28.03.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 11-17 vom 17. März 2017

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Berlin führt nicht
Merkel steht Holländern und Dänen gegenüber Ankara kaum bei

Die Türkei stellt Deutschlands „neue Führungsrolle in Europa“ erstmals auf die Probe − doch Berlin wankt und weicht zurück.

Nach dem Wahlausgang in den USA, der die europäischen Eliten zutiefst verunsichert hat, und wegen der Unwägbarkeiten am Ostrand der EU riefen zahlreiche Stimmen Angela Merkel zur neuen Leitfigur Europas, wenn nicht gar des gesamten Westens aus. Deutschland müsse, auch angesichts der Fliehkräfte in der EU, die Führungsrolle übernehmen.

Stolze Worte, deren Werthaltigkeit nun erstmals überprüft wurde durch die Attacken der Türkei auf mehrere europäische Länder. Dänemark und die Niederlande stellten sich den Zumutungen aus Ankara tapfer entgegen. Dies wäre die Stunde der „Führungsmacht“ Deutschland mit der Leitfigur Merkel gewesen, den kleineren Partnern beherzt beizuspringen. Wozu sonst ist eine Führungsmacht vonnöten, wenn nicht dazu, dass sie ihr größeres Gewicht zum Schutze der Kleineren in die Waagschale wirft?

Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert aber laviert stattdessen herum: Man habe als Bundesregierung die „niederländischen Maßnahmen weder zu bewerten noch zu kritisieren“, wich Seibert in Berlin aus. Sicher sei „nur eines“: Die Niederlande hätten Deutschlands „Solidarität angesichts der maßlosen Äußerungen“, die aus der Türkei gegen das Nachbarland gerichtet worden seien. Gemeint ist der absurde „Nazi“-Vorwurf an das Königreich.

Merkel nennt das „volle Unterstützung und Solidarität“, doch es ist nichts davon. Berlin schützt Den Haag lediglich gegen die Beleidigung, ein NS-Staat zu sein. Diese „Solidarität“ kann praktisch jede Regierung der Welt haben, denn der Nationalsozialismus regiert seit Generationen nirgends mehr. Es ist reine, leere Symbolik.

Statt Führung zu zeigen und Solidarität zu üben, scheut Merkel in Wahrheit die Auseinandersetzung mit Ankara. Berlin verkauft das als kluge Taktik. Erdogan wolle um jeden Preis die Konfrontation, die wolle man ihm nicht liefern.

Wer so redet, verhüllt entweder seinen Opportunismus oder er hat die Logik eines Typen wie Erdogan nicht begriffen. Gerade weil er die Konfrontation um jeden Preis sucht, wird er solange weiter vorrücken, eine Provokation der nächsten folgen lassen, bis ihm mit aller Härte Einhalt geboten wird. Deutschland reizt durch seine weiche Haltung den angehenden Diktator (siehe Leitartikel) nur zu weiteren Attacken.

Das Motiv hinter Berlins Getaumel ist offensichtlich: Nicht bloß der „Flüchtlingsdeal“ mit Ankara (geschlossen, um unsere Grenzen nicht selbst schützen zu müssen) steht auf dem Spiel. Das gesamte Fundament der Multikulti-Schwärmerei, vom Doppelpass bis zur Integrations-Illusion, ist durch die Ereignisse schweren Erschütterungen ausgesetzt. Daher geht es der Bundesregierung nur darum, dass wieder trügerische Ruhe einkehrt, damit sie die sichtbar gewordenen Risse mit alten Phrasen verdecken kann. Hans Heckel


Die Glotze schaut zurück
Wie uns die CIA via TV-Gerät und Smartphone ausspionieren kann

Nun schauen wir also nicht nur in die Glotze, sondern es schaut auch hinaus. Das ist kein schlechter Film. Das ist Reality-TV, wie es die umtriebigen Fernsehmacher im CIA-Hauptquartier in Langley anscheinend ausgeheckt haben: Laut den jüngsten Veröffentlichungen der Enthüllungsplattform Wikileaks kann sich die CIA in diverse elektronische Geräte wie Smartphones, Tablets und Computer hacken, um sie zu überwachen. Auch mindestens ein Fernseher-Modell von Samsung mit Kamera und Mikrofon sollen die US-Geheimdienstler in eine Wanze verwandeln können.

Sogar die Stiftung Warentest meldete sich angesichts der Enthüllungen zu Wort, hatte allerdings eher Unerquickliches zu melden: Die Rechtslage sei zwar so, dass Fernseher nur die Informationen sammeln dürften, die sie wirklich benötigen, um zu funktionieren. Praktisch gesehen sei anonymes Fernsehen aber nun einmal vorbei, sobald die Mattscheibe am Internet hängt.

Was in Deutschland Millionen erschreckte, ließ einen unbeeindruckt. Der ehemalige Bundesminister und ausgewiesenen Experte für westliche Geheimdienste, Andreas von Bülow, erklärt im großen Interview auf Seite 2, dass über die Ausspäh-Attacken eigentlich nur die wirklich Ahnungslosen überrascht sein können. Das Abhören digital gestützter Kommunikationssysteme sei seit Jahren grenzenlos. Kriminelle Machen­schaf- ­­ten amerikanischer Geheimdienste gäbe es zuhauf. Von Bülow berichtet über Merkwürdigkeiten im Zusammenhang mit dem RAF-Terror, vom CIA-gedeckten Drogenhandel und von verdeckten Operationen gegen den ungeliebten Donald Trump. – Eine Sicht der Dinge, die besonders Vorsichtige derzeit eher nicht im Angesicht einer Mattscheibe diskutieren.          FH


»Wir haben die Täter«
Bundesanwalt hält Skandal-Ermittlungen im Fall NSU für Erfolg

Bundesanwalt Herbert Diemer, Chefankläger im Strafverfahren gegen die mut- maßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer, überschlug sich vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss zum NSU-Komplex geradezu mit Eigenlob: „Es ist ein ganz gewaltiges Stück, was wir da geleistet haben.“ Trotz der zahlreichen Ungereimtheiten, Widersprüche, ungeklärten Fragen und Skandale in diesem Fall sind die bisherigen Ermittlungen für ihn ein voller Erfolg. Diemer übernahm im November 2011, kurz nachdem der NSU aufgeflogen war, als zuständiger Referatsleiter in der Abteilung Terrorismus beim Generalbundesanwalt die Ermittlungen in dem Fall.

Vor dem Untersuchungsausschuss ließ er keinen Zweifel daran, dass er die Schuld Zschäpes und ihrer mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt  als erwiesen ansieht. Er und seine Kollegen könnten „mit strafprozessualen Mitteln“ beweisen, dass Böhnhardt und Mundlos bei den Verbrechen vor Ort waren. Zschäpe habe das jahrelange Leben im Untergrund mitorganisiert und die bürgerliche Scheinexistenz des Trios aufrechterhalten.

So gar nicht zu Diemers Eigenlob wollte sein Eingeständnis passen, so gut wie nichts über einen Großteil der Aktivitäten, das Unterstützerumfeld und mögliche Mittäter des Trios zu wissen. Auch konnte er nicht erklären, wie in der letzten gemeinsamen Wohnung der drei hauptsächlich Zschäpe gewohnt haben soll, während es keine Hinweise auf eine weitere konspirative Wohnung gibt. Ungeklärt bleibt auch, wie der NSU seine Mordopfer auswählte oder was genau vor und nach seiner Enttarnung geschah.

Laut Diemer steht das Verfahren vor dem Oberlandesgericht München kurz vor Abschluss der Beweisaufnahme. Ob die Richter seine vollmundige Einschätzung „Wir haben die Täter“ teilen, wird sich erst am Ende des Mammutprozesses zeigen.         J.H.


Jan Heitmann:
Erdolfgan

Der 24. März 1933 gilt als der schwärzeste Tag in der Geschichte des deutschen Parlamentarismus. Damals legte der Reichstag mit dem Ermächtigungsgesetz den Grundstein für die Gleichschaltung des Reiches. Später ließ sich Hitler seine absolute Macht als „Führer und Reichskanzler“ noch in einem Referendum vom Volk absegnen.

Ähnlichkeiten mit der derzeitigen Situation in der Türkei drängen sich auf. Hier hat das Parlament die Umwandlung des demokratischen Rechtsstaates in ein autokratisches Präsidialregime beschlossen. Demnächst will Erdogan sein Volk über den Schritt in die Diktatur abstimmen lassen. Um auf Nummer sicher zu gehen, will er auch seine im Ausland lebenden Landsleute auf seine Seite bringen. Deshalb schickt er seine Minister über die Grenzen, um für ihn die Propagandatrommel zu rühren.

Auch wenn es sich um eine innere Angelegenheit der Türkei handelt, erhebt die deutsche Politik zu Recht ihre Stimme gegen die Erosion der Demokratie am Bosporus. Denn wenn Erdogan erst einmal ungehemmt walten kann, werden Millionen seiner Landsleute in Deutschland um Asyl bitten. Umso unverständlicher ist es, dass die Bundesregierung nichts gegen die Propa- gandaauftritte von Erdogans Lakaien bei uns unternimmt. Als die Deutschen vor über 80 Jahren die Demokratie in ihrem Lande zu Grabe trugen, hat das im Ausland kaum einen interessiert. Trotzdem wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, Hitler, Goebbels oder Rosenberg einen Propagandaauftritt vor den Auslandsdeutschen zu erlauben.

Dass nun gerade dieser Erdolfgan, der in gewisser Weise Adolf Hitler nacheifert, seinen Kritikern in Deutschland Nazi-Methoden vorwirft, ist schon grotesk.


S. 2 Aktuell

Saubere Freunde
Bundesminister a.D. Andreas von Bülow über die hochkriminellen Aktionen der CIA in Deutschland

Da mag Angela Merkel noch so naiv fordern, dass Ausspionieren unter Freunden „gar nicht gehe“. Geheimndienste, die fremde Länder observieren, nehmen wenig Rücksicht auf die dortige Gesetzeslage. Jüngste Wikileaks-Enthüllungen über den US-Geheimdienst CIA lassen erschreckende Details erkennen. Fast jedes digitale Gerät kann als Einfallstor dienen, um Deutschlands Bürger auszuspären. Einer, der sich mit der Thematik intensiv wie kaum ein anderer auseinandersetzt, ist Bundesminister und Staatssekretär a.D. Andreas von Bülow. Seit seinem Ausscheiden aus der Politik 1994 beschäftigt er sich als Publizist mit den verdeck­ten Operationen westlicher Geheimdienste. Dabei kann er unter anderem auf seine Erfahrungen als Mitglied der parlamentarischen Kontrollkommission der Nachrichtendienste zurückgreifen. Die Fragen stellte Bernd Kallina.

PAZ: Die letzte Woche bekannt gewordenen Nachrichten über von Frankfurt/Main ausgehende umfangreiche Hacker-Angriffe der CIA dürften Sie kaum überrascht haben, oder?

Andreas Von Bülow: Nein, das war zu erwarten. Das überrascht nur die vielen Ahnungslosen in unserem Lande. Fakt ist: Das Abhören, gerade auch der digital gestützten Kommunikationssysteme, ist seit Jahren grenzenlos. Vor allem das Eindringen in die Hochleistungsrechner der Welt geht schon seit Jahrzehnten vor sich. Das sind ganz real praktizierte Verschwörungen, keine Theorien.

PAZ: Sie sind also kein Verschwörungstheoretiker, wie Ihnen von gegnerischer Seite oftmals vorgeworfen wird?

Von Bülow: Nein, ganz im Gegenteil! Kriminelle Machenschaften amerikanischer Geheimdienste gibt es zuhauf. Da bleibt kein Paragraf der Verfassungen und Strafgesetzbücher aus aller Welt unverletzt, übrigens auch das des Kriegsvölkerrechts nicht. Besser sein als das sowjetische KGB war das Programm zur Gründung der CIA. Da handelt es sich um Verschwörungen, die mit höchster Propaganda-Technik Dritten in die Schuhe geschoben werden. Getürkte Taten, wie wir sagen würden. Wer dem nachgeht und sie offen legt wird verfolgt. Als selbst die Amerikaner beispielsweise immer weniger an die amtliche Version der Ermordung Kennedys glaubten, erfand die CIA die Figur des Verschwörungstheoretikers, um den als Feind empfundenen Aufklärer verdeckter Taten lächerlich zu machen. Zur Verbreitung kann sich die „Firma“ auf geneigte oder ahnungslose Journalisten, ja auch auf Professoren verlassen.

PAZ: Die Bundesregierung nehme die Enthüllungen der letzten Woche „sehr ernst“ tönt es aus Berlin und Kanzlerin Angela Merkel bemerkte ja schon vor Jahren zur Überwachung ihres Telefons durch US-Dienste lapidar: „Spionage unter Freunden, das geht gar nicht!“ Wie wirken solche Reaktionen auf Sie?

Von Bülow: Es herrscht in weiten Teilen der Politikerklasse ein kindischer Glaube an die Vortrefflichkeit der USA. Doch die Macht­elite jenseits des großen Teiches kennt nur den eigenen Nutzen. Und dafür sponsert sie die Wahlkämpfe der Politiker. Eines der derzeit obersten Ziele ist das unbedingte Verhindern einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas, insbesondere von Deutschland und Russland. Daher die fünf Milliarden für den Maidan und den Regierungssturz in der Ukraine samt der Installation eines unfassbar unfähigen, die eigene russischstämmige Bevölkerung bis zur Weißglut reizenden Regimes.

PAZ: Das Sonderproblem der Bundesrepublik Deutschland scheint auch aus dem übergeleiteten Besatzungsstatut herzurühren, denn: Eine Hinnahme von Spionage auf unserem Hoheitsgebiet wurde wohl vertraglich seitens der frühen Bundesrepublik gegenüber den Alliierten zugesichert, was in Zeiten des Kalten Krieges ja einen gewissen Sinn gehabt haben mag. Aber heute?

Von Bülow: Das nicht selten gegen alle Wertvorstellungen der deutschen Verfassung verstoßende Treiben der amerikanischen Geheimdienste auf deutschem Boden stört gewaltig, muss jedoch nach übergeleitetem Besatzungsrecht geduldet, vor allem aber verschwiegen werden. Deutsche Politiker, Staatsanwälte und Richter sind machtlos, vom Wahlvolk ganz zu schweigen. Wir wissen weder im rechts- noch im linksradikalen Treiben, was originär deutsch ist oder was zum Zwecke der Destabilisierung und Rufschädigung Deutschlands etwa durch alliierte Dienste organisiert wird.

PAZ: Meinen Sie tatsächlich, dass spektakuläre Vorkommnisse im links- oder rechtsextremen Bereich, zumindest teilweise, durch nachrichtendienstliche Fremdeinwirkungen zustande gekommen sind?

Von Bülow: Anhaltspunkte dafür gibt es zweifellos! Die auffälligen Merkwürdigkeiten im Zusammenhang mit dem RAF-Terror der Vergangenheit oder die grotes­ken Unstimmigkeiten beim Terror eines angeblichen „Nationalsozialistischen Untergrunds“, kurz NSU, können genannt werden. Oder auch das Ausmaß des  von der CIA gedeckten Drogenhandels als Entgelt für die Nutzung der Organisierten Kriminalität zu geheimdienstlichen Zwecken oder zur Finanzierung von Militärputschen in geopolitisch wichtigen Ländern. Die deutschen Behörden haben keinerlei Handhabe gegen in Deutschland agierende Agenten amerikanischer Dienste, die, auch denkbar, als Doppelagenten unter der Deck­adresse etwa des Verfassungsschutzes agieren könnten. Grundsätzlich gilt das auch für den vermeintlich muslimischen Terror. Es ist dringend geboten, die weltweiten Aktivitäten der US-Dienste nicht immer nur in Gestalt missglückter Einzeltaten zu begreifen, sondern eines fortwährend und weltweit zur Durchsetzung einer Globalstrategie eingesetzten Instrumentariums.

PAZ: Bei einer realistischen Betrachtung des nachrichtendienstlichen Geschehens könnte man zum Ergebnis kommen, dass die USA sich eben wie ein Hegemon verhalten, was man zwar beklagen, aber kaum ändern kann. Was hielten Sie zum Beispiel von Gegenspionage?

Von Bülow: Da habe ich wenig Hoffnung. Die Überwachung jeder Kommunikation, die allumfassende Ausspähung und die immer noch gewaltige Finanz- und Wirtschaftskraft des Hegemons untergräbt jede Selbständigkeit. Wir müssten doch längst als verantwortlicher NATO-Partner gegen die derzeit sieben offenen und noch viel mehr verdeck­ten Kriege der Vereinigten Staaten vorgehen, die Regime-Change-Politik in den arabischen Ländern, in der Ukraine oder auch in Russland. Die Machtelite der USA mit ihrem beherrschenden Einfluss auf den Kongress, versucht; das „amerikanische Jahrhundert“ jetzt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion global durchzusetzen. Das Einordnen der Supermacht in eine von den meisten Nationen gewünschte multipolare Weltordnung ist tabu. Trump schien im Gegensatz zu Clinton einen anderen Kurs steuern zu wollen. Den fordert ein Großteil der amerikanischen Wähler, ob für Sanders oder Trump zum Ausdruck gebracht. Doch der hinter der demokratischen Fassade operierende „Deep State“ ist dabei, Trump auch infolge der mangelnden Vorbereitung seines Amtsantritts, im Netz der bislang herrschenden Machtpolitik der USA einzufangen.

PAZ: Nun ist ja die lückenlose NSA-Überwachung des gesamten weltweiten Kommunikationsverkehrs nur eine Seite der Medaille. Sie haben immer wieder auf die Hauptaufgaben der CIA hingewiesen, die in „Covert Operations“ bestünden, also in verdeck­ten Operationen. Was muss man sich darunter vorstellen?

Von Bülow: Die CIA hat ja im Laufe der letzten Jahrzehnte die gesamte Befreiungsbewegung zur Auflösung der Kolonialreiche als kommunistisch unterwandert gebrandmarkt und deren Köpfe durch Putsche und Morde beseitigt. Dabei halfen die immer wieder zum Einsatz kommenden Todesschwadronen etwa in Lateinamerika, aber auch in Vietnam und anderen Ländern der Dritten Welt, widerborstige Bevölkerungsteile niederzuhalten. Der neueste Fall einer covert operation ist die Darstellung des Trump-Sieges als Produkt verdeck­ter russischer Einflussnahme. Beweise fehlen. Die neuesten Enthüllungen weisen darauf hin, dass die CIA im Cyberbereich systematisch die Verschleierung ihrer Angriffe durch Umwege über russische oder chinesische Hackeradressen und Sprachschleusen organisiert. So können Angriffe öffentlichkeitswirksam Russland in die Schuhe geschoben werden. Der Virusbekämpfungs-Experte McAffee hat Hintergründe und Gefahren eindrucksvoll dargelegt.

PAZ: Können Sie ein besonders eindrucksvolles Beispiel von verdeckten Operationen der CIA kurz umreißen?

Von Bülow: Da können Sie durchaus den Maidan in Kiew nehmen mit den unaufgeklärten Schiessereien, die orangene Revolution oder auch den arabischen Frühling oder das Theater mit den Massenvernichtungswaffen im Irak oder auch das unversehens aus dem Boden Sprießen muslimisch fundamentalistischer Staaten um die frühere Sowjetunion herum, die von Afghanistan ausgehend dann die muslimischen Provinzen der damaligen Sowjetunion destabilisieren und zum Abfall bringen sollten. Diese Operationen gehen auf Brzezinski zurück, den Sicherheitsberater Präsident Carters. Zigtausende muslimischer Söldner wurden unter anderem von Osama bin Laden mit saudischen und amerikanischen Geldern geworben, ausgebildet und zum Einsatz gebracht. Das Programm ist heute noch in der Umsetzung. Schließlich ist der 11.9.2001 eine der abenteuerlichsten covert operations überhaupt, der den Startschuss zum Kampf gegen den muslimischen Terror ausgelöst hat, ein Freifahrschein zur Intervention in allen ausbeutbaren Öl- und Gasstaaten.

PAZ: Woran erkennt man eine Verdeckte Operation, eine „getürkte“ Tat?

Von Bülow: Durch die Frage nach dem Cui Bono, wem nutzt die Tat? Wo kommt das Geld her? Verräterisch sind oft die auffällig ausliegenden Beweismittel wie Führerscheine und Pässe von Attentätern, die sofort auf den Täter schließen lassen, dann Politiker, die vor Aufklärung der Tat plakativ unter ständiger Wiederholung den Täter benennen. Und weiter: Unstimmigkeiten im „Narrativ“, vor allem aber auch die nachträgliche Beseitigung von Beweismitteln. Hinzu kommen: Das Abwiegeln von Zweifeln als Verschwörungstheorie, oft auch die nicht gebotene aufklärungsverhindernde Tötung des angeblichen Täters.


MELDUNGEN

Waffenstillstand wird ignoriert

Kiew/Berlin – Die Sonderbeobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) registriert in der Ukraine pro Tag durchschnittlich 800 Verletzungen des Waffenstillstandsabkommens. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu den Kampfhandlungen in der Ostukraine hervor. Trotz des „Minsk II-Abkommens“ vom 12. Februar 2015 sei es nicht zu einer „vollständigen Einhaltung der Waffenruhe gekommen“. Außerdem würden die OSZE-Beobachter unter anderem im Bereich der ukrainisch-russischen Grenze sowie an der Kontaktlinie keinen Zutritt erhalten, was zu mehr als 1600 Behinderungen im vergangenen Jahr geführt habe, teilte die Bundesregierung weiter mit.          J.H.

 

Bundesregierung lobt »Sophia«

Berlin – Die Bundesregierung zieht eine positive Zwischenbilanz der Zusammenarbeit zwischen der europäischen „Operation Sophia“, der italienischen Rettungsleitstelle in Rom und den Nichtregierungsorganisationen, die im Mittelmeer Seenotrettungen von Immigranten durchführen. Bisher sind demnach 32096 Menschen von Einheiten der Operation gerettet worden. Dennoch sei laut Bundesregierung beobachtet worden, dass sich die Verhältnisse bei den Überfahrten verschlechtert hätten. Beispielsweise würden viele Schleuser inzwischen unzureichend ausgestattete Schlauchboote verwenden. Als positiv bewertet die Bundesregierung, dass man hilfreiche Erkenntnisse über Fluchtrouten habe gewinnen können, die zu einem „besseren Lagebild der Operation“ beitragen würden.          J.H.

 

Despot mit vielen Freunden

Baku – Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew hat auf einer Sitzung des Sicherheitsrates des Landes seine Frau Mehriban Alijewa als neue erste Vizepräsidentin vorgestellt, wie der Pressedienst des Präsidenten meldete. Die bisherige First Lady Alijewa (52) ist seit 2005 Parlamentsmitglied der Regierungspartei Yeni Aserbaidschan und Präsidentin der einflussreichen Heydar Alijew-Stiftung, die den Namen ihres Schwiegervaters und Dynastiegründers trägt und dessen Erbe verwalten soll. Gemäß der neuen Verfassung Aserbaidschans übernimmt sie die Regierung im Land, falls das eigentliche Staatsoberhaupt nicht dazu in der Lage sein sollte, diesen Pflichten nachzukommen. Dass Alijewa und ihre Stiftung in den 2016 veröffentlichten Panama-Papieren vorkommt, hat ihr in Aserbaidschan nicht geschadet. Der Alijew-Clan beherrscht Aserbaidschan seit 1969. Er ist weltweit gut vernetzt, darunter auch mit einflussreichen Persönlichkeiten Westeuropas wie Angehörigen des britischen Königshauses und dem Medienmogul Rupert Murdoch. Der konservative Luxemburger EU-Abgeordnete Frank Engel, der kürzlich als Mitglied einer Wahlbeobachtermission die autonome armenische Republik Berg Karabach besucht hat, vergleicht die Verhältnisse in Aserbeidschan mit der Kim-Despotie in Nordkorea und bezeichnet das Land als „kleptokratische, kriminelle Bananenrepublik“.         B.B.


S. 3 Deutschland

Zittern vor der Saarlandwahl
Ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde bei der nächsten Landtagswahl wäre für die Grünen der GAU

Für die Grünen hätte der Auftakt des Wahljahrs 2017 schlechter kaum sein können. Eine Umfrage sieht sie im Saarland unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde. Ein Scheitern bei der ersten Abstimmung wäre der Gau.

Die Parteispitze um Cem Özdemir und Simone Peter bemühte sich prompt um demonstrative Gelassenheit. Das Saarland sei klein, voller regionaler Besonderheiten und noch nie eine Hochburg gewesen. In der Analyse durchaus treffend, verschweigen die Vorsitzenden aber eine Tatsache: Erfolgreich bei Wahlen im Saarland war die Partei nur, wenn der bundespolitische Trend positiv war. Und davon kann derzeit keine Rede sein. Zwischen 6,5 und acht Prozent sehen sie die Meinungsforscher derzeit. Vor vier Jahren kam die Partei bei der Bundestagswahl auf 8,4 Prozent – bereits damals sprach man von einem De­saster. Die Kanzlerkandidatur von Martin Schulz hat der SPD ein Umfragehoch beschert und den Grünen ein ernstes Problem bereitet. Bisher galt die Maßgabe eher linksorientierter Wähler, die Ökopartei sei besonders stark zu machen, um eine Alternative zu Bundeskanzlerin Angela Merkel zu haben. Doch dies ist vorbei. „Dadurch, dass die SPD die Möglichkeit hat, stärkste Partei zu werden, verschafft sie sich ein ungeahntes Mobilisierungspotenzial. Für die Grünen gilt im Umkehrschluss das Gegenteil. Und die Linkspartei hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen“, sagt der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte.

Dass die Konkurrenz von Linksaußen ebenfalls schwächelt, dürfte dabei nur ein schwacher Trost sein. Sollte die SPD tatsächlich stärkste Partei werden, könnte sie der Union die Junior-Rolle in einer Koalition anbieten. Für die Grünen ein Horrorszenario. Die suchen derweil händeringend ein Thema. Die Atomkatastrophe von Fukushima bescherte ihr 2011 einen enormen Zuwachs und in Baden-Württemberg den ersten Ministerpräsidenten. Danach kam die Energiewende, das grüne Kernthema wurde zur Staatsräson.

Doch der Umstieg auf Erneuerbare Energien ist holprig, die Kosten sind immens, das Gemecker über die Windkraftanlagen wird lauter. Und die Resonanz für die Grünen immer geringer: „Umfragen sind Momentaufnahmen. 2002 lagen wir bei gut vier Prozent und holten doppelt so viel. Gut, dass sich dank Schulz überhaupt was bewegt. Das muss man sportlich nehmen“, sagt Özdemir.

Der Bundesvorsitzende führt seine Partei gemeinsam mit Katrin Göring-Eckardt in den Bundestagswahlkampf. Die Mitglieder wollten es so, die Urwahl ist den Ökologen heilig. Özdemir wurde vor 23 Jahren erstmals in den Bundestag gewählt, Göring-Eckardt sitzt seit 19 Jahren im Parlament. Neue Gesichter sehen anders aus. Neue Themen sucht man auch vergeblich. Die Partei hat sich im Laufe der Jahre von einer linken, friedensbewegten Protestbewegung hin zu einer linksliberalen Partei der Besserverdienenden gewandelt. Vergeblich sucht die Führung einen Weg aus der Stimmungskrise. Das zentrale Aufregerthema der vergangenen Monate, die Innere Sicherheit, war noch nie eine grüne Domäne. Parteichefin Peter sorgte für einen Eklat, als sie der Polizei in Köln aufgrund ihrer Kontrollen in der Silvesternacht Rassismus vorwarf.

In unruhigen Zeiten verfangen solche Parolen ebenso wenig wie ein weiteres Leib- und Magenthema: die multikulturelle Gesellschaft. In Sachen Einwanderung und Integration liefert die Partei ein diffuses Bild ab. Während Teile der Parteijugend ein Bleiberecht für alle fordern, kontern die baden-württembergischen Realos um Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer mit Forderungen nach mehr Polizei und schnelleren Abschiebungen.

In der vergangenen Woche verbreiteten die Wahlkampfmanager ein Thesenpapier von Göring-Eckardt und anderen Bundestagsabgeordneten über einen „Acht-Punkte-Plan für einen gerechten Arbeitsmarkt“. Damit will man offenkundig auf den von Schulz angestoßenen Hartz-IV-Zug aufspringen und die Soziale Gerechtigkeit zum Wahlkampfthema machen. Doch die Vorschläge bleiben vage und gehen vor allem dem linken Parteiflügel nicht weit genug. Sie fordern eine Festlegung auf radikale ökologische Themen: „Wir müssen das andocken an die Themen, die die Menschen bewegen“, sagt Parteichefin Peter. Man müsse klar machen, dass soziale und ökologische Fragen zusammenhängen.

Die Grünen wollen das Öko-Thema als „Existenzfrage“ an den Wähler bringen. Doch ob das zieht? „Es ist keine Gesetzmäßigkeit, dass nur die FDP die Fünf-Prozent-Hürde fürchten muss. Wer bei derzeit neun Prozent steht und so sehr auf dem falschen Fuß wie die Grünen, kann diese politische Demarkationslinie auch nach unten durchstoßen“, schrieb das Nachrichtenmagazin „Cicero“ kürzlich. Noch vor einem Jahr trafen sich Özdemir und Vertraute aus dem Dunstkreis der Kanzlerin. Angesichts der Schwäche der SPD und der ungewissen Zukunft der FDP sei Angela Merkel sehr interessiert an einem schwarz-grünen Bündnis nach der Bundestagswahl, hieß es. Doch daraus wird vermutlich nichts werden. Am Ende bleibt für die Grünen nur noch die Hoffnung, als Mehrheitsbeschaffer die eine oder andere Strippe ziehen zu können. Sollten die Grünen im Saarland doch noch einziehen, wäre ein rot-rot-grünes Bündnis nicht unwahrscheinlich.

Und auf Bundesebene? „Irgendjemand werden CDU und SPD ja zum Regieren brauchen, wenn sie der Großen Koalition überdrüssig sind“, sagt Özdemir fast schon flehend.    Peter Entinger


»Gegenfanal gesetzt«
An der Bürgerwehr Freital soll ein Exempel statuiert werden

Am 7. März begann vor dem Oberlandesgericht in Dresden der Prozess gegen die „Bürgerwehr FTL/360“. Den acht Einwohnern der sächsischen Kleinstadt Freital wird zur Last gelegt, am 20. September und 1. November 2015 in Tschechien frei verkäufliche, aber in Deutschland nicht zugelassene Knallkörper vor Asylsucherunterkünften gezündet zu haben – wegen wiederholter Übergriffe von marokkanischen Asylbewerbern in Bussen der Linie 360. Außerdem sollen noch die Anschläge auf den Wagen des Freitaler Linken-Stadtrats Michael Richter, ein örtliches Parteibüro der Linkspartei und das alternative Wohnprojekt „Mangelwirtschaft“ in Dresden-Übigau auf das Konto des meist nur „Gruppe Freital“ genannten Personenzusammenschlusses gehen.

Durch die Attacken mittels illegaler Pyrotechnik, Buttersäure und Pflastersteinen entstand ein Gesamtsachschaden von 15000 Euro. Zudem gab es zwei Leichtverletzte durch Glassplitter. Der angebliche Rädelsführer Timo S. (28) und seine sieben Mitbeschuldigten, darunter auch eine Frau, wurden nun wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung und versuchten Mordes angeklagt.

Verantwortlich hierfür ist der auf Betreiben von Justizminister Heiko Maas (SPD) ins Amt gelangte Generalbundesanwalt Peter Frank. Der hatte das Verfahren Anfang April 2016 an sich gezogen, weil die ermittelnden sächsischen Behörden keinen Anlass sahen, von Terrorismus auszugehen und die „Gruppe Freital“ in eine Reihe mit der Rote Armee Fraktion (RAF) und dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zu stellen – zwei Organisationen, denen insgesamt 43 Morde zugeschrieben werden. Zu seiner Entscheidung sagte Frank im Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, angesichts der Übergriffe auf Asylsucherheime müsse „ein Gegenfanal gesetzt werden“. Im Rahmen dessen machte er am 19. April 2016 die Verhaftung von fünf der acht unbewaffneten Tatverdächtigen zum Spektakel ersten Ranges. Neben der ohnehin schon völlig unnötigen Übermacht von 200 Polizisten kam zusätzlich auch noch die Antiterroreinheit GSG 9 zum Einsatz.

Doch damit nicht genug. Um der angeblichen Gefährlichkeit der Bürgerwehr Rechnung zu tragen, findet der Prozess in einem eigens hierfür hergerichteten Hochsicherheitsgebäude auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber am Dresdner Hammerweg statt – die Kosten des Umbaus beliefen sich dabei auf stolze 5,5 Millionen Euro.

Aus Sicht der Anwälte der Angeklagten dient dies alles der Vorverurteilung ihrer Mandaten. Außerdem zweifeln sie die Rechtmäßigkeit des gesamten Verfahrens an. Immerhin sei der prozessführende 4. Strafsenat (Staatsschutzsenat) mit seinen fünf handverlesenen Berufsjuristen erst relativ kurz vor Verhandlungsbeginn gebildet und anstelle der eigentlich laut Geschäftsverteilung zuständigen Kammer mit dem Fall betraut worden. Deshalb ist der Senat für Rechtsanwalt Endrik Wilhelm „das, was unsere Verfassung mit einem verbotenen Ausnahmegericht meint“. Und da scheint ihm der Artikel 101 des Grundgesetzes tatsächlich Recht zu geben.         Wolfgang Kaufmann


Schutz für Täter statt Opfer
Immer mehr mutmaßliche Kriegsverbrecher unter den Asylsuchern

Drei radikale Moslems, zwei Syrer und ein Bosnier, sind unter dem Verdacht, an Kriegsverbrechen in Syrien beteiligt gewesen zu sein, in Deutschland verhaftet worden. Einer soll an einem Massenord an 36 syrischen Regierungsbeamten beteiligt gewesen sein, sagte ein Sprecher der deutschen Justiz. Die beiden Syrer, der 26-jährige Abdulrahman A. A. und der 35-jährige A. H. Abdalfatah, sind in der letzten Woche festgenommen worden.

Die beiden Männer sollen im Jahr 2013 zu einer Kampfeinheit der al-Nusra-Front gestoßen sein und sich aktiv am Terror der Gruppe in Syrien beteiligt haben. Die deutsche Justiz vermutet, dass insbesondere Abdalfatah an mehreren Kriegsverbrechen mit anderen islamischen Kämpfern beteiligt war. Vor allem an der Hinrichtung von 36 syrischen Regierungsbeamten im März 2013, die von einem angeblichen islamischen Gericht zum Tode verurteilt worden waren, soll er nach Aussage der Staatsanwaltschaft beteiligt gewesen sein. Abdulrahman steht überdies im Verdacht, nicht nur Befehlsempfänger, sondern Kommandant einer Kampfeinheit gewesen zu sein, die der al-Front-Nosra angehörte. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wollte Abdulrahman mit einem anderen, 31-jährigen syrischen Asylsucher in Deutschland und zwei weiteren Landsleuten, die im Juni verhaftet wurden, auch einen Anschlag für den Islamischen Staat (IS) in Deutschland planen. Wie die Staatsanwaltschaft München bekanntgab wurde ferner ein 33-jähriger Staatsbürger aus Bosnien und Herzegowina, der vermutlich der Gruppe Schusswaffen geliefert hatte, in der Nähe von Nürnberg verhaftet.

Aber nicht nur Angehörige des IS, die an Kriegsverbrechen in Syrien beteiligt waren, flüchten nach Deutschland. Auch Angehörige der syrischen Armee und deren Milizen sind bereits nach Deutschland geflüchtet, weil sie des Krieges überdrüssig sind oder von ihrer Regierung eine Pause verordnet bekamen. Ihre alten Facebook-Seiten, auf denen sie stolz mit ihren Waffen vor Porträts ihres Präsidenten Baschar Hafiz al-Assad posieren, haben die im Asylsystem Europas untergetauchten Kämpfer gelöscht, bis sie zu ihrem nächsten Einsatz zurückgerufen werden. Viele tragen jetzt falsche Namen mit echten Pässen, welche ihre Regierung ihnen besorgt hat, damit sie schneller anerkannt werden und wieder reisen dürfen.

Der unkontrollierte Zustrom von mehr als einer Million Immigranten nach Deutschland seit 2015, darunter Hunderttausende von Syrern, hat dazu geführt, dass bislang in mindestens zehn Fällen Verfahren vor deutschen Gerichten wegen in Syrien und im Irak begangener Kriegsverbrechen und Gräueltaten anhängig sind. Die Täter kamen unter dem Heer der Asylbewerber unkontrolliert ins Land. Im Juli 2016 war erstmals ein Syrer zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, weil er auf einem Foto in Syrien mit den aufgespießten Köpfen von zwei Soldaten der Streitkräfte der Arabischen Republik Syrien posiert hatte. Mehrere Dutzende Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Gruppe wurden gegen syrische und irakische Asylbewerber sowie deutsche Dschihadisten die aus Syrien oder dem Irak heimgekehrt sind, mittlerweile eröffnet.

Eigentlich sollte das im Grundgesetz verbriefte Asylrecht ja für die Opfer sein und nicht für die Täter.     Bodo Bost


MELDUNGEN

Zahlungen an Kirchen bleiben

Berlin – Die Koalitionsfraktionen haben im Bundestags-Finanzausschuss einen Antrag der Linksfraktion auf Überprüfung der staatlichen Zahlungen an die Kirchen abgeschmettert. Dabei geht es um die bis heute gezahlten Staatsleistungen für vor über 200 Jahren im Rahmen des Reichsdeputationshauptschlusses enteigneten kirchlichen Besitz. Im Mittelpunkt des Antrags steht insbesondere die Frage, ob und inwieweit diese Zahlungsverpflichtungen noch angemessen beziehungsweise zeitgemäß sind. Die Staatsleistungen belaufen sich derzeit auf über eine halbe Milliarde Euro jährlich. Seit 1949 wurden in der Bundesrepublik insgesamt 17,3 Milliarden Euro gezahlt.              J.H.

