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05.01.18 / Deutsche machten den eingerosteten Busch zum Erfolg / Im Auftrag von MI5 und CIA arbeitete die Schnellbootgruppe Klose konspirativ vor der sowjetisch kontrollierten Ostseeküste

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-18 vom 05. Januar 2018

Deutsche machten den eingerosteten Busch zum Erfolg
Im Auftrag von MI5 und CIA arbeitete die Schnellbootgruppe Klose konspirativ vor der sowjetisch kontrollierten Ostseeküste
Friedrich-Wilhelm Schlomann

Während und nach dem Zweiten Weltkrieg führten estnische, lettische und litauische Widerstandskämpfer gegen die sowjetischen Invasoren und Besatzer einen Partisanenkrieg. Im Kalten Krieg, 1949, dürften sich britische und amerikanische Stellen entschlossen haben, zu diesen sogenannten Waldbrüdern Kontakt aufzunehmen, um mit ihnen zusammenzuarbeiten. Sie bedienten sich dabei Hans-Helmut Klose. Der deutsche Schnellboot-Kommandeur hatte während der Kämpfe um den Kurland-Kessel von Ende 1944 bis in die letzten Kriegstage V-Männer und Sabotagetruppen hinter der sowjetischen Front abgesetzt. Spätestens 1948 stand er mit der Organisation Gehlen in Verbindung. Längst aber waren auch die Briten auf ihn aufmerksam geworden und Anfang 1949 war man sich einig. Im Rahmen der Operation Jungle (Busch) sollte er mit deutschen Schnellbooten und deutschem Personal unter britischer Flagge entlang des gesamten sowjetisch besetzten Teils der Ostseeküste Funkaufklärung betreiben sowie Agenten absetzen und später wieder abholen. Offiziell handelte es sich um britische Fischereischutzboote, die nach den damaligen Unterlagen mit dem britischen Inlandsgeheimdienst MI5 (Security Service) in Verbindung standen – in Wahrheit aber für den britischen Auslandsgeheimdienst MI6 (Secret Intelligence Service) arbeiteten. Die deutschen Schnellboote, die bei Kriegsende in die Hände der Westalliierten gefallen waren und nun umgerüstet wurden, waren mit ihren 45 Knoten schneller als die sowjetischen, die höchstens 40 Knoten erreichten. 

Unbestritten ist, dass von ihnen in der Nacht zum 1. Mai 1949 insgesamt sechs im Untergrunds­kampf erfahrene Balten an der litauischen Küste abgesetzt wurden, bei späteren Einsätzen kamen Ukrainer hinzu. Alle Anzeichen sprechen für eine entsprechende heimliche Aus­bildung durch schwedische Offizierskreise. Sie waren Patrioten und nach allen bitteren Erfahrungen voller Hass auf die erneute sowjetische Unterdrückung in ihrer Heimat. Mit ihnen, die sich den Partisanenkämpfern anschließen und dort bleiben wollten, war keine Abholung durch die Schnellboote vereinbart. 

Für Agenten hingegen, die nach ihren Einsätzen wieder in den Westen zurückkehren sollten, wurden zu diesem Zwecke Zeiten und Orte vereinbart. Ziel der Agenten war es anfänglich, ein möglichst komplettes Bild der polnischen und vor allem sowjetischen Radarstellungen entlang der gesamten Ostseeküste von Rügen bis Estland zu gewinnen. Wenige Jahre später bezogen sich ihre Aufträge auf die Erfassung des sowjetischen Funkverkehrs von der DDR, über Polen bis hin zum Baltikum. Ausgestattet waren sie alle mit Handfeuerwaffen, teilweise sogar mit Schalldämpfern und Kurzwellen-Funkgeräten, die aus den USA stammten. Erst später wurden sie mit Antennen für Funkpeilungen ausgerüstet. 

Es gab damals kaum vorstellbare Schicksale. Nach glaubhaften Schilderungen ist ein Lette im Zuge der Partisanenkämpfe schließlich nach Polen abgedrängt worden, von wo ihn die antisowjetische Widerstandsbewegung „Armia Krajowa“ mit ihren geheimen Verbindungen nach West-Berlin durch die DDR in den Westen schleuste. Angeblich nahm er 1951 als Leiter erneut an einem Einsatz teil. Näheres weiß man aber nicht über sein weiteres Schicksal. 

Die CIA, die in Zusammenarbeit mit der Organisation Gehlen seltsamerweise erst 1952/1953 an derartigen Einsätzen aktiv teilnahm, bevorzugte bei der Operation Rusty (eingerostet) die Einschleusung ihrer Agenten per großen, mit Wasserstoff gefüllten Luftballons. Diese wurden in den Schnellbooten unmittelbar vor der polnischen Küste aufgefüllt. Bekannt ist die auf diese Weise erfolgte Anlandung von angeblich sogar acht polnischen Spionen im Herbst 1952 im weiteren Hinterland von Stolpmünde [Ustka]. Ausgerüstet waren sie mit echter polnischer Zivilkleidung, Funkgeräten, Medikamenten und vielen der damals in Polen so sehr begehrten Schweizer Uhren. 

Nach einigen Quellen erfolgten bis Sommer 1955 insgesamt 16 derartige Einsätze, während andere allein für jenes Jahr 15 melden, sodass die häufiger genannte Zahl von insgesamt 36 Einsätzen eher zutreffen dürfte. Dabei wurden 52 Personen in die sowjetisch besetzten Gebiete abgesetzt und 18 – wahrscheinlich Spione nach erledigtem Auftrag – wieder von den Schnellbooten abgeholt. Nach Stasi-Angaben hat das KGB 42 dieser Männer aufgespürt, in einigen Fällen vielleicht auch „umdrehen“ können. Andere verriet der Sowjetspion Kim Philby in London. 

Anfang 1955 wurde ein Schnellboot von einem sowjetischen Schiff beschossen. In der folgenden Zeit war ein unbemerktes Eindringen in den östlichen Teil der Ostsee angesichts verstärkter sowjetischer Gegenmaßnahmen kaum noch möglich. Die Einsätze mussten daher reduziert werden und beschränkten sich bis 1963 nur noch auf wichtige spezielle Missionen. Im darauffolgenden Jahr gab es noch einmal eine derartige Aktion. Ob sie wirklich die letzte war, bleibt wohl ein Geheimnis.