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05.01.18 / »Wander-Kant« erhält einen festen Platz / Wegen anhaltender Diskussionen in Königsberg: Skulptur ziert nun in Palmnicken einen Hotelgarten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-18 vom 05. Januar 2018

»Wander-Kant« erhält einen festen Platz
Wegen anhaltender Diskussionen in Königsberg: Skulptur ziert nun in Palmnicken einen Hotelgarten
Jurij Tschernyschew

Der Streit um die ungewöhnliche Kant-Skulptur, die in Königsberg niemand haben wollte, scheint beigelegt. Die Skulptur fand vor dem Hotel „Aquatoria“ in Palmnicken eine feste Bleibe.  

Von Anfang an sorgte die Kant-Skulptur des Künstlers Wladimir Tschilikin für heftige Debatten. Im Dezember 2016 war auf der Sitzung des Kulturrats beim Gouverneur die Skulptur erstmals vorgestellt worden. Der Auftrag war auf Initiative des Duma-Abgeordneten Alexander Musewitsch erteilt worden. Die Mitglieder des Kulturrats kritisierten bereits damals, dass die Kantfigur wie ein Gnom aussehe, und dass sie an einen Comicheld erinnere. Sie sahen den großen Philosophen, dessen Skulptur beim Königsberger Dom aufgestellt werden sollte, dem Spott ausgesetzt (siehe PAZ Nr. 3/2017). Doch Musewitsch ließ sich nicht beirren: Er plante, eine ganze Serie solcher Plastik-Skulpturen unter dem Motto „guter Kant“ anfertigen und in der ganzen Stadt aufstellen zu lassen. Doch der Kulturrat verlor sein Interesse an diesem Projekt.

So wurde nur ein „guter Kant“ vor dem Haupteingang des Einkaufszentrums „Europa“ platziert. Im Laufe der Zeit gewöhnten sich die Passanten daran. Dank der Tatsache, dass neben der Skulptur eine Bank aufgestellt wurde, ließen sie sich mit Vergnügen neben ihm sitzend fotografieren. Doch eines Tages verschwand der „gute Kant“ von diesem Platz. Als auf dem Kneiphof ein Philosophietag stattfand, willigte die neue Domdirektorin Vera Tariwerdijewa ein, die Skulptur neben dem Dom aufzustellen. Sie sagte: „Ich habe ihn mir angesehen, und er gefiel mir. Er gefällt den Leuten und ich entschied: Lasst ihn doch aufstellen.“

Doch nach einiger Zeit verschwand Kant auch von diesem Ort. Diesmal erklärte Tariwerdijewa, sie habe von der negativen Bewertung der Kant-Skulptur vonseiten des Kulturrats nichts gewusst. Daher wurde Kant von der Insel entfernt und auf dem Grundstück des Direktorats der staatlichen Institution „Kathedrale“ in der Hans-Sagan-Straße [Narwskaja uliza] aufgestellt. Über das Verschwinden Kants waren viele verwirrt. Als Schüler, die eine Präsentation über den Philosophen vorbereiten sollten, zur Skulptur gehen wollten, fanden sie ihn nicht mehr vor. Gerade ihnen gefiel die Skulptur: „Er hat einen Hut wie ein Pirat und er ist so lustig“.

Die Ansicht der jungen Königsberger teilten nicht viele. Der Vorsitzende der Kant-Gesellschaft, Professor Leonard Kalinnikow sagte: „Diese Verspottung und Verunglimpfung des großen Philosophen ist eine inakzeptable Verhöhnung des Genies. Ihn derart zu parodieren. Es ist eher ein Zwerg oder eine Figur von Madame Tussaud.“ Auch Dom-Mitarbeiter vertraten