 

Mehr Effizienz bei Strafverfahren

Berlin – Um Strafverfahren effektiver und praxistauglicher zu machen, hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf für eine umfangreiche Reform der Strafpro­zess­ordnung vorgelegt. Wie es in der Begründung heißt, geht es ihr darum, „angesichts der hohen Belastung der Strafgerichte eine funktionstüchtige Strafrechtspflege zu gewährleisten, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden kann“. Ziel ist die Entlastung der Gerichte und Staatsanwaltschaften bei Wahrung und sogar teilweiser Stärkung der Rechte von Beschuldigten. So sollen Zeugen im Ermittlungsverfahren verpflichtet werden, bei der Polizei zu erscheinen. Zur Entlastung der Staatsanwaltschaft soll sie bei Nötigung nur in besonders schweren Fällen tätig werden. Mehrere Gesetzesänderungen sollen helfen, Verzögerungen im Hauptverfahren durch Befangenheitsanträge zu vermeiden. Auch sollen die Möglichkeiten beschränkt werden, Verfahren durch neue Beweisanträge zu verzögern.             J.H.


S. 4 Der Gorbatschow-Moment

Trump und Gorbi im Vergleich
Wie der Kremlherr verunsichert der US-Präsident die folgsamsten Regierungen

Vor ziemlich genau 30 Jahren gab Kurt Hager, der Chefideologe der SED, der Illustrierten „Stern“ ein bemerkenswertes Interview. Der DDR-Politiker machte im April 1987 deutlich, was er von den Reformen in der Sowjetunion hält. Ähnlich denken heute viele Vertreter des bundesdeutschen Establishments über Donald Trumps Politik.

„Würden Sie, nebenbei gesagt, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?“, so Hager seinerzeit. Die offene Absage an Michail Gorbatschows Perestroika-Politik brachte Hager zwischen Elbe und Oder nicht nur den Spitznamen „Tapeten-Kutte“ ein. Für die Deutschen in der DDR war die offene Distanzierung von der Führungsmacht des Ostens ein beispielloses Signal. Über Jahrzehnte war die Parole „Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen“, ein zentraler Bestandteil der SED-Propaganda gewesen. Die Abgrenzung der DDR-Führung gegenüber der Führungsmacht des Ostens seit dem Machtantritt von Gorbatschow im Jahr 1985 war vor diesem Hintergrund ein erstaunlicher Vorgang.

Einiges spricht dafür, dass 30 Jahre später, auch in Teilen der politischen Elite der Bundesrepublik ein Entfremdungsprozess in Gang kommt – diesmal von der Führungsmacht des Westens. Auf den ersten Blick gibt es gravierende Unterschiede: Donald Trump wurde durch demokratische Wahlen zum Präsidenten der USA. Gorbatschow gelangte als Mitglied der kommunistischen Nomenklatura und als Protegé des KGB-Chefs Juri Andropow in das höchste Amt der Führungsmacht des Ostens. Sieht man einmal vom Staatssystem, dem Wirtschaftsmodell und dem Wertekanon ab, dann wird allerdings auch eine Gemeinsamkeit sichtbar. Im Kalten Krieg haben sich zwei Supermächte mit globalem Anspruch gegenübergestanden. Sowohl die USA als auch die Sowjetunion haben sich dabei Einflusszonen geschaffen, die weit über die eigenen Landesgrenzen hinausgehen. Zumindest im Fall der Sowjetunion wird die ökonomische Verausgabung bei der Aufrechterhaltung des geschaffenen Imperiums als eine Ursache für ihr Scheitern gesehen. Äußerungen des neuen US-Präsidenten Trump wie etwa: „Wir können nicht die Weltpolizisten sein“, lassen darauf schließen, dass auch in Washington inzwischen die Gefahr einer imperialen Überdehnung, einer Verausgabung der eigenen Kräfte gesehen wird.

Mit der Wahl von Trump zum neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten stehen Punkte zur Dis­kussion, die für Vertreter der transatlantischen Denkschule jahrzehntelang als unverrückbare Tatsachen galten. In einem Interview bezeichnet Trump etwa die Nato als „obsolet“. Sogar ein Handelskrieg zwischen den USA und der Exportnation Deutschland scheint nicht mehr ausgeschlossen. Peter Navarro, Trumps Chefberater in Handelsfragen, kritisierte vor Kurzem, Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas profitiere von einem zu schwachen Euro, der seine Exportwaren im Ausland billiger mache.

Die Reaktionen deutscher Politiker auf den neuen Ton aus Wa­shington fallen sehr unterschiedlich aus. Zu hören ist einerseits die Hoffnung, Trump könnte durch Vertreter seiner Administration oder durch die Kräfte innerhalb der US-Republikaner auf einen anderen Kurs gebracht werden. Noch häufiger werden inzwischen Vorschläge diskutiert, als Ausweg aus der Krise der transatlantischen Beziehungen die Integration der EU weiter voran zu treiben. In jedem Fall hat der Regierungswechsel in Wa­shington ein Bewusstsein dafür geweckt, dass es bei Bündnissen keine Ewigkeitsgarantie gibt, dass es in den Beziehungen von Staaten nicht um Freundschaft, sondern stets um nüchterne Interessen geht.              Norman Hanert


Das Ende eines Bundes
Wie sich Honeckers DDR und Gorbatschows UdSSR entfremdeten

Nicht nur die Gründung der DDR im Oktober 1949 ist ohne die Rolle Josef Stalins undenkbar. Schon bei der Zwangsvereinigung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Kommunistischen Partei Deutschlands zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands im April 1946 spielten Einschüchterungen und Terror durch die sowjetische Besatzungsmacht eine entscheidende Rolle. Die enge Zusammenarbeit brachte der SED in weiten Teilen der Bevölkerung den Ruf einer „Russenpartei“ ein. Die SED selbst pflegte über Jahrzehnte dagegen mit Formulierungen wie die vom „großen Bruder“ oder „unsere Freunde“ das Image eines „unzerstörbaren Bruderbundes“ mit der Sowjetunion (SU).

Der März 1985 markiert eine Wende in den Beziehungen zwischen dem Kreml und Ost-Berlin. In Moskau wird Michail Gorbatschow zum Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei und damit zum Führer der Sowjetunion bestimmt. Die ökonomische Krise des größten Flächenstaates der Welt will Gorbatschow mit „Perestroika“ (Umgestaltung) und „Glasnost“ (Transparenz) überwinden.

Die DDR-Führung bekommt den neuen Wind ganz offen im April 1986 zu spüren. Als Gast auf dem damaligen Parteitag der SED fordert Gorbatschow von den deutschen Genossen Selbstkritik als „unerlässliche Bedingung für den Erfolg“. Der SED-Chef Erich Honecker kontert die Aufforderung mit dem Satz: „Wir machen bereits seit 17 Jahren Perestroika.“

Im November 1988 überrascht Erich Honecker die Öffentlichkeit mit einer weiteren Distanzierung von Moskau. Der SED-Chef redet in der Öffentlichkeit erstmals vom „Sozialismus in den Farben der DDR“. Ein Jahr später ist Gorbatschow anlässlich des 40. Gründungstags der DDR zu Gast in Ost-Berlin. Mit den Worten: „Wenn wir zurückbleiben, bestraft uns das Leben sofort“, mahnt er abermals Reformen an. Spätestens mit den Verhandlungen zum Zwei-plus-Vier-Vertrag mussten die deutschen Kommunisten zur Kenntnis nehmen, dass die DDR aus Sicht des Kreml nur noch den Wert einer Verhandlungsmasse hatte.        

                N.H.


Was will Donald Trump wirklich?

Was der neue US-Präsident von seinen außen- und sicherheitspolitisch Ankündigungen tatsächlich umsetzen wird, muss abgewartet werden. Donald Trump hat die NATO nämlich inzwischen nicht nur als „obsolet“ bezeichnet, sondern auch erklärt, ihm sei die Nato „sehr wichtig“. Auch Trumps Äußerungen zu Russland sind nicht eindeutig. Im Wahlkampf signalisierte der republikanische Präsidentschaftskandidat, er wolle sich für eine Zusammenarbeit mit Russland stark machen. Inzwischen im Amt, forderte Trump den Kreml auf, die Krim an die Ukraine zurückzugeben.

Die häufigen Widersprüche in den Aussagen des neuen US-Präsidenten sind durch seinen beruflichen Werdegang erklärbar: Trump verhandelt nicht wie ein klassischer Politiker oder Diplomat, sondern wie ein Geschäftsmann, der einen konfrontativen Verhandlungsstil praktiziert. Teil dieses Vorgehens kann es durchaus sein, mit widersprüchlichen Aussagen Unberechenbarkeit zu signalisieren und damit einen weiten Spielraum bei anstehenden Verhandlungen zu schaffen.

Im Fall der Verteidigungspolitik haben Trumps Aussagen inzwischen einiges in Gang gebracht. Innerhalb der Nato wird wieder intensiv über einen bereits 2002 beschlossenen, aber weitgehend nicht umgesetzten Beschluss diskutiert. Vereinbart wurde seinerzeit, dass jeder NATO-Mitgliedsstaat zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgibt. Bislang erreichen dieses Ziel nur wenige Staaten. Die Wirkung von Trumps Verhandlungsstil wird inzwischen auch in Deutschland sichtbar. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat zwar angemahnt, auch die Beiträge Deutschlands zur Entwicklungshilfe und die Asylpolitik würden zur internationalen Sicherheit beitragen. Eingeräumt hat Gabriel aber auch: „Dass Europa bei seiner eigenen Sicherheit und Verteidigung nicht mehr darauf vertrauen kann, dass Amerika einen Großteil der Lasten tragen wird, das ist ja selbstverständlich.“         N.H.


Zeitzeugen

Friedrich März – Der 1955 geborene Jurist ist seit 2009 Vorsitzender des Vereins „Atlantik-Brücke“. Anlässlich der Vereidigung von Donald Trump als neuer US-Präsident schrieb März in einem Gastbeitrag im „Handelsblatt“: „Aber ab sofort gilt eine neue Zeitrechnung. Vor allem wir Europäer tun gut daran, uns schnell und nüchtern darauf einzustellen.“

Thorsten Benner – Der 1973 geborene Direktor des Global Public Policy Institute (GPPi) in Berlin empfahl mit Blick auf die Trump-Regierung bereits im November, Deutschland solle den „Austausch mit jenen Republikanern im US-Kongress intensivieren, die an einer globalen Führungsrolle der USA und an den bestehenden Allianzen in Europa und Asien interessiert sind.“

Charles de Gaulle – Der von 1890 bis 1970 lebende französischen Staatsmann setzte sich ab 1962 für das Konzept eines „Europas der Vaterländer“ unter der Führung Frankreichs ein. Als Präsident Frankreichs lehnte de Gaulle einen Beitritt Großbritanniens zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ab. Frankreich schied im Jahr 1966 sogar aus der integrierten militärischen Kommandostruktur der NATO aus. Von de Gaulle ist das Zitat überliefert: „Zwischen Staaten gibt es keine Freundschaft, sondern nur Interessen.“

Gerd König – Der von 1930 bis 2009 lebende Diplomat war von 1987 bis 1990 Botschafter der DDR in der Sowjetunion. Rückblickend zog König in seinem Buch „Fiasko eines Bruderbundes. Erinnerungen des letzten DDR-Botschafters in Moskau“ das Fazit, asymmetrische Beziehungen hätten es vorwiegend der Sowjetunion gestattet, „ihre Interessen und Ziele durchzusetzen, oft in Übereinstimmung mit der Führung der DDR, nicht selten aber auch gegen deren Willen“.

Volker Kauder – Der 1949 geborene Unionsfraktionschef antwortete auf die Frage der „Passauer Neuen Presse“, was die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten für Europa bedeute: „Jetzt sollten die Weichen für eine europäische Armee gestellt werden.“


S. 5 Preussen/Berlin

Reisen in Zeiten des Terrors
Tourismusbörse Berlin zeigt Gewinner und Verlierer: Hellas lacht, die Türkei sackt immer tiefer

Auf der weltgrößten Reisemesse, der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin, spielten in diesen Jahr die Sicherheit von Reisezielen und die Politik eine überragende Rolle. Manche Ziele profitieren von der Unsicherheit, andere brechen dramatisch ein.

Zu leiden hat insbesondere die Türkei, die auf der Berliner Tourismusmesse mit einem Großaufgebot präsent war. Mit 50 Austellern und einer eigenen Halle war die Türkei sogar das größte ausstellende Gastland auf der ITB.  Mehrere Terroranschläge und der Putschversuch des letzten Jahres haben bereits 2016 die Zahl der Türkei-Besucher um ein Drittel einbrechen lassen.

Dieses Jahr könnte sogar noch schlechter verlaufen. Laut einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Marktforschungsinstituts GfK haben bislang nicht einmal halb so viele Deutsche einen Türkei-Urlaub für die kommende  Sommersaison gebucht wie zum Vorjahreszeitpunkt.

Die türkische Regierung versucht inzwischen, der schwer angeschlagenen Tourismusindustrie mit Finanzspritzen wieder auf die Beine zu helfen. Unter anderem will Ankara Reiseveranstaltern Prämien zahlen, wenn sie Reisende ins Land holen. Subventionen sollen zudem gewährleisten, dass in den türkischen Hotels trotz mauer Besucherzahlen Personal und damit ein gewisser Qualitätsstandard gehalten werden kann.

Staatspräsident Erdogan rief inzwischen sogar die Auslands-Türken auf, ihren Urlaub in der alten Heimat zu verbringen. Zudem pries Erdogan die Türkei als das Land  „mit den besten Meeren, den besten Bergen, den besten Flüssen, den besten Böden, den besten Bäumen, der besten Sonne, dem besten Essen und Früchten, dem wärmsten und herzlichsten Lächeln und der besten Zeit, die man auf Erden haben kann“ an.

Ausgerechnet Erdogan selbst und sein Außenminister Mevlüt Cavusoglu aber könnten der türkischen Tourismusindustrie den nächsten schweren Hieb versetzt haben: Nur kurz vor seinem Besuch auf der ITB  hatte Cavusoglu etwa bei einem Auftritt in Hamburg gefordert, Deutschland müsse „sich zu benehmen lernen“. Erdogan wiederum hatte als Reaktion auf das Auftrittsverbot von türkischen Ministern in Deutschland von „Nazi-Praktiken“ gesprochen und erklärt, der Nationalsozialismus in Deutschland „geht noch immer weiter“. 

Ähnliche Vorwürfe in Richtung der Niederlande dürften der türkischen Tourismusindustrie vermutlich weiteren Schaden zugefügt haben. In der Reisebranche hofft man dennoch, dass die Türkei mit attraktiven Angeboten kurzfristig entschlossene Urlauber anzieht. Große deutsche Veranstalter bieten inzwischen  zwei Wochen Hotel-Urlaub in Antalya inklusive Hin- und Rückflug ab Berlin-Tegel für wenig mehr als 300 Euro pro Person an. Zumindest in nächster Zeit scheint damit der Weg der Türkei hin zu einem Billig-Reiseziel für Schnäppchenjäger vorgezeichnet zu sein. 

Auch von Ägypten und Tunesien haben sich im vergangenen Jahr  wegen der Terrorgefahr  Reiseströme wegverlagert. Laut GfK-Marktforschern haben schwere Terroranschläge wie in Berlin, Paris, Nizza und Istanbul zudem die Attraktivität von Städtereisen insgesamt sinken lassen. Als Gewinner der Entwicklung zeichnen sich Spanien und Portugal, vor allem aber Griechenland ab: Allein für Hellas liegen die Buchungszahlen derzeit 70 Prozent über denen des Vorjahrszeitraums. Griechenland ist damit auf dem Weg, im Jahr 2017 zum zweitstärksten ausländischen Urlaubsziel im deutschen Markt aufzusteigen. 

Klarer Favorit ist für die Deutschen allerdings nach wie vor der  Urlaub im eigenen Land − vor allem an Nord- und Ostsee und in den deutschen Gebirgen. Das Statistische Bundesamt zählte für das vergangene Jahr rund 447 Millionen Übernachtungen von in- und ausländischen Gästen in Deutschland und damit den siebten Übernachtungsrekord in Folge. Mit einem Zuwachs von drei Prozent hatten die inländischen Touristen einen starken Anteil an dem neuen Rekord. Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) erklärte auf der ITB, er sehe  für sein Bundesland gute Chancen für neue Spitzenwerte im Tourismus.

Das  Lutherjahr 2017 könnte hier tatsächlich für einen neuen Besucherrekord sorgen. Für das Reformationsjubiläum hat Brandenburg ein umfangreiches Programm vorbereitet. Jüterbog etwa will sich als „Stadt des Anstoßes der Reformation“ präsentieren. In der Flämingstadt soll der Mönch Johann Tetzel seine Ablassbriefe zum Erlass von Sünden verkauft haben, die Luther zum Abfassen seiner 95 Thesen veranlassten.

Frankfurt an der Oder, das eine Zeitlang sogar als ein „Anti-Wittenberg“ galt, wird im Lutherjahr die Reformationsgeschichte  in einer Ausstellung namens „Bürger – Pfarrer – Professoren“ thematisieren. Weitere Ausstellungen zum Reformationsjahr sind im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam und im Museum im Dom zu Brandenburg an der Havel geplant.               Norman Hanert


Keine »Ströbelin«
von Theo Maass

Die Grünen stecken in der Krise. Bundesweit zeigen die Umfrageergebnisse nach unten. In Berlin – wo die Partei bislang das bundesweit einzige Direktmandat erzielen konnte – kandidiert Hans-Christian Ströbele mit seinen dann 78 Jahren nicht mehr. Das könnte sich zu einem überregionalen Problem auswachsen.

Mit fast 40 Prozent Erststimmen wurde der frühere Terroristenanwalt in seinem Wahlkreis Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost zum vierten Mal direkt gewählt. Bei der Nomenklatura seiner eigenen Partei hatte er sich seit 1999 unbeliebt gemacht mit seiner Kritik an Außenminister Joschka Fischer (Grüne) wegen der damaligen Kriegspolitik. Die Landespartei ließ ihn bei der Nominierung der Listenplätze durchfallen. Aber Ströbele kämpfte in scheinbar aussichtsloser Lage und erreichte in seinem Heimatwahlkreis erstmals das Direktmandat. Auch bei den darauf folgenden Bundestagswahlen verteidigte er mit steigenden Erststimmenergebnissen seinen Wahlkreis. Bei den Zweitstimmen wurden die Grünen in Ströbeles Bezirk 2013 hingegen nur drittstärkste Kraft (20,8 Prozent). Dort führt die Linkspartei (25,1 Prozent), gefolgt von der SPD (24 Prozent). Ströbele hatte also weit über seine Partei hinaus im Lager Wähler gewinnen können.

Nun haben die Grünen die Asyllobbyistin Canan Bayram in Friedrichshain-Kreuzberg als Direktkandidatin aufgestellt. Die gebürtige Türkin ist in vielerlei Hinsicht das Gegenteil von Ströbele. Zwar sieht sie sich auch als Teil des linken Flügels. Doch ihr wurde die politische Karriere leicht gemacht. Nach nur vierjähriger Parteimitgliedschaft schickte sie die SPD ins Berliner Landesparlament. 2009 wechselte sie zu den Grünen, angeblich wegen der Frauen- und Asylpolitik der SPD. Mit ihrem Parteiübertritt brachte sie die Regierungsmehrheit des damals regierenden rot-roten Senats in Gefahr.

Aber die SPD schien vorgesorgt zu haben. Im engen zeitlichen Zusammenhang wechselte dann die Abgeordnete Bilkay Öney (Grüne) in umgekehrter Richtung zur SPD.

Cansel Kiziltepe (SPD) und Pascal Meiser (Linkspartei), die beiden anderen aussichtsreichen Wahlkreiskandidaten, scheinen sich über die Personalentscheidung der Grünen zu freuen. Ströbele hat sich eben nicht nur in Ausländer- und Asylfragen einen (linken) Namen gemacht. Bei CIA-Folterflügen, dem BND-Untersuchungsausschuss oder so banalen Dingen wie dem Protest gegen ein „Drive-In“ von McDonald’s in Kreuzberg zeigte die grüne „Nervensäge“ Präsenz. Schließlich besuchte er Edward Snowden, den früheren US-Geheimdienstmann, in dessen Moskauer Asyl und demütigte die US-affine Bundeskanzlerin, als er politisches Asyl für „Whistleblower“ in Deutschland forderte. Ein echter Ersatz für Stöbele ist Bayram nicht.


Stadt zahlt Gebetskosten
Potsdam: Fast 20000 Euro Steuergelder für Moslem-Gemeinde

Die Stadt Potsdam hat 2016 Freitagsgebete des Vereins der Muslime Potsdam e. V. in der kommunalen Biosphärenhalle mit fast 20000 Euro unterstützt. Wie aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage des  Stadtverordneten Dennis Hohloch (AfD) hervorgeht, hat die brandenburgische Landeshauptstadt für 13 Gebetsveranstaltungen jeweils 1515 Euro für Miete und Nebenkosten wie Raumherrichtung und Reinigung übernommen.

Die Stadt führt „die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ sowie den „Schutz der Gesundheit der Betenden“ als Gründe für die Zahlungen an. Sie nimmt damit Bezug auf die Situation in der Al-Farouk-Moschee, welche die Moslems bis Herbst 2016 für die Gebete genutzt hatten. Wegen der engen Räumlichkeiten hatten sie ihre Gebete bis Anfang Oktober teils auf öffentlichem Straßengelände vor der Moschee verrichtet.

Die AfD hatte mit einem Info-Stand seinerzeit auf die Belastungen für Anwohner und  Gewerbetreibende aufmerksam gemacht. Steffen Kotré vom AfD-Mittelstandsforum Berlin-Brandenburg sieht auch die Kostenübernahme für die Zwischenlösung kritisch: „Mit dem rechtswidrigen Einsatz von Steuergeldern haben wir hier wieder eine Bevorzugung des Islams. Und warum sollen Reinigungsarbeiten vom Bürger finanziert werden? Sind die Betenden nicht in der Lage dazu?“, so Kotré gegenüber der PAZ.

Laut einem Bericht der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ ist die Kostenübernahme auch im Rathaus umstritten. So soll es Befürchtungen geben, dass die Bezuschussung eines einzelnen Moschee-Vereins gegen das Neutralitätsgebot im Grundgesetz verstoßen könnte.

Das Bekanntwerden der Kostenübernahme wirft noch unter einem anderen Aspekt Fragen auf. Regionale Medien hatten im Herbst über Pläne des Potsdamer Muslim-Vereins berichtet, einen früheren Supermarkt zu kaufen, um diesen als neue Moschee nutzen zu können. Der RBB zitierte den Imam der Gemeinde, Kamal Abdallah: „Wir wollen keine kostenlose Sache.“ Wie der RBB berichtete, sollte das Projekt durch „eigene Mittel, Spenden und womöglich auch mit einer Unterstützung durch die Stadt“ finanziert werden. Die Kostenübernahme für die Gebete könnten Zweifel wecken, dass der Muslim-Verein überhaupt in der Lage ist, das Projekt einer Moschee weitgehend mit eigenen Mitteln und Spenden zu finanzieren.      N.H.


Stadträte stellen sich quer
CDU- und AfD-Politiker bremsen bei Wohnungen für Asylsucher

Einige Bezirksstadträte haben sich den Zorn der Berliner Landesregierung und linker Gruppen zugezogen. In mindestens drei Bezirken verweigern die zuständigen Stadträte Asylsuchern die Ausstellung von sogenannten Wohnberechtigungsscheinen (WBS). Mit Hilfe dieser Bescheinigungen können mit Steuermitteln finanzierte, preiswertere Wohnungen bezogen werden.

Betroffen davon sind sowohl anerkannte Asylanten als auch Personen, deren Asylantrag mangels politischer Verfolgung abgelehnt wurde, die aber in den Genuss eines „subsidiären Schutzstatus“ gekommen sind. Dieser Kreis hat jedoch zuweilen noch keine rechtsgültige Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Die Ausländerbehörde hat hierfür einige weitere Voraussetzungen zu prüfen. Sebastian Maack (AfD), Bezirksstadtrat für Bürgerdienste in Reinickendorf, erklärt die Ablehnung der WBS damit, dass die Ausländerbehörde erst prüfe, ob eine Ausweisung „aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ infrage käme. Eine Frage, die nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz nahe liegt.

„Flüchtlingsberater“ Klaus-Jürgen Dahler, Bezirksverordneter der Linkspartei in Marzahn-Hellersdorf, findet das Argument „blödsinnig“. Linke haben eine „Verweigerungshaltung“ bei drei Stadträten angeprangert. Dies geht auch gegen den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, in dem die CDU den Stadtrat für Bürgerdienste stellt. Indes räumt selbst die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram, die im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg die Nachfolge von Hans-Christian Ströbele als Bundestagsabgeordnete anstrebt, die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandeln der drei Stadträte ein: „Es ist rechtens, Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz einen WBS zu geben. Es ist aber auch rechtens, das nicht zu tun. Das liegt im Ermessen des Amtes.“

AfD-Stadtrat Maack: „In Rei­nickendorf werden Wohnberechtigungsscheine weiterhin nur an Zuwanderer mit rechtsgültiger Aufenthaltsgenehmigung ausgestellt. Eine Initiative der Senatsverwaltung, diese schon bei Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auszustellen, wird abgelehnt.“ Dass der AfD-Mann über solche Dinge zu befinden hat, ist Folge eines Eigentors der Etablierten: Sie überließen den Blauen das Ressort Bürgerdienste, weil sie es für besonders unwichtig gehalten hatten.      Hans Lody


S. 6 Ausland

Dabei sein ist nicht mehr alles
Nicht nur potenzielle Austragungsorte drohen das Interesse an den Olympischen Spielen zu verlieren

Noch vor einigen Jahr waren die Olympischen Spiele so begehrt, dass zwischen den Bewerberstädten eine Vorauswahl getroffen werden musste. Mittlerweile steht das Internationalen Olympischen Komitee (IOC) vor dem Problem, überhaupt noch Austragungsorte zu finden.

Das Bewerberfeld für die Sommerspiele 2024 ist auf nur noch zwei Städte, nämlich Paris und Los Angeles, zusammengeschrumpft. Nach dem Verzicht von Hamburg, Boston und Rom hat vor Kurzem auch Budapest Abstand von einer Olympia-Bewerbung genommen. Vor allem die Bürgerinitiative Momentum hatte sich in der Kampagne „Nolympia“ gegen eine Austragung Olympischer Spiele in der ungarischen Hauptstadt engagiert und mehr als 260000 Unterschriften für ein Referendum gesammelt.

Das Scheitern einer Olympia-Bewerbung am Bürgerwillen wie in Budapest ist mittlerweile kein Einzelfall mehr. Auch in München, Hamburg, Stock­holm, Oslo, Krakau und Wien sind Olympia-Projekte an fehlender Unterstützung durch die Bevölkerung gescheitert. Erst vor Kurzem ergab eine Volksabstimmung im Schweizer Kanton Graubünden ein klares Nein zu den Winterspielen im Jahr 2026.

Eine derartige breite Anti-Stimmung wäre noch vor wenigen Jahren schwer vorstellbar gewesen: Noch der Bewerbungsprozess für die Sommerspiele 2012 ist als einer der meistumkämpften in die Geschichte des IOC eingegangen. Allein in Deutschland reichten seinerzeit fünf Städte und Regionen Bewerbungen bei einem nationalen Vorentscheid ein. In der Endrunde setzte sich London gegen Moskau, New York, Paris und Madrid durch.

Inzwischen ist vielerorts die Skepsis gegenüber sportlichen Großereignissen wie den Olympischen Spielen gewachsen. Einen starken Anteil daran hat vor allem die regelmäßige zu beobachtende Kostenexplosion für die nur gut zwei Wochen andauernden sportlichen Großereignisse. Eine Studie der Universität Oxford zeigt, welche Dimension das Problem mittlerweile angenommen hat. Demnach fanden die kostspieligsten Sommerspiele im Jahr 2012 in London statt. Die Ausgaben für die nicht sportbezogene Infrastruktur nicht einmal berücksichtigt, schlugen die Sommerspiele in London mit umgerechnet 15 Milliarden US-Dollar zu Buche. Spitzenreiter bei den Winterspielen war Sotschi im Jahr 2014 mit Kosten von umgerechnet 22 Milliarden Dollar und einer fast 300-prozentigen Kostenexplosion. Laut den Berechnungen der Oxforder Wissenschaftler haben seit dem Jahr 1960 die Olympia-Projekte die ursprünglichen Kalkulationen im Schnitt um 156 Prozent überschritten.

Das Problem der überbordenden Kosten für die Sportstätten wird noch durch die Neigung verstärkt, Olympiabewerbungen meist als Stadtentwick­lungsprogramm nutzen zu wollen. Im Regelfall wird dieses Doppelziel mit hohen Schulden und langfristigen Belastungen für den Erhalt der geschaffenen Infrastruktur erkauft. Sieht man von Ausnahmebeispielen wie etwa München ab, dann sind zudem auch verfallende oder überdimensionierte Sportstätten ein regelmäßiges Erbe von Olympischen Spielen.

Drastische Kostensteigerungen hat es im Zuge der Zeit auch bei den Fernsehübertragungsrechten für die Spiele und den Produktionskosten der Sender gegeben. Zumindest was die öffentlich-rechtlichen Anstalten Deutschlands angeht, zeichnet sich bei dieser Entwicklung erst einmal eine Auszeit ab. Ab dem Jahr 2018 liegen die Olympia-Erstverwertungsrechte für den deutschen Markt bei dem US-Medienkonzern Discovery Communications (Eurosport). Da die Verhandlungen über die Zweitrechte für Olympia-Livebilder zwischen Discovery Communications sowie ARD und ZDF bislang gescheitert sind, werden die vier Olympischen Spiele bis 2024 nicht in hiesigen öffentlich-rechtlichen Programm zu sehen sein. Beobachter rechnen inzwischen damit, dass infolgedessen das Interesse des deutschen Publikums an den Olympischen Spielen abnehmen wird.

Beim IOC scheint mittlerweile ein Nachdenken über die Zukunft der Olympischen Spiele in Gang zu kommen. Diskutiert wird unter anderem, ob im September auf dem Treffen in Lima nicht nur wie geplant die Spiele für 2024, sondern auch gleich die für 2028 vergeben werden. Der Vorteil dieses Vorgehens wäre, dass sich Paris und Los Angeles beide als Gewinner fühlen könnten. Das IOC könnte gleich doppelt profitieren. Zum einen bliebe ihm ein neuerlicher Ansehensverlust erspart, da die reelle Gefahr besteht, dass sonst auch der Bewerbungsprozess für 2028 in einer Hängepartie endet. Zum anderen würde sich die Chance bieten, für die Olympischen Spiele generell ein neues Konzept zu entwickeln. Mit Blick auf den inzwischen erreichten Gigantismus wäre etwa eine Verschlankung der Spiele samt Abkehr von der Durchkommerzialsierung denkbar. Nachgedacht werden könnte aber ebenso über einen festen Austragungsort für die Spiele oder über einen Pool von „Olympiastädten“.         Norman Hanert


Kunstregen in China
Das Großprojekt soll vor allem der Landwirtschaft dienen

China hat ein gigantisches Projekt begonnen, um in Zukunft auf zehn Prozent seiner Landfläche künstlichen Regen niedergehen lassen zu können. Die Volksrepublik hatte der Welt bereits während der Olympischen Spiele 2008 eindrucksvoll vorgeführt, dass es die Abregnung von Wolken zu steuern versteht – damals, um den Spielen einen sonnigen Himmel zu verschaffen. Diesmal ist es sozusagen umgekehrt: Es geht vor allem darum, die trockenen Provinzen im Nordwesten und Norden des Landes für die Landwirtschaft nutzbar zu machen, indem man die über sie hinweg ziehenden Wolken „melkt“. Als Verfahren wird dazu das sogenannte Cloud Seeding beziehungsweise Wolkenimpfen herangezogen. Hierzu werden Substanzen wie Silberjodid, Kaliumjodid oder festes Kohlendioxid, bekannt als Trockeneis, aber auch feuchtigkeitsbindende Stoffe wie etwa Kochsalz in die Wolken gebracht, um dort Kerne für die Wasserkondensation und/oder Eisentstehung zu bilden, die dann zu einem künstlich induzierten Regen- beziehungsweise Schneefall führen. Zur Verbringung der Regenbildner an ihren Einsatzort nutzt man in der Regel Flugzeuge oder Raketen, deren Ladung man möglichst verteilungsgünstig im Wolkenaufwindbereich zu platzieren sucht.

Erfahrung mit dem punktgenauen Abregnen von Wolken hat China in den letzten Jahren reichlich gemacht, etwa, um in Peking und anderen Städten den häufigen Smog aus der Luft zu waschen oder um die sommerliche Hitze zu lindern. Im Jahre 2009 wurden solche Techniken eingesetzt, um durch künstlichen Schneefall eine monatelange Trockenheit in der Region Peking zu beenden.

Das jetzige Projekt stellt alle bisherigen Bemühungen bei weitem in den Schatten: Auf einer Fläche von fast einer Million Quadratkilometern sollen zwölf Flugzeuge und an die 900 Raketenabschusseinrichtungen zum Einsatz kommen. Koordiniert wird deren Einsatz unter Zuhilfenahme von beinahe 2000 digitalen Messstationen. Damit möchte man in einem riesigen Gebiet vom uigurischen Xinjiang im Westen über Qinghai und Gansu sowie Shaanxi und Ningxia bis hin zur Inneren Mongolei im Norden des Landes Dürren verhindern, Grundwasservorräte auffüllen und Waldbrände minimieren. Wo genau das vom Himmel geholte Wasser danach nicht mehr auf natürliche Weise abregnet, ist bislang allerdings weitgehend unklar. Dass es sich hierbei um eine mit Feuchtigkeit hinreichend versorgte Gegend handelt, ist demnach nicht garantiert. Inwieweit das gigantische Experiment letzten Endes funktioniert, dürfte sich während seines Verlaufs in den kommenden drei Jahren zeigen.

Die Vorläufer der in China verwendeten Regengewinnungstechniken entstanden vor allem ab dem 18. Jahrhundert im süddeutschen Raum in Form des sogenannten Hagelschießen, durch das die Bildung von vor allem für die Landwirtschaft schädlichen großen Hagelkörnern eingeschränkt werden sollte. Zu Beginn des 20. Jahr­hunderts wurden im gesamten Alpenraum bereits tausende von militärischen Kanonen für den Abschuss von Rußpartikeln eingesetzt, die als Kristallisationskerne dienen sollten. All dies fand nicht zuletzt Eingang in die männliche alpine Folklore.  Besonders in der Schweiz gibt es bis heute zahlreiche Traditionsvereine der Hagelschützen, und die bayerischen Kreise Rosenheim, Miesbach und Traunstein unterhalten zusammen mit dem Tiroler Kreis Kufstein eine gemeinsame Hagelabwehreinheit mit zwei Flugzeugen. Thomas W. Wyrwoll


Der Film zum Referendum
Neues Biografiedrama zeichnet unkritisches Bild von Erdogan

Spielfilme über historische Persönlichkeiten werden selten schon zu Lebzeiten dieser Persönlichkeiten gedreht. Bei dem über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan gedrehten Film „Reis“, der jetzt in der Türkei in die Kinos kommt, ist das anders. Bezeichnend ist bereits der Titel. Im Orient, zu dem die Türkei trotz Beitrittsgesprächen mit der EU gehört, ist ein Name wichtiger als im Westen. Jeder Name hat eine symbolische Bedeutung. „Reis“ ist ein heutzutage in der Türkei kaum noch gebräuchlicher Begriff. Es ist ein aus dem Arabischen entlehntes türkisches Fremdwort, das eher veraltet klingt. Weil es aus der Sprache des Koran stammt, hat es besonders im Türkischen eine religiöse Konnotation. Es heißt so viel wie „Chef“, aber nicht im kumpelhaften Sinne, sondern es klingt eher nach „Führer“ oder religiöser „Herrscher“. Im islamisch-arabischen Raum, aus dem das Wort ja stammt, ließ sich der ägyptische Republikgründer Gamal Abdel Nasser offiziell als „Rais“ anreden. Muammar al-Gaddafi und Hafiz al-Assad ließen sich gelegentlich mit dem Titel anreden.

Von Seiten der Filmemacher heißt es zwar, dass Erdogan den Film nicht in Auftrag gegeben habe und auch über die Dreharbeiten nicht unterrichtet worden sei, aber nichtsdestoweniger passt der Film gut in seinen politischen Kalender. Erdogan hat seine öffentliche Biografie stets sorgfältig kontrolliert, ähnlich wie er bald das ganze Land kontrollieren will. Am 16. April sollen die Türken darüber abstimmen, ob sie ihrem Staatsoberhaupt noch mehr Vollmachten geben wollen. Der Wahlkampfstart der islamisch-konservativen Re­gie­rungs­partei Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP, Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) für das Referendum am 16. April fiel auf dasselbe Wochenende wie die Filmpremiere.

