhundert ein Ritter plündernd durchs Land zog und Angst und Schrecken verbreitete. Diesseits des Rheins kennt man einen ähnlichen Un-hold als Knecht Ruprecht. Brave Kinder hingegen bekommen Geschenke und feiern mit einer Tasse heißer Schokolade und den „Mannala“ – das sind die deutschen Lebkuchenmännchen.

Überall im Elsass werden die Weihnachtstraditionen hochgehalten und zaubern auch heute ein glückliches Strahlen auf die Gesichter der Besucher, denn hier findet man nicht nur die schönsten Weihnachtsmärkte, sondern in Straßburg auch den ältesten „Christkindelsmärik“ von ganz Frankreich. Dessen Geschichte reicht bis ins Jahr 1570 zurück, also lange, bevor das Elsass zu Frankreich kam. 

In den letzten Jahren haben sich aber auch die eher kleineren Weihnachtsmärkte im Elsass zu einem echten Liebhaber-Tipp entwickelt. Hübsch gestaltete Märkte erwarten die Gäste mit einer wunderbaren Weihnachts-Atmosphäre. In Schlettstadt steht im Advent alles im Zeichen rund um den Weihnachtsbaum, dessen Wiege übrigens im Elsass liegt. In Schlettstadts Humanistischer Bi­bliothek kann man unter den alten Büchern und Schriftstücken die erste schriftliche Erwähnung des Verkaufs von Tannenbäumen aus dem Jahr 1521 bewundern.

„Traditionell war der Heilige Abend im Elsass Adam und Eva gewidmet“, weiß Denise Kayser. Die 73-Jährige ist Gästeführerin in der „Maison Rurale de L’Outre-Forêt“ in Kutzenhausen, wo in einem ehemaligen Fachwerk-Gutshof aus dem 18. Jahrhundert eine Ausstellung ehemaliger elsässischer Weihnachtstraditionen und von altem Spielzeug zu sehen ist. „Die Tanne, der einzige Baum, der im Dezember noch grün ist, symbolisiert den Baum mit den verbotenen Früchten“, erzählt sie ihren kleinen und großen Gästen. 

Damals hängte man kleine rote Äpfel, die erst zur Weihnachtszeit reif sind, daran auf, die Erbsünde, und Oblaten, die Erlösung. Als der Legende nach 1858 eine Trockenheit in den nördlichen Vogesen und an der Mosel die Ernte vernichtete, machte ein Glasbläser aus Meisenthal aus der Not eine Tugend – und erfand die er­sten Christbaumkugeln aus Glas. So schuf er eine Tradition, die über Kulturgrenzen hinweg weltweit bekannt ist.


Mehr über die Adventszeit im Elsass gibt es auf der deutschen Internetseite unter: noel.tourisme-alsace.com