24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
05.01.18 / Streit um Nationalhelden / Litauens Regierung plant Vanagas-Gedenkjahr

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-18 vom 05. Januar 2018

Streit um Nationalhelden
Litauens Regierung plant Vanagas-Gedenkjahr
B.B./PAZ

Am 18. März wäre der 1957 vom KGB hingerichtete litauische Partisanenführer gegen die Sowjetunion Adolfas Ramanauskas, Codename „Vanagas“ (Falke), 100 Jahre alt geworden. In Litauen gibt es deshalb Pläne, 2018 zum Vanagas-Gedenkjahr auszurufen. Die litauische Journalistin und Schriftstellerin Ruta Vanagaite, die mit ihrem Buch „Die Unsrigen“ eine teils sehr persönliche Aufarbeitung der litauischen Rolle beim Holocaust vorgelegt hat, reagierte hierauf mit dem Vorwurf, Ramanauskas habe für den KGB gearbeitet und könnte womöglich Menschen verraten haben, die ihn versteckt hatten. Seine Folterspuren nach der Verhaftung, abgerissene Hoden und durchstochene Augen, könnte er sich selber beigebracht haben, behauptet sie allen Ernstes. Belege konnte die Lebenspartnerin des israelischen Direktors des Standorts Jerusalem des Simon Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff, jedoch keine beibringen.

Ein Aufschrei ging nach einem im litauischen Staatsfernsehn ausgestrahlten Interview mit Vanagaite durchs Land. Nestbeschmutzung, Verrat und sich zum Werkzeug russischer Propaganda zu machen, wurden ihr vorgeworfen. Der Hausverlag von Vanagaite zog alle ihre Bücher, auch die mit unpolitischem Inhalt, aus dem Verkehr. Vytautas Landsbergis, der Anführer der zweiten litauischen Unabhängigkeitsbewegung und das erste Staatsoberhaupt Litauens nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit, schlug Vanagaite vor, sich selbst zu richten.

Die heftige Reaktion auf Vanagaites Vorwürfe ist umso verständlicher, als das geplante Vanagas-Gedenkjahr nicht die erste posthume Ehrung durch die Republik Litauen wäre. 1998 wurde ihm analog zu Žemaitis-Vytautas der Grad eines Brigadegenerals verliehen und sowohl eine Mittelschule- als auch ein Gymnasium in Alytus tragen seinen Namen.





Adolfas Ramanauskas

Adolfas Ramanauskas’ Eltern klehrten, nachdem ihr Heimatland 1918 unabhängig geworden war, 1921 aus den USA nach Litauen zurück. Für ihren Sohn war es nur bedingt eine Heimkehr, da er erst nach ihrer Ausreise in die Vereinigten Staaten in New Britain im Bundesstaat Connecticut zur Welt gekommen ist. 

In Litauen studierte Ramanauskas nach dem Abitur am Motiejus-Gustaitis-Gymnasium in Lazdijai am Pädagogischen Institut in Memel. Nach dem Wehrdienst und dem Besuch der  Kriegsschule Kaunas arbeitete er von 1940 bis 1945 als Dozent am Lehrerseminar Alytus.

Nach der zweiten sowjetischen Okkupation wurde er 1945 Partisan. Ab Herbst 1948 leitete er alle Partisaneneinheiten in Südlitauen. Ab 1949 war er Stellvertreter von Jonas Žemaitis-Vytautas, des aus Polangen stammenden legendären Oberbefehlshabers der Streitkräfte des litauischen Widerstandes im Range eines Brigadegenerals. Nach der Hinrichtung von Žemaitis-Vytautas 1954 im Mos­kauer Butyrka-Gefängnis wurde Oberst Rama-nauskas dessen Nachfolger. 

Als der Partisanenkrieg nach der Niederschlagung des Ungarnaufstands 1956 im Baltikum endete, wurde er mit seiner Frau in Kaunas verhaftet und saß im KGB-Gefängnis in Litauen. 1957 verurteilte ihn das sowjetische Aukšciausiasis Teismas (oberster Gerichtshof) zum Tode.B.B./PAZ