Der Film konzentriert sich auf Episoden, die aus der Erdogan-Hagiographie bereits gut bekannt sind, Neues ist nicht zu sehen. Es wird gezeigt, dass Erdogan schon von Anfang an so war, wie er heute ist. Der Streifen beginnt mit einer Kindheit Erdogans, die im Grunde gar keine war. Der Fokus liegt auf dem Vater, der auf die Hinrichtung des ersten radikalislamischen Ministerpräsidenten Adnan Menderes 1961 mit Verzweiflung reagierte, die sich dem damals siebenjährigen Tayyip für sein Leben eingeprägt hat. Die geschilderte Biografie erinnert an die des Propheten Mohammed, der zunächst abgelehnt sowie von seinen eigenen Leuten geschmäht und vertrieben wurde, bevor er als Prophet und Retter mit aller Macht und Gewalt wiederkam.

Des Weiteren schildert der Film Erdogans Aufstieg zum Oberbürgermeister Istanbuls im Jahre 1994 und die anschließende Amtszeit, bis er 1999 wegen Volksverhetzung ins Gefängnis muss, weil er ein Gedicht aus der alten türkischen Poesie zitierte, das sein eigentliches politisches Programm geworden ist: „Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.“

Mit seiner Haftstrafe von einigen Monaten und einem Erdogan in einer prophetenähnlichen Pose und gleichzeitig transzendiert, endet der Film. Das Biografiedrama zeigt keine Schwächen Erdogans, nicht einmal einen Familienstreit oder einen Kinderstreich, erst recht keine Liebesszenen. Der quasi-offizielle Charakter des Erdogan-Films lässt Menschliches gar nicht zu.          Bodo Bost


MELDUNGEN

Ungarn greift hart durch

Budapest – Ungarns Parlament hat mit großer Mehrheit beschlossen, alle Immigranten, die sich im Land aufhalten, in Containerlagern in sogenannten Transitzonen in Grenznähe zu konzentrieren. Hier sollen sie so lange festgehalten werden, bis über ihr Asylverfahren endgültig entschieden wurde. Während ihres laufenden Asylverfahrens werden sie somit keine Möglichkeit mehr haben, sich in Ungarn frei zu bewegen oder das Land zu verlassen. Davon betroffen sind alle neu ins Land kommenden sowie die bereits hier lebenden Zuwanderer. Damit wird eine Praxis wieder eingeführt, die Budapest 2013 unter dem Druck von EU, UNO und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ausgesetzt hatte.   J.H.

 

Macron und Le Pen gleichauf

Paris – Emmanuel Macron und Marine Le Pen, die beiden übrig gebliebenen Kandidaten für die französische Präsidentschaft, liegen einer Umfrage des Elabe-Instituts zufolge in der ersten Wahlrunde fast gleichauf. Damit hat Macron seinen Rückstand gegenüber Le Pen fast aufgeholt. Auf ihn würden im ersten Wahlgang am 23. April 25,5 Prozent der Stimmen entfallen, was einen Zuwachs von 1,5 Prozentpunkten bedeutet. Le Pen würde sich um einen Prozentpunkt auf 26 Prozent verschlechtern. In der Stichwahl am 7. Mai würde sich Macron klar mit 60 Prozent zu 40 Prozent gegen Le Pen durchsetzen. Der wegen eines Skandals angeschlagene konservative Republikaner Francois Fillon würde mit 19 Prozent unverändert den Einzug in die zweite Runde klar verfehlen und ist damit schon jetzt praktisch aus dem Rennen.        J.H.


S. 7 Wirtschaft

Sanktionen lösen Reformstau auf
Wie Russland davon profitiert, dass die USA es wirtschaftlich disziplinieren wollen

Der äußere Druck durch die von den USA initiierten Sanktionen des Westens hat in der Russischen Föderation eine Besinnung auf die eigene Leistungsfähigkeit bewirkt. Das zeitigte unerwartete wirtschaftliche Erfolge.

Noch vor dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump hatte die Obama-Regierung in der Frage der Sanktionen gegen Russland schwere Pflöcke eingeschlagen. Im Dezember und noch einmal im Januar wurden die Strafmaßnahmen verschärft und verlängert, diesmal wohl weniger zum Schaden Russlands als zu demjenigen des neuen Chefs im Weißen Haus. Dieser stand ja im Verdacht, er werde den Russen entgegenkommen, und das wollte ihm Barack Obama möglichst erschweren.

Auch nach dem Regierungswechsel hat das Problem schon mächtig Wirbel verursacht. Im Zusammenhang damit musste nach wenigen Wochen der Sicherheitsberater Michael Flynn seinen Hut nehmen. Doch dann eine der großen Überraschungen, an denen Trump so reich ist: Er legte nun fest, bei den Sanktionen bleibe zunächst alles so, wie es sei, jedenfalls bis Russland die Krim an die Ukraine zurückgegeben habe.

Das heißt natürlich, auf ewige Zeit, denn Russlands Außenpolitik hat ein paar Fixpunkte, die nicht verhandelbar sind, und der Besitz der Krim gehört dazu. „Ich will Ihnen erneut sagen“, so äußerte sich der russische Premier Dimitri Medwedjew dazu in einem Interview, „dass wir uns darauf vorbereiten müssen, noch lange Zeit mit den Sanktionen zu tun zu haben.“ Der Westen nämlich mache Anstalten, die Strafmaßnahmen „gesetzlich zu verewigen“. In diesem Zusammenhang nannte Medwedjew das „Jackson-Vanik-Amendment“, das umfangreiche Handelsbeschränkungen umfasst und bereits in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gegen die Sowjetunion erlassen worden war.

Russlands Vize-Außenminister Sergeij Rjabkow wies schon im Januar auf eine Gesetzesinitiative des US-Kongresses hin, die eine Kodifizierung der Sanktionen aus der Obama-Ära vorsieht, damit sie Trump nicht mit einem Federstrich aufheben kann. „Mehr noch“, so Rjabkow, „es wird vorgeschlagen, die Restriktionen zu erweitern und zu verschärfen sowie zu versuchen, dritte Länder durch Erpressung zur Befolgung dieser Maßnahmen zu zwingen, das heißt im Grunde genommen, eine Art Wirtschaftsblockade gegen Russland zu organisieren.“ Wegen der Sanktionen ist das Handelsvolumen zwischen Russland und den USA um ein Drittel zurückgegangen. Rjabkow versichert trotzdem: „Wir haben nie gebeten, die Sanktionen aufzuheben, und wir werden das auch nicht tun.“

Das aber hat einen guten Grund. Premier Medwedjew erläuterte, Russland habe während der vergangenen zwei Jahre gelernt, mit den Sanktionen umzugehen. „Alles, was wir sowohl in der Industrie als auch in der Landwirtschaft geschafft haben, wurde nicht dank der Sanktionen, sondern gegen ihre Zweckbestimmung erreicht, hauptsächlich dadurch, dass wir unsere Arbeit umgestalten mussten.“ Das heißt, die Sanktionen waren Ursache für einen kolossalen Strukturwandel der russischen Wirtschaft, der einen Reformstau auflöste und in dessen Verlauf ein neuer Mittelstand auch im produzierenden Gewerbe und im Handel entstanden ist. Was die Landwirtschaft angeht, so hat Russland erstmals die USA als bedeutendster Weizenexporteur der Welt überrundet.

Der äußere Druck hat eine Besinnung auf die eigene Leistungsfähigkeit bewirkt, der unerwartete Erfolge zu verdanken sind. So hat Russland kürzlich die letzten Schulden der Sowjetunion zurückzahlen können. Russland selbst hat ohnehin nur eine Verschuldung von fünf oder sechs Prozent der Wirtschaftsleistung.

Auch das Wirtschafts-Magazin „Forbes“ sieht die Russlandsanktionen in neuem Licht. Internationale Anleger hätten das Land wieder als lohnendes Ziel für Beteiligungen entdeckt. Die Sanktionen hätten verhindert, dass „Russland von der konzeptlosen Geld- und Zinspolitik westlicher Notenbanken“ in Mitleidenschaft gezogen worden wäre. „Russland hat die Sanktionen überstanden, es hat einen Ölpreis von 35 Dollar überstanden, und es hat zwei Jahre der Rezession überstanden. Man kann über Wladimir Putin sagen, was man will, aber die Verantwortlichen für Russlands Wirtschaftsmanagement verstehen ihr Handwerk.“ Und: „Was die Fundamentaldaten anbelangt, hat Russland schon vor einigen Monaten die Kurve gekriegt.“

Zudem, so Medwedjew beim Russischen Investmentforum in Sotschi, hätten die Sanktionen Russland eine wertvolle Erfahrung beschert, nämlich dass es ein Fehler sei, mit der Unterstützung fremder Mächte zu rechnen. Früher habe Russland verschiedentlich Hilfe aus dem Ausland bekommen. „Jetzt sagen sie: Nein, wir wollen euch diese Unterstützung nicht geben, weil ihr aus irgendwelchen Gründen nicht würdig seid. In diesem Sinne befinden wir uns jetzt in einer einzigartigen Lage. Wir können alles auf eigene Faust erreichen, wenn wir unsere Anstrengungen vereinen und unsere Arbeit gut erledigen.“

Maxim Oreschkin, Minister für wirtschaftliche Entwicklung, bestätigt das: „Wir erwarten derzeit ein Wachstum für das Jahr 2017 von ungefähr zwei Prozent. Das heißt, wir erwarten eine sehr gute Dynamik in der Wirtschaft. Wir beobachten, dass sich die Investitionstätigkeit erhöht. Unser Wachstum erholt sich, und die Zeit der Krise neigt sich dem Ende zu. Die Unsicherheit in der Wirtschaft ist erheblich gesunken, die Indikatoren sind sehr positiv.“

Davon unberührt bleibt, dass die Sanktionen eine ständige Belastung der politischen Beziehungen darstellen und das umso mehr, als sich auch in Russland der Eindruck verfestigt, dass dies ebenso die Absicht der USA ist wie Russland wirtschaftlich zu schaden. Die USA können von Glück sagen, dass sich Russland nicht revanchiert. So könnte die US-Flugzeugindustrie den Betrieb einstellen, wenn sie kein Titan aus Russland mehr bekäme.          Florian Stumfall


Narrenfreiheit für Tsipras
Nach dem Brexit soll Griechenland unbedingt den Euro behalten

Die gute Laune lässt sich der griechische Regierungschef Alexis Tsipras nicht so leicht kaputtmachen. 2017 werde ein gutes Jahr, erklärte er während der Verhandlungen mit Vertretern der Europäischen Kommission über weitere Kredite für sein notleidendes Land. Doch die Realität sieht anders aus. Die griechische Wirtschaft ist dreimal so stark geschrumpft wie vorhergesagt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des vierten Quartals war um 1,2 Prozent gegenüber dem des Vorquartals gesunken und damit so kräftig wie seit über einem Jahr nicht mehr. Dies teilte das Griechische Statistische Amt (ELSTAT) mit und korrigierte damit eine frühere Schätzung. Bisher hatte die nationale statistische Behörde Griechenlands mit Sitz in Piräus nur ein Minus von 0,4 Prozent veranschlagt.

Griechenland hängt seit 2010 am Tropf internationaler Geldgeber. Die Athener Regierung hatte 2015 im Gegenzug für ein Hilfspaket von bis zu 86 Milliarden Euro umfangreiche Reformen zugesagt. Doch die wurden längst nicht alle umgesetzt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) besteht auf weiteren Rentenkürzungen sowie Arbeitsmarkt- und Steuerreformen. Die Forderungen seien nur schwer zu akzeptieren für die Regierung von Tsipras und die reformmüden Griechen, schreibt ein Korrespondent des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. Die Europäische Kommission tritt derweil als Vermittler auf. Im Juli muss Athen mehr als sieben Milliarden Euro an verschiedene Gläubiger zahlen. Die Mittel dafür hat die Regierung in Athen nicht. Also braucht es frisches Geld von der EU. Aber das kann nur fließen, wenn die Griechen ihr Land weiter reformieren. Doch das fällt zunehmend schwer, die Stimmung ist explosiv. Rund 1500 Landwirte kamen in der vergangenen Woche  mit Fähren aus Kreta nach Athen, um gegen die Sparpolitik der Regierung zu protestieren. „Sie werden alle Sparmaßnahmen zurück­nehmen. Dafür werden wir sorgen“, sagte ein kretischer Bauer. Die Regierung hat seit Jahresbeginn die Besteuerung und die Rentenbeiträge der Bauern erheblich erhöht. Auch dies war eine Forderung der EU. Diese steht nun vor einem Dilemma. Mitgliedsländer wie Deutschland können es sich im Hinblick auf die anstehenden Parlamentswahlen nicht leisten, frisches Geld ohne Reformgarantien nach Griechenland zu schicken. Dieses Geld aber ist die dringende Voraussetzung für eine Rück­kehr des Landes an die Kapitalmärkte.

In der Debatte brachte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen „Grexit“, also ein Ausscheiden des Landes aus dem Euro, ins Spiel. Griechenland müsse seine Zusagen einhalten, „sonst wird es auf Dauer nicht gehen“, sagte er. In Griechenland mehren sich die Stimmen, dass die Rückkehr zur Drachme besser sei als ein nochmaliges Anziehen der Sparschraube. Allerdings käme nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU ein Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone einem Scheitern des Währungsprojektes gleich. Regierungschef Tsipras steht mittlerweile mit dem Rücken zur Wand. Von Neuwahlen ist die Rede. Der Premier reagierte vor Wochen und sicherte Menschen mit kleiner Rente eine Sonderzahlung zu. 617 Millionen Euro wurden fällig. Bezahlt wurde es aus dem Hilfsprogramm der EU. Sie hat ein Interesse daran, dass der Sozialist an der Macht bleibt. P.E.


Einäugiger unter Blinden
Der Service der Post ist schlecht, der der Konkurrenz schlechter

Kunden der Deutschen Post DHL Group, die Briefe, Pakete und Päckchen versenden oder auf solche warten, brauchen derzeit gute Nerven und viel Geduld. Davon zeugen die unzähligen Beschwerden, die oft im Minutentakt beim Internet-Verbraucherschutzportal Reclabox eingehen, wo sie von jedermann gelesen werden können. Dort finden sich immer wieder Klagen wie „DHL liefert nicht aus. Kundenservice lacht über meinen Anruf“, „Paket geht statt in die Schweiz nach Russland“ oder „Wenn der Postmann gar nicht klingelt“. Das Hauptärgernis sind dabei verschwundene Sendungen sowie Zusteller, die keinerlei Versuche unternehmen, die Poststücke beim Empfänger abzuliefern, sondern diese stattdessen gleich in der nächsten Filiale hinterlegen. Dazu kommen permanent länger werdende Laufzeiten – manche Briefe brauchen inzwischen für eine Strecke von 200 Kilometern mehr Zeit als Luftpost aus Hongkong. Und das trotz vier Portoerhöhungen seit 2013.

Die Ursachen für diese Misere, die der Behauptung der Post Hohn spricht, dass sie 95 Prozent aller Briefe am nächsten Werktag zustelle, sind vielfältig. Da wäre zum Beispiel die Überlastung der Beschäftigten. Dazu kommen Langfinger in den eigenen Reihen, aber auch von Dritten aufgebrochene Transporter und Briefkästen – und zwar nicht nur in den drei Berliner Problembezirken, in denen DHL aus Sicherheitsgründen nur noch eingeschränkt ausliefert. Die Hauptursache für den schlechten Service ist jedoch die große Zahl der Subunternehmen, die mittlerweile im Auftrag des gelben Riesen agieren. Dort herrschen massives Lohndumping und enormer Leistungsdruck. Minimale Gehälter sowie 60-Stunden-Wochen sind an der Tagesordnung, was sich natürlich negativ auf die Motivation der Beschäftigten auswirkt.

Allerdings bringt es den frustrierten Kunden auch nichts, zu einem Mitbewerber der Deutschen Post DHL Group zu wechseln. Über Hermes, DPD, GLS und wie sie alle heißen, gibt es nämlich noch mehr Beschwerden, weil dort fast ausschließlich Subunternehmer agieren. Und die zeigen Verhaltensweisen, die sogar bei der Post undenkbar sind. Da wird auf Sendungen herumgetrampelt oder man wirft sie „zur Zustellung“ auf die Balkons der Empfänger. Und manche Kuriere von Hermes benötigen gar Angaben zur Farbe und Etagenzahl des Gebäudes, in dem etwas ausgeliefert werden soll, weil sie unfähig sind, sich an Straßennamen und Hausnummern zu orientieren.                Wolfgang Kaufmann


MELDUNGEN

Korruptionsbeben in Südamerika

Brasilia – Der Mega-Korruptionsskandal um den brasilianischen Bauriesen Odebrecht erschüttert mittlerweile ganz Südamerika. Die Odebrecht-Enthüllungen bringen immer mehr Minister bis hin zu ehemaligen und amtierenden Staatspräsidenten ins Schwitzen. Kolumbiens aktueller Präsident Manuel Santos, der vor kurzem den Friedensnobelpreis erhalten hat, soll seinen Wahlkampf 2014 mit Odebrecht-Geldern finanziert haben. In Peru stehen gleich drei ehemalige Präsidenten unter Verdacht. Fast alle Odebrecht-Manager sitzen im Gefängnis. Wie ihr Chef Marcello Odebrecht haben sie für Straferleichterungen Aussagen gemacht. Diese könnten ein politisches Erdbeben auslösen.            B.B.

 

232 Millionen für Tabakwerbung

Berlin – Im Jahr 2015 wurden in Deutschland nach Angaben des Deutschen Zigarettenverbandes knapp 232 Millionen Euro für Werbung und Verkaufsförderung von Tabakerzeugnissen ausgegeben. Laut „Tabakatlas Deutschland 2015“ des Deutschen Krebsforschungszentrums beliefen sich die Krankheitskosten durch das Rauchen auf insgesamt 22,76 Milliarden Euro.               J.H.


S. 8 Forum

Eiertanz
von Bodo Bost

Monatelang haben Politik, Gesellschaft und Medien diskutiert, ob man die Maghreb- Staaten, aus denen die Asylsucher zu einem hohen Prozentsatz straffällig werden, zu sicheren Herkunftsländern erklären darf. Einzelne Chefgrüne, wie der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann haben eingesehen, dass man jetzt auch gegenüber einer Bevölkerung, die in Angst und Schrecken lebt, handeln muss. Grüne und linke Fundis aber haben mit ihrer Blockademinderheit, die sie nur haben, weil sie in Koalitionen mit den großen Regierungsparteien sitzen, verhindert, dass diese Länder zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden, obwohl, wie im Falle von Tunesien, die Anerkennungsquoten bei Asylanträgen gegen Null tendieren.

Dabei hätte auch eine Zustimmung des Bundesrates wirklich Verfolgten aus diesen Ländern nicht die Möglichkeit genommen, einen Asylantrag zu stellen. Aber sie hätte die Asylverfahren, beschleunigt, indem die Anträge von vorn herein als „offensichtlich unbegründet“ eingestuft worden wären. Mit dieser Einstufung würde die Beweislast umgekehrt: Die Antragsteller müssten dann beweisen, dass sie entgegen der gesetzlichen Annahme in ihrer Heimat persönlich verfolgt werden.


Polens Sackgasse
von Hans Heckel

Für diese Niederlange werde sich Polen bitter rächen, prophezeit die „Welt“ nach der Wiederwahl des Polen Donald Tusk zum EU-Ratspräsidenten − mit Zustimmung von 27 Staaten, aber gegen den Willen seiner eigenen Regierung.

Der nach außen getragene interne Streit zwischen Tusk und seiner Regierung ist der europäischen Öffentlichkeit ohnehin kaum zu erklären. Allerdings könnte die „Welt“ mit ihrer Vorhersage recht behalten: Giftige Ausbrüche aus Warschau an die Adresse Frankreichs und − wie üblich − Deutschlands lassen nichts Gutes ahnen.

Befürchtet wird, dass Polen in der EU aus Rache alles, was möglich ist, per Veto blockiert und damit die Europäische Union zu lähmen versucht. Es will vor allem ein „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ verhindern, mit dem Paris und Berlin die zerfasernde Union retten möchten. Warschau fürchtet, abgehängt zu werden. So macht man sich an der Weichsel daran, der größte Bremsklotz der EU zu werden. Doch gerade damit wird der Druck in Richtung zwei Geschwindigkeiten noch zunehmen. So befördert Polen genau das, was es eigentlich verhindern will.

Am Ende könnte es sogar noch schlimmer kommen: Gelingt es Warschau tatsächlich, die EU in ihrer ohnehin schwierigen Lage entscheidend zu treffen, ist das gesamte Projekt in Gefahr. Ein Auseinanderbrechen der EU aber träfe niemanden härter als den Hauptnettoempfänger Polen selbst. Und als Partner für eine kleinere, „neue“ EU wäre das Land nach diesen Erfahrungen kaum attraktiv.


Klima schützen – Autofasten?
von Wolfgang Thüne

Zum 20. Mal haben die katholische und die evangelische Kirche zur Fastenzeit mit dem Motto „Klima schützen“ zum „Autofasten“ eingeladen. Der Aufruf der Kirchen ist ein rein politischer Akt, kein theologischer. Er wird wie alle vorherigen Aufrufe am Wetter nichts ändern. Er kann auch nicht das „Klima schützen“, weil „Klima“ kein beeinflussbarer Naturvorgang, vielmehr eine vom Wetter abgeleitete und vom Menschen erfundene Kunstgröße ist. Der Schöpfer hat ganz bewusst den Menschen keine „Macht über den Himmel“ verliehen, damit der Mensch nicht in einem Anfall von Größen- und Machbarkeitswahn in das globale irdische Wettergeschehen eingreifen und das Wetter gezielt als Mordwaffe gegen seinen Nächsten missbrauchen kann.

Die Ohnmacht vor dem Wetter war nicht nur allen Kulturvölkern, sondern auch der christlichen Kirche bekannt. Im Jahre 399 ordnete in Anlehnung an die römischen Flurgänge Johannes Chrysostomos wegen Dauerregens einen Bittgang an. Später wurden Bittprozessionen um Christi Himmelfahrt für alle Kirchen Galliens eingeführt, bevor um 800 unter Papst Leo III. für die römische Liturgie eucharistische Wetterprozessionen zur Verpflichtung wurden.

Am 26. Juni wird das Fest der Wetterheiligen Johannes und Paulus von Rom gefeiert. Die Abhängigkeit der Ernte und damit der menschlichen  Ernährungsgrundlage vom Wetter war evident, handgreiflich. In manchen Gegenden wurden zusätzlich Hagelprozessionen gemacht.

Der kirchliche Aufruf zum „Klimaschutz“ durch „Autofasten“ ist keine Geste der „Ehrfurcht vor der Schöpfung“, sondern eher eine Kapitulation vor dem Zeitgeist und Zeichen politischen Hochmuts über Gottes Schöpfung. Doch damals wie heute lässt sich das Wettergeschehen nicht manipulieren und gleichschalten. Es gibt auf der Erde weder ein Einheitswetter noch ein Einheitsklima. Der politische Wunsch nach „globaler Klimagerechtigkeit“ wird auf ewig ein Wunschtraum bleiben.

Wer der Schöpfung dienen will, sollte den grünen Pflanzen nicht das CO2 in der Luft als Nahrung entziehen. Wer die Schöpfung bewahren will, sollte das Projekt „Dekarbonisierung“ sofort einstellen. Aller „Klimaschutz“ ist vergebliche Liebesmüh, weil sich das Wetter jedem Schutz kategorisch entzieht. Die Definition von „Klima“ sagt es klar und unmissverständlich: Jeder „Klimawandel“ ist eine Folge und nicht Ursache des ewigen Wetterwandels.


Frei gedacht
Politisch-globale Planspiele?
von Eva Herman

Nein, wir sollten uns jetzt nicht ablenken lassen durch irgendwelche „diplomatischen Manöver“ mit der Türkei. Da wird eine Menge hochgespielt, um von den eigentlich wirklichen Meldungen abzulenken. Als ich gerade, im Ausland weilend, eine NDR-Nachrichten-Sendung im Internet anhörte, stockte mir der Atem. Und endlich wusste ich: Alles klingt wie Fake News, was da so über Donald Trump, Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin vermeldet wird, aber hier, in Niedersachsen, haben die Mainstream-Medien jetzt ein kleines bisschen durchblitzen lassen, um was es in Wahrheit geht. Die Meldung lautete: Schiedsrichter der Regionalliga in Niedersachsen streiken! Postblitz, dachte ich mir sofort, deswegen also diese ganzen Medien-Hypes um ganz andere Sachen: Alles nur billige Ablenkungsmanöver.

Diplomatischer Krieg zwischen der Türkei und den Niederlanden. Und Deutschland. Und Frankreich. Und Dänemark. Merkel ist stinksauer, Gabriel auch. Und erst recht dieser Herr Erdowahn. Was sich da zusammenbraut? Gefährliche Richtung für Europa? Ich bitte Sie, wir wollen mal nicht panisch werden. Solche kleinen Scharmützel hat es doch immer gegeben, oder? Na gut, es sollen in Wahrheit Tausende Türken gewesen sein, die da am Wochenende spontan in den Niederlanden wütend protestiert haben sollen. Riesiger Polizeieinsatz, viele Verletzte. Aber sowas gibt sich doch auch wieder. Wie bitte? So beginnen Kriege? Also wirklich, die Deutschen sind ja richtige Hasenfüße geworden. Nein, lassen Sie uns über die echten Probleme diskutieren, über den Schiedsrichter-Streik der niedersächsischen Regionalliga. Der bewegt mich.

Nein, bitte schütteln Sie nicht den Kopf, denn Sie haben offenbar noch nicht verstanden, um was es da geht. In der Meldung heißt es: Mit einer Art Schiedsrichter-Streik reagiert der Bezirk Weser-Ems im Niedersächsischen Fußball-Verband auf ein Urteil des Verbandssportsgerichts, das den Bezirksligisten GW Firrel nach einer Schiedsrichterbeleidigung von einer Strafe befreit. Der Bezirksschiedsrichterausschuss sieht nach dem Urteil die Schutzbedürftigkeit der Schiedsrichter nicht mehr gewahrt. Verstehen Sie? Schutzbedürftigkeit für Fußball-Schiedsrichter. Jawohl, dafür werde ich mich künftig stärker engagieren. Denn hier vor unserer eigenen Haustür haben wir doch genügend Probleme, die gelöst werden müssen, finden Sie nicht auch? So war ich natürlich auch ganz geschockt über die Meldung, dass die beliebte Schauspielerin Gerrit Kling bei Dreharbeiten von einem Wagen gefallen ist und eine leichte Gehirnerschütterung hatte. Zum Glück haben die Boulevardmedien ausführlich darüber berichtet, wir konnten praktisch die Kopfschmerzen des TV-Stars volksempathisch mitempfinden. Wahrscheinlich geht es der Gerrit deswegen auch schon wieder besser, ist das nicht schön? Geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid, nicht wahr? Nein, wir sollten uns einfach nicht mehr von den Medien mit diesem ganzen global-politischen Krimskrams aufhetzen lassen, wem hilft es denn auch? Doch nur der Eitelkeit von diesem Erdowahn, oder wie er heißt. Die da oben machen sowieso, was sie wollen, ob wir das nun gut finden oder nicht.

Nein, nein, die wirklich wichtigen Themen liegen in unserem zwischenmenschlichen Bereich. Und, da kann man den Mainstream-Medien keinen Vorwurf machen, diesen Teil decken sie ja umfänglich ab. Nun gut, ich gebe zu, dass die Meldung über eine halbe Million abgelehnter Asylbewerber, die immer noch in Deutschland leben, nicht gerade erfreulich ist. Aber es sind doch auch nur Menschen, oder? Für mich ist das billige Panikmache. Auch dass es letztes Wochenende wieder mehrere Massenschlägereien mit Hunderten Menschen gab, wo Dutzende Immigranten auf Dutzende Einheimische einprügelten, sowas liest man natürlich nicht gerne. Aber ist das nicht auch wieder nur Teil der üblen Propaganda, um vom eigentlichen Kern abzulenken?

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das nicht mehr hören mag. Es nützt sowieso keinem. Ja, es stimmt natürlich, dass die Racheaktionen, welche die Türkei den europäischen Staaten jetzt androht, nicht besonders prickelnd klingen. Aber dieser Erdowahn hat sich schon immer missverständlich ausgedrückt, er hat die Deutschen und Holländer nun sogar als Nazis bezeichnet. Ha, das wäre ja gelacht, wenn diese abgenutzte Nazikeule überhaupt noch was bewirken könnte. Die sind wir gewohnt. Das sitzen wir aus! Manche Leute geraten jetzt in Panik, weil sie fürchten, der EU-Türkei-Deal in Sachen Asylsucherabkommen könnte platzen, und dass dann Millionen Immigranten ungehindert nach Deutschland und Europa strömen könnten. Mal ganz ehrlich, über eine solche Maßnahme wurde doch schon immer spekuliert: Und? Ist bislang irgendwas passiert? Sehen Sie. Wir sollten schön ruhig bleiben und uns nicht provozieren lassen. Dabei aber dürfen wir den Blick für die wahren Probleme unserer Gesellschaft nicht verlieren.

So habe ich mich außerordentlich gefreut über die Nachricht, dass Freiburger Wissenschaftler nun endlich das Lächeln der Mona Lisa entschlüsselt haben. Das meldete kürzlich Welt-online. Damit wurde nämlich ein für allemal die weltbewegende Urfrage der Kunstgeschichte gelöst: Schaut die Mona Lisa nun fröhlich? Oder doch eher verschlagen? Oder lüstern? „Immer nur lächeln – das ist seit mehr als 500 Jahren das traurige Schicksal der Mona Lisa“, schrieb das Portal der politischen Tageszeitung dazu. Und weiter: „Litt die Gioconda gar an Fasziallähmung? Oder hatte sie ihre Schneidezähne verloren und presste deswegen mühsam die Lippen zusammen?“ Ich könnte wetten, liebe Leser, dass Sie sich diese Fragen auch lange schon gestellt hatten. Die befreiende Antwort lautet: Fast 100 Prozent der Probanden sagten: Die Frau auf dem Gemälde wirke fröhlich.“ Ist das nicht schön? Warum dürfen wir eine solch positive Nachricht nicht auf unser Gemüt einwirken lassen und uns auch mal des Lebens freuen? Warum werden wir dagegen mit Meldungen überschüttet, die doch nur Panik auslösen? So viele Axt- und Machtenangriffe in Deutschland, wie letzte Woche, wurden noch nie gemeldet: Alleine in Düsseldorf waren es zwei, mit zehn zum Teil Schwerverletzten, in Magdeburg auch, dann heißt es gleich, es sei dasselbe Muster wie die Terrorattacke in Berlin zu Weihnachten. Muss denn immer alles Terror sein? Man kann das langsam nicht mehr hören. Und natürlich sollen es auch wieder IS-Terroristen gewesen sein, die letzte Woche mit einem Anschlag auf ein Essener Einkaufszentrum gedroht haben sollen: Großeinsatz der Polizei. Wie auch in Offenbach. Finden Sie nicht auch, dass das alles ein bisschen viel ist?

Dass der beliebte TV-Star Joey Kelly in einer TV-Show fast zusammengebrochen wäre, darüber sollen wir wieder nicht diskutieren, was? Ich mache mir große Sorgen um den Joey, der uns mit seiner Musik doch schon so viele schöne Stunden beschert hat. Stattdessen muss ich jetzt ganz groß lesen: „Wir sind auf dem direkten Weg in einen gigantischen Crash!“ Das hat der Finanzexperte Marc Friedrich gesagt. Ganz ehrlich: Wie oft haben wir das schon gehört? Meine Bankfiliale jedenfalls ist noch offen.


S. 9 Kultur

Eine erdichtete Vergangenheit
Vor 15 Jahren starb die Autorin Luise Rinser, die einst Bundespräsidentin werden wollte – Dabei lebte sie mit einer Lebenslüge

Die am 17. März 2002 verstorbene Schriftstellerin Luise Rinser galt als ein gesellschaftskritischer Geist. Doch dass sie eine Widerständlerin des NS-Regimes war, ist eine grandiose Selbst- und Fremdtäuschung gewesen.

Aufgrund von Romanen wie „Abenteuer der Tugend“ (1957) oder „Die vollkommene Freude“ (1962) ist Luise Rinser den Geruch einer „katholischen“ Schriftstellerin nie so recht losgeworden. Doch sie selbst sprach nur von einer „katholischen Periode“ in ihrem Leben und machte keinen Hehl daraus, dass sie sich zu fernöstlicher Religiosität und Philosophie hingezogen fühlte.

Infolge eines mehrmonatigen Gefängnisaufenthaltes gegen Kriegsende in Traunstein wurde sie als überzeugte Antifaschistin eingestuft. Dadurch war der Grundstein gelegt für eine Reputation, die ihr einen besonderen Nimbus verlieh bei ihrem Eintreten für gesellschaftspolitische Reformen im Lande. Sie trat als Friedensaktivistin auf und stand im Ruf einer Feministin. 1984 wurde sie von den „Grünen“ bei der Wahl des Bundespräsidenten als Gegenkandidatin zu Richard von Weizsäcker aufgestellt.

Ihre antifaschistische Haltung und moralische Integrität während der NS-Zeit hat Rinser selbst immer wieder herausgestellt. Am deutlichsten tat sie dies wohl in ihrer Autobiografie „Den Wolf umarmen“ (1981). Demnach war sie bereits vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs „immer politisch wach und längst im Widerstand gegen den Diktator“ gewesen, der für sie „der Gesandte des Antichrist“ war.

2011 hat der jahrelange Rinser-Freund und -Vertraute José Sánchez de Murillo in seiner Biografie „Luise Rinser. Ein Leben in Widersprüchen“ eindeutig belegt, dass Luise Rinser entgegen ihrer eigenen Darstellung sich durchaus mit dem NS-Regime zu arrangieren verstanden hatte und bei ihr keinesfalls von einer „Widerständlerin“ gesprochen werden kann.

Dass Rinser also mit einer großen Lebenslüge gelebt und diese auch noch entsprechend ge­pflegt hat, ist befremdend, da sie selbst doch in ihrem Kriegstagebuch (1946) programmatisch gefordert hatte: „Man muss den Mut haben, seine Vergangenheit anzuschauen, auch wenn sie einem nicht gefällt und gerade dann, und in dem Augenblick, in dem man erkennt und sich gesteht, wie schlecht sie war, tut sich die Tür zur besseren Zu­kunft auf.“

Sie selbst, das steht heute fest, hatte diesen geforderten Mut, hatte diese Redlichkeit leider nicht aufgebracht. Glaubte sie am Ende gar selbst an die Beschönigung, ja Fälschung ihrer eigenen Lebensgeschichte? Kann ein Verdrängen unliebsamer Tatsachen und Erinnerungen schließlich so weit gehen, dass man für die Wahrheit und die Realität blind wird? Jedenfalls hat Rinser sich in ihren Selbstzeugnissen ganz offensichtlich so dargestellt, wie sie wohl gerne gewesen wäre – es aber nicht war.

Was Rinsers tatsächliches Verhalten im Dritten Reich angeht, so muss festgestellt werden, dass sie zwar nicht der NSDAP angehört hatte, wohl aber Mitglied der NS-Frauenschaft und (zumindest zeitweise) des NS-Lehrerbunds gewesen war. Auch muss sie bereits in der Frühphase der nationalsozialistischen Herrschaft ihren Vorgesetzten so positiv aufgefallen sein, dass sie als noch junge Lehrerin damit beauftragt wurde, in einem Winterlager um die Jahreswende 1933/34 als BDM-Gruppenführerin beziehungsweise -ausbilderin zu agieren. Gleich zu Beginn des Jahres 1934 veröffentlicht sie dann in der Zeitschrift „Herdfeuer“ einen überschwänglichen Be­richt von dem abgehaltenen La­ger. Über die Schlussfeier heißt es: „Wir stehen zum letzten Mal um die Flagge... Unsere Obergauführerin spricht zu uns über un­sre Arbeit… Wir ge­loben ihr unter dem verpflichtenden Zeichen des Hakenkreuzes durch Handschlag – durch sie hindurch dem Führer! – Treue, Gefolgschaftstreue... Wir singen: Wenn alle un­treu werden, so bleiben wir doch treu.“ Nur ein Jahr später ließ Rinser sich dann in einem mit „Junge Generation“ überschriebenen Gedicht voller Pathos über die Treue zum „Führer“ aus.

Im Übrigen hatte Rinser – entgegen eigener Aussagen – im Dritten Reich zu keinem Zeitpunkt ein Publikationsverbot er­halten. Auch brachte ihr 1942 ein Drehbuchauftrag der UFA für einen Propagandafilm sehr viel Geld ein. Gleichwohl gibt es aber auch immer wieder Anzeichen dafür, dass sie im Verlauf der NS-Zeit sich zunehmend von der nationalsozialistischen Ideologie entfremdet hatte. Nicht zuletzt zeigen ihre unvorsichtigen Äußerungen im Herbst 1944 gegenüber einer Freundin, die sie bald darauf denunzieren sollte, wie wenig sie am Ende von dem Regime noch hielt und wie sehr sie von dem Sieg der Alliierten ausging. Diese Denunzierung hatte ihr dann den oben erwähnten Gefängnisaufenthalt eingebracht.

Ein schwerer Vorwurf de Murillos lautet, dass Rinser in der An­fangsphase des Dritten Reichs als Aushilfslehrerin in der kleinen oberbayerischen Ortschaft Forst bei Wessobrunn, wo sie heute begraben liegt, den jüdischen Rektor der Schule, Karl Würzburger, wegen Versäumnisse in seiner Amtsführung beim zuständigen Schulrat angeschwärzt und durch diese Denunziation eines Juden ihre Loyalität gegenüber den Nationalsozialisten bekundet und sich dadurch berufliche Vorteile verschafft habe.

Dennoch: Ein hämisches, selbstgerechtes Mit-dem-Finger-Zeigen auf Rinser ist nicht angebracht. Wohl aber ist Betroffenheit darüber zu äußern, dass auch die Rinser in jener unseligen Epoche deutscher Geschichte versagt hat und sie nicht den Mut aufgebracht hat, ihre Verblendung einzugestehen und – schlimmer noch – sie sich stattdessen zu einer Ikone des Widerstandes gegen Hitler stilisiert hat. Damit aber hat sie die Chance vertan, an ihrem eigenen Beispiel den Nachgeborenen aufzuzeigen, wie leicht ein jeder politisch verführbar und manipulierbar ist und wie nötig es daher ist, stets wachsam zu sein nicht nur gegen ein Aufkommen nationalsozialistischen Ge­dankengutes, sondern ganz allgemein gegenüber politischer Bevormundung und Indoktrinierung.        Matthias Hilbert


Ein »Bazillenzirkus«
ARD zeigt sechsteilige Serie über das Berliner Charité-Krankenhaus

Eine Dokumentation über ein berühmtes Berliner Krankenhaus sollte es werden, aber dann strickten die Autorinnen doch lieber eine sechsteilige historische Serie aus dem Stoff: In „Charité“ (ab 21. März, 20.15 Uhr, Das Erste) wird die Ge­schichte der Medizin mit persönlichen Schicksalen verknüpft.

Man schreibt das Jahr 1888, zweimal wird in den ersten Szenen „Der Kaiser ist tot“ ausgerufen: Auf Wilhelm I. folgt Friedrich III. der nur 99 Tage regiert und an Kehlkopfkrebs stirbt. Ihm folgt Wilhelm II., der sich persönlich einen Eindruck von den Forschungen im berühmtesten Krankenhaus des Reiches verschaffen wird. In dem weitläufigen Back­steingebäude regieren die Ärzte zu Kaisers Zeiten noch unangefochten als Halbgötter in Weiß. Hierarchisch direkt unter ihnen wirken die Diakonissen, allein dem Heiland verpflichtet: „Schmerz und Leid lassen die Seele in den Himmel wachsen und bringen uns näher zu Gott“, doziert die Oberin.

Charité, Barmherzigkeit, was für ein Hohn. An Leid herrscht kein Mangel: Weder Antibiotika noch Schmerzmittel sind erfunden, die Säuglingssterblichkeit liegt bei 50 Prozent, eine Lungen- oder Blinddarmentzündung kommt einem Todesurteil gleich.

Und doch dringt unaufhaltsam das Licht der Erkenntnis in die Labore und Operationssäle. In der Charité treffen sich zu jener Zeit herausragende medizinische Ta­lente. Robert Koch steht kurz vor der Entdeckung des Tuberkulose-Erregers, Emil Behring arbeitet an der Entwicklung eines Heilmittels gegen Diphterie und Wundstarrkrampf, Paul Ehrlich forscht an der Heilung der Syphilis, Ernst von Bergmann an der Vermeidung von Keimen. Allein der Pathologe und Patriarch Rudolf Virchow stemmt sich gegen die Neuerungen und verurteilt den ganzen „Bazillenzirkus“.

Wie die Autorinnen Dorothee Schön und Sabine Thor-Wiedemann Medizin- und Zeitgeschichte mit persönlichen Schicksalen verschränken, wie Kinoregisseur Sönke Wortmann („Das Superweib“) Konflikte schürzt und Dramen in Szene setzt, das ist Fernsehen, das unterhält und informiert.

Selbst die unvermeidlichen Liebesgeschichten sind hier mehr als schmückende Romantik-Beigabe: In der mittellosen Ida Lenze (Alicia von Rittberg) fokussiert sich das Dilemma der intelligenten Frau, der der Zugang in die Hörsäle verweigert wird. „Der Schwachsinn des Weibes ist unbestreitbarer Fakt“, do­ziert der Professor und gibt die heimliche Lauscherin den Lachern der männlichen Studenten preis.

In Robert Koch (Justus von Dohnanyi) wiederum zeigt sich der Zwiespalt des Gelehrten, der mit seiner Leidenschaft für eine blutjunge Revuetänzerin seine gesellschaftliche Reputation riskiert. Prägnant auch die Rivalität zwischen dem jüdischen Arzt Paul Ehrlich (Christoph Bach) und Emil Behring (Matthias Koeberlin), einem irrlichternden Genie, das seine wechselnden Gemütszustände mit Opium dämpft. In der ersten Folge droht die Ehefrau Ehrlichs an einer Steißgeburt zu sterben und wird in letzter Sekunde von Behring durch einen brachialen Eingriff gerettet. Zimperlich geht es nicht zu in den Mauern der Charité. Barmherzig auch nicht. Die da oben sind eingezwängt in Hierarchien und gesellschaftliche Zwänge. Die da unten gebeutelt von Armut und Krankheit – nur 120 Jahre her, und schon so fern.                Anne Martin


»Aufstand« in Köln
Museen rüsten sich zum Kollwitz-Jubiläum

Am 8. Juli wird groß der 150 Ge­burtstag der Königsberger Bildhauerin Käthe Kollwitz ge­feiert. Besonders gefordert sind dabei die Kollwitz-Museen in Ber­lin, Köln und Moritzburg, die sich zum Jubiläum mit Sonderausstellungen rüsten. So zeigt das Berliner Museum in der Fasanenstraße 24 vom 26. Juni bis 15. Ok­tober eine Ausstellung mit Briefen und Fotografien von Kollwitz-Freuden wie Max Liebermann, Albert Einstein oder Gerhart Hauptmann (www.kaethe-kollwitz.de).

Das Kollwitz-Haus in der Meißner Straße 7 in Moritzburg, wo die Künstlerin 1945 starb, feiert gleich mit zwei Ausstellungen: Vom 3. Mai bis 6. August läuft „Es ist nicht mehr Schmerz, sondern Nachsinnen – Käthe Kollwitz: Der Tod im Leben“ und vom 13. Au­gust bis 5. November mit „Auf eine Arbeit schreib ich ihm eine Widmung – Käthe Kollwitz und der Prinz Ernst Heinrich von Sachsen“ (www.kollwitzhaus.de).

Den Anfang aber machte das Kollwitz-Museum am Kölner Neu­markt schon zu Be­ginn des Jahres, als es eine Ausstellung mit Selbstbildnissen der Künstlerin zeigte. Als Höhepunkt des Jubiläumsjahrs läuft aktuell noch bis zum 5. Juni „Aufstand! Renaissance, Reformation und Revolte im Werk von Käthe Kollwitz“, welches den zwischen 1902 und 1908 entstandenen grafischen Zyklus „Bauernkrieg“ in den Fokus stellt. Zahlreiche Leihgaben aus dem In- und Ausland ergänzen die Kölner Sammlungsstücke, mit denen die Kollwitz einst ihren Schritt in die künstlerische Moderne vollzog (www.kollwitz.de).

Vom 13. Juni bis 17. September steht in einer weiteren Ausstellung in Köln das von Gustav Seitz geschaffene Berliner Kollwitz-Denkmal im Mittelpunkt, ehe am 8. Juli in Köln ein Museumsfest zum runden Kollwitz-Ge­burtstag stattfinden wird. Eine Ausstellung mit Käthe-Kollwitz-Preisträgern der Berliner Akademie der Künste rundet vom 29. September bis 7. Januar 2018 das Jubiläumsjahr im Kölner Kollwitz-Museum ab.     H. Tews


MELDUNGEN

Bach I: Festival in Arnstadt

Arnstadt − Im thüringischen Arnstadt hatte Johann Sebastian Bach in der Neuen Kirche, die heute seinen Namen trägt, fünf Jahre lang eine Organistenstelle inne. Dort wird am 17. März um 19.30 Uhr das „Bach-Festival-Arnstadt“ mit dem „Cantate Domino“ eröffnet. Bis zum 21. März finden im Rahmen des Festivals neben Konzerten auch Theaterstücke, Stadtführungen und Märkte statt (Info: www.bach-festival.de). tws

 

Bach II: Was der Komponist las

Eisenach − Zum Bach-Geburtstag am 21. März ergänzt das Eisenacher Bachhaus seine Dauerausstellung mit einer Rekonstruktion von Johann Sebastian Bachs theologischer Bibliothek. Bachs Originalbände sind verschollen, wurden aber jetzt durch historische Originalausgaben ersetzt.   tws

 

Ausgegraben und rekonstruiert

Bonn − Wie sahen mittelalterliche Mönche aus und wie lebten sie? Diesen Fragen geht vom 19. März bis 14. Mai das Welterbe-Kloster Lorsch in der Ausstellung „Begraben und vergessen?“ auf Grundlage von auf dem Klosterareal geborgenen Skelettresten nach (Info: www.kloster-lorsch.de).  tws


S. 10 Geschichte & Preussen

Hunger statt Befreiung
Im Winter 1946/47 bewirkte ein Kälteeinbruch in Deutschland eine Versorgungskatastrophe

Vor 70 Jahren suchte Deutschland der sogenannte Hungerwinter heim. Über die Zahl der im Verlauf der Kälteperiode von November 1946 bis März 1947 an den Folgen von Frost und Mangel Verstorbenen liegen nur Schätzungen vor. Historiker gehen von mehreren Hunderttausend aus.

„Genießt den Krieg, denn der Friede wird fürchterlich“ – dieses geflügelte, auf den ersten Blick widersinnig klingende Wort ist nicht ohne Berechtigung. Zwar endete mit dem Krieg das Sterben an der Front, und in der Heimat konnte man wieder durchschlafen, ohne in der Nacht in die Luftschutzkeller zu müssen, aber das Hungern ging nach der „Befreiung“ erst richtig los. Es ist bemerkenswert, dass diejenigen, welche die zynischen Worte an den Eingängen von Konzentrationslagern „Arbeit macht frei“ am heftigsten kritisieren, nicht selten die sind, welche zynisch die Interpretation des Endes des Zweiten Weltkrieges als „Befreiung“ am entschiedensten einfordern, und zwar nicht etwa nur für die Juden und KZ-Insassen, was ja verständlich wäre, sondern für das deutsche Volk in seiner Gesamtheit.

Angesichts dessen, wie die Deutschen von ihren „Befreiern“ behandelt wurden, verwundert es nicht, dass beispielsweise im Monatsbericht der britischen Kontrollkommission für den April 1947 von Gerüchten unter der Bevölkerung die Rede ist, auf der Konferenz von Jalta sei ein geheimes Abkommen getroffen worden, das vorsehe, Deutschland drei Jahre lang hungern zu lassen und unter den Bedingungen der Konzentrationslager leben zu lassen. Diese Gerüchte sind verständlich, wenn man sich die Lebensmittelversorgung der deutschen Bevölkerung nach der „Befreiung“ ansieht. Im Konzentrationslager Bergen-Belsen hatte die Ration pro Tag und Kopf bei 800 Kalorien gelegen. 2500 Kalorien gelten als Normalmaß. Im Herbst 1946 forderten Experten eine tägliche Mindestration von rund 2000 Kalorien. 1700 Kalorien benötigt ein Mensch, um zu überleben – wenn er im Bett liegt. Feldmarschall Bernard Montgomery, bis Ende Januar 1946 Oberbefehlshaber der britischen Besatzungstruppen in Deutschland, hielt 1000 Kalorien für ausreichend. Faktisch lag die offizielle Ration in der britischen Zone bei 900 Kalorien. 800 Kalorien, also die Menge im KZ Bergen-Belsen, und noch weniger waren insbesondere in den Großstädten nicht selten. Angesichts dieser Rahmenbedingungen mehr als verständlich, stellt Günther Kammeyer, Jahrgang 1936 und Zeitzeuge, fest: „Wir haben nicht gejubelt – wir haben uns auch nicht befreit gefühlt.“

Wie den „befreiten“ Besetzten lag es auch den „befreienden“ Besatzern fern, die Besatzung als Befreiung zu interpretieren. Noch im Frühsommer 1945 hieß es in US-amerikanischen Tagesbefehlen: „Im Herzen, im Körper und im Geiste ist jeder Deutsche Hitler. Hitler ist der einzelne Mann, der für die Glaubenssätze der Deutschen steht. Schließe keine Freundschaft mit Hitler, fraternisiere nicht! Die Deutschen müssen lernen, dass sich das Kriegführen nicht lohnt. Sie müssen dies auf die harte Tour lernen. Wenn du freundlich mit ihnen umgehst, werden sie dich für weich halten. Fraternisiere nicht!“ Und in der Direktive JCS 1067 an den Oberbefehlshaber der US-Besatzungstruppen in Deutschland vom April 1945 heißt es zum Thema „Befreiung“ explizit: „Deutsch­land wird nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als ein besiegter Feindstaat.“

Trotzdem fühlt sich Günther Kammeyer bemüßigt, seiner oben zitierten Feststellung voranzuschicken: „Das wird viele überraschen: …“ Soweit hat die Indoktrination mit dem Dogma von der Befreiung bei den Deutschen mittlerweile Wirkung gezeigt, und es ist anzunehmen, dass die Mär von der Befreiung mit dem Tod jedes Zeitzeugen, der es besser weiß, ein festerer Bestandteil des bundesdeutschen Narrativs (siehe Seite 12) wird.

Ausgerechnet in dieser Zeit der Not durch die Besatzung wurde das deutsche Volk durch einen besonders harten Winter mit Temperaturen von unter -20 Grad heimgesucht. Im 20. Jahrhundert gab es im Nordseeraum keinen kälteren. Von Russland kommend brach eine Kältewelle über Europa herein. Von dem Jahrhundertwinter beziehungsweise dessen Folgen wurden über Deutschland und Europa hinaus sogar die Vereinigten Staaten von Amerika betroffen. Doch je weniger ein Land in sonstiger Weise belastet war, desto mehr hielten sich die Folgen in Grenzen. Auch wenn die Besatzungsmächte für den harten Winter 1946/47 nichts konnten und selber unter seinen Folgen litten, so spricht sie das doch nicht von einer Mitverantwortung für die Folgen in dem von ihnen besetzten und verwalteten Deutschland frei. Damals, sprich Anfang 1947, sagte das auch (noch) der „Spiegel“ mit einer für heutige Verhältnisse geradezu bemerkenswert anmutenden Offenheit: „Nach Lage der Dinge mußte Deutschland am stärksten in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Mangel an Wärmeeinheiten – unter dem Namen Kalorien bereits ein Schrecken der deutschen Lebensmittelversorgung – führte zu neuen einschneidenden Sparmaßnahmen. Daß sie getroffen werden mußten, liegt nicht an ungewöhnlichen oder unerwarteten klimatischen Verschiebungen. Vielmehr wird jetzt das Fehlen einer weitschauenden und den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung tragenden Planung deutlich.“

Es waren jedoch nicht nur Unterlassungssünden, derer sich die Alliierten schuldig machten. Sie trugen auch aktiv zur Verschärfung der Lage bei. Durch das Abschneiden Ostdeutschlands, das unter polnische und sowjetische Verwaltung gestellt wurde, trennten sie die Deutschen in ihren Besatzungszonen von Deutschlands Kornkammer. Durch die von ihnen gezogenen Zonengrenzen wurde der innerdeutsche Handel behindert. Ebenso wurde der Außenhandel Deutschlands erschwert. Der Export deutscher Waren zu Marktpreisen, der Devisen brachte, wurde behindert, und der Import von Lebensmitteln erschwert. Zudem haben die Alliierten – und nicht nur der aus dem Osten – die Demontage fortgesetzt.

Moralisch besonders schwer wiegt, dass die Alliierten sogar Dritte aktiv daran gehindert haben, die deutsche Not zu lindern. So untersagten die Alliierten Hilfslieferungen des Roten Kreuzes an Deutschland und wiesen bereits im Winter 1945/46, als sich die Lebensmittelkrise schon mehr als abzeichnete, irische und Schweizer Nahrungsmittelspenden, die ausdrücklich für Deutschland bestimmt waren, ab mit der Empfehlung an die humanitären Organisationen, die Hilfsgüter stattdessen in andere europäische Länder zu schicken.

Selbst ihren eigenen Landsleuten verboten die USA anfänglich, Deutschland zu helfen. Das generelle Verbot, Hilfslieferungen nach Deutschland zu senden, endete im Dezember 1945. Ab 1946 dürften auch CARE-Pakete verschickt werden, ab dem 5. Juni in die US-amerikanische, ab dem 21. Juni in die britische und ab Dezember auch in die französische Besatzungszone. In den Genuss von CARE-Paketen gelangten vornehmlich Deutsche mit Verwandten in den USA. So löblich und verdienstvoll die private Hilfe auch war, so wird doch nicht zu Unrecht von einem Mythos gesprochen. Vor diesem Mythos, der heute bestens in das Bild von der Befreiung Deutschlands passt, warnte kein Geringerer als der Leiter der CARE-Verteilung in Deutschland selbst, Lewis M. Gable: „Es hat sich herausgestellt, dass viele Deutsche der Ansicht sind, dass eine große Anzahl der eingegangenen CARE-Pakete zur allgemeinen Verteilung in Deutschland bestimmt ist. Diese Ansicht ist unzutreffend. Der CARE-Dienst verfolgt lediglich den Zweck, es amerikanischen Bürgern zu ermöglichen, Nahrungsmittel an bestimmte deutsche Empfänger zu schicken. Amerikanische Bürger oder Organisationen können solche Pakete auch kaufen, ohne einen bestimmten Empfänger zu nennen, die Beteiligung daran war aber bisher sehr gering.“ So kam im Jahre 1946 ein CARE-Paket auf nicht weniger als 146 Menschen in den Westzonen.

Vor sieben Jahrzehnten, im März 1947, endete endlich der Hungerwinter. Die Temperaturen stiegen wieder an und der bevorstehende Frühling kündigte sich an. Der Menschen-gemachte Teil des Problems dauerte jedoch bis zum Kalten Krieg an. Da bekamen die Besatzer wachsendes Interesse an der Wehrkraft der Deutschen. Nun empfahl es sich, den Deutschen in der eigenen Zone das Gefühl zu vermitteln, dass sie mehr zu verlieren hätten als ihre Ketten, dass es etwas gäbe, das der Verteidigung wert sei, und dass es ihnen in ihrer Zone noch vergleichsweise gut gehe. Es kamen der Marshallplan, der zu einem ähnlichen Mythos wurde wie die CARE-Pakete, sowie die Währungsreform, die beiden deutschen Staatsgründungen und die Gewährung einer Teilsouveränität. So hatte der Kalte Krieg für die Deutschen eine durchaus ambivalente Wirkung. Er zementierte die Spaltung ihres Landes und setzte es der Gefahr aus, Zentrum eines atomar geführten dritten Weltkrieges zu werden. Es brachte ihnen aber auch das Ende des Hungers.             Manuel Ruoff


Wider die Gleichschaltung der CDU in SBZ und DDR
Wie das Ostbüro der Union in West-Berlin versuchte, Gleichgesinnte in der DDR mit Informationen auf dem Laufenden zu halten

Nach dem Gründungsvorsitzenden Andreas Hermes musste Ende 1947 auch dessen Nachfolger an der Spitze der CDU in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), Jakob Kaiser, auf Befehl der sowjetischen Besatzung zurücktreten. Dennoch fühlten sich die meisten Ortsgruppen weiterhin mit Kaiser ver­bunden, dessen Büro in West-Berlin dann auch zur wichtigsten Anlaufstelle wurde. So entstand das CDU-Ostbüro unter Leitung von Werner Jöhren und später Alfred Krause.

Für die Stasi war es nicht leicht, dessen Mitglieder und Vertrauensleute zu bekämpfen. Ende 1959 vermerkte sie, dass diese „sehr stark religiös gebunden sind und demzufolge die Arbeit erschwert wird, weil sie weniger für Geld, sondern aus Hass (gegen das DDR-System) und christlichen Glauben ihre verbrecherische Tätigkeit ausführen“. Das Ziel des Ostbüros war es, seine Anhänger zwischen Rügen und Plauen nunmehr konspirativ zu informieren und bis zum Tag der Wiedervereinigung einen Kreis von Kaiser-treuen Mitgliedern zu erhalten, der dann die Idee der CDU weiterführen könnte: „Wir sind überzeugt, dass eines Tages auch in dieser Zone die wahre Union in einem freien, einigen Deutschland wiedererstehen wird. Wir wissen, dass sie nicht untergegangen ist, sie lebt in verhaltener Kraft. Freunde, lasst uns still weiterarbeiten als wahre Christen und Demokraten. Wir in der Zone werden nach wie vor Wellenbrecher des totalitären Marxismus sein und bleiben!“

Ab 1951 erschien die Flugblatt-Zeitung „Der Wellenbrecher“ mit parteiinternen Informationen. An ihre Stelle trat nach einem Jahr eine Klein-Ausgabe der West-Berliner CDU-Zeitung „Der Tag“, die auf ihren acht Seiten Nachrichten und Kommentare aus Ost und West veröffentlichte. Stets empfahl ein Zusatz, die Ausgabe beim nächsten Vorgesetzten oder der Volkspolizei abzuliefern – ein versteckter Hinweis an den Empfänger, bei einer Kontrolle möglichst glaub­haft zu behaupten, gerade den „Tag“ abliefern zu wollen. Um nicht als Anhänger des CDU-Ostbüros gefährdet zu werden, wurde er ebenfalls SED-Mitgliedern und Mitläufern zugeschickt. Im Herbst 1950 hatte er eine Anfangs-Auflage von monatlich 20000. Dabei wurden rund 12000 an Bahnhöfen in Richtung Osten verteilt, etwa 2000 per DDR-Post versandt und etwa 6000 von CDU-Mitgliedern eingeschleust. Zwei solcher Helfershelfer, welche das Blatt in Thüringen verbreiteten, erhielten zehn beziehungsweise drei Jahre Zuchthaus. Unterlagen der Stasi zufolge konnte diese in der ersten Jahreshälfte 1961 insgesamt 79970 Exemplare abfangen. Ebenso hatte das Ostbüro damals 22940 Ballons mit Flugblättern eingesetzt.

Entgegen anderslautenden Behauptungen wurden nach dem Bau der Berliner Mauer die Ballon-Aktionen fortgesetzt. Zugleich übernahmen bewährte Mitarbeiter in Westdeutschland den Versand per Brief-Post. Um die Verluste durch die DDR-Zensur möglichst gering zu halten, verschick­ten sie nie mehr als fünf Briefe zur selben Zeit, zudem waren diese andersartig frankiert, wiesen unterschiedliche Handschriften und Schreibmaschinen-Typen auf und wurden möglichst in verschiedene Bezirke versandt. Dennoch fielen der Staatssicherheit 1967 noch 356700 Schriften in die Hände. Angeblich betrug die Auflage des „Tag“ inzwischen monatlich 80000. Wegen Verbindung zum CDU-Ostbüro wurden insgesamt 146 DDR-Bewohner verurteilt, in zwei Fällen sogar zum Tode. Im Zuge der späteren Entspannungspolitik zwischen West und Ost hatte dann auch das inzwischen in „CDU-Deutschlandbüro“ umbenannte Ostbüro der CDU seine Untergrund-Aktionen einzustellen.        

                Friedrich-Wilhelm Schlomann


S. 11 Geschichte & Preussen

Mariannes »Kurzmacherin«
In Frankreich wurde die Guillotine vor 225 Jahren als einziges Hinrichtungswerkzeug eingeführt und bis vor 40 Jahren genutzt

Vor 225 Jahren beschloss die Nationalversammlung in Paris, Hinrichtungen künftig ausschließlich mit der auch le rasoir national (das nationale Rasiermesser) oder la raccourcisseuse (die Kurzmacherin) genannten Guillotine durchführen zu lassen. Nach ihrem intensiven Einsatz während der Zeit zwischen 1792 und 1794 blieb die Tötungsmaschine noch bis 1977 in Gebrauch.

Ein Ziel der Französischen Revolution war die Herstellung der „Égalité“, also der Gleichheit aller Menschen. Deshalb sollten auch die standesabhängigen Unterschiede beim Vollzug der Todesstrafe verschwinden, die es damals gab: Adlige genossen das Privileg, mit dem Schwert enthauptet zu werden, während die einfachen Leute am Galgen endeten – sofern sie nicht durch solch bestialische Verfahren wie Rädern, Vierteilen oder Verbrennen starben. Darüber hinaus verwiesen humanistisch gesinnte Geister darauf, dass Exekutionen keine unnötigen Qualen verursachen dürften. Einer, der so argumentierte, war der angesehene Mediziner Joseph-Ignace Guillotin, zeitweise behandelnder Arzt von König Ludwigs XVI. Bruder Prinz Louis Stanislas Xavier de Bourbon, dem späteren König Ludwig XVIII., und von Juni 1789 bis September 1791 Sekretär der Verfassunggebenden Nationalversammlung. Er beantragte am 10. Oktober 1789 die Einführung eines mechanischen Enthauptungsgerätes, und zwar mit dem reichlich bizarr anmutenden Argument, dass die Maschine „den Kopf im Handumdrehen entfernt und das Opfer nichts anderes spüren lässt als ein Gefühl erfrischender Kühle“.

Unterstützung bekam Guillotin dabei von Charles Henri Sanson, dem Henker von Paris, der bereits zahlreiche grausame Hinrichtungen im alten Stil durchgeführt hatte. Sanson ahnte wohl zu diesem Zeitpunkt schon, wie viel Arbeit die Revolution noch bringen würde; daher strebte er nun eine Rationalisierung seiner Tätigkeit an. Zunächst verschloss sich die Assemblée Nationale Constituante den Vorschlägen der beiden – insbesondere weil es auch Forderungen nach einer Abschaffung der Todesstrafe gab. Am 3. Mai 1791 wurde der Gesetzesentwurf Guillotins aber dann doch angenommen. Anschließend erteilte das Parlament Antoine Louis den Auftrag zur Konstruktion eines derartigen Hinrichtungsinstruments. Der Professor für Chirurgie und Leibarzt Ludwigs XVI. studierte früher eingesetzte Modelle von Fallbeilen wie die „Halifax Gibbet“ und die „Scottish Maiden“ und reichte am 17. März 1792 seinen eigenen, an diese Vorbilder anknüpfenden Entwurf bei der Nationalversammlung ein. Dazu schrieb er im Begleittext: „Eine solche, niemals versagende Maschine wird sich leicht herstellen lassen.“ Daraufhin erließ die Assemblée Nationale am 20. März 1792 ein folgenreiches Dekret, das die landesweite Einführung des neuen Exekutionsapparates vorschrieb.

Kurz darauf beauftragte Guillotin den aus dem Fürstentum Nassau-Usingen stammenden Klavierbauer Tobias Schmidt mit der Herstellung eines Prototypen, wofür das beachtliche Honorar von 960 Livres floss – nach heutiger Währung immerhin um die 10000 Euro. Schmidt stellte die Maschine ganz zügig innerhalb weniger Tage fertig. Danach köpfte er gemeinsam mit Sanson probehalber einige lebende Schafe. Dem folgte am 15. April ein weiteres makabres Schauspiel. In Anwesenheit zahlreicher Ärzte und Mitglieder der Nationalversammlung enthaupteten Schmidt und der Pariser Henker auf dem Hof des Hôpital Bicêtre drei menschliche Leichen. Dabei zeigte sich, dass die halbmondförmige Schneide des Geräts ihren Zweck nur mangelhaft erfüllte. Deshalb wurde sie durch ein abgeschrägtes und deutlich schwereres Exemplar von 40 Kilogramm Gewicht ersetzt. Danach konnte die erste Hinrichtung auf der Guillotine erfolgen, die zu diesem Zeitpunkt noch „Louisette“ hieß, bevor die Presse – allen voran das royalistische Blatt „Actes des Apôtres“ – den heutigen Namen einbürgerte.

Der Delinquent, der am 25. April 1792 anlässlich der Premiere des Fallbeils sterben sollte, war ein ganz gewöhnlicher Krimineller, nämlich der Straßenräuber Nicolas Jacques Pelletier, der 800 Livres erbeutet hatte und dafür von Sanson auf dem Place de Grève vom Leben zum Tode befördert wurde. Dies ging derart schnell, dass sich bei dem reichlich zusammengeströmten Publikum Enttäuschung breit machte. Allerdings bekamen die Schaulustigen bald Gelegenheit, die Guillotine sehr viel öfter in Aktion zu sehen. Dann traf es zumeist Personen, deren Verurteilung aus politischen Gründen erfolgt war. Die erste derartige Hinrichtung fand am 21. August 1792 statt – an jenem Tag verlor der royalistische Autor Louis-David Collenot d’Angremont seinen Kopf.

Zu den prominentesten Opfern des Fallbeils zählen Ludwig XVI. und dessen Gattin Marie Antoinette sowie der Revolutionsführer Georges Danton. Am Ende der Schreckensherrschaft traf es auch Maximilien de Robespierre, den Hauptverantwortlichen für den Großen Terror. Nach Schätzungen von Historikern starben während der Zeit der Französischen Revolution bis zu 42000 Menschen auf den rund 50 Guillotinen, die in den 83 Departments des Landes zum Einsatz kamen. Dabei standen sechs der Fallbeile in Paris, wo Sanson alleine bereits 2918 Verurteilte enthauptete, bevor er in den Ruhestand ging und sein Sohn Henri seine Nachfolge antrat.

Während der Zeit der napoleonischen Besetzung führten auch zahlreiche deutsche Staaten das Fallbeil ein. So kam es beispielsweise bei der Exekution des als „Schinderhannes“ bekannten Räubers Johannes Bückler im November 1803 in Mainz zum Einsatz. Bis zum 8. Juli 1966 blieb die Guillotine in modifizierter Form auf deutschem Boden in Gebrauch. An jenem Tag starb der frühere Auschwitz-Lagerarzt Kurt Fischer durch die „Fallschwertmaschine“ in der Zentralen Hinrichtungsstätte der DDR in Leipzig.

Der letzte Mensch, dem eine Guillotine den Kopf abtrennte, war ein Tunesier. Wegen der Folterung und Ermordung der jungen Französin Elisabeth Bousquet hatte das zuständige Schwurgericht in Aix-en-Provence den Zuhälter Hamida Djandoubi am 25. Februar 1977 zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung erfolgte am 10. September des Jahres im Marseiller Gefängnis Les Baumettes durch den Scharfrichter Marcel Chevalier. Wolfgang Kaufmann


Der letzte echte Benz
Vor 20 Jahren endete die Produktion der Mercedes-Baureihe W 124 – Auch heute noch nicht aus dem Straßenbild wegzudenken

Wieso Oldtimer? Die fahren doch noch massenweise her­um. In der Tat, die Fahrzeuge der Mercedes-Baureihe W  124 sind auf unseren Straßen allgegenwärtig, obwohl das letzte Exemplar vor 20 Jahren vom Band lief. Die ältesten Vertreter der Baureihe haben bereits das H-Kennzeichen für Oldtimer.

Für viele ist der „Wagen 124“ der „letzte echte Benz“. Damit ist gemeint, dass Mercedes-Benz mit dieser Baureihe letztmalig seinem Qualitätsanspruch gerecht wurde: Gebaut für die Ewigkeit. Aus Sicht des Herstellers erwies sich das indes als Fehler. Als wahre Langzeitläufer erschwerten die W 124er den Neuwagenabsatz. Warum sollte sich auch jemand ein neues Auto kaufen, wenn das alte klaglos und zudem wirtschaftlich seinen Dienst versieht und erst nach einer Laufleistung, die jenseits der zehnfachen Erdumrundung liegt, ernsthaft zu Schwächeln anfängt. Den Fehler, ein Fahrzeug von der Qualität und Langlebigkeit eines W 124 zu bauen, hat Mercedes auch nie wieder begangen, wie leidgeprüfte Fahrer nachfolgender Fahrzeuggeneratinen bestätigen können.

Komfortabel, ausgereift, technisch anspruchsvoll und sicher: Seit jeher ist die Mercedes-Mittelklasse das Fortbewegungsmittel des gehobenen Wohlstandsbürgers schlechthin. Doch anders als die Vorgängermodelle kam die Baureihe W 124 äußerlich geradezu schlicht daher. Plastik statt Chrom, das stand im Kontrast zur Wertigkeit des Fahrzeugs.

Das meistverkaufte Modell der Baureihe ist die viertürige Limousine. Bei ihrer Gestaltung blieben die Mercedes-Designer dem früheren Leitmotiv des Hauses treu, dass die Gestaltung des Fahrzeugs stets ein wenig „hinter der Mode“ zu bleiben habe. Damit sollte garantiert werden, dass der Vorgänger auch nach der Präsentation der neuen Modellgeneration nicht veraltet wirkt. Bei der Baureihe W 124 ist das auf überzeugende Weise gelungen. Ihre Karosserie ist zeitlos und strahlt bodenständige Solidität aus. Gleiches gilt für den Innenraum. Diese Eigenschaften tragen bis heute zur Beliebtheit der Baureihe als Alltagsklassiker bei. Im Laufe der über zehnjährigen Bauzeit der Limousine wurden zahlreiche Motorvarianten angeboten. Diese reichten vom schwerfälligen aber unverwüstlichen 200er Diesel mit 72 PS (53 KW) bis zu dem gemeinsam mit Porsche entwickelten und von dem Sportwagenhersteller in Stuttgart-Zuffenhausen teilmontierten Kraftpaket 500 E mit 326 PS (240 KW). Kultiviert, zuverlässig, robust und bei regelmäßiger Wartung anspruchslos sind sie alle.

Im September 1985 präsentierte Mercedes die Kombi-Version der Baureihe W 124. Die enge Verwandtschaft zwischen dem Raumkreuzer und der Limousine ist augenfällig. Bis auf die Heck­partie sind beide Modellvarianten weitgehend identisch, was auch auf das Angebot an Motoren zutrifft. Nachdem Mercedes mit dem Vorgängermodell den Kombinationskraftwagen, kurz Kombi, auch bei kaufkräftigen Käuferschichten salonfähig gemacht hatte, stieß das neue T-Modell (Touristik & Transport) nicht nur bei Handwerkern und Handelsvertretern auf große Resonanz. Wer viel zu transportieren hatte und dabei komfortabel fahren wollte, entschied sich für das T-Modell mit seinem geräumigen Gepäckabteil und serienmäßiger Niveauregulierung.

Im März 1987 stellte Mercedes auf dem Genfer Auto-Salon eines der wohl schönsten Autos der späten 80er Jahre vor. Mit seiner gefälligen Eleganz gilt das Coupé der Baureihe W 124 als das Meisterstück seines Schöpfers Bruno Sacco. Die Frontpartie verrät die Verwandtschaft mit der Limousine, aber ansonsten ist das Coupé eine formal und konstruktiv eigenständige Karosserievariante. Der im Vergleich zur Limousine um 8,5 Zentimeter verkürzte Radstand, die niedrigere Dachlinie und schräger gestellte Front- und Heckscheiben unterstreichen dessen sportlichen Charakter. Kennzeichnend für das W 124-Coupé ist die Seitenlinie ohne B-Säule. Die rahmenlosen Scheiben lassen sich vollständig versenken. Ein charakteristisches Designelement und zunächst auch ein Alleinstellungsmerkmal des Coupés sind die breiten Kunststoffflankenschutzleisten mit integrierten Längsschwel­ler­verkleidungen, die auf Höhe der Stoßfänger zwischen den Radausschnitten verlaufen und so die optische Verbindung zwischen Bug- und Heckschürze bilden. Bei alledem bietet der nur als Benziner erhältliche Viersitzer neben höchsten Sicherheitsstandards selbst den Fondpassagieren mehr Platz und Komfort, als man es seinerzeit von einem Coupé gewohnt war.

Das auf der Grundlage des Coupés konstruierte Cabriolet vervollständigte ab September 1991 die W 124er-Modellpalette. Zeitlos schön und technisch wegweisend, eroberte das uneingeschränkt für den Alltags- wie für den Ganzjahresbetrieb geeignete viersitzige Vollcabrio die Herzen der zahlungskräftigen Frischluftfans. Auch für das Cabrio waren mit Ausnahme der Selbstzünder verschiedene Triebwerke erhältlich.

Zweimal erhielt die Baureihe während ihrer 13-jährigen Produktionszeit eine Auffrischung. Dazu gehörten neue Motoren, Änderungen im Innenraum sowie eine optische Aufwertung durch eine dezente Chromzier und die Einführung des vom Coupé her bekannten Flankenschutzes für alle Modelle. Dass der klassische, solide Kühlergrill mit der zweiten Modellpflege 1993 durch eine profane Kühlermaske ersetzt wurde, war aber nicht jedermanns Sache. Gleichzeitig bekam die Baureihe nun auch offiziell die Bezeichnung „E-Klasse“.

Den Anfang vom Ende der Baureihe W 124 markierte Mitte 1995 die Einstellung der Fertigung der Limousine nach über zwei Millionen Exemplaren. Das T-Modell lief im Juni 1996 nach 340000 Exemplaren aus und das 141000 mal gebaute Coupé ein halbes Jahr später. Mit dem letzten von knapp 34000 gebauten Cabriolets endete vor 20 Jahren die Produktion der Baureihe W 124. Tot ist sie damit aber noch lange nicht.        Jan Heitmann


S. 12 Mensch & Zeit

Allahs Schlachthöfe
Halal-Produkte boomen in Deutschland

Halal muss sein, was der brave Moslem konsumiert. Sein Prophet Mohammed hat die Ernährungsregeln aufgestellt. Im frühmittelalterlichen Orient des Religionsgründers sollten sie wohl dazu beitragen, dass sich die Anhängerschar möglichst gesund ernährte und ganz ohne Magenverstimmung als Geißel der Ungläubigen agieren konnte. Schweinefleisch ist Moslems verboten, Alkohol ebenso. Für heutige Anhänger der Religion sind unter anderem auch Sahnetorten und Gummibärchen tabu.

Heutzutage zeigt der Umgang mit Halal-Regeln zudem, wie stark eine Gesellschaft vom Islam beeinflusst ist. Wer dabei nach Deutschland schaut, kommt aus dem Staunen kaum heraus. Beispiel Wiesenhof: Beim größten deutschen Züchter und Verarbeiter von Geflügel sind die Anlagen in allen Schlachtereien nach Mekka ausgerichtet. Wird ein Hühnchen vom Leben zum Tode befördert, geschieht dies, gemäß Halal-Vorschriften, nicht ohne göttlichen Beistand. Bei der Massentierproduktion reicht es nach Aussagen islamischer Zertifizierungsstellen allerdings aus, beim Starten der maschinellen Schlachtung von Geflügel, den Namen des muslimischen Allerhöchsten einmal anzurufen. Eine Reportage in der regionalen Tageszeitung „Magdeburger Volksstimme“ beschreibt, wie dies in der Wiesenhof-Anlage in Möckern geschieht. „Der Startschalter der Schlachtmaschinen darf bei jedem Neustart, aber auch nach kurzen Pausen, nur von den muslimischen Mitarbeitern betätigt werden. Sie müssen dann jedesmal den Namen Allahs aussprechen. Die Tiere, die der maschinellen Schlachtung entkommen, werden per Hand von Muslimen nachgeschlachtet. Auch hierbei muss für jedes Tier Allah angerufen werden.“

20 Prozent der 160000 Hähnchen, die täglich in Möckern verarbeitet werden, gehen in den Export etwa nach Malaysia oder in die Arabischen Emirate. Aber auch in Deutschland ist das im Namen Allahs hingeschlachtete Hühnervolk begehrt. Der Verkauf von Halal-Produkten zählt zu den am stärksten wachsenden Bereichen der Lebensmittelbranche. Fünf Milliarden Euro werden jährlich in Deutschland umgesetzt. Das dem sportlichen Leben verpflichtete Live-style-Magazin „Fit for Fun“ machte jetzt gar einen „Halal-Food-Trend“ aus und riet seinen Lesern, schon mal vorsorglich auf Schweinefleisch zu verzichten. Frank Horns


Der Moment der Woche

Güldene Locken, eiserne Rüstung, robustes Tischdekor: Die US-amerikanische Fernsehserie „Game of Thrones“ entführt die Zuschauer in eine mittelalterliche Fantasywelt namens Westeros. Der TV-Sender RTL2 strahlt gerade die sechste Staffel aus. Die Serie ist ein Publikumsrenner und erhält gleichzeitig höchstes Kritikerlob. Von einem epischen Meisterwerk à la Homer ist die Rede. Warum das blutdurchtränkte Spektakel so begeistert? Es bietet trotz Drachen und Magie mehr Wirklichkeit als viele andere Serien. Gemordet, geliebt und intrigiert wird ohne jede Political Correctness. Kein Zeigefinger stört das intensive Treiben. Unrealistische Helden mit links-verschwurbeltem Bildungsauftrag würde in Westeros binnen Kurzem ein grausames Schicksal ereilen        Bild: Getty


Was der Schwarm für richtig hält
Was zählt schon die Wahrheit. Politiker und andere Meinungsmacher quälen uns stattdessen mit dem Gruselwort „Narrativ“

Ein Wort wie eine giftige Qualle. Schillernd und schwammig kommt es daher. Aber wehe denjenigen, die ihm zu nahe kommen. Vergiftungserscheinungen und Wahrnehmungsstörungen können die Folge sein. Ein kritische Auseinandersetzung mit dem Modebegriff „Narrativ“.

 Viele Schwätzer oder Blender, insbesondere innerhalb der Riege der Politiker und Geisteswissenschaftler, führen heute gerne und oft den Begriff „Narrativ“ im Munde. Aber was meint derselbe eigentlich? Nun, zunächst ist das Substantiv „Narrativ“ schlicht und einfach eine Ableitung vom lateinischen Verb „narrare“, also erzählen. So weit, so unkompliziert: Das Narrativ steht für „das, was man sich erzählt“ – und zwar auf ganz bestimmte Weise. Doch offenbart der Blick auf den aktuellen Sprachgebrauch, dass es eben keineswegs mehr nur um harmlose Erzählstrukturen, Erzählweisen und Erzählinhalte geht. Vielmehr repräsentiert das Narrativ jetzt eine Art von „Wikipedia-Realität“: Es widerspiegelt, was die Mehrheit der Gesellschaft mit ihrer angeb-lichen „Schwarmintelligenz“, die indes häufig bloß Schwarmdummheit ist, für richtig und real hält. Darüber hinaus soll das Narrativ zugleich noch Sinn stiften und Orientierung vermitteln.

Der neuartige Bedeutungsgehalt des Wortes resultiert natürlich nicht aus Zufällen oder der erfolgreichen Wichtigtuerei Einzelner, sondern entspringt dem Bemühen unserer Herrschenden und ihrer willfährigen Unterstützergilde in Wissenschaft und Medien, ein ebenso effektives wie subtil wirkendes Instrument zu Erlangung der Deutungshoheit über Vergangenes und Gegenwärtiges in die Hände zu bekommen. Dabei wurde von vornherein einkalkuliert, dass zwischen der konstruierten „Wahrheit“ des bei Lichte besehen doch höchst subjektiv geprägten Narrativs und der objektiven Wahrheit Welten liegen. Aber sei’s drum: Hauptsache, man kann damit neue Normen und Glaubensinhalte implementieren, um so den Offenbarungseid zu vermeiden, der schon mehr als überfällig ist. Man nehme da nur beispielsweise die Narrative von den „aggressiven Russen“, dem „unberechenbaren Donald Trump“ oder den „Flüchtlingen“, die unsere Gesellschaft bereichern und sämtliche Sozialsysteme sanieren werden.

Und genau das macht den ganzen Rummel ums Narrativ nicht nur lästig, sondern auch brandgefährlich! Dieses Wort in seiner nunmehrigen, weitgehend missbräuchlichen Verwendung suggeriert, dass immer das der Wahrheit entspreche, was viele glauben und weitererzählen – selbst wenn sie selbiges nur aus Unwissenheit oder gedanklicher Bequemlichkeit tun. Dabei gilt doch eigentlich genau das Gegenteil: Erzählen schafft keine Wahrheiten, vielmehr entstellt es sie auf nachhaltige Weise. So wissen die Völkerkundler schon seit Längerem, dass mündliche Überlieferungen die Realität innerhalb von wenigen Jahrzehnten bis zur Unkenntlichkeit verzerren. Deshalb betonte der deutsch-israelische Historiker Dan Diner auch immer wieder voller Nachdruck: „Die Massenvernichtung der europäischen Juden hat eine Statistik, kein Narrativ.“ Wenn es um den Holocaust geht, darf das Narrativ also nicht den Blick auf das tatsächliche Geschehen trüben und für subjektivistische Verblendung sorgen, aber bei anderen Themen ist das offenkundig erlaubt oder sogar erwünscht.

Dies hängt – wie bereits gesagt – damit zusammen, dass Narrative von den politischen Akteuren genutzt werden, um das Volk zu manipulieren. Das geschieht derzeit ganz besonders mit den beiden Narrativen vom  „an sich doch friedlichen Islam, der nur leider von Extremisten missbraucht“ werde, und der „europäischen Wertegemeinschaft“, „Sicherheit und Wohlstand“ garantiere. Nichts davon entspricht der Realität, aber die Art und Weise, wie diese Botschaften immer wieder unter die Leute gestreut werden, hat nun tatsächlich eine Scheinwirklichkeit geschaffen, an die viele Menschen blindlings glauben. Oder anders ausgedrückt: Ohne das Narrativ von der im Grunde höchst segensreichen Europäischen Union hätte Martin Schulz, der für die Schuldenkrise maßgeblich mitverantwortliche frühere Präsident des EU-Parlaments, keine Chance, sich als Messias der bedrängten deutschen Sozialdemokraten zu gerieren.

Der Einsatz des Narrativs als Herrschaftsinstrument erfordert natürlich Flexibilität. Wenn sich die politische Agenda ändert – wie zum Beispiel jetzt, wo die „transatlantische Partnerschaft“ zum Auslaufmodell zu werden scheint und zugleich ein zweiter Kalter Krieg droht – müssen dringend andere Narrative her, welche die Massen übernehmen sollen, weil es der politischen Führung sonst an Legitimation mangelt. Dabei sind die Rufe nach neuen Narrativen manchmal von kaum zu überbietender Dreistigkeit. So zum Beispiel, wenn türkischstämmige Politiker vom Schlage der früheren baden-württembergischen Integrationsministerin Bilkay Öney fordern, die historische Wahrheit auf den Kopf zu stellen und den Wiederaufbau Deutschlands nach dem Kriege zuvörderst als die Leistung anatolischer Gastarbeiter auszugeben.

Ebenso kritisch zu bewerten sind die sogenannten „Gegen-Narrative“. Mit solchen wollen US-Experten jetzt die Propaganda des Islamischen Staates konterkarieren. Oder nehmen wir die Versuche der Propagandisten im Staatsfernsehen beziehungsweise der Mainstream-Presse hierzulande, die Narrative der sogenannten „Populisten“ ins Leere laufen zu lassen – unter anderem durch die Verbreitung von allerlei erbaulichen Geschichtchen über grundehrliche „Geflüchtete“, die ständig irgendwelche Wertsachen von schussligen Deutschen finden und brav bei der Polizei abgeben. Durch derartige „Gegen-Narrative“ wird selbstverständlich kein Staat und kein Medium glaubwürdiger – eher geschieht das Gegenteil. Diese schmerzliche Erfahrung mussten bereits die Nationalsozialisten und Kommunisten machen, als sie die traditionellen Narrative der bürgerlichen Gesellschaft kassieren wollten und am Ende auch an der mangelnden Identifikation der eigenen Untertanen mit den neu oktroyierten Narrativen scheiterten.

Letztendlich können wir sehr gut auf das Wort „Narrativ“ verzichten: „Mythos“, „Interpretation“, „Rechtfertigung“ oder „Erzählung mit Hintergedanken“ tun es doch ebenso. Außerdem impliziert der ständige Verweis auf die Normalität und Legitimität unterschiedlicher Sichtweisen, wie sie mit dem Narrativismus ja zwingend einhergehen, genau die Beliebigkeit des „Alles ist möglich“, die der westlichen Kultur in den letzten Jahrzehnten sehr geschadet und für die oft beklagte nihilistische Grundstimmung in der Gesellschaft gesorgt hat.  Allzuleicht kann das Narrativ Menschen in Narren verwandeln, die auf jedwede Lüge hereinfallen. Insofern ist es absolut begrüßenswert, wenn nun erste klarsichtige Denker wie der finnische Geschichtsphilosoph Jouni-Matti Kuukkanen das Narrativ als Begriff wie als Instrument „entsorgen“ wollen und in diesem Zusammenhang skizzieren, wie ein vernünftiger Postnarrativismus aussehen könnte. Dabei verweisen sie auf das einfache und dennoch leider in Vergessenheit geratene Grundprinzip, welches lautet: Was es nicht gibt, vermag auch ein Narrativ nicht herbeizuzaubern.

Offen bleibt allerdings das Ausmaß des Widerstands gegen die Abschaffung des Narrativs. Schließlich gibt es ja nicht nur die Schaumschläger, denen es keine großen Probleme bereiten dürfte, auf ein anderes Modewort umzusteigen, sondern auch mächtige Profiteure des Zurechtbiegens der Wahrheit unter dem Deckmantel des Narrativen. Von denen ist sicher noch manches zu erwarten, was dem Narrativ quasi zum ewigen Leben verhelfen soll.

Wahrscheinlich muss erst ein umfassender Wertewandel einsetzen, bevor das Narrativ vom Sockel stürzt und die Fehlverwendung beziehungsweise der Missbrauch des Konzepts aufhören. Freilich stemmen sich aber gerade die, welche heute Narrative instrumentalisieren, um ihre Herrschaft abzusichern, gegen einen solchen Wertewandel, an dessen Ende die Rückkehr zur Wahrhaftigkeit und die Abwendung von jeglichem Relativismus zu stehen hat. Insofern ist zu befürchten, dass wir uns wohl noch eine Weile mit dem Narrativ herumschlagen müssen. Aber die Veränderung von Werten und Mentalitäten braucht eben Geduld und erfolgt meist langsam sowie von unten. Verzichten also zumindest wir künftig auf das Wort und vertrauen niemandem, der uns einreden will, es gebe viele Wahrheiten, die man erzählen könne! Orientieren wir uns an der Realität und nicht am Wunschdenken! Und vor allem: Schluss mit dem Irrglauben, dass wir verpflichtet seien, uns ein Narrativ, das von vielen Menschen landauf landab geteilt werde, selbst zu eigen zu machen!

                Wolfgang Kaufmann 


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Keine Schätze im Mauerwald
Archäologische Untersuchungen endeten mit einem Misserfolg – Historischer Lehrpfad geplant

Nach zwei Forschungsaktionen in den Fundamenten des Bunkersystems, zu dem auch die Wolfschanze, das ehemalige Führerhauptquartier, zählt, endete die Suche im Mauerwald nach einem unterirdischen Raum mit einem Misserfolg.

Die beiden Suchen wurden in einem der rund 30 Bunker im Mauerwald durchgeführt. Die Erkundungen dauerten jedes Mal viele Stunden. Sie waren angeordnet worden, nachdem bei Georadaraufnahmen ein mysteriöser Raum im Innern der Fundamente mit einer Mauerdicke von 80 Zentimetern verortet worden war. So wurden Bohrungen im Stahlbetonfundament mit einer Dicke von rund sieben Metern durchgeführt. Doch selbst in  vier Metern Tiefe stießen die Forscher nur auf kompakten Beton.

Dieser Fehlschlag enttäuschte sowohl die Organisatoren der Erforschung wie auch die Presse, Touristen und Enthusiasten, hatten sie doch mit einem großen Werbe-Erfolg gerechnet. Über die Suche berichteten nämlich polnische, russische und weißrussische TV-Sender und viele andere Medien. Dadurch war das touristische Interesse am Mauerwald sprunghaft gestiegen. Täglich kamen mehrere Hundert Touristen, um die Bunker und eventuell das zum Vorschein kommende Bernsteinzimmer zu sehen.

Doch weder das Bernsteinzimmer noch andere Schätze wurden im Mauerwald gefunden. Doch  ist hier das ehemalige Quartier des Oberkommandos der Wehrmacht, das die am besten erhaltene Kommandozentrale des Dritten Reiches im südlichen Ostpreußen darstellt. In der Nähe der Bunker befindet sich eine weitere touristische Attraktionen: Adolf Hitlers Hauptquartier „Wolfsschanze“ in Görlitz bei Rastenburg, in der es demnächst ein Novum geben soll: Anfang des Jahres beschlossen die Betreiber der Staatlichen Wälder, dort einen historischen Lehrpfad einzurichten. Der Weg soll die tragischen Folgen der NS-Ideologie für Deutschland, Polen und Europa in einen breiteren historischen Kontext stellen.

Das Museum des Zweiten Weltkriegs hatte bereits im Jahr 2013 in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kultur ein Projekt der Außenausstellung vorbereitet. Ein Streit mit dem Mieter der Wolfsschanze hat jedoch bislang die Umsetzung dieses Plans verhindert. Die Vertreter der Staatlichen Wälder sind bereit, den Lehrpfad organisatorisch und finanziell zu unterstützen. Sie wollen ein kleines Museum mit Multimedia-Projektionen, Licht und Musik schaffen und Touristen den Reichtum der umgebenden Natur zeigen. Der Mauerwald ist unter anderem ein Schutzgebiet für Raubvögel und Fledermäuse.

Die Arbeiten werden noch in diesem Jahr beginnen. Das genaue Datum der Bereitstellung der neuen Anlage ist wegen der noch laufenden Rechtsstreitigkeiten mit dem Mieter unbekannt. Es ist wahrscheinlich, dass das Amt der Staatlichen Wälder das Projekt in Görlitz ohne den Mieter weiter ausführen wird.

Historiker des Kollegiums vom Museum des Zweiten Weltkriegs hatten bereits 2012 einen Brief an den damaligen Premierminister Donald Tusk geschrieben. Sie betonten die besondere Bedeutung der Wolfsschanze. Einer der Unterzeichner, der inzwischen verstorbene Pro-fessor Władysław Bartoszewski, sagte damals, dass ein solches historisches Objekt wie in Görlitz nicht länger in den Händen eines Mieters bleiben solle. Der stellvertretende Direktor des Museums Janusz Marszalec meint, dass die neue Ausstellung nicht nur eine Touristenroute zu den architektonischen Bauten des ehemaligen Quartiers von Adolf Hitler sein sollte. Ihm zufolge sollte es „eine praktische kurze Information über den größten und schreck-lichsten Konflikt des 20. Jahrhunderts“ sein.

Die Wolfsschanze im ostpreußischen Görlitz ist eine der größten Touristenattraktionen von Masuren und zieht jährlich bis zu 200000 Touristen aus der Rebpublik Polen und anderen Ländern  an.        Leszek Chaburski


Cranz zieht nach
Erstmals feierte der Kurort das »Fest des langen Kuchens«

In Königsberg gibt es schon seit einigen Jahren das historische Fest der langen Wurst als Zeichen dafür, dass man alte Königsberger Traditionen wieder aufleben lässt. Nun hat Cranz nachgezogen. Mit einem Tag des „Cranzer Kuchens“ wollte die Stadt größere Beachtung finden, was auch gelang. Das Fest wurde ein großer Erfolg. Die Feier fand auf dem Platz der „Windrose“ bei der Promenade statt. Mit einer feierlichen Zeremonie wurde der Kuchen auf den Platz getragen, begleitet von einer kostümierten Theateraufführung, in der die historische Epoche Ostpreußens stilisiert wurde, ebenso, wie der Auftritt des mythischen Gottes Neptun.

Ungeachtet des stürmischen Wetters waren viele Menschen gekommen. Als der Kuchen auf einem riesigen Tablett zu einem langen Tisch getragen wurde, traten von allen Seiten Dutzende Menschen heran, die unbedingt ein Stück davon ergattern wollten. Doch sie mussten sich gedulden, bis er fein säuberlich in Stücke geschnitten und auf Platten gelegt wurde. Soviel Geduld hatten nicht alle, deshalb versuchten einige der Gäste, ein Stück Kuchen direkt vom Teller zu stibitzen. Und das, obwohl die Organisatoren die Menge beruhigten: „Es reicht für alle!“ Doch es dauerte nicht lange, und von dem Kuchen gab es keine Spur  mehr – er war vollständig aufgegessen.

Es ist bemerkenswert, dass die Herstellung des Kuchens mit größter Aufmerksamkeit betrieben wurde. Das Rezept hatten Heimatforscher in deutschen Archiven gefunden. Deshalb wurden bei der Zubereitung alle historischen traditionellen Künste der Cranzer Bäcker beachtet. Der Kuchen wurde in einer Bäckerei vor Ort hergestellt. Heraus kam ein 18 Meter langer Zopf mit Nuss- und Schokoladenfüllung, der über 50 Kilo wog. Nächstes Jahr wollen die Organisatoren diesen Rekord noch übertreffen, um es ins Guiness-Buch der Rekorde zu schaffen. Sie wollen, dass der längste Kuchen der Welt verewigt wird.

Das Schlüsselereignis des Festes war neben der Vertilgung des Mammut-Kuchens das Winterschwimmern. Der Leiter des Cranzer Schwimmvereins, Oleg Resanow, unternahm den Versuch, einen Ausdauerrekord in Extremsituationen aufzustellen. Der Versuch war erfolgreich: Er schlug seinen eigenen Rekord von 13 Minuten im Eiswasser. Danach hatte sich das Cranzer „Walross“ (so nennen die Russen Eisschwimmer) verpflichtet, 12520 Meter zu laufen. Diese Streckenlänge war nicht zufällig gewählt, denn Cranz wurde 1252 gegründet. Außerdem fand ein Triathlon statt. Die Teilnehmer legten einen 200-Meter-Lauf zurück, überwanden eine Strecke von 800 Metern auf dem Rad und schwammen 30 Meter.

                Jurij Tschernyschew


Aus Garnisonen
Trophäen und Uniformen in Königsberg

Seit dem 22. Februar zeigt das Museum Friedländer Tor die Ausstellung „Trophäen aus den preußischen Garnisonen 1914/1945“. Die Ausstellung hat die militärge-schichtliche Gesellschaft unterstützt. Es handelt sich um Objekte aus Privatbesitz.

Die Ausstellung stellt das Bild eines mächtigen, gut vorbereiteten Gegners vor, Militärtraditionen, die durch das Vorrücken der Roten Armee zerstört wurden. Das am meisten militarisierte Gebiet Deutschlands war Ostpreußen, das deshalb die Haupttrophäe der Russen in diesem schrecklichsten Krieg aller Zeiten wurde.Das Museum zeigt die Insignien des besiegten Feindes, und im Zentrum der Ausstellung stehen Uniformen und Abzeichen der Roten Armee und der Kaiserlichen russischen Armee. Es ist eine einzigartige Sammlung von Artefakten aus den vier Armeen der beiden Weltkriege. Die Ausstellung des Kurators Denis Dunajewskij ist noch bis zum 10. Mai zu sehen.

EB

Museum Friedländer Tor,  ul. Dzerschinskogo 30, Kaliningrad, Telefon 007 (4012) 644020, www. fvmuseum.ru


MELDUNGEN

Königsberger Sterne-Hotels

Königsberg – In Erwartung der Fußballweltmeisterschaft 2018 wurden die Gästeunterkünfte des Königsberger Gebietes erfasst und nach den international üblichen Hotelstandards klassifiziert. Demnach gibt es insgesamt 199 Herbergen, von denen sich gut ein Drittel in Königsberg-Stadt und jeweils knapp ein Drittel in Cranz und in Rauschen befinden. Nicht kategorisiert wurden davon 120, erhielten 51 drei Sterne, zwölf vier und zwei  Hotels immerhin fünf. Die Regierung hatte die Betreiber zur Bewertung verpflichtet, dafür aber auch einen Großteil der anfallenden Kosten übernommen.  T.W.W.

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. 7: Elbing [Elblag] – Jazowa, Baustelle; Liebemühl [Miłomłyn] – Osterode [Ostróda], Baustelle; Osterode [Ostróda] – Hohenstein [Olsztynek], Baustelle; Bergheim [Gorki] – Schwenteinen [Swietajny], Baustelle; Zalusken [Załuski] – Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 7j: Zalusken [Załuski] – Neidenburg [Nidzica], Baustelle. Straße Nr. 15: Rheinsgut [Rynskie] – Mörlen [Morliny], Baustelle. Straße Nr. 16: Osterode [Ostróda] – Alt Jablonken [Stare Jabłonki], Baustelle. Straße Nr. 16c: Allenstein [Olsztyn] – Fittigsdorf [Wójtowo], Baustelle. Straße Nr. 51: Bartenstein [Bartoszyce], Baustelle; Allenstein [Olsztyn] – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 59: Sensburg [Mragowo] – Peitschendorf [Piecki], Baustelle. PAZS


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

nun steht der Frühlingsanfang – jedenfalls kalendarisch – vor der Türe, und der letzte grippale Infekt hat seine Schuldigkeit getan, hoffentlich! Mich hatte es übrigens auch erwischt, aber noch gnädig, sodass ich meine Kolumne wie gewohnt schreiben konnte. Aber leider gerieten doch einige Anfragen auf die Warteliste, auch manche Antwort konnte bisher nicht berücksichtigt werden, und das will ich nun nachholen. Wenigstens zum Teil, denn es hat sich sehr viel angesammelt, was natürlich erfreulich ist, denn es ist ein Beweis für das rege Interesse, das unserer Ostpreußischen Familie entgegen gebracht wird, aber auch dafür, wie mit wenigen Sätzen oder einem Bild Erinnerungen geweckt werden können. Wie bei Frau Dorothea Blankenagel und ihrem Bruder Manfred Rattay, die unabhängig voneinander zu dem Winterbild in Folge 7 viel persönliches Erleben einbringen konnten. Denn die Lok, die sich da durch das dichte Schneetreiben kämpft, war der „Schnaufende Elias“, wie die Kleinbahn genannt wurde, die vom Königsberger Kleinbahnhof am Königstor nach Neuhausen-Tiergarten schnaufte, mit der die kleine Dorothea sechs Jahre lang nach Königsberg zur Schule fuhr. Die Aufnahme, die es auch als Ansichtskarte gab, wurde vor dem beliebten Ausflugslokal Paul Freiwald gemacht. Ein Exemplar konnte noch durch alle Fluchtwirren gerettet werden, wie Herr Rattay mitteilt:

„Als wir im Februar 1945 in Thüringen angekommen waren, schickte uns unsere liebe Hausangestellte Hilde eine von ihr gerettete Karte. Nach der Rückkehr unseres Vaters aus dreijähriger Gefangenschaft ließ er von einem Arbeitskollegen von der Karte ein Winterbild und ein grünes Sommerbild malen“.

Die Bilder sind noch heute im Besitz der Geschwister. Allerdings erwecken sie nicht nur heitere Erinnerungen an ein verlorenes Kinderparadies, wie Frau Blankenagel schreibt:

„Es gibt aber auch ein trauriges Ereignis in Verbindung mit diesem Zug. Ein paar Meter weiter kreuzte er eine Grundstücksauffahrt. Dort stand unser Hund und bellte den Zug an, weil mein Vater mit ihm nach seinem Urlaub abfuhr. Ein gelenkähnliches Teil der Lok traf den Hund am Kopf und tötete ihn. Er wurde hinter der Laube im Garten begraben. Neun Monate später hätten wir ihn sowieso nicht auf die Flucht mitnehmen dürfen.“

 Da Neuhausen-Tiergarten auch einst mein stadtnahes Kinderparadies war, hat das Bild auch bei mir Erinnerungen geweckt.

Auch Frau Angelia Schellhase aus Dortmund hat sich über das Winterbild gefreut, vor allem aber über meine Erzählung von dem eingeschneiten Bräutigam. Sie meint dazu: „So etwas konnte wohl nur bei uns in Ostpreußen geschehen. Ich bin Jahrgang 1930, geboren in Lyck. Im Jahr 1942 hatte unsere Goetheschule sogar sechs Wochen Kohleferien. Meine Mutter war mit ihrem Bruder im Ersten Weltkrieg bis nach Himmelpforten geflohen und erzählte uns Kindern, dass es dort den ganzen Winter über geregnet hätte. Für uns unvorstellbar. Einen Wunsch als langjährige Leserin habe ich noch: Vielleicht ist es möglich, mal wieder solch eine Begebenheit aus unserer alten Heimat zu lesen?“ Wird gemacht, liebe Frau Schellhase, vielleicht schon zu Ostern!

Aber bis dahin ist noch viel Leserpost zu erledigen. Dazu gehört das Anliegen von Herrn Klaus Lemke aus Hemer-Becke, für den es um eine ostpreußische Zeitung geht, die für viele ältere Leserinnen und Leser mit Sicherheit ein Begriff ist: Die „Georgine“. Und zwar nicht nur für die ostpreußische Landwirtschaft, deren Fachorgan sie seit dem Jahr 1824 war, sondern auch für Nichtlandwirte, weil sie einige Seiten dem ostpreußischen Humor widmete – auf ganz spezielle Art: Sie brachte nämlich auch Heiteres aus dem Leserkreis, kleine humorvolle Geschichten, die tatsächlich geschehen waren. Kein Humorist hätte sie besser erfinden können. „Da lachte die Georgine“ – und nicht nur sie, sondern ganz Ostpreußen. Besonders über die Geschichten, die ostpreußische Bowkes und Marjellens unfreiwillig lieferten. Auch ich gehörte zu den Autoren dieser Zeitung, schrieb Beiträge über Brauchtum und kleine Erzählungen und sogar exklusiv für die „Geirgine“ einen Fortsetzungsroman. Ja, diese Zeitung hat Herr Lemke gut in Erinnerung, denn von ihr wurde in seiner im Kreis Labiau beheimateten Familie reichlich Gebrauch gemacht. Er hätte nun gerne die Kopie von einem Exemplar, damit er seine Familienchronik ergänzen kann. Die in allen Bauerngärten blühende Dahlie, liebevoll „Jurjine“ genannt, dürfte wahrscheinlich nicht die Namensgeberin gewesen sein, wie allgemein angenommen wurde. Das Blatt wird nach dem Verlagssitz in der Königsberger Georgstraße benannt worden sein, aber da lasse ich mich gerne belehren. (Klaus Lemke, Auf dem Schilk 6 in 58675 Hemer, Telefon 02372/12993.)

Auch Herr Johannes Motz aus Solingen geht in unserer Ostpreußischen Familie auf die Suche, und diesmal nach einem Gedicht, das wahrscheinlich in den Schicksalstagen der großen Flucht entstanden ist, denn nach seinen Angaben befand sich der Zettel mit dem handgeschriebenen Gedicht in dem Fluchtgepäck der Familie eines Freundes, die aus Ostpreußen kam. Bisher hat Herr Motz niemanden gefunden, der dieses Gedicht kannte, und somit ist auch der Verfasser oder die Verfasserin unbekannt. Das Gedicht trägt den Titel „Heimatlos“ und beginnt mit dieser Strophe: „Sie kommen aus Städten, aus Dörfern und Hütten, sie haben gemeinsam ein Schicksal erlitten, verlassen die Heimat, verlassen den Herd: Nun zieh’n sie nach Westen – sorgenbeschwert.“ Das in lateinischer Schrift gehaltene Gedicht ist sehr akkurat geschrieben, ein älteres Schulkind könnte es aufgezeichnet haben. Vielleicht wurde es allein für die betreffende Familie geschrieben und blieb auch nur dort bewahrt. Es könnte aber auch sein, dass das Gedicht später eine weitere Verbreitung fand, vielleicht auf Vertriebenentreffen vorgetragen wurde oder sogar in Heimatanthologien erschien. Herr Motz, der das Gedicht als bewahrenswertes Dokument gerade in unserer Zeit bezeichnet, würde sich freuen, wenn er mehr über seine Herkunft und Verbreitung erfahren könnte. Wir auch! (Johannes Motz, Wupperstraße 159 in 42651 Solingen, Telefon 0160/2022012.)

Auch Herr Axel Michaelis aus Dobersdorf hat etwas gerettet, was es zu bewahren gilt. Ihm gelangte ein Dia in die Hände, das eine Innenansicht des Königsberger Doms lange vor der Zerstörung zeigt. Es wurde etwa in der Mitte der 20er Jahre aufgenommen. Den dokumentarischen Wert dieser Aufnahme vom Chor mit den Grüften der Ordenshochmeister hat Herr Michaelis sofort erkannt, als er das Dia aus der norddeutschen Lehrmittelsammlung einer nicht mehr bestehenden Volksschule erhielt. Er möchte es nun jemanden aus unserem Familienkreis überlassen, der diesen „Fund“ zu schätzen weiß, und hat es uns deshalb zur Weitergabe übermittelt. Herr Michaelis hat aber noch mehr anzubieten: Da sind einmal die gesammelten Ebenroder/Stallupöner Heimatbriefe ab 1984 und zum anderen die Treuburger Heimatbriefe ab 1998. Der Spender wäre auch bereit, bei Postversand die Portokosten zu übernehmen, wenn die Schriften an ernsthaft Interessierte gehen sollen. Wir danken Herrn Michaelis für dieses großzügige Angebot. (Axel Michaelis, Trensahler Weg 1 in 24232 Dobersdorf.)

Weil wir für diese Ausgabe viele Zuschriften gebündelt haben, fallen heute die großen Suchfragen weg, da diese wegen der genauen Angabe von Namen und Daten viel Platz benötigen. Das betrifft auch das uns immer wieder einholende Thema „Wolfskinder“ – bis auf eine Ausnahme: Herr Karl Feller aus Gau-Algesheim nimmt zu dem Schicksal der elternlosen Kinder Stellung, die in Kolchosen in einer Art Waisenhäuser vegetierten – „lebten“ kann man kaum sagen, wenn man liest, was Herr Feller schreibt:

„Als Zivilinternierter von 1945 bis 1948 in Nemmersdorf weiß ich etwas über die damals entstandenen Waisenhäuser auf den Kolchosen. Frau Else Burat arbeitete nach ihrer Genesung vom Typhus im Waisenhaus zu ihrer Erholung, sie ließ sich aber zur Feldarbeit einteilen, weil sie das Elend der Kinder nicht mitansehen konnte. Auf einem Gumbinner Treffen sprach mich eine Frau an, deren Anschrift ich mir leider nicht notiert habe. Sie sagte, dass sie mit anderen umherirrenden Kindern aus der Kolchose Sodehnen, Kreis Angerapp, von einem Russen auf einen Lkw verladen wurde und sie in Litauen auf einzelne Familien verteilt wurden. Diese Aussage klingt glaubhaft, ist Ihnen eine solche Nachricht zugegangen?“

Nein, bisher noch nicht, aber ich glaube, diese Aktion der Russen dürfte eine Ausnahme gewesen sein, da sie ja eher die von den Litauern versteckten Wolfskinder herausholten. Herr Feller ist in den 90er Jahren wieder nach Nemmersdorf gefahren und berichtet darüber kurz, aber informativ Folgendes: „1991, gleich beim ersten Besuch bekamen wir eine Liste mit Namen der Waisen aus Pennken (Werfen). Leider haben wir kaum eine Erinnerung an das Waisenhaus in Pennaken. Unter diesem Namen sind die Kinder in Klein-Blecken und Gumbinnen gewesen. Haben Sie für diese Annahmen irgendwelche Hinweise?“ Da bleiben einige Fragen offen, aber das Thema wird uns weiter beschäftigen.

Leider geschieht nicht immer ein „Such- und Findewunder“, wie Frau Ute Eichler unsere Erfolge so treffend bezeichnet, und das hatte ich auf die in Folge 6 veröffentliche Frage nach den „Bibelfliesen“ auch kaum erwartet. Das „Norder Bibelfliesen-Team“, dessen Gründer und Projektleiter der in Ostpreußen geborene Pastor i. R. Kurt Perrey ist, hat auf dem Gebiet der Dokumentation der aus Holland stammenden Fliesen schon recht erfolgreich gearbeitet, wie die von dem Team herausgegebene „Fliesenbibel“ mit rund 600 Abbildungen beweist. Die Bibliothekarin Frau Christiane Kollmeyer aus Norden hatte sich an uns gewandt mit dem Anliegen, ihre Bitte nach Angaben von „Fundorten“ im ostdeutschen Raum an unsere Leserschaft weiterzureichen, was wir auch getan haben. Leider hat es dabei eine Fehlinterpretation gegeben, wie uns nun Frau Kollmeyer mitteilt: „Die Erwähnung der Kirchen stimmt nicht, denn Holland ist ja reformiert, das heißt calvinistisch. Das bedeutet Bilderverbot. Umso mehr war das ein Wunsch der Menschen, die biblischen Geschichten bei sich zu Hause zu haben. Daher unsere Frage, ob sich jemand an diese Fliesen in Privathäusern erinnert.“ Vielleicht hilft diese Aussage jetzt weiter. Dritter Anlauf also, denn „wir wollen doch nichts unversucht lassen“, schreibt Frau Kollmeyer.

Eure Ruth Geede


Der Publikumsmagnet des südlichen Ostpreußen
Auch dieses Jahr wird der Sommer wohl wieder Rekordzahlen von Touristen auf die Felder von Tannenberg locken

Der Sommer wird wohl auch dieses Jahr wieder Rekordzahlen von Touristen auf die Felder von Tannenberg [Stebark] in Ostpreußen locken. Denn Tannenberg ist das „Flaggschiff“, der Publikumsmagnet der Woi­wodschaft Ermland-Masuren. Beim jährlichen Nachspielen der Schlacht im Juli letzten Jahres „kämpften“ mehrere Tausend Mitglieder von Schützenbrüderschaften aus dem ganzen Land und anderen Staaten Europas. Eine Woche lang kann man dort an Mittelalterjahrmärkten, Ritterturnieren oder Nachtwanderungen teilnehmen. Die eigentliche Attraktion jedoch ist und bleibt die Schlacht bei Tannenberg, die auch dieses Jahr am 15. Juli ausgetragen wird.

Dass der Touristenmagnet noch attraktiver wird, hat sich der Marschall der Woiwodschaft Ermland-Masuren, Gustaw Marek Brzezin, für dieses Jahr auf die Flagge geschrieben. Er will das Tannenberg-Museum noch stärker ausbauen und zum „modernen Museumszentrum“ umgestalten. Dafür beantragte er bei der Regierung umgerechnet fünf Millionen Euro. Umgerechnet 750000 Euro stellt die Woiwodschaft für die Modernisierung zur Verfügung, alles um das nationale Kulturerbe besser präsentieren zu können.

Im vergangenen Jahr haben daran 2000 „Ritter“ aus Polen, Deutschland, Italien, Frankreich, Finnland, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Russland, Weißrussland, der Ukraine und den USA teilgenommen. 130000 Zuschauer sahen sich das Spektakel an.

Dieses Jahr will man bereits im Mai mit dem Freilichtereignis beginnen. Das verlängerte Wochenende vom 30. April bis zum 3. Mai, dem Tag, an dem Polen seiner ersten Verfassung gedenkt, welche die erste in Europa war, lockt das „Museum der Schlacht bei Tannenberg“ mit einer Ausstellung zum Schmuck im Mittelalter und dessen sozialer Bedeutung. Zwei Wochen später, am 13. und 14. Mai, wird dort die „Europäische Nacht der Museen“ organisiert, während tagsüber eine „Gala professioneller Ritterturniere“ auf den Feldern um Tannenberg stattfindet. Kämpfen werden dabei Polen, und zwar gegen Russen.

Die Polen lieben Ritterturniere. Ihr Wissen über das Leben der tapferen Kämpfer des Mittelalters schöpfen sie nicht zuletzt aus dem Werk „Die Kreuzritter“ von Henryk Sienkiewicz. Dieser durch und durch antideutsche Roman entstand im 19. Jahrhundert, als Polen durch die Teilungen seit über 100 Jahren nicht mehr als Staat bestand. Sienkiewiczs Werk über die „grandiose“ Niederlage des Deutschen Ordens gegen ein vereintes Heer aus Polen, Litauern, Weißrussen und Tataren sollte der Erbauung der polnischen Nation im Kampf gegen die Russen dienen, die man als damalige Landesherren nicht zu frontal angehen konnte. Auch in der polnischen Wissenschaft betonen manche jüngere Historiker, dass die Kreuzritter die Russen symbolisierten, die eine besonders harte Entnationalisierungspolitik in Kongresspolen durchsetzten und gegen die Sienkiewicz nicht öffentlich auftreten durfte. Hätte er gewusst, dass ganze Generationen von Polen sein Werk als Geschichtslehrbuch verstanden, hätte er wohl ein anderes Motiv für seinen Heldenepos gewählt. So jedoch bleiben arrogante, grausame und sadistische Ordensbrüder im kollektiven Bewusstsein, wie Jürgen Sarnowsky in seinem 2007 erschienenen Buch „Der Deutsche Orden“ schreibt. Sie seien die Verkörperung des kriegslüsternen und aggressiven Deutschen. Die Kreuzritter stehen im Bewusstsein der meisten Polen als Sinnbild alles Bösen, das zu bekämpfen die heilige Pflicht eines patriotischen Polen sei.

Cezary, der Ehemann einer als Spätaussiedlerin in Westfalen lebenden Danzigerin, meinte, er sei die Reinkarnation eines polnischen Ritters, der gegen die Kreuzritter bei Tannenberg gekämpft habe, und könne deshalb die deutsche Sprache nicht erlernen und sich auch nie in Deutschland wohl fühlen. Vielleicht sollte der Akademiker, Kunstschmied und konvertierte Buddhist Cezary seiner geschundenen Seele helfen und nach Tannenberg pilgern, wo er zumindest als Zuschauer den Sieg über den Hochmeister Ulrich von Jungingen und dessen Mannen Revue passieren könnte. Außerdem böten sich ihm im „Schlachtmuseum“ auf einer Fläche von 300 Quadratmetern fünf Dauerausstellungen und für einen gesonderten Obolus sogar ein Kurs im Bogenschießen. Doch Cezary lebt jetzt mit seiner Familie in England. Nun muss er bangen, ob er nach dem Brexit zusammen mit anderen Polen Großbritannien verlassen muss. Möglicherweise ärgert er sich nun, in seinem früheren Leben auf der falschen Seite des Schlachtfeldes von Tannenberg gekämpft zu haben.            

Chris W. Wagner


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 101. GEBURTSTAG

Bloch, Martha, geb. Dannenfeld, aus Lyck, am 17. März

ZUM 98. GEBURTSTAG

Baronas, Kurt, aus Gaistauden, Kreis Tilsit-Ragnit, am 22. März

Hombosch, Ottilie, geb. Warda, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 21. März

ZUM 97. GEBURTSTAG

Baum, Margarete, geb. Podworny, aus Milussen, Kreis Lyck, am 21. März

Konietzke, Ursula, geb. Schultz, aus Prostken, Kreis Lyck, am 23. März

Lolies, Oskar, aus Moschnen, Kreis Treuburg, am 19. März

ZUM 96. GEBURTSTAG

Berghoff, Elisabeth, geb. Peikschat, aus Ebenrode, am 14. März

Essmann, Erika, geb. Godau, aus Weischkitten, Kreis Samland, am 20. März

Kremp, Elfriede, geb. Brzoska, aus Morgengrund, Kreis Lyck, am 19. März

Schmid, Hildegard, aus Goldschmiede, Kreis Samland, am 19. März

ZUM 95. GEBURTSTAG

Beckherrn, Herbert, aus Lyck, Lycker Garten 29, am 22. März

Gysbers, Herta, geb. Hagenbach, aus Klein Engelau, Kreis Wehlau, am 18. März

Hauenschild, Elli, aus Elbing, Westpreußen, am 22. März

Kröhnert, Günther, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 23. März

Litzner, Gertrud, geb. Kramer, aus Milken, am 17. März

Sommer, Anna, geb. Waschulewski, aus Millau, Kreis Lyck, am 23. März

Wieking, Helene, geb. Robatzke, Kreis Lyck, am 17. März

ZUM 94. GEBURTSTAG

Albrecht, Gisela, aus Lyck, am 17. März

Freundt, Ursula, aus Geigenau, Kreis Lyck, am 20. März

Herboth, Gisela, geb. Timsries, aus Kripfelde, Kreis Elchniederung, am 21. März

Kastner, Gertrud, aus Lyck, am 22. März

Schultz, Johannes, aus Lyck, am 20. März

ZUM 93. GEBURTSTAG

Conrad, Friedel, geb. Berger, aus Dietrichsdorf, Kreis Neidenburg, am 18. März

Dannat, Liesbeth, geb. Jebramek, aus Langheide, Kreis Lyck, am 18. März

Habicht, Heinrich, aus Maldanen, Kreis Ortelsburg, am 22. März

Jedamski, Walter Paul, aus Burgunden, Kreis Neidenburg, am 23. März

Pachaly, Adelheid, geb. Jackus, aus Kripfelde, Kreis Elchniederung, am 21. März

Mertins, Karl-Heinz, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 20. März

Schönfelder, Margot, aus Neuendorf, Kreis Lyck, am 22. März

Swida, Rosemarie, geb. Bludau, aus Passenheim, Kreis Ortelsburg, am 19. März

ZUM 92. GEBURTSTAG

König, Hildegard, geb. Kaupat, aus Schneckenmoor im Gutsbezirk Schnecken Forst, Kreis Elchniederung, am 23. März

Krenz, Gertrud, aus Bartendorf, Kreis Lyck, am 20. März

Kruppa, Alfred, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 22. März

Lawes, Anneliese, geb. Grunau, aus Stosnau, Kreis Treuburg, am 22. März

Meier, Irma, geb. Schmidt, aus Neidenburg, am 21. März

Naujok, Erna, geb. Quednau, aus Biothen, Kreis Wehlau, am 22. März

Nickel, Christel, geb. Hömke, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 17. März

Pallasch, Walter, aus Groß Blumenau, Kreis Ortelsburg, am 22. März

Stöllger, Berthold, aus Altengilge, Kreis Elchniederung, am 23. März

ZUM 91. GEBURTSTAG

Bothe, Erika, geb. Kraft, aus Mostolten, Kreis Lyck, am 18. März

Braunstein, Else, geb. Pentzeck, aus Lyck, am 19. März

Czybulka, Fritz, aus Auersberg, Kreis Lyck, am 20. März

Daschkey, Paul, aus Mulden, Kreis Lyck, am 17. März

Donat, Renate, geb. Konopka, aus Tannau, Kreis Treuburg, am 17. März

John, Erna, geb. Bleyer, aus Buschfeld, Kreis Ebenrode, am 21. März

Komm, Alma, geb. Fegletef, aus Schiewenau, Kreis Wehlau, am 22. März

Lichtenstein, Elisabeth, geb. Machowski, aus Freythen, Kreis Ortelsburg, am 19. März

Loeper, Hulda, geb. Ewert, aus Eisenberg, Kreis Heiligenbeil, am 16. März

Maier-Solgk, Roswitha, geb. Luft, aus Lötzen, am 23. März

Müller, Herta, geb. Hill, aus Eisenberg, Kreis Heiligenbeil, am 19. März

Padberg, Horst, aus Ortelsburg, am 21. März

Riedel, Hildegard, geb. Gebert, aus Fließdorf, Kreis Lyck, am 22. März

Schulz, Kurt, aus Regeln, Kreis Lyck, am 20. März

Tödt, Irmgard, geb. Niklas, aus Gusken, Kreis Lyck, am 19. März

ZUM 90. GEBURTSTAG

Grau, Dr. Dietrich, aus Klimmen, Kreis Ebenrode, am 19. März

Grunwald, Annemarie, geb. Schilter, aus Saffronken, Kreis Neidenburg, am 21. März

Hartwig, Annemarie, geb. Scheffler, aus Neidenburg, am 19. März

Jandorf, Gerhard, aus Steintal, Kreis Neidenburg, 21. März

Michel, Frieda, geb. Brosda, aus Lindenheim, am 18. März

Mull, Gerda, geb. Bojahr, aus Rudau, Kreis Samland, am 18. März

Packmohr, Erich, aus Seerappen, Kreis Samland, am 19. März

Pawellek, Helene, geb. Masannek, aus Neidenburg, am 23. März

Pietsch, Lotte, geb. Tietz, aus Konraden, Kreis Ortelsburg, am 17. März

Pruß-Moysich, Elisabeth, geb. Pruß-Strempel, aus Lyck, Litzmannstraße 6, am 22. März

Reitz, Marta, geb. Arbeiter, aus Haselaui, Kreis Heiligenbeil, am 20. März

Risch, Irmgard, geb. Rutowski, aus Dietrichsdorf, Kreis Neidenburg, am 19. März

Schwensfeier, Walter Paul, aus Eichenau, Kreis Lyck, am 18. März

Tertel, Edith, geb. Melchin, aus Prostken, Kreis Lyck, 22. März

ZUM 85. GEBURTSTAG

Andreas, Waltraud, aus Eichhorn, Kreis Treuburg, am 19. März

Balzer, Irmgard, geb. Taday, aus Wallen, Kreis Ortelsburg, am 17. März

Baumann, Ursula, geb. Burri, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 22. März

Beuse, Hedwig, geb. Senkbeil, aus Eichensee, Kreis Lyck, am 19. März

Birnitzer, Magdalene, aus Schloßbach, Kreis Ebenrode, am 20. März

Flatow, Gertrud, geb. Steinbacher, aus Bürgersdorf, Kreis Wehlau, am 19. März

Guszewski, Kurt, aus Steinberg, Kreis Lyck, am 22. März

Harnisch, Marianne, geb. Drescher, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 21. März

Huber, Ruth, geb. Kullick, aus Moithienen, Kreis Ortelsburg, am 19. März

Jupke, Gerda, geb. Arndt, aus Lehndorf, Kreis Samland, am 22. März

Kewitz, Günter, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 23. März

Nitzsche, Ingeborg, geb. Jakubzik, aus Auglitten, Kreis Lyck, am 18. März

Path, Helga, geb. Skutnick, aus Fronicken, Kreis Treuburg, am 23. März

Podewski, Gerd, aus Neuhäuser, Kreis Samland, am 18. März

Radau, Ulrich, aus Bolken, Kreis Treuburg, am 21. März

Radke, Herta, geb. Plonski, aus Sorden, Kreis Lyck, 23. März

Richter, Albert, aus Großeppingen, Kreis Neidenburg, 18. März

Saat, Irmgard, geb. Jodjohn, aus Schakendorf, Kreis Elchniederung, am 18. März

Schneidereit, Georg-Hugo, aus Herdenau, Kreis Elchniederung, am 20. März

Stöhlmacher, Dorothea, geb. Alex, aus Wartenhöfen, Kreis Elchniederung, am 20. März

Vanhöfen, Herbert, aus Quanditten, Kreis Samland, am 22. März

Weber, Liesbeth, geb. Braun, aus Berningen, Kreis Ebenrode, am 19. März

York, Waltraud, geb. Borowski, aus Suleiken, Kreis Treuburg, am 17. März

ZUM 80. GEBURTSTAG

Bäcker, Ursula, geb. Döblitz, aus Wargienen, Kreis Wehlau, am 23. März

Bosse, Adelheid, geb. Achenbach, aus Ebenrode, am 18. März

Fuhrmann, Irene, geb. Bauchrowitz, aus Flammberg, Kreis Ortelsburg, am 19. März

Czypull, Kurt, aus Mostolten, Kreis Lyck, am 20. März

Gelfert, Christine, geb. Siedel, aus Lyck, am 19. März

Hendrian, Helene, geb. Rikowski, aus Moithienen, Kreis Ortelsburg, am 23. März

Hosenberg, Georg, aus Groß Leschienen, Kreis Ortelsburg, am 20. März

Huhn, Ingrid, geb. Hardt, aus Reinlacken, Kreis Wehlau, am 19. März

Kopischke, Günter, aus Grünau, Kreis Elchniederung, am 21. März

Kulschewski, Horst, aus Seedorf, Kreis Lyck, am 17. März

Manthey, Alois, aus Deutsch Krone, am 19. März

Mügge, Rosemarie, geb. Pfeiffer, aus Plein, Kreis Elchniederung, am 20. März

Muschick, Ingeborg, aus Tilsit, am 18. März

Patzelt-Hennig, Hannelore, geb. Hennig aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 20. März

Pell, Annemarie, geb. Wysk, aus Willenberg, Kreis Ortelsburg, am 18. März

Raeder, Manfred, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 22. März

Röhrs, Vera, geb. Schulz, aus Fedderau und Heide, Kreis Heiligenbeil, am 21. März

Schliwinski, Wolfgang, aus Ebenrode, am 18. März

Sewzyk, Günther, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 21. März

Sobottka, Dr. Gert, aus Eichensee, Kreis Lyck, am 19. März

Stoldt, Edith, geb. Piontek, aus Alt Kriewen, Kreis Lyck, am 17. März

Tillmann, Toni, geb. Tachil, aus Stahnken, Kreis Lyck, am 23. März

Wagner, Edith, geb. Friedrich, aus Wittingen, Kreis Lyck, am 23. März

Wittig, Christel, geb. Königstein, aus Hainau, Kreis Ebenrode, am 20. März

Wünsche, Waltraut, geb. Gusko, aus Satticken, Kreis Treuburg, am 22. März

ZUM 75. GEBURTSTAG

Gomm, Otto, aus Halldorf, Kreis Treuburg, am 21. März

Haedge, Marion, geb. Fingado, aus Kownatken, Kreis Neidenburg, am 20. März

Heise, Konrad, aus Sankt Lorenz, Kreis Samland, am 18. März

Jopp, Dietmar, aus Dankfelde, am 18. März

Kiesler, Christa, geb. Wahsilla, aus Friedrichsdorf, Kreis Wehlau, am 19. März

Koledzey, Ursula, aus Markshöfen, Kreis Ortelsburg, am 18. März

Lingk, Edeltraut, geb. Nogga, aus Kalkhof, Kreis Treuburg, am 17. März

Link, Marita, geb. Legiem, aus Zimmerbude, Kreis Samland, am 17. März

Madeya, Ulrike, aus Lötzen, am 21. März

Mayer, Günter, aus Wehlau, am 20. März

Nowotka, Brigitte, geb. Syska, aus Erben, Kreis Ortelsburg, am 23. März

Ratz, Karin, geb. Dammasch, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 22. März

Schäfer, Reinhold, aus Lindental, Kreis Elchniederung, am 21. März

Widmann, Edeltraut, geb. Gierke, aus Neuendorf, Kreis Treuburg, am 18. März


S. 16 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Sonnabend, 18. März, Lötzener Heimatmuseum in der Patenstadt Neumünster, Sudetenlandstr. 18 H (Böcklersiedlung): Um 15.30 Uhr Ausstellungseröffnung „Versunkene Welt Ostpreußens – Erinnerungsbilder von Eduard Bischoff (1890 – 1974)“. Nach der Begrüßung der Gäste durch den Ersten Vorsitzenden der Kreisgemeinschaft Lötzen, Dieter Eichler, hält Dr. Jörn Barfod vom Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg, den Einführungsvortrag. Zur musikalischen Umrahmung der Veranstaltung erklingt Flötenmusik aus der Zeit des Barock, gespielt von den Neumünsteraner Musikerinnen Frau Sander und Frau Hartmann. Die in der Ausstellung gezeigten Werke Eduard Bischoffs, die als Leihgaben vom Ostpreußischen Landesmuseum zur Verfügung gestellt wurden, werden bis einschließlich 15. Juli im Lötzener Museum in Neumünster zu sehen sein.

 

LYCK

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesensee, Diesberg 6a, 41372 Niederkrüchten, Telefon (02163) 898313. Stellvertr. Kreisvertreter: Dieter Czudnochowski, Lärchenweg 23, 37079 Göttingen, Telefon (0551) 61665. Karteiwart: Siegmar Czerwinski, Telefon (02225) 5180, Quittenstraße 2, 53340 Meckenheim.

Das diesjährige Frühjahrstreffen der Mittleren Generation der Kreisgemeinschaft Lyck fand mit reger Beteiligung wieder einmal in Göttingen statt. Die Sprecherin der Gruppe, Heidi Mader, begrüßte am Freitagabend, den 3. März, 34 Teilnehmer zu einem abwechslungsreichen Wochenendprogramm. Nach dem gemeinsamen Abendessen wurde der Abend zum „Kennenlernen“ genutzt und mit einer Fotodarbietung vergangener Treffen seit 2007 locker und fröhlich gestaltet.

Am Sonnabend begab sich die Gruppe per Stadtbus zu einer Themen-Stadtführung zum Alten Rathaus. Aufgeteilt in zwei Gruppen wandelten wir „Auf den Spuren der Brüder Grimm“ kreuz und quer durch die Innenstadt. Den hochinteressanten Beiträgen der Stadtführer lauschend, verging die Zeit rasend schnell und die Rück-fahrt zum Hotel stand an. Am Nachmittag schloss sich ein Vortrag mit einer Powerpoint-Präsentation über das Thema: „Die Brüder Grimm in Göttingen“ an. Dazu referierte Dr. Gudrun Keindorf fachkundig und fesselte alle Anwesenden mit ihren sehr informativen geschichtlichen Beiträgen. Nach der Kaffeepause präsentierte unsere Kreisvertreterin Bärbel Wiesensee an Hand der zusammengestellten Bilder von Rafal Zytyniec (Historische Museum Lyck), die Kreisstadt Lyck – früher und heute. Dazu kamen aus dem Teilnehmerkreis lebhafte detaillierte Wortmeldungen und Beiträge mit persönlichen Erlebnissen.

Am Abend plachanderten „Die Ostpreußenbrüder“, der Schrankenwärter Gustav Kaludrichkeit und der Reitbursche Otto Kaluweit mit Anekdoten, Gedichten und Liedern aus der Heimat. Die wohlklingenden, in ostpreußischer Mundart gehaltenen Beiträge wurden mit gebührendem Beifall bedacht.

Der Sonntag stand ganz im Zeichen der bevorstehenden Termine 2017, wie das Regionaltreffen in Lübeck, das Ostpreußentreffen in Neuss, das Jubiläums-Kreistreffen in Hagen, das Bremer Treffen, die Herbstfahrt der MG nach Berlin und der Lyck-Reise im Juni.

Weitere Planungen wurden angekündigt, wie im Frühjahr 2018 ein neues Seminar der Kreisgemeinschaft, mit dem Thema: „Ostpreußen: Grenzen, Behörden und Bevölkerung“ und im Juni 2018 eine Busfahrt, Ostseefähre nach Memel und weiter nach Lyck.

Zum Ende der Veranstaltung äußerten sich alle Teilnehmer, dass ihnen das Programm sehr gut gefallen habe und sie sich den Standort Göttingen für die weiteren Zusammenkünfte wünschen.

 

SENSBURG

Kreisvertreterin: Gudrun Froemer, In der Dellen 8a, 51399 Burscheid, Telefon (02174) 768799. Alle Post an: Geschäftsstelle Kreisgemeinschaft Sensburg e.V., Stadtverwaltung Remscheid, 42849 Remscheid, Telefon (02191) 163718, Fax (02191) 163117, E-Mail: info@kreisgemeinschaftsensburg.de, www. kreisgemeinschaftsensburg.de

Nach unserer Satzung sind im Jahr 2018 Wahlen zum Sensburger Kreistag durchzuführen. Da Sie mit dem Heimatbrief 62/2017 die Wahlkarte erhalten werden, diese aber nur auf der Grundlage Ihrer Wahlvorschläge und denen des amtierenden Kreistages gedruckt werden kann, ist es jetzt schon notwendig, Kandidaten zu benennen (nähere Angaben zu den derzeit amtierenden Kreistagsmitgliedern finden sie im 61. Sensburger Heimatbrieff 2016 auf den Seiten 72-73). Der Wahlausschuss der Kreisgemeinschaft bittet Sie herzliche, ihre Vorschläge bis zum 31. Juli an unsere Geschäftsstelle zu schicken. Deren Adresse lautet: Kreisgemeinschaft Sensburg in Stadtverwaltung, 42849 Remscheid.

Wichtiger Hinweis: Wahlberechtigt sind nur Landsleute, die in der Kreiskartei erfasst sind. Die Wahlvorschläge müssen enthalten: den Familiennamen (bei Frauen auch den Geburtsnamen), den Vornamen, das Geburtsdatum und den Heimatort beziehungsweise den der Vorfahren, die jetzige vollständige Anschrift des Vorgeschlagenen sowie dessen Einverständniserklärung. Grundsätzlich sind 31 Kreistagsmitglieder zu wählen.

Derzeit amtierende Kreistagsmitglieder sind: Werner Albrecht, Christine Birkner, Manfred Bojahr, Manfred Buchholz, Wolfgang Dabrowski, Helga Dzubiella, Heinz Eckhoff, Gudrun Froemer, Friedhelm Hoffmann, Hansjürgen Katzenski, Burgundel Ursula Kisza, Rolf W. Krause, Falk Möllenhoff, Bernd-Udo Moyzyczyk, Gerd Sacknieß, Klaus Schütz, Bruno Teuber, Alfred Thiel, Helmut Tomscheit, Hartmut Waschke, Horst Wiberny, Gerhard Zielinski.

Ihre Wahlvorschläge sowie die des Sensburger Kreistages finden Sie auf der Rückseite des Wahlscheines im nächsten Heimatbrief. Wahlausschuss,

 Kreisgemeinschaft Sensburg

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Das Kulturzentrum Ostpreußen präsentiert im Deutschordensschloß Ellingen vom 18. März bis 14. Mai eine Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit der Landsmannschaft Ostpreußen und der Stadtgemeinschaft Tilsit entstanden ist. Die Ausstellung trägt den Titel „Tilsit – die Stadt ohne Gleichen“. So nannte man liebevoll die Stadt am Memelstrom. Durch den Friedensschluss von 1807 wurde sie zum Schauplatz der Weltgeschichte. Doch nicht nur daran erinnert die Ausstellung. Sie dokumentiert die historische Entwicklung der Stadt von ihren Anfängen bis zur Gegenwart und ihre Bedeutung als Industrie-, Handels- und Grenzstadt. Auch der weltberühmte Tilsiter Käse darf nicht fehlen. Die Präsentation zeigt zahlreiche bisher noch nie ausgestellte Originalexponate. Ein Begleitheft vervollständigt die Schau.

 Acht Tage mit dem Bus über Marienburg nach Tilsit. Fünf Übernachtungen in Tilsit. Stadtführung, Stadtrundfahrt und Teilnahme am Stadtfest. Von Tilsit aus werden Tagesfahrten durchgeführt nach Trakehnen, in die Elchniederung und in die Rominter Heide. Höhepunkt bei der Rück-reise ist eine Fahrt auf dem Oberländer Kanal.

Bei der Planung der Reise wurden die immer wieder genannten Wünsche, wie wenige Hotelwechsel, so kurz wie möglich und gutes Preis-Leistungsverhältnis, berück-sichtigt. Hinzu genommen haben wir ausdrücklich den Oberländer Kanal, weil er bisher seltener angefahren wurde, ebenso die Besichtigung der Marienburg.

Die Reiseleitung übernimmt der Zweite Vorsitzende der Stadtgemeinschaft Tilsit, Norbert Subroweit. Der Termin: 30. August bis 6. September. Das Programm: 

1. Tag: Anreise

Fahrt ab Hannover mit Zustiegsmöglichkeiten entlang der Fahrtroute bis nach Polen, Zwischenübernachtung in Marienburg.

2. Tag: Marienburg

Nach dem Frühstück unternehmen Sie eine Führung durch die Marienburg, eine der mächtigsten Backsteinburgen der Welt, die durch ihre Größe und Architektur noch heute die Besucher beeindruckt. Anschließend Weiterreise zum polnisch-russischen Grenzübergang, wo Sie Ihr russischer Reiseleiter, der Sie während Ihres gesamten Aufenthaltes im nördlichen Ostpreußen begleiten wird, erwartet. Danach Weiterreise vorbei an Königsberg, Tapiau und Wehlau und weiter bis nach Tilsit, wo Sie Ihre Zimmer im Hotel „Rossija“ beziehen.

3. Tag: Tilsit

Die ausführliche Stadtführung in Tilsit beginnt mit einem Besuch im teilweise neu gestalteten Park Jakobsruh mit einem Spaziergang zum wiedererrichteten Königin-Luise-Denkmal. Anschließend geht es durch die alten Wohnviertel zum Schloßmühlenteich. Auch die Gedenkstätte am Waldfriedhof wird während der Rundfahrt besucht. Abschluss und Höhepunkt der Stadtführung ist jedoch ein gemeinsamer Spaziergang durch die Hohe Straße. An den überwiegend sehr schön restaurierten Jugendstilfassaden kann man die einstige Schönheit der Stadt an der Memel erahnen.

4. Tag: Stadtfest in Tilsit und

Taxitag

Teilnahme am Stadtfest in Tilsit, einer der Höhepunkte Ihrer Reise, und Zeit zur freien Verfügung. Nicht versäumen sollten Sie einen Besuch im Stadtmuseum mit seinen wechselnden sehenswerten Ausstellungen. Daneben gibt es zum Stadtfest zahlreiche Attraktionen, viel Musik und Volksfeststimmung. Für Ihre individuellen Ausflüge steht unser bewährter Taxiservice bereit. Übernachtung in Tilsit.

5. Tag: Rundfahrt durch die Elchniederung

Heute unternehmen Sie einen ganztägigen Ausflug durch den benachbarten Kreis Elchniederung. Am Vormittag geht es in die Gebiete nördlich der Gilge mit Besuch von Sköpen, Kuckerneese, Herdenau, Karkeln, Inse und einem Stopp am Jagdschloss Pait. Am Nachmittag durchfahren Sie den südlichen Teil der Elchniederung mit Besuch von Heinrichswalde, Seckenburg, Groß Friedrichsdorf und Kreuzingen. Übernachtung in Tilsit.

6. Tag: Trakehnen und Rominter Heide

Ihr heutiger Ausflug führt in eine ebenfalls einzigartige Landschaft im Südosten des nördlichen Ostpreußens. Nach einem kleinen Stopp in Gumbinnen besuchen Sie Trakehnen mit der einst weltberühmten Gestütsanlage. Leider gibt es dort heute keine Pferde mehr. Anschließend erreichen Sie die einzigartige Rominter Heide. Unberührte Natur, eine Urwaldlandschaft mit kleinen Bächen und Biberbauten - Ihr Reiseleiter zeigt Ihnen die schönsten Plätze. Am Rande dieses Waldmassivs betreibt die russische Familie Sajac im ehemaligen Forsthaus Warnen ein kleines Gästehaus, hier werden Sie zur Mittagseinkehr erwartet. Übernachtung in Tilsit.

7. Tag: Oberländer Kanal

Heute verlassen Sie Ihr Hotel in Tilsit und treten die erste Etappe der Heimreise an. Nach dem Passieren der russisch-polnischen Grenze erleben Sie noch einen Höhepunkt Ihrer Reise: eine Fahrt auf dem Oberländer Kanal, einer ingenieurtechnischen Meisterleistung des 19. Jahrhunderts. Hier überwinden die Schiffe auf der erst kürzlich restaurierten Strecke zwischen Buchwalde und Hirschfeld den Höhenunterschied zwischen dem Ermland und dem Oberland durch das sogenannte Aufschleppen über Rollberge. Anschließend Weiterreise nach Westen durch Pommern zur letzten Zwischenübernachtung in Schneidemühl.

8. Tag: Heimreise

Heimreise nach Deutschland. In der Mittagszeit wird bei Küstrin eine Rast auf einem polnischen Markt eingelegt.

Bis vier Wochen vor Reisebeginn zu erreichende Mindestteilnehmerzahl 25 Personen, Programmänderungen vorbehalten.

Beratung und Anmeldung bei Manfred Urbschat, Bahnhofstraße 82, 03051 Cottbus, Telefon (0355) 535544, E-Mail info@tilsit-stadt.de


S. 17-19 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – Sonnabend, 25. März, 10 bis 16 Uhr, Haus der Heimat: Ostermarkt, unter Beteiligung vieler Landsmannschaften mit ihren Spezialitäten und kulinarischen Köstlichkeiten wie Königsberger Marzipan, Schlesischer Mohn- und Streußelkuchen, Ostpreußische Raderkuchen, Danziger Goldwasser, Machandel und vieles mehr. Dazu stellen die Landsmannschaften ihre vielfältige handwerkliche Kunst aus wie Bunzlauer Tippel, Trachten und –zubehör, musikalische Raritäten, antiquarische und moderne Literatur. Die Ostpreußen sind mit einem Stand „Textile Volkskunst“ vertreten. Zu finden sind dort unter anderem Bernsteinschmuck, Jostenbändern, Doppelstrick- und Kreuzsticharbeiten sowie Schlaufenhandschuhen. Wie jedes Jahr findet wieder eine Tombola statt.

Ludwigsburg – Dienstag 21. März, 15 Uhr, Krauthof, Beihinger Straße 27: Stammtisch.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Ansbach – Sonnabend, 18. März: Landeskulturtagung im Kulturzentrum Ellingen – Sonnabend, 25. März, 15 Uhr, Orangerie: Jahreshauptversammlung mit anschließendem Schmandhering-essen.

München – Freitag, 17. März, 14.30 Uhr, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, 81669 München: Nach der gemeinsamen Kaffeetafel führt Frau Erkenberg durch die Ausstellung „Kann Spuren von Heimat enthalten“.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Bartenstein – Anfragen für gemeinsames Treffen bei Elfi Fortange, Telefon (030) 4944404.

Königsberg – Dienstag, 21. März, 14 Uhr, Johann-Georg-Stuben, Johann-Georg-Straße 10, 10709 Berlin-Halensee: Gemeinsames Treffen. Anfragen: Elfi Fortange Telefon (030) 4944404.

Rastenburg – Freitag, 24. März, 15 Uhr, Restaurant Stammhaus Rohrdamm 24 B, 13629 Berlin: Gemeinsames Treffen, Anfragen: Martina Sontag, Telefon (033232) 18 88 26.

Tilsit, Tilsit-Ragnit – Sonnabend, 1. April, 15 Uhr, Ratskeller Charlottenburg, Otto-Suhr-Allee 102, 10585 Berlin: Gemeinsames Treffen. Anfragen an: Barbara Fischer, Telefon (030) 6041054.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Montag, 20. März, 15 Uhr Hotel Atlantic, Flughafenallee 26, 28199 Bremen: Mitgliederversammlung. Im Anschluss an die Tagesordnung wird die mit Musik unterlegte Bilderfolge „Wilna – Barock auf sieben Hügeln“ zu sehen sein. Sie besteht aus Fotos mehrerer Teilnehmer der Studienfahrt unserer Landsmannschaft nach Litauen (9. bis 12. März 2014). Inga Ziukiene, die auch die Reise organisierte, stellte die Bilder zusammen und bearbeitete sie künstlerisch.

– Ankündigung –

Die von „Arbeitskreis Bremer Archive“ im März vergangenen Jahres unter dem Motto „Mobilität im Wandel“ gezeigte Sammelausstellung verschiedener Archive wird in diesem Jahr fortgesetzt. Damit sind auch unsere beiden Tafeln mit Archivalien zum Thema „Flucht und Vertreibung“ erneut in der öffentlichen Wahrnehmung. Ausstel-lungsorte sind:

– Bürgerhaus Mahndorf, Mahndorfer Bahnhof 10, 1. März bis

3. April

– Bürgerhaus Obervieland, Alfred-Faust-Straße 4, 5. April bis 3. Mai

– Einkaufszentrum Hansa Carré, Pfalzburger Straße, 4. bis 20. Mai.

An den ersten beiden Ausstellungsorten ist der Platz begrenzt, sodass jeweils nur die Hälfte der Ausstellung präsentiert werden kann.

Bremerhaven – Freitag, 24. März, 14.30 Uhr, Barlachhaus: Jahreshauptversammlung. Anträge bitte schriftlich bis 20. März an Familie Paul, Telefon (0471) 86176 oder Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven einreichen oder anrufen.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Landesgruppe – Donnerstag, 30. März, 14 Uhr, Saal, Haus der Heimat, Teilfeld 8: Delegiertenversammlung der Landesgruppe. Im Anschluss findet die Sitzung des Kulturreferates statt.

KREISGRUPPEN

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat um 12 Uhr im Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123-125. Ein kulturelles Programm mit Bildvorträgen, Gedichten und gemeinsamen Singen erwartet Sie. Gäste sind herzlich willkommen. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg, Telefon (040) 587585, Fax: (040) 52678519, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Osterode – Sonnabend, 25. März, 14 Uhr, Restaurant Riebling, Fuhlsbütteler Straße 755: Frühlingsfest mit gemeinsamer Kaffeetafel. Mit Liedern und Geschichten soll der herannahende Frühling begrüßt werden. Das Restaurant liegt direkt am Bahnhof Ohlsdorf, Ausgang Fuhlsbütteler Straße.

 

HESSEN

Vorsitzender: Ulrich Bonk, Stellvertretender Vorsitzender: Gerhard Schröder, Engelmühlenweg 3, 64367 Mühltal, Telefon (06151) 148788

Darmstadt/Dieburg – Unsere nächste Zusammenkunft findet am 18. März, wie gewohnt im Luise-Büchner-Haus in Darmstadt- Kranichstein, Grundweg 10, statt. Beginn: 14,30 Uhr. Wir bitten unsere Mitglieder zahlreich an diesem Treffen teilzunehmen, denn turnusgemäß findet im Zwei-Jahres-Rhythmus an diesem Tag unsere Hauptversammlung und Vorstandswahl statt. Im Anschluss an die Versammlung und die Vorstandswahl zeigen wir noch einen Film über Ostpreußen „Land, Leute und ihre Verhältnisse – 1913 bis 1945“. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen und erfolgreichen Nachmittag. Allen Kranken wünschen wir eine gute Besserung und eine baldige Genesung.

Dillenburg – Bei der letzten Monatsversammlung gedachte der Vorsitzender Dietmar Balschun zunächst der im letzten Jahr Verstorbenen Joachim Weber und Margitta Meyer. Zu beiden Beerdigungen hatte Lothar Hoffmann einen selbst zusammengestellten Kaddigstrauss aufs Grab gelegt. Für die vakant gewordene Stelle der Kassenwartin Margitta Meyer wurde Katja Hilbrandt, die sich dafür bereit erklärt hatte, einstimmig von der Gruppe bestätigt.

Danach sprach Urte Schwidrich über ihre Heimatstadt Mohrungen und die Umgebung, das Oberland. Es ist vor allem durch den Oberlandkanal mit seinen fünf schiefen Ebenen bekannt. Mohrungen ist die Kreisstadt, dazu gehören Herzogswalde und Liebstadt. Beide Orte werden bereits im Mittelalter erwähnt. Liebstadt liegt an der Grenze zum katholischen Ermland, deshalb gibt es eine evangelische und eine katholische Kirche. Die Grenze zum Ermland ist die Passarge, in die die Liebe mündet. Diese durchfließt Mohrungen.

Herzogswalde war ursprünglich ein königliches Vorwerk und hatte 1945 8oo bis 9oo Einwohner. Die ganze Gegend ist von Seen umgeben. In diese landschaftlich reizvolle Gegend hatte sich der ostpreußische Maler Kumst zurück-gezogen. Zu allen Beschreibungen wurden auch Bilder gezeigt. Dann erwähnte Urte Schwidrich noch den Dichter und Philosophen Johann Gottfried Herder, der 1744 in Mohrungen geboren wurde. Er war Zeitgenosse von Goethe und Schiller. Seit 18o3 lebte er als Generalsuperintendent in Weimar.

Zum Abschluss las Dietmar Balschun noch einige Anekdoten über Herder vor, bevor der Nachmittag mit dem gemeinsam gesungenen Ostpreußenlied schloss.

Die nächste Monatsversammlung findet am Mittwoch, dem 29. März um 15 Uhr im Cafe Eck-stein, Königsberger Straße, statt. Dann wird Hans-Joachim Naujoks unter dem Motto „Das alte Masuren“ über den Schriftsteller Fritz Skowronnek sprechen und eine literarische Schilderung von Masuren vorstellen. Skowronnek war ein Literat, der mit ganzem Herzen an seiner masurisehen Heimat hing und sie in seinen Romanen beschrieb

Kassel – Das Märztreffen der Heimatgruppe hatte zwei Höhepunkte zu bieten: Zum einen zeigte unser Mitglied Werner Rossius in einem persönlich gehaltenen Vortrag Bilder aus seiner schönen samländischen Heimat. Zum anderen zeichnete der Vorsitzende der LOW Hessen, Ulrich Bonk, zahlreiche Mitglieder mit einer silbernen oder goldenen Nadel nebst Urkunde für langjährige Mitgliedschaft aus. Goldene Treuezeichen für 25-jährige Mitgliedschaft erhielten Irmgard Klotzbücher und Irmgard Temme (früher Kreis Ebenrode), Olaf Korneffel (Insterburg/Angerapp) und Ruth Bartel (Königsberg). Der eigens aus Frankfurt angereiste Vorsitzende Ruth Bartel zusätzlich noch ein Goldenes Ehrenzeichen für ihre Mitarbeit im Vereinsvorstand und für ihre stets ansprechenden Ostpreußenvorträge,

Wiesbaden –  Frohgestimmt trafen sich Mitglieder und Freunde der Landsmannschaft zur Feier der „fünften Jahreszeit“. Mit launigen Worten und kräftigen „Helau-Rufen“ begrüßte die stellvertretende Vorsitzende, Helga Kukwa, das Narrenvolk zum „Närrischen Nachmittags mit Kreppelkaffee“. Sodann sorgte das Stimmungs-Duo Mathias Budau und Markus Hübenthal mit der Sängerin Ute Etz für den richtigen Schwung im farbenprächtig geschmückten Saal und luden mit flotten Fastnachtsliedern zum Mitsingen und Schunkeln ein.

Den Reigen der Büttenreden eröffnete Lieselotte Paul. Sie erzählte von Tante Friedas preisgekröntem Hundchen Fritz, der aussehend „wie e Handvoll schwarze Zoddern, wo man nicht weiß, wo bei dem Hundche vorn und hinten ist.“ Dies klärte die Königsbergerin mit ihrem heimatlichen Sprachklang gleich auf und rief: „Na pass doch auf, du dussliger Lachudder, auf welchem End das Hundche bellen tut.“ Lauter Beifall bedachte den lustigen Vortrag.

Bei ihrem zweiten Auftritt ging es um zwei frisch gewaschene Hosen hängend auf der Wäscheleine: „das kurze Hos’che, das stammt aus Hildesheim, die griesgrau und längliche Hos’, die war aus Gumbinnen.“ Ein kräftiger Wind „klatschte beide Hosen zusammen, dass sie in Wonne und Seligkeit schwammen.“

Als Gastredner Stefan Fink in der Rolle des „Mister Brexit“ mit Union-Jack-Schirm und einem sehr britischen Anzug die Bühne betrat, wurde es politisch. „Bei Fassenacht gibt es keinen Exit, drum ist er da, der Mister Brexit“, beendete er seine Büttenrede, bei der er stets das Publikum einbezog.

Helga Kukwa hatte die Lacher auf ihrer Seite, als sie aus dem „Tagebuch eines Strohwitwers“ zitierte, den die stets wiederkehrende Sorge plagte: „Junge, Junge, was kochste bloß morgen?“ Nach einer Woche endete jedoch sein Kummer: „Gott sei Dank, die Mutti kommt morgen!“

In ihrem Redebeitrag lehrte Margitta Krafczyk die Narrenschar: Wer Wein trinkt, müsse wissen, wo die Grenze ist, denn „schließlich sagt mer nit umsunst, ach Wein zu trinke is e Kunst.“ Mit erhobenem Finger mahnte sie: „Ää Tröppche mehr, des kann schun schad!“

Dann hatten die singenden „Gartenzwerge“ des Carneval Clubs Wiesbaden (CCW) ihren großen Auftritt. In professioneller Weise glossierten sie Politisches und Unpolitisches und begeisterten so mit ihrem Vortrag und den mitreißenden Stimmungsliedern die Besucherschar. Die Zwerge, die in diesen Jahr ihren 60. Geburtstag feiern, treten seit über 20 Jahren bei der Landsmannschaft auf. Niemals kamen sie von der Bühne, ohne das vom Publikum immer wieder geforderte Lied von dem schönen Kind „Amanda“ anzustimmen. Als Dank bekamen die Sänger den „flüssigen Haus-Orden der Landsmannschaft“, das typisch ostpreußische Honiggetränk „Bärenfang“ und wurden vom Vorsitzenden Dieter Schetat für ihre jahrelange Mitwirkung mit einer Urkunde geehrt.

Unter dem Motto „ Udo Jürgens, er lebt noch“, erschien Dieter Schauer vom CCW im obligatorischen Bademantel auf der Bühne und erfreute die Narrenschar mit einem Potpourri bekannter Lieder des verstorbenen Künstlers. Zum närrischen Programm des Nachmittags gehörte auch die singende und klatschende Polonaiseschlange der Preußenschar, die sich unter den Klängen der Fastnachtshits durch den Saal bewegte. So zeigten auch die Ost- und Westpreußen, dass sie mit Leib und Seele Fastnacht feiern können.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Braunschweig-Stadt – Mittwoch, 22. März, 15 Uhr, Jasperallee 42 (Eingang Sozialverband): Generalversammlung mit Tätigkeitsbericht, Entlastung des Vorstandes und Vorstandswahlen.

Oldenburg – Bei der Versammlung am 8. März widmete sich die Gruppe bekannten Persönlichkeiten Ost- und Westpreußens. Es war erstaunlich, welch eine Vielfalt die Vortragende Regine Mentz-Weiß, Edewecht, aufzählen konnte und ebenso erstaunlich, wie viele den zahlreichen Zuhörern bekannt waren. Dennoch freuten sich sichtlich alle, wieder einmal von diesen Persönlichkeiten zu hören.

Angefangen bei Alberecht von Brandenburg bis hin zu Ernst Wiechert, bündelte sie die Persönlichkeiten einmal nach Fachrichtung (Künstler, Herrscher, Dichter, Wissenschaftler und andere) sowie nach geographischen Gesichtspunkten, wie Geburtsort und Wirkungsstätten. Natürlich wurde auch der beiden Persönlichkeiten Erwähnung getan, die in diesem Jubiläen haben: 100. Todestag von Emil von Behring und 150. Geburtstag von Käthe Kollwitz. Eckart Hoffmann zeigte von allen Prominenten Bilder auf der Leinwand, sodass es ein farbenfroher und kurzweiliger Nachmittag für alle wurde. Mehrere Frühlingslieder sollten uns auf den Frühling einstimmen, der aber noch auf sich warten ließ.

An unserem nächsten Treffen am 12. April wollen wir einen Nachmittag mit Liedern aus unseren ostdeutschen Heimatgebieten mit Musikbegleitung gestalten. Mitglieder und Freunde sind herzlich zum Mitsingen eingeladen.                 Gisela Borchers

Osnabrück – Dienstag, 4. April, 16.30 Uhr,  Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 43: Kegeln.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Landesgruppe – Die diesjährige Frühjahrs-Delegierten-, Kultur- und Frauentagung der Landesgruppe findet am 18. März 2017 wieder in Oberhausen statt. Beginn: 10 Uhr. Der Vorstand bittet um zahlreiches Erscheinen. Wahlen stehen an! Wir haben wieder ein interessantes Programm zusammengestellt.

Bielefeld – Donnerstag, 23. März, 15 Uhr, 2. Stock, Geschäftsstelle, Wilhelmstraße 1b, 33602 Bielefeld: Jahreshauptversammlung.

Bonn – Dienstag, 21. März, 14 Uhr, Nachbarschaftszentrum Brüser Berg. Fahrenheitstraße 49: Treffen des Frauenkreises. – Dienstag, 4. April, 18 Uhr, Haus am Rhein, Elsa-Brändström-Straße 74: Manfred Ruhnau präsentiert Eindrücke vom 11. Treffen der Kreisgemeinschaft Braunsberg in Braunsberg.

Dortmund – Montag, 20. März, 14:30 Uhr, Heimatstube, Landgrafenstraße 1-3: Die LO-Kreisgruppe trifft sich zur monatlichen Zusammenkunft.

Essen – Freitag, 17. März, 15 Uhr: Gemeinsames Treffen.

Köln – Dienstag, 21. März, 14:30 Uhr, Bürgerzentrum Köln-Deutz, Tempelstraße 41–43: Treffen der Ostpreußenrunde. Für Erstlinge, die zur Runde stoßen, sei gesagt, dass wir an jedem dritten Dienstag im Monat zusammen kommen, um nicht nur Geschichten und Gedichte aus der alten Heimat zu hören. Es werden auch aktuelle Themen besprochen oder Film- und Dia-Nachmittage veranstaltet. Hat jemand ein privates Problem, sind wir gute Zuhörer, diskutieren darüber und geben manchmal auch Ratschläge. Wir singen gern, haben sogar eine starke Solostimme unter uns. Besonders gern hören wir selbst erlebte Geschichten „von früher“ aber auch aktuelle. Falls Sie Mitglied werden möchten, wird ein Jahresbeitrag von 22 Euro erhoben. Überwinde, liebe/r Ostpreußin/e, der Du im Kölner Raum lebst, die Scheu vor Versammlungen und schau doch mal zu uns herein. Gäste dürfen uns die ersten Male kostenlos besuchen. Wir verfügen bei unseren zweistündigen Treffen im oben genannten Bürgerzentrum über einen gemütlichen Raum.

Neuss – Donnerstag, 30. März, 15 bis 18 Uhr, Ostdeutsche Heimatstube, Oberstraße 17: Tag der offenen Tür mit Kaffee und Kuchen. – Jeder zweite Mittwoch im Monat, 15 bis 18 Uhr, Heimatstube: Treffen der Frauengruppe.

Remscheid – Die Kreisgruppe führte am 17. November ihre Jahreshauptversammlung durch. Viele Landsleute waren der Einladung gefolgt. Gemäß den Tagesordnungspunkten begrüßte die Erste Vorsitzende, Irmgard Beeck, alle und gedachte der Toten. Danach schritt man zügig nach dem Tätigkeitsbericht der Schriftführerin und dem Vortrag der Schatzmeisterin über die Kasse der letzten beiden Jahre zur Entlastung des alten Vorstandes, was einstimmig geschah. Danach wurde der neue Vorstand durch Handzeichen gewählt. Er setzt sich zum großen Teil aus dem bisherigen zusammen. Lediglich die Schatzmeisterin wurde abgelöst. Der neue Vorstand besteht nun aus:

Irmgard Beeck als Erste Vorsitzende

Marlies Pokropowitz als Zweite

Vorsitzende

Helga Nagorny, Schriftführerin

Marianne Titt, Schatzmeisterin

Das Amt der Frauengruppenleiterin blieb vakant. Ursel Grabosch ist weiterhin die Ansprechpartnerin. Die Ostpreußenrunde trifft sich in gewohnter Weise am dritten Donnerstag im Monat im mk-Hotel am Hauptbahnhof. Bismarkstraße 39.

Die erste Vorsitzende dankte herzlich allen Anwesenden und besonders den Aktiven für die geleistete Arbeit und freut sich auf weitere gute Zusammenarbeit.

Witten – Montag, 20. März, 15 Uhr, Evangelisch-Lutherische Kreuzgemeinde Witten, Lutherstraße 6–10: Martin Luther und sein Wirken. Außerdem ist der Film „Thüringen von oben“ zu sehen.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle,  Telefon privat (0345) 2080680.

Gardelegen – Freitag, 31. März, 14 Uhr, Begegnungsstätte des VS Gardelegen: „Betrugsmaschen“ – Vortrag von Polizeioberkommissar Rosner.

Magdeburg – Dienstag, 4. April, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen. – Freitag, 7. April, 16 Uhr, TuS Fortschritt, Zielitzer Straße: Singekreis.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner, Julius-Wichmann-Weg 19, 23769 Burg auf Fehmarn, Telefon (04371) 8888939, E-Mail: birgit@kreil.info

Landesgruppe – Am traditionellen ostpreußischen Wurstessen mit Schlachtesuppe, heller und dunkler Grützwurst, Wellfleisch, Erbsenpüree und Spirkel nahmen 85 Landsleute und Gäste teil. Allen hatte es herrlich gemundet. Im Rahmenprogramm hielt die Landesbeauftragte der ostpreußischen Frauen für Hamburg und Schleswig-Holstein, Gisela Harder, einen Vortrag über den ostpreußischen Heimatdichter Alfred Lau, dem „Kenner und Hüter der ostdeutschen Mundart“. Sie schilderte sein Leben und die Bedeutung seines Schaffens. Der Verfasser der „Augustbriefe“ und „Schabbelbohnen“ hatte sich nie für einen Dichter gehalten und sich auch nie als solchen ausgegeben, er wollte lediglich mit der ihm verliehenen Gabe das Leben von der fröhlichen Seite nehmen und recht vielen anderen Menschen Freude bereiten.

Lau ist seinen Landsleuten mehr geworden als allein der beliebte Humorist. Die von ihm veröffentlichten und viel gelesenen Dialektarbeiten erfreuen nicht nur alt und jung, hoch und niedrig durch ihren harmlosen Humor, sondern sie führen gleichzeitig in reizvoller Ungezwungenheit in den mannigfachen, unerschöpflichen Reichtum unseres Heimatdialektes ein. Lau hat sich um die Wiederbelebung und Erhaltung alten wertvollen heimatlichen Kulturgutes verdient gemacht. Einige der bekanntesten mundartlichen Dichtungen wurden gelesen von Hans-Jürgen von Hippel.

Während der Veranstaltung trat ein neues Mitglied der Landsmannschaft bei, zwei weitere Anwesende ließen sich Eintritts formulare mitgeben. „Ich hoffe, dass die Mitgliederentwicklung unserer Landsmannschaft auch in diesem Jahr ähnlich positiv wie im letzten Jahr verläuft. 2016 nahmen wir neun neue Mitglieder auf“, verkündetet der Vorsitzende Peter Gerigk stolz. Die gelungene Veranstaltung klang aus mit dem Singen des Ostpreußenliedes.

Flensburg – Mittwoch, 29. März 15 Uhr, AWO-Stadtteilcafe: Kaffeetafel mit Gesprächen unter dem Motte „Meine Vorfahren stammen aus den Kreisen Osterode und Mohrungen. Woher stammen Ihre?“ – Dienstag, 4. April, 19 Uhr, Restaurant Borgerforeningen: Preußische Tafelrunde. Anmeldungen bei Wolfgang, Kanstorf, Telefon (0461) 64847.

Büdelsdorf – Zum Märzanfang hatte die Vorsitzende der Ost- und Westpreußen in Büdelsdorf, Friedgard Hornischer, zu einem ganz besonderen Treffen eingeladen. In einem Diavortrag berichtete der Landesvorsitzender Edmund Ferner über „Kuba, Geschichte, Politik, Land und Leute“.

Der zur Verfügung gestellte Raum im Gemeindezentrum der Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Vortrag, zwei Stunden lang, sollte für die Besucher zu einem besonderen Erlebnis werden. Doch zunächst lud die Vorsitzende zum Kaffeetrinken ein, obwohl gerade erst der Fastenmonat begonnen hatte. Aber so ist es mit Vorsätzen! Zum Schluss der Veranstaltung wurden alle Teilnehmer mit einem üppigen Abendbrot verwöhnt.

Aber zurück zur Kubareise: Ferner hatte die „Zuckerinsel“ zum neunten Mal angesteuert. Er und seine ostpreußische Mitreisenden erhielten diesmal als erste deutsche nichtkommunistische Reisegesellschaft einen Staatsempfang durch den Vizepräsidenten Elio Gomez in Havanna. So erlebten die Ostpreußen, wie sich Kuba unter Raul Castro schrittweise öffnet.

Neben einer Stadtrundfahrt in Havanna und dem Besuch der zum Weltkulturerbe erhobenen historischen Altstadt erwies man mit einem Abstecher nach Cojini Ernst Hemmigway die Ehre. Er hatte den Ort zu seinem Lieblingsfischerort erklärt, von wo aus er seine Hochseeangeltouren startete. Der Besuch einer Rumfabrik und einer Tabakfarm stand ebenso auf dem Programm, wie die nicht minder interessante Fahrt mit einem Motorboot durch die Mangrovensümpfe des Nationalparks Cienegre. In Santa Clara wurde natürlich das Mausoleum des Ernesto Che Guervara besichtigt. Personernkult gebe es in der Zeit von Raul Castro, seit 2008 Staatspräsident, nicht mehr, berichtete Ferner.

Bei der Rückfahrt an die Küste ins nahe gelegene Trinidat erlebte die Reisegruppe das kubanische Leben in Reinkultur. Musik, über Musik. Freundliche, lustige Menschen, ein stolzes Volk. Zum Schluss der Reise konnten die Ostpreußen noch einen zauberhaften Badeurlaub in Varadero erleben.

Der Referent konnte zu den wunderschönen Bildern auch viele interessante Begebenheiten erzählen. Mit großem Applaus wurde er belohnt. Ein erlebnisreicher Nachmittag in Büdelsdorf ging zu Ende, als der Landesvorsitzende von Friedgrad Hornischer einen edlen Tropfen von der Kellerei Büdelsdorf überreicht bekam.

Mölln – Mittwoch, 22. März, 15 Uhr, Quellenhof: Monatliche Zusammenkunft. „Bernstein, Goldenes Fenster zur Vorzeit“, lautet das Thema der Versammlung. Der Erste Vorsitzende, Carsten Gröhn, vom Arbeitskreis Bernstein, Verein zur Förderung des Geologisch-Paläontologischen Museums der Universtät Hamburg wird darüber berichten. Schriftführer Joachim Oelers: „Wir freuen uns auf einen spannenden und interessanten Vortrag.“


Film ab!
Kulturseminar – noch wenige Plätze frei

Vom 28. bis 30. April findet das Kulturseminar zum Thema „Die Darstellung von Flüchtlingsschicksalen im deutschen Spielfilm nach 1945“ in der Politischen Bildungsstätte in Helmstedt statt. Nach einem kurzen Einführungsvortrag von Evelyn Hampicke vom Bundesarchiv werden unterschiedliche Interpretationen der ostpreußischen Thematik gegeneinandergestellt.

Gezeigt wird der zweite deutsche Spielfilm der Nachkriegszeit „Freies Land“, ein authentischer Bericht über das Schicksal von Flüchtlingen in einem Dorf in der Westprignitz (Mark Brandenburg). Welche Schwierigkeiten beim Aufeinandertreffen einer Gruppe „Umsiedler“ auf eine alteingesessene Dorfgemeinschaft entstehen, schildert das Regiedebüt von Artur Pohl „Die Brücke“. In „Ännchen von Tharau“ verlegt der Regisseur Wolfgang Schlief mit einer überzeugenden Ilse Werner in der Hauptrolle die fiktive Handlung des populären Volkslieds in die Nachkriegszeit. Im Gegensatz dazu basiert der Spielfilm „Mamitschka“ über den nachkriegsdeutschen Alltag von Vertriebenen auf einer Reportage des „Stern“. „Suchkind 312“ ist die Verfilmung eines „Hörzu“-Fortsetzungsromans aus dem Jahr 1955 und sorgte schon damals wegen seiner zu Herzen gehenden Geschichte für Aufregung bei den Lesern. Ganz ursprünglich wird es dann wieder in Teil 1 von „Schlösser und Katen“, der die gesellschaftliche Nachkriegsentwicklung der DDR auf dem Lande mit der Bodenreform aus dem Jahre 1945 thematisiert.

Die Seminargebühr beträgt 80 Euro bei Unterbringung in einem Zweibettzimmer. Anmeldeunterlagen erhalten Sie bei der Landsmannschaft Ostpreußen, Hanna Frahm, Telefon (040) 41400826, Fax (040) 41400819, E-Mail: frahm@ostpreussen.de.


S. 20 Leserforum

Leserforum

Bestätigung in allen Punkten

Zu: Warum Entwicklungshilfe in Afrika so wenig bringt (Nr. 8)

Ich habe eine Reise vom Kap bis zu den Viktoriafällen mitgemacht. Südafrika, Botswana und Simbabwe bereiste ich in einem Bus auf Strecken, die kaum vom Tourismus frequentiert werden. Unser Reiseleiter, in Südafrika als Missionarssohn aufgewachsen, seine Mutter und unsere deutschstämmige Reiseleiterin sprachen alle Afrikaans fließend. Presseschau gab es täglich.

Ich kann den Artikel von Herrn Stumfall in allen Punkten bestätigen. Hinzu kommen Gespräche mit Seeleuten, die in afrikanischen Häfen fest machten.

Der Niedergang Afrikas begann mit der Borniertheit der Europäer, den Ureinwohnern unsere Lebensphilosophie aufzuzwingen. Die Kirche, die Kolonialmächte, der Machtkampf zwischen den politischen Weltlagern und die Entkolonialisierung haben Afrika zu dem gemacht, was es heute ist. Der Reichtum an Bodenschätzen und Edelhölzern hat bis in die Gegenwart Begehrlichkeiten geweckt.

Bis auf wenige funktionierende Bereiche sind die Afrikaner ihres Maniokanbaus entwöhnt und zu Nahrungsmittelempfängern der rivalisierenden politischen „Helfer“ geworden. Struktur- und mentalitätsbedingt haben Afrikaner eine andere Lebensauffassung, die man zu berücksichtigen hat.

Für mich ist das ehemalige Rhodesien der Klassiker für den Zerfall Afrikas nach der Entkolonialisierung. Cecil Rhodes hatte ein blühendes Land aufgebaut und hinterlassen. Das heutige Simbabwe ist an Dummheit, Korruption und selbst verursachter Armut kaum zu übertreffen. Sie verkaufen ihre eigene, nicht mehr gültige Währung als Souvenir. Der Tourismus mit dem Souvenirverkauf ist die einzige Sparte, die funktioniert. Eine Loggia ist für einen normalen Einwohner wie für uns ein Raumschiff. Unerreichbar.

Europa sollte keinen Zoll auf den Import von Waren aus Afrika erheben. Dann könnten wir eventuell die Massenflucht ein wenig verringern. Für eine Flasche Amarula bezahle ich in Kapstadt

16 Euro, im deutschen Angebot 9,99. Die Politik sollte den Unternehmen in Afrika auf die Finger schauen und sich selber auf die Fahnen schreiben: „Du machst mit Gewalt keinen Ochsen trächtig!“ Ich glaube, der Egoismus der Menschen wird über die Vernunft siegen. Die biologische Spezies Mensch wird sich selbst negieren.

Peter Karstens

 

 

Doppelstaatler wollen »Rosinenpickerei« betreiben

Zu: Kein Mitleid (Nr. 9)

Seit der Festnahme des „deutschen“ Reporters Deniz Yücel in der Türkei ist die Berichterstattung davon überzeugt, dass Herr Erdogan die Presse, in diesem Fall die „deutsche“ Presse, anklagt, den Terrororganisationen, die Unheil in der Türkei anrichten, Hilfestellung zu leisten. Der türkische Präsident beschuldigt den Türken Yücel, für Deutschland Artikel zu schreiben, die dem türkischen Volk schaden. In Deutschland setzt man sich dafür ein, dem Deutschen Gerechtigkeit zukommen zu lassen und ihn wieder freizulassen. Wir hier lesen und hören unsere Berichte, die Türken, ob hier oder in der Türkei, dagegen die der türkischen Presse. Anscheinend berichten beide Seiten korrekt, nur der Blick­winkel ist unterschiedlich. Stellt sich mir die Frage der doppelten Staatsbürgerschaft.

In Deutschland versuchen wir dem Deutschen zu helfen, in der Türkei wird ihm als Türke der Prozess gemacht. Kann man dabei neutral sein? Ist also eine doppelte Staatsbürgerschaft etwas Gutes oder doch etwas Schlechtes? Denke ich über diese doppelte Staatsbürgerschaft nach, kann ich nicht umhin, mir die Frage zu stellen, warum sich Menschen dazu entscheiden, zwei Staatsbürgerschaften haben zu wollen. Ich komme dabei zu dem Ergebnis, dass die Betroffenen damit versuchen, aus beiden Systemen Nutzen zu ziehen. Geht es jedoch um Pflichten, so entzieht man sich gern.

Mir ist ein Fall in Erinnerung, da ein „Deutscher“, der auch „Türke“ war, jedoch nicht seine Wehrpflicht in Deutschland ableisten wollte, als er zu einem Urlaub in die Türkei reiste, dort festgehalten und in die türkische Armee einberufen wurde. Pech gehabt, könnte man meinen. Nach meiner Meinung jedoch sollte sich jeder Mensch entscheiden, bin ich Deutscher oder Staatsbürger eines anderen Landes. „Rosinenpickerei“, dieses Wort hat unsere Bundeskanzlerin kürzlich gebraucht, dabei ging es allerdings um den Brexit. Mir gefällt dieser Ausdruck auch, wenn man von der doppelten Staatsbürgerschaft spricht.

Ich gehe davon aus, dass weiter in der deutschen Presse um die Unschuld des „Deutschen“ Yücel gerungen wird und in der türkischen Presse man darum kämpft, diesen „Verräter“ hart zu bestrafen.

Gerhard Hahl

 

 

Für mich sind das Antisemiten

Zu: Rot-Rot-Grün gegen jüdisches Erbe (Nr. 8)

Ich wohne in Berlin, und seit Jahren beobachte ich den Verfall der Stadt, politisch und allgemein. Es ist nicht verwunderlich, dass „Politiker“, allen voran Bürgermeister Müller, im Schlepptau Kollatz-Ahnen, Lompscher, Schellenberg und so weiter, für ihre Lieblingsklientel, die sogenannten unbegleiteten Flüchtlinge, alles unternehmen, um es ihnen hier so schön wie möglich zu machen. Was schert da schon jüdisches Erbe, welches der Leonorenpark ist? Was interessieren Bäume, die 100 Jahre alt sind? Was sind Senioren wert, die nach dem unsäglichen Zweiten Weltkrieg diese Stadt wieder aufgebaut haben und nun nur etwas spazieren gehen wollen? Ja direkt daneben ist ein Seniorenstift. Hauptsache, man kann sich in der üblichen linken Arroganz bedienen, wie es gefällt.

Rechtsstaatlichkeit spielt keine Rolle. Fällgenehmigungen lagen wohl nicht vor. Selbst wenn diese hektisch erteilt worden wären, verstießen sie gegen die Berliner Baumschutzverordnung sowie gegen das Naturschutzgesetz des Bundes. Einen Aufschrei der Verantwortlichen von NABU, BUND oder WWF hat es nicht gegeben. Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen wurden nicht gestellt. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Die ganze Sache war Staatsmedien wie RBB und Zeitungen der Stadt nur wenige Augenblicke wert. Man nennt dies „Randnotiz“. Ich nehme mir das Recht heraus, die Verantwortlichen als Antisemiten zu bezeichnen, da laut Definition der linksradikalen „Antonio-Amadeo-Stiftung“ Personen, die jüdische Friedhöfe und Einrichtungen schänden, Antisemiten sind. Die ganze Sache ist umso verächtlicher, als die Verantwortlichen des ehemaligen Senats unter Wowereit den Hinterbliebenen der jüdischen Familie den Erhalt, die Pflege und das Andenken zugesichert haben.

Sven Weller

 

 

Höcke wird zum Problemfall gemacht

Zu: Problemfall (Nr. 9)

Dieser Beitrag ist für mich ein Problemfall: Belegt durch mehrere Institute sanken die Umfragewerte der AfD nicht durch Björn Höcke, sondern erst durch die Nominierung von Martin Schulz als Kanzlerkandidat der SPD. Ganz offensichtlich hat es sich noch nicht herumgesprochen, dass dieser Mann, der so gern von sozialer Gerechtigkeit faselt, selbst zu den größten Absahnern gehört. Er, der an der EU-Spitze stand, hätte schon längst die dortige Selbstbedienungsmentalität beseitigen müssen.

Höcke ist kein Problemfall der AfD, er wird dazu gemacht. Ständig werden ihm Aussagen unterstellt, die er so nicht gesagt hat. Wenn man die linke Seite vertritt, ist alles erlaubt. Gab es einen Aufschrei, als die Grünen-Politikerin Göring-Eckardt kürzlich sagte, „die Frauenkirche in Dresden ist wieder aufgebaut, die von den Nazis zerstört worden ist“ – so als hätten Deutsche ihre eigenen Landsleute bombardiert? Ungeheuerlich!

Die Geschichtsschreibung der Sieger hat den Deutschen das Rückgrat gebrochen und die Deutschen, die sich ihr Rückgrat bewahren konnten, geraten oftmals in ihrer Verzweiflung außer Kontrolle, wenn sie sehen und erleben, wie unser Vaterland heruntergewirtschaftet wird. Wissen Sie, wie viele Deutsche inzwischen nachts nicht mehr schlafen können aus Sorge um die Zukunft ihrer Kinder und Enkel?

Herrn Höcke geht es nicht anders. Er hat vier Kinder und Geschichte studiert, ihn treibt die berechtigte Sorge um den Fortbestand unseres Vaterlandes, das in höchster Gefahr ist.

Irmgard Reich


S. 21 Lebensstil

Einen Penny für Big Ben
Londons berühmtes Wahrzeichen verstummt für einige Zeit – Der Uhrenturm wird ab diesem Frühjahr aufwendig restauriert

Tausende London-Touristen fotografieren sich täglich vor dem Big Ben. Sie lauschen der Melodie seines Glockenspiels und seinem Stundenschlag. Wer demnächst in die britische Hauptstadt reist, wird ihr berühmtes Wahrzeichen halbversteckt hinter einem Baugerüst erblicken. Dann dürfte es schwierig werden, Fotos zu machen, da immer nur eines der vier Zifferblätter der Uhr zu sehen sein wird.

Der imposante Uhrenturm Big Ben ist der wohl bekannteste Teil des englischen Parlamentsgebäudes (Palace of Westminster). Seit 1923 sendet der BBC-Rundfunk täglich den Westminster-Schlag des Big Ben in den Äther, genannt „The Voice of Britain“ – direkt übertragen durch ein im Glockenschacht eingebautes Mikrofon. Für veranschlagte 37 Millionen Pfund werden der Turm und seine Uhr ab Frühjahr 2017 gründlich restauriert, erstmals nach über 30 Jahren. Die Vorbereitungen für die Einrüstung des Turms haben bereits begonnen.

Aufgrund der anstehenden Re­staurierungsarbeiten wird die Uhr demnächst schon zeitweilig angehalten. Dann verstummt auch das Geläut. Wie das Pressebüro des Parlaments bekannt gab, wird die Uhr des Big Ben voraussichtlich ab der zweiten Jahreshälfte 2017 für mehrere Monate dauerhaft stillgelegt. Für die Arbeiten am Turm sind drei Jahre vorgesehen.

Zusammen mit der Westminster Abbey und dem Palace of Westminster zählt der 96 Meter hohe Big Ben seit 1987 zjum UNESCO-Weltkulturerbe. Er wurde 1858 fertiggestellt, zu­gleich mit dem Neubau des Palace of Westminster. Big Bens neugotische Fassade wird von seiner großen Turmuhr (Great Clock of Westminster) geprägt, mit einem Zifferblatt auf jeder der vier Turmseiten. Lange Zeit war seine Uhr die größte der Welt, und noch heute ist sie der genaueste öffentliche Zeitmesser. Außerhalb Großbritanniens dürfte kaum bekannt sein, dass die offizielle Bezeichnung für den Big Ben bis 2012 schlicht „Clock Tower“ lautete. Anlässlich des diamantenen Thronjubiläums von Queen Elisabeth II. erfolgte durch Parlamentsbeschluss eine Umbenennung zu „Elisabeth Tower“.

Sein Spitzname Big Ben ist dabei jedoch nicht abhandengekommen. Er ging vom Kosenamen der schwersten der fünf Glocken im Innern des Turmes auf den Turm selbst über. Die Glocke Big Ben (Great Bell of Westminster), schlägt zur vollen Stunde, sobald die Melodie des Schlagwerks verklungen ist. Die übrigen vier Glocken (Westminster Chimes) schlagen jede Viertelstunde eine bestimmte Tonfolge und stündlich die vollständige Melodie des Westminster-Schlags. Weltweit wird diese Melodie für Uhren, Türklingeln und Schulglocken verwendet.

Die Glocke Big Ben wiegt ganze 13,4 Tonnen und ist damit das drittschwerste Geläut in ganz England. Ihren Beinamen bekam sie wahrscheinlich im Angedenken an den Politiker Sir Benjamin Hall, der in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts den Parlamentsneubau leitete. Zum Zeitpunkt der Installation der Glocke war er Arbeitsminister. Der Stundenschlag teilte damals den Arbeitstag der Menschen ein und gab ihnen den Hinweis auf Anfang und Ende der Schichten. Eine andere Erzählung erwähnt den damals populären Schwergewichtsboxer Ben Caunt als Namengeber. 

Seit dem Bau des Glockenturms ist die Uhr fast ununterbrochen im Einsatz. Chef-Konservator Steve Jaggs hat versichert, dass sein Expertenteam dafür Sorge tragen werde, Englands berühmteste Uhr und bedeutendes nationales Kulturerbe für künftige Generationen zu bewahren. Die Prozedur sei aber komplex und auch wegen der Größe des Uhrwerks eine Herausforderung. Gleichzeitig mit der Restaurierung der Uhr werden Schäden an den Steinelementen des Turms beseitigt und es wird ein Lift eingebaut. Die Uhr befindet sich in 55 Metern Höhe – dreimal in der Woche steigt ein Mechaniker die 334 Stufen der Wendeltreppe im Turm hinauf, um das schwere Ge­wicht hochzukurbeln, welches das Uhrwerk in Gang hält.

Bis auf 61 Meter Höhe ist der Elisabeth Tower aus Back­steinen und Kalkstein gebaut, darüber wurde aus strukturellen Gründen Eisen verwendet. Die vier Uhren befinden sich in 55 Meter Höhe über dem Erdboden und haben einen Durchmesser von sieben Metern.

Edward John Dent und sein Stiefsohn Frederick sind die Schöpfer des technischen Meisterwerks. Die Minutenzeiger sind 4,3 Meter lang, die Stundenzeiger 2,74 Meter. Das Pendel schlägt alle zwei Sekunden aus. Hin und wieder wird es mit einem simplen Trick reguliert: Ein Penny, auf den Kopf des Pendels gelegt, beschleunigt die Uhr um genau vier Zehntel Sekunden in der Stunde. Das Uhrwerk mit einem Gewicht von fünf Tonnen verlegten die Konstrukteure in einen separaten Raum darunter. Dass es zu den genauesten der Welt gehört, erwies sich, als die Uhr im Bombenkrieg 1941 weiterhin akkurat die Zeit angab. 1949 sorgte eine Schar Stare für eine mehrminütige Verspätung. Sie hatten sich auf einem Minutenzeiger niedergelassen, sodass er nicht mehr vorrücken konnte.

Die Glocken schwingen nicht im Turmschacht, sie sind fixiert. Ein Hammer schlägt sie von außen an. Bevor die Stundenglocke Big Ben zum Einsatz kam, geschahen mehrere Unglücksfälle. Ihr 16 Tonnen schwerer Vorgänger wurde 1857 aufwendig mit einem Schiff aus Nordengland nach London transportiert, zerbarst aber beim Schauläuten zur ebenen Erde. Aus den Trümmern stellte eine Londoner Gießerei eine neue Glocke her. Sie wog nur 13,4 Tonnen, doch dasselbe Malheur passierte erneut: Durch den Hieb eines zu schweren Hammers entstand ein Riss. Die Glocke war schon im Glockenschacht installiert und blieb über dem Uhrwerk hängen. Nach vier Jahren drehte man sie um 90 Grad, so dass der Hammer nicht mehr die beschädigte Stelle traf.

Seit Juli 1859 zählt sie nun schon die Stunden. Ihr sonorer Klang ist in einem Umkreis von 14 Kilometern zu hören. Von der Melodie des Schlagwerks heißt es, sie sei die Variation einer Taktfolge der Arie „I Know That My Redeemer Liveth“ (Ich weiß, dass mein Erlöser lebt) aus dem „Messias“ von Georg Friedrich Händel. Deshalb wird die Melodie auch in Händels Geburtsstadt Halle (Saale) von den Uhrglocken des Roten Turms gespielt.

Jährlich hat der Big Ben rund 12000 Besucher. Wer sich das mächtige Uhrwerk und die Glocke Big Ben ansehen möchte, muss sich über einen Parlamentsabgeordneten für eine geführte Tour anmelden – und britischer Staatsbürger sein.           D. Jestrzemski


Ein Mauerblümchen blüht groß auf
Italien hat mit Pistoia seine eigene Kulturhauptstadt 2017 gewählt – Die toskanische Stadt soll aus dem Schatten von Florenz hervortreten

Der Titel „Kulturhauptstadt“ hat sich als Erfolgsrezept erwiesen, mit dem Kulturpolitiker geschichtsträchtige Städte, die touristisch ein Schattendasein führen, ins Rampenlicht rücken und zu einem intensiven Kulturprogramm verpflichten. Italien übernimmt das bewährte Konzept und ernennt eigene Orte.

Noch immer gilt Griechenland als Wiege der europäischen Kultur, selbst wenn manche Forscher diese gerne weiter nach Osten verschieben möchten. Es ist daher auch kein Wunder, dass die Geburtsstunde der Europäischen Kulturhauptstadt (bis 1998: Kulturstadt Europas) auf einen Vorschlag der damaligen griechischen Kulturministerin Melina Mercouri zurückgeht, dem die im Europäischen Rat für Kulturfragen zuständigen Minister 1985 folgten und seitdem alljährlich eine Europäische Kulturhauptstadt – seit 2004 mindestens zwei – benennen und mit jeweils 1,5 Millionen Euro ausstatten.

Die erste Kulturhauptstadt 1985 war Athen. Deutschland war bisher dreimal vertreten: 1988 West-Berlin, 1999 Weimar, 2010 Essen und das Ruhrgebiet. 2017 tragen Aarhus in Dänemark und Paphos auf Zypern den prestigeträchtigen Titel. Italien, Europas Kunstkammer schlechthin, war 1986 mit Florenz, 2000 mit Bologna und 2004 mit Genua dabei. Mit Matera steht die Apenninenhalbinsel 2019 erneut auf der Liste und dann erst wieder 2033. Zu selten, hieß es in Italien und rief daher letztes Jahr erstmalig eine nationale Kulturhauptstadt aus.

Den Reigen eröffnete 2016 die nur einen Steinwurf vom Gardasee entfernte lombardische Provinzhauptstadt Mantua mit ihren nicht einmal 50000 Einwohnern. Die von 1328–1707 von der Fürstenfamilie der Gonzaga regierte Stadt gehört als Kunstmetropole zwar schon seit 2008 zum UNESCO-Weltkulturerbe, blieb aber trotzdem ein Ge­heimtipp.

Seit 2016 hat sich das geändert. Um Mantuas Hauptattraktion, den Herzogspalast mit seinen über 500 Räumen auf 34000 Quadratmetern Fläche, an internationale Museumsstandards an­zupassen, bewilligte die Regierung nicht nur zwölf Millionen Euro, sie holte als Direktor auch einen Fachmann aus dem Ausland: den österreichischen Kulturmanager Peter Assmann. Nicht ohne historischen Hintersinn, regierten in Mantua mit Unterbrechungen doch von 1707 bis 1866 die Habsburger.

Unter Assmann verdoppelte der Palazzo Ducale 2016 mit 367000 Personen seine Besucherzahl und kletterte von Platz 16 auf Platz elf im Ranking von Italiens meistbesuchten Kunstsammlungen. „Es ist schön festzustellen, dass sich Kulturtourismus in Italien nicht nur auf Venedig, Florenz und Rom beschränkt. Besucher entdecken, dass Italiens Kulturhorizont viel breiter ist“, resümiert der Museumschef. 2017 soll Mantua nach dem Willen des Österreichers zusammen mit den lombardischen Städten Cremona, Brescia und Bergamo im Rahmen des europäischen Projekts „Erg 2017“ Europas gastronomische Hauptstadt sein. Dazu ist im April im Palazzo Ducale eine große kulturhistorische Ausstellung zum Thema Gastronomie geplant.

Auf ähnlichen Erfolg hofft Pistoia als Italiens Kulturhauptstadt 2017. Begegnet man in Mantua Meisterwerken der Renais­sance von so schillernden Künstlern wie Leon Battista Alberti, Andrea Mantegna oder Giulio Romano, kann die romanisch-gotisch geprägte toskanische Musterstadt Pistoia mit ihren rund 90000 Einwohnern die Nähe zu Florenz, in dessen politischem Machtbereich sie lange lag, nicht leugnen. Schon auf den ersten Blick fällt am Hauptplatz dieses „Klein-Florenz“ die grün-weiß gestreifte Marmorverkleidung von Dom, Campanile und Taufkapelle auf. Besonders prächtig schmückt der sogenannte Florentiner Inkrustationsstil nur zwei Straßen weiter die Kirche San Giovanni Fuorcivitas.

Aus Florenz bekannte Namen glänzen auch hier: Andrea Pisano, der das ebenfalls achteckige Baptisterium entworfen hat, und Giovanni Pisano, dem die großartige Kanzel von Sant’Andrea zu verdanken ist. Oder die auf glasierten Ton spezialisierte Della-Robbia-Werkstatt, die den frisch re­staurierten Fries mit den Werken der Barmherzigkeit am Ospedale del Ceppo schuf, einem 1277 gegründeten Hospiz. Bis 2013 diente es als Krankenhaus. Heute erinnert darin ein Museum an Pistoias Rolle in der Medizingeschichte. Ein toskanisches Hauptwerk schlechthin ist der Silberaltar des heiligen Jakobus im Dom, an dem über 200 Jahre Generationen erstklassiger Goldschmiede arbeiteten.

Doch Pistoia schöpft nicht nur aus der Vergangenheit. Mit Marino Marini (1901 bis 1980) besitzt die Stadt einen Sohn, der zu den größten zeitgenössischen Bildhauern zählt. Mit seinem bevorzugten Thema „Pferd und Mensch“ gelang dem Pistoieser der internationale Durchbruch. Seine Reiterplastiken sind weit verbreitet und stehen vor der Neuen Pinakothek in München genauso wie vor dem Peggy Guggenheim Museum am Canal Grande in Venedig.

Dem Werk angemessen sind die Marino-Marini-Museen. In Pistoia zeigt der gesamte frühere Klosterkomplex des Ordens Sant’Antonio (oder del Tau) am Corso Silvano Fedi 72 die Arbeiten des Bildhauers. Im 35 Kilometer entfernten Florenz haben über 200 seiner Werke in der ehemaligen Kirche San Pancrazio an der gleichnamigen Piazza eine museale Heimat gefunden.

Als Ergänzung wird dem Künstler 2017 eine umfangreiche Retrospektive gewidmet, die sich erstmals eingehend mit den Vorbildern des Künstlers auseinandersetzt. Dabei werden Marinis Arbeiten nicht nur andere Hauptwerke des 20. Jahrhunderts ge­genübergestellt. Auch beispielhafte Skulpturen der ägyptischen, griechischen und etruskischen Antike, des Mittelalters, der Renaissance und des 19. Jahrhunderts sollen zeigen, wie diese von Marini und anderen Künstlern seiner Zeit bewusst neu interpretiert wurden. Die vielversprechende Ausstellung unter dem Titel „Marino Marini. Visual Passions“ ist zuerst in Pistoia im Palazzo Fabroni zu sehen (16. September bis 7. Januar 2018) und anschließend in Venedig im Peggy Guggenheim Museum (bis 1. Mai 2018).         Helga Schnehagen

Info-Film: www.pistoia17.it/it/. Programm: Ganzjährig mit 250 Terminen: Kunstausstellungen, Theater- und Musikaufführungen, thematische Führungen, Festivals. Tradition: Palio Giostra dell’Orso, Stadtfest „in costume“ mit Pferderennen à la Siena am 25. Juli. Sistema Museale: Sammelticket für mehrere Museen.


S. 22 Bücher im Gespräch

Europa soll liefern
Henry Kissinger mahnt zu einem neuen Ordnungskonzept

Das Thema „Weltordnung“ ist hochaktuell, wie auch die Wahlkampf-Äußerung des neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump belegt, dass die USA aufhören müssten, anderen Ländern ihre Werte aufzudrängen.

Einer, der sich um die veränderte Lage in der Welt sorgt, ist der ehemalige US-Außenminister und Sicherheitsberater vieler US-Präsidenten Henry Kissinger. Als erfahrener und hochgeschätzter Staatsmann gestaltete der heute 91-jahrige Harvard-Professor und Friedensnobelpreisträger lange Zeit persönlich die Weltläufe mit.

In seinem Buch mit dem einfachen Titel „Weltordnung“ gibt er eine Übersicht über die geschichtliche Entwicklung der Bemühungen von Staaten um eine allgemein verbindliche und vor allem friedliche Ordnung. Die aktuelle Entwicklung zeige aber, dass die bisherige Weltordnung überholt sei und eine neue gefunden werden müsse.

Was unsere Zeit als Ordnung verstehe, sei vor fast 400 Jahren auf einer Friedenskonferenz in Westfalen entstanden. Vorausgegangen war ein Jahrhundert religiöser Konflikte und Umwälzungen in Europa, die im Dreißigjährigen Krieg gipfelten.

An der Konferenz nahmen damals nicht alle Kontinente oder Zivilisationen teil, und dennoch wurden die getroffenen Vereinbarungen Grundlage neutraler Verhaltensregeln und für die Schlichtung von Konflikten. Jeder Herrscher hatte nach den Regeln des Westfälischen Friedens dieselben Rechte. Daneben existierte in einem großen Teil der zwischen Europa und China liegenden Gebiete das „andersartige universale Weltordnungskonzept des Islam“.

Henry Kissinger spannt einen interessanten Bogen der Geschichte von hohem Informationswert. Er geht auf Großreiche ein, die neben Europa und den USA den Lauf der Geschichte beeinflussten wie der Iran, China und Russland. Interessant sind seine Betrachtungen zum Iran, der sich dem westlichen Wertesystem nie verpflichtet gefühlt habe. Oder auch China, das sich bis zum heutigen Tage als Reich der Mitte sieht und sich nie wirklich in die Karten schauen ließ.

Im Aufstieg Preußens sieht Kissinger eine Zäsur, welche die Machtbalance in Europa verschoben habe. Otto v. Bismarck habe nach seiner Berufung zum preußischen Ministerpräsidenten 1862 mit der Umsetzung seiner Gedanken die europäische Ordnung verändert, indem er zwischen 1862 und 1870 Preußen an die Spitze eines geeinten Deutschlands setzte und diesen Staat ins Zentrum eines neuen Ordnungssystems rück-te: „Mit der Vereinigung Deutschlands war ein dominanter Staat entstanden, der stark genug war, um alle Nachbarn einzeln und vielleicht sogar alle Kontinentalmächte zusammen zu besiegen.“

Die USA beschreibt er als Nation, die sich selbst als friedliebend empfindet und sich auf Demokratie und Gleichberechtigung beruft. Er schildert ihren Aufstieg zur Weltmacht, bei dem die Vereinigten Staaten eine Schutzfunktion für Bündnispartner, aber auch für schwache Staaten übernommen hätten. Heute seien sie eine ambivalente Weltmacht, schwankend zwischen idealistischen und isolationistischen Tendenzen. „Ein Land, das bei der Suche nach einer Weltordnung eine unverzichtbare Rolle spielen muss, sollte sich zuerst einmal die Aufgabe stellen, mit dieser Rolle und sich selbst ins Reine zu kommen.“ Angesichts der Gefahr eines neuen Kriegs „Aller gegen Alle“ durch die weltweiten Krisen blieben die USA als Weltmacht unverzichtbar.

Kissinger sieht den Machtausgleich durch Veränderungen in der modernen Welt bedroht. Ein Austausch von Informationen sei zwar jederzeit möglich, es fehle aber das Verständnis füreinander. Er geht auch auf die Rolle Amerikas als Weltgewissen ein, setzt sich aber wenig kritisch mit den Verstößen gegen die eigenen Prinzipien dieser Weltmacht und ihrer Verantwortung an den Kriegen der Neuzeit auseinander. Bei der Analyse der Hybris und dem Verkennen der Realität, welche dazu geführt haben, dass die USA ihre Rolle als Weltherrscher nicht länger aufrecht erhalten können, bleibt er recht vage.

Von Europa erwartet er stattdessen konstruktive Beiträge wie beim Westfälischen Frieden von 1648. Europa müsse sich entscheiden, wie es seine Einheit erlange. Er hofft, dass das transatlantische Bündnis fortbesteht und nicht einzelne nationale Interessen überwiegen.

Kissinger hat eine umfangreiche und sehr lesenswerte geschichtliche Betrachtung geliefert, aus der heraus sich die Konflikte der Gegenwart erklären, einen Lösungsansatz bleibt er allerdings schuldig. Er weiß lediglich, dass eine neue Weltordnung her muss.

                Manuela Rosenthal-Kappi

Henry Kissinger: „Weltordnung“, Pantheon Verlag, München 2016, broschiert, 478 Seiten, 14,99 Euro


Todsicheres Geschäft
Roman einer Königsbergerin

Die Fertigung von Grabsteinen ist im wahrsten Sinne des Wortes ein „todsicheres Geschäft“. Und so lautet nicht nur das Motto der Protagonistin Agnes Weisgut, sondern auch der Buchtitel „Gestorben wird immer“.

Alexandra Fröhlich zeichnet den Lebensweg einer Frau nach, die ihr Leben bis ins hohe Alter in jeder Situation selbst bestimmt. Ob als junge Frau aus dem mondänen Königsberg der 30er Jahre, die von ihren Eltern in die ostpreußische Provinz nach Groß Hubnicken verbannt wird, die Flucht gen Westen, der Neubeginn in Hamburg mit einem Steinmetzbetrieb oder wieder in der Heimat – Agnes Weisgut steht energisch am Ruder ihrer Firma und ist als matriarchalisches Familienoberhaupt unantastbar. Bis sie auf die Idee kommt, reinen Tisch zu machen und ihrer Familie zu erzählen, welche Schuld sie auf sich geladen hat.

Sie schickt ihre Enkelin Birte bis nach Litauen, um ihre Tochter Martha wieder nach Hause zu holen, die schon lange von der Familie entfremdet ist. Die Reise wird zum Road-Movie, da unerwartet noch weitere Angehörige involviert sind. Außerdem sind die Familienmitglieder heftig untereinander zerstritten und haben kein Interesse daran, dass Agnes jetzt die Familiengeheimisse endlich offenbaren will, da jeder selbst seine Leiche im Keller hat. Die drei Frauen – Agnes, Martha und Birte – verkörpern interessante Frauenpersönlichkeiten, die durch ihre Familiengeschichte tief miteinander verbunden sind, auch wenn sie versuchen, sich dem Einfluss zu entziehen. Durch die unterschiedlichen Zeitstränge – 30er Jahre bis Nachkriegszeit, 1978 als Momentaufnahme und die im Jahr 2008 angesiedelte Gegenwart – bekommt man ein umfassendes Bild der Familie vermittelt.

Mit dem Buch ist der Autorin ein wunderbarer Familienroman gelungen, der die Zeitgeschichte spannend und authentisch einfängt, unterhaltsam geschrieben ist und zum Nachdenken anregt.

Britta Heitmann

Alexandra Fröhlich: „Gestorben wird immer“, Penguin Verlag, München 2016, broschiert, 336 Seiten, 13 Euro


Wilde Schatzsuche
Vielfältiges zum Entdecken

Bunte Flaggen und Wimpel an den Masten der Segelschiffe sind nicht nur eine Zierde, sondern sie enthalten wichtige Informationen. Es gibt  ein internationales Signalbuch, damit Seeleute aller Länder die Anordnung der Flaggen verstehen. „Wachsysteme auf See“ ist nur ein Thema von vielen spannenden Wissensseiten in dem  Buch „Das große Wissens-Sammelsurium“ aus dem Gerstenberg-Verlag.

Nicht zum Nachschlagen ist es gedacht, sondern zum Spaß am Stöbern. Da geht es um „Knoten aller Art“, um das Sonnensystem, das menschliche Skelett, den Aufbau der Atome, das Morse-Alphabet, die Bauteile des Fahrrades und vieles mehr.

Der Engländer Richard Platt hat bis heute an mehr als 70 Büchern, hauptsächlich für Kinder, mitgearbeitet. Es gelingt ihm, schwierige Dinge einfach und verständlich zu erklären.

Tiefgründiges Wissen zum Entdecken, hübsch bebildert zum besseren Verständnis der Themen, so macht Wissensaneignung Spaß.             Silvia Friedrich

Richard Platt/James Brown: „Das große Wissens-Sammelsurium. Vom Seemannsknoten bis zum Sonnensystem – nützliches und unnützes Wissen für Schlauköpfe“, Gerstenberg-Verlag, Hildesheim 2017, gebunden, 64 Seiten, 19,95 Euro


Hilfe für »entlassene Väter«
Andrea Micus bietet mit ihrem Ratgeber Lösungsansätze

Wenn eine Familie durch die Trennung der Eltern auseinandergerissen wird, bleiben die Kinder fast immer bei der Mutter. Den Vätern bleibt oft nur der Gang zu den Behörden, um Besuchszeiten und Regeln für den Umgang mit ihren Kindern auf Grundlage der neuen Situation festlegen zu lassen. Aufgrund einer feindseligen Einstellung der Mütter haben Millionen Väter, meist , unfreiwillig und dauerhaft den Kontakt zu ihren Kindern verloren.

Die Journalistin und Buchautorin Andrea Micus kennt das Leid der alleingelassenen Väter aus der eigenen Familie. In ihren Büchern hat sie sich bisher Themen aus dem Bereich Ehe und Kinder-erziehung gewidmet. Ihr neues Buch trägt den Titel „Väter ohne Kinder. Was für Männer nach einer Trennung auf dem Spiel steht“ und verweist damit auf die gesellschaftliche Relevanz einer Problematik, die außer den Vätern auch eine große Zahl von Kindern sowie die Großeltern aus Trennungsfamilien betrifft.

Im Mittelpunkt stehen sechs Fallgeschichten betroffener Männer, die aus ihrer subjektiven Sicht ihre bitteren Erfahrungen als quasi entlassener Vater schildern. Die meisten von ihnen waren von ihrer Frau oder Partnerin verlassen worden. Für sie, die sich überwiegend zuvor im Alltag engagiert um ihre Kinder gekümmert und an der Erziehung beteiligt hatten, brach eine Welt zusammen. Sie konnten und wollten sich mit dem ihnen zugewiesenen Status des unerwünschten Erzeugers nicht abfinden. Unter dem erschwerten oder abgebrochenen Kontakt zu ihren Kindern litten diejenigen am meisten, die nach einer Scheidung oder Trennung als Alleinstehende zurückblieben. Einige Beispiele zeigen: Auch wenn die Eltern schließlich eine Umgangsregelung finden, scheitern die Beziehungen zwischen Vätern und ihren Kindern manchmal, weil die Kinder den Wechsel zwischen Mutter und Vater als belastend empfinden und sich daher vom Vater zurückziehen.  

Die Autorin stellt Selbsthilfegruppen für Väter sowie Lösungsansätze für zerstrittene Elternpaare vor, die dem Wohle der Kinder dienen und die Ansprüche der Väter berücksichtigen. Wesentlich sei die Einsetzung einer Mediation innerhalb sehr kurzer Zeit nach einer Trennung, um rasch eine Einigung der Eltern  herbeizuführen. Abschließend stellt Andrea Micus Wohn- und Lebensformen vor, die es Elternpaaren ermöglichen können, sich gemeinsam um die Kinder zu kümmern.     Dagmar Jestrzemski

Andrea Micus: „Väter ohne Kinder. Was für Männer nach einer Trennung auf dem Spiel steht“, Kösel-Verlag, München 2015, broschiert, 192 Seiten, 15,99 Euro


15 Minuten Ruhm
Quoten-Putzfrau Susanne Neumann plaudert

„15 Minuten Ruhm“ hat Andy Warhol jedem Erdenbürger zugebilligt. Das gilt auch für Susanne Neumann, der Gelsenkirchenerin, die 2016 SPD-Chef Siegmar Gabriel mit ihrer „verdammt großen Klappe“ auf die Nerven ging. Mittlerweile bewahrt nur ihr Buch sie vorm Vergessen. Ghostwriter war Andreas Hock, Ex-Jurastudent, Ex-CSU-Parteisprecher, nun freier Journalist. Die Kooperation Neumann-Hock gebar ein Gemisch aus Ruhrpott-Slang („Kabüffken im Dachgeschoss“), Politjargon und Fäkalsprache. „Susi“ ist dort gelandet, wo ihr Vater sie schon sah, als sie 18 Jahre alt wurde: „Du wirst nochmal als Putzfrau enden“. Mittlere Reife im zweiten Anlauf, zwei Ausbildungen abgebrochen, mit 19 zweifache Mutter, Scheidung, Parteibuch der „Linken“. Da unter Blinden der Einäugige König ist, war Neumann als Mitglied der IG Bau gelegentliche „Quoten-Putzfrau“ in den Medien.

Im April 2016 geriet sie bei einer ARD-Talkshow mit NRW-Regierungschefin Hannelore Kraft aneinander. Kraft warb sie bei der „Linken“ ab, Neumann signierte ihren SPD-Beitritt, was Susi viel Kritik eintrug.

Doch die SPD war nicht glück-lich mit dem neuen Mitglied, das Brandt und Schröder wegen der Flexibilisierung des Arbeitsmarkts als Helfer von „Sklaventreibern“ bezeichnete, das Clement als „Filzkopp“ inmitten anderer „aufgeblasener Herren“ sah. Laut Neumann redete Gabriel nur „eine Menge Blödsinn“, dabei hatte er ihr die 15 Minuten Ruhm verschafft. Er lud sie ein, bei einer SPD-„Wertekonferenz“ am 9. Mai 2016 mit ihm auf der Bühne „Tacheles zu reden“. Dabei stellte Neumann ihre legendäre „Susi-Frage“ zur Großen Koalition: „Warum bleibt ihr bei den Schwatten?“

800 anwesende Genossen wieherten vor Vergnügen, Gabriel empfand Susi als „nicht fair“ und übersah sie fortan. Nun freut sie sich auf kommende SPD-Wahldebakel: „Die werden so auf die Fresse kriegen“, lautet ihre Prophezeiung.                 Wolf Oschlies

Susanne Neumann: „Frau Neumann haut auf den Putz. Warum wir ein Leben lang arbeiten und trotzdem verarmen“, Lübbe Verlag Köln 2017, broschiert, 223 Seiten, 15 Euro


Was ungesagt blieb
Gerhard Wisnewskis erfolgreicher Report 2017

Wieder einmal geht es bei Gerhard Wisnewski um das, was 2016 in der Presse keine Erwähnung fand, oder um Vorgänge, die zwar erwähnt, aber verzerrt oder manipuliert dargestellt wurden. Die herausragenden Ereignisse waren die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA und der Entscheidung der Briten für den Austritt aus der EU (Brexit).

Der Autor beleuchtet ausführlich, wie die Presse ihren Lesern zunächst ein vollkommen falsches Bild von der realen Lage in den Ländern gezeichnet hat, um dann „überrascht“ zu tun, als ihre herbeigeschriebenen Prophezeiungen nicht eintreten wollten. Wer es wirklich wissen wollte und sich nicht bei den Mainstream- Medien informierte, konnte auch schon vor der Wahl wissen, dass Donald Trump zumindest gute Chancen hatte, die Wahl für sich zu entscheiden.

Wisnewski beleuchtet die seltsamen Umstände des Mordes an der Labour-Parlamentarierin und EU-Befürworterin Helen Joanne Cox kurz vor dem Termin der Volksabstimmung. Kaum war sie tot, schlachteten EU-Befürworter ihren Tod schamlos aus. Eine gewisse Parallele tut sich da zum Orlando-Massaker in den USA am 12. Juni 2016 auf. Dort war ein Homosexuellen-Club überfallen worden, und viele Medien versuchten, dem Präsidentschaftskandidaten Donald Trump die (moralische) Verantwortung dafür anzulasten.

Das Jahrbuch erscheint nun zum zehnten Mal. In Folge einer Kampagne von bayerischen SPD- Politikern, die Wisnewski unter anderem vorwarfen, sich „haarsträubend“, „erschreckend“ in der „Flüchtlingskrise“ geäußert zu haben, wollte der Knauer Verlag das Jahrbuch nicht mehr verlegen. Zu seinem eigenen Schaden, wie sich erwies, denn der Kopp Verlag griff sofort zu und brachte bereits im vergangenen Jahr den Verkaufsschlager heraus. Von 2013 bis 2015 rangierte das Buch auf Platz eins der Sachbuch-Bestsellerliste in Deutschland.        Hans Lody

Gerhard Wisnewski: „Verheimlicht – vertuscht– vergessen 2017“, Kopp-Verlag, Rottenburg 2017, gebunden, 272 Seiten, 14,95 Euro


S. 23 Anzeige Rautenberg Buchhandlung

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S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Masken verrutscht / Was wir über viele unserer türkischen Mitbürger lernen, woher bloß all die »Störungen« kommen, und wie das Kalifat nach NRW gelangt

Die jesidische Kiosk-Verkäuferin beginnt zu flüstern, als wir auf das Thema Erdogan zu sprechen kommen. Hinter vorgehaltener Hand weist die zierliche junge Frau auf einen Mann, der schräg gegenüber gerade seinen Lottoschein ausfüllt. Ein Türke sei das, wispert sie mit ängstlich aufgerissenen Augen. Da müsse man vorsichtig sein, vor denen habe sie Angst.

Deutschland 2016. Ja, 2016 − die Begegnung hatte ich nämlich lange vor der jüngsten Eskalation im Verhältnis zum Neu-Osmanischen Reich. Die Bundesregierung hofft ja, dass sich das Getöse nach Erdogans Ermächtigungs-Referendum am 16. April wieder legen werde, damit sie die seichte Melodie von der „erfolgreichen Integration unserer türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger“ weiterleiern kann. Damit hatte sie die Wirklichkeit bislang kunstvoll übertönen können, bis den „Integrierten“ tausendfach die Masken verrutscht sind.

Doch mit diesem (Zweck-)Optimismus, dass bald alles wieder ruhig wird, kann ich nicht schritthalten. Zumal Erdogan im Begriff ist, sein Land wirtschaftlich derart gründlich an die Wand zu fahren, dass sein Bedarf an ausländischen Teufeln nur noch wachsen dürfte. Irgendwohin muss er den Volkszorn ja ablenken.

Das dämmert Cem Özdemir natürlich, der es schließlich besser wissen sollte als wir Herkunftsdeutsche. Daher sucht der Grünen-Promi händeringend nach Winkelzügen, wie er den Deutschen zumindest eine Mitschuld am türkischen Integrationsversagen unterjubeln kann. Selbstverständlich hat er welche gefunden: „Man“ habe mit der Integration zu spät begonnen, klagt Özdemir im Fernsehen. Wen er mit „man“ hauptsächlich meint, sollte klar sein: Die Deutschen haben es vermasselt.

Na klar, ich wandere in ein Land aus, setze mich auf eine Bank und rufe den Einheimischen zu: Los, integriert mich gefälligst, und wenn ihr nicht rechtzeitig und offenherzig genug damit anfangt, kann ich für nichts garantieren, ihr Rassisten!

Deutsche Auswanderer in aller Welt wissen nichts zu berichten von großartigen Integrationsbemühungen seitens der Einheimischen. Das mussten sie schon selbst in die Hand nehmen, meistens ziemlich erfolgreich − gell, Herr Busch, Herr Trump, Herr Eisenhauer?

Ist eigentlich normal, und von nichtmuslimischen Einwanderergruppen hören wir auch fast nur Erfreuliches − nämlich gar nichts. Denen scheint die exklusiv orientalische Mischung aus Machokult, nationalistischer Deutschenver­achtung und Opfer-Gejammer nicht zu munden, weshalb sie davon nichts haben wollen. Was immerhin beachtlich ist: Schließlich winkt als deutscher Dank für Gejammer, Verachtung und Dreistigkeit der Zugang zu allen möglichen Fördertöpfen,  hochrangigen Konferenzen, gut bezahlten Stellen in der Integrationsindustrie und großspurigen Auftritten im Fernsehen!

Wollen die Chinesen und Peruaner, die Italiener und Vietnamesen, die Polen und Ceylonesen und wer noch alles aber nicht. Lieber fügen sie sich ein, lernen Deutsch und machen ihre Arbeit. Was für „Opfer“!

Wann haben Sie eigentlich den Satz „Das hat aber nichts mit dem Islam zu tun“ zuletzt gehört? Schon ’ne Weile her, was? Muss vergangene Weihnachten nach dem Massaker am Breitscheidplatz gewesen sein. Danach ist diese einstmals so populäre Standard-Parole still und leise verdorrt. Vermutlich, weil sie angesichts des allzu Offensichtlichen nur mehr als fader Witz herumgereicht wurde.

Macht aber nichts, wir haben einen neuen Trick gefunden. Die Nachfolge-Wolke für „Hat nichts mit dem Islam zu tun“ lautet „psychisch gestört“. Wo immer der neueste Axt- oder Messer-Attentäter zuschlägt, präsentieren sie uns bevorzugt diese bemerkenswerte Erklärung.

Bemerkenswert, denn: Psychisch Gestörte gab es hier zu allen Zeiten, nur das mit den Messern und Äxten ist in dieser Häufung doch recht neu. Zudem können sie uns nicht erklären, wieso diese ganz besondere Form der geistigen „Störung“ beinahe ausschließlich die Kinder Allahs befällt. Damit das nicht so hervortritt, haben sie neulich versucht, zumindest an der Herkunft eines dieser Wackelköpfe herum zu basteln. Der Axt-Schwinger von Düsseldorf stamme aus dem „ehemaligen Jugoslawien“, wurde uns zunächst beschieden.

Genauso exakt hätte man uns einen Delinquenten aus Prag als „Tatverdächtigen aus dem ehemaligen Österreich-Ungarn“ präsentieren können. Fatmir A. ist 2009 aus dem Kosovo eingereist. Zu dem Zeitpunkt war seine Heimat (nach offizieller deutscher Sicht) schon seit rund zehn Jahren ein unabhängiger Staat. Leider denken die meisten Deutschen bei „Kosovo“ an die 90 Prozent muslimische Bevölkerungsmehrheit, deshalb lieber „ehemaliges Jugoslawien“. Allerdings mussten die Behörden vermutlich einsehen, dass der Vorname Fatmir gewisse Schlüsse nahelegt. Christlich-orthodoxe Serben heißen für gewöhnlich anders.

Nun mag es sogar angehen, dass Fatmir sie tatsächlich nicht alle hat, einige Indizien stützen diese Diagnose. Aber wie will man denn die IS-Schlächter einordnen, die vor laufender Kamera Menschen den Kopf abschneiden? Machen „normale“ Leute so etwas, noch dazu mit solcher zur Schau gestellten Freude? Wo die Grenze zwischen blutigem Fanatismus und Wahnsinn verläuft, dürfte schwer zu fixieren sein.

Aber das ist alles recht kompliziert und endet, siehe oben, dann doch wieder beim Tanz um den heißen Brei radikal-islamischer Abgründe. Also was tun?

Bei einer Querfeldein-Recherche hat PAZ-Autorin Vera Lengsfeld die neueste Masche entdeckt: Bei „kleineren“ Messereien wird demnach zum mutmaßlichen Täter gar nichts mehr verlautbart. Alles Schattengestalten ohne Herkunft und Religion.

Das scheint gut zu funktionieren. Jedenfalls fühlen sich die politisch Verantwortlichen wieder sicher genug, um ihren erfolgreichen Weg zu einem noch bunteren Deutschland voller Elan fortzusetzen.

Gerade erst haben die Grünen im Bundesrat dafür gesorgt, dass Marokko, Algerien und Tunesien nicht zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden, in die leichter abgeschoben werden könnte. In Nordafrika haben das die Altersgenossen der Kölner Domplattler bestimmt mit Genugtuung registriert: Das Tor bleibt offen. Nun drängt die SPD darauf, dass mehr als 100000 weitere Syrer ganz schnell per Familiennachzug ins Land geholt werden. Eigentlich sollte denen der Zutritt erst ab März 2018 gewährt werden, wenn die Wahlen durch sind. Aber das dauert den Sozialdemokraten zu lange.

Ja, wir können nicht genug bekommen, alle rein, alle rein. Immerhin betrugen die Asylkosten von Bund und Ländern 2016 erst gut 40 Milliarden Euro. Das ist zwar mehr, als der Bund im selben Jahr für Familie, Gesundheit, Bildung und Forschung zusammen ausgegeben hat und beinhaltet nur die direkten Kosten. Doch hier ist sicherlich noch Luft nach oben.

Dass sich hier besonders SPD, Grüne und Linkspartei ins Zeug legen, hat Gründe. 2013 wählten 85 Prozent der in Deutschland wahlberechtigten Menschen türkischer Herkunft eine der drei linken Parteien. Allein bei den Sozis machte das schon einen ganzen Prozentpunkt vom Gesamtergebnis aus. Der kann wahlentscheidend sein: Hätten sie das Prozent mehr schon 2005 gehabt, wäre Schröder Kanzler geblieben.

Blöderweise müssen die Ausländer aber immer erst den deutschen Pass erlangen, was viele gar nicht wollen. Deshalb führen SPD und Grüne in NRW jetzt das kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer wie die Türken ein. Dann kann Erdogans AKP wenigstens in die Stadträte einziehen und dort in bewährter Weise für Integration werben. Nämlich für den zweiten Anlauf zur Integration Europas ins Kalifat von Konstantinopel.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Terrorgefahr wächst rapide

Berlin – Das islamisch-terroristische Potenzial in Deutschland umfasst nach Angaben des Verfassungsschutzes bereits 1600 Personen. Dies gab Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes, in Berlin bekannt. Die Gruppe nehme überdies stetig zu und rücke Deutschland immer stärker in den Fokus als Anschlagsziel. Die unspezifischen Gefährdungshinweise haben sich seit 2013 verdreifacht, so Maaßen.     H.H.

 

CDU-Kritik an Doppelpass

Düsseldorf – Unionspolitiker fordern eine gesetzliche Neuregelung der Doppelstaatlichkeit. Die Mehrfach-Staatsbürgerschaft habe „keinen Beitrag zur Integration geleistet“, so Innen-Staatssekretär Günter Krings (CDU) zur „Rheinischen Post“ (RP). Der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, erinnerte gegenüber der „RP“ an einen entsprechenden Beschluss des CDU-Bundesparteitags. Der habe sich als „absolut richtig“ erwiesen.       H.H.

 

Nach rechts ausgewichen

Da hat einer gerade noch mal die Kurve gekriegt. Ohne die geplanten Auftritte von türkischen Ministern, die in den Niederlanden vor Gastarbeitern Werbung für die Verfassungsreform in der Türkei machen wollten, wäre Hollands rechtsliberaler Regierungschef Mark Rutte kurz vor der Ministerpräsidentenwahl im eigenen Land wohl nie politisch so scharf nach rechts abgebogen.

Not macht eben erfinderisch. Weil ihn der EU-Skeptiker und Islam-Kritiker Geert Wilders bei den Umfragen vor der Wahl überholt hatte, sah sich Rutte zu einem Rechtsschwenk genötigt. Nachdem er dem türkischen Außenminister Cavusoglu die Landeerlaubnis hatte verweigern und die mit dem Auto eingereiste türkische Familienministerin Kaya zurück über die Grenze nach Deutschland hatte eskortieren lassen, stellten sich 86 Prozent der Niederländer hinter seinen Kurs.

Seit 2010 ist Rutte Ministerpräsident in den Niederlanden, und der Mann, der im Februar seinen 50. Geburtstag feierte, wollte sich noch nicht so früh in seiner politischen Karriere aufs Abstellgleis stellen lassen. Und schon gar nicht von Wilders. Seit dieser mit seiner Freiheitspartei 2012 wegen des Streits um ein Sparpaket aus der von Rutte geführten Minderheitsregierung ausgetreten war, hasst er Wilders abgrundtief.

Der an der Universität von Leiden ausgebildete Historiker, der seit 2006 die Volkspartei für Freiheit und Demokratie anführt, weiß, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Als das Land unter der spanischen Fremdherrschaft stand, zogen alle am selben Strang, um diese wieder loszuwerden. Jetzt ist es eine drohende Islamisierung durch Einwanderer, die alle vereint. Das Scharmützel mit der Türkei kam für Rutte daher wie gerufen, um sich als Kämpfer zu profilieren.         H. Tews


MEINUNGEN

Mario Monti, von 1995 bis 2004 EU-Kommissar und von 2011 bis 2013 Regierungschef von Italien, versteht Franzosen und Italiener nicht, die den Euro verlassen wollen, weil er deutscher Dominanz diene. Gegenüber „Spiegel online“ (9. März) erinnert er:

„Was sie (Franzosen und Italiener) vergessen: Es war ja nie Deutschland − mit Ausnahme Helmut Kohls −, das eine gemeinsame Währung wollte. Es waren hauptsächlich Italien und Frankreich, die befürchteten, dass Europa kein sicherer Ort sein könnte, wenn Deutschland nicht nur das stärkste Land ist, sondern auch über die stärkste Währung verfügt.“

 

 

Österreichs Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil warnt vor der Illusion, die Balkan-Route sei dicht. Der „Bild“-Zeitung (10. März) sagte der Sozialdemokrat:

„Wir können doch nicht das Katastrophenjahr 2015 als Referenz nehmen. Dann wäre ja alles schon ein Erfolg. Um es klar zu sagen: Wir müssen uns die Jahre vorher ansehen und im Vergleich dazu sind wir deutlich über dem Durchschnitt, steuern noch immer auf eine Verdopplung der Zahlen zu.“

 

 

Thomas Böhm, Chef des Internetportals „Journalistenwatch“ (12. März), schlägt eine Lösung für den Konflikt mit der Türkei und hiesigen Türken vor:

„Es bleibt wohl nur eine Möglichkeit, diesen Konflikt zu beenden. Man muss sofort die doppelte Staatsbürgerschaft abschaffen. Unsere lieben Mitbürger müssen sich endgültig entscheiden, ob sie mit uns als assimilierte Europäer eine gemeinsame Zukunft gestalten, oder lieber unter dem Islamisten Erdogan gegen Europa ankämpfen wollen.“

 

 

Im Gespräch mit der „Welt“ (14. März) bekennt der französische Weltstar Brigitte Bardot, dass er Marine Le Pen unterstützt. Was Bardot am meisten stört, ist aber nicht die derzeitige Politk, sondern:

„Essen, immer nur Essen und noch mehr Essen! Dass Frankreich seinen Ruf nur noch auf der Gastronomie aufbaut, das ekelt mich an! Es gibt doch andere Themen. Im Fernsehen gibt’s nur noch so was zu sehen, ich bereite meine Crêpes so oder so zu. Wir sind wirklich weit weg vom Land der Aufklärung! Das ist eher das Jahrhundert des Herds! Es ist unerträglich. Da bekommt man noch vor dem Essen Verdauungsprobleme. Also esse ich kaum noch etwas.“

 

 

Für Anabel Schunke decken die türkischen Tumulte in Europa wegen des Streits mit Erdogan das Scheitern der Integration dieser Einwanderer auf. Bei „Tichys Einblick“ (12. März) schreibt sie:

„Dass dieses Problem offenbar in allen europäischen Ländern und nicht nur in Deutschland besteht, dass es vor allem auch junge Türken sind, die hier geboren wurden, wirft darüber hinaus einmal mehr die Frage nach der grundsätzlichen Integrationsfähigkeit von Menschen aus dem islamischen Kulturkreis auf ... Erweist sich die deutsche Regierung weiter als zahnloser Tiger gegenüber der Regierung in Ankara, wird die unterschwellige Wut vieler Deutscher weiter ansteigen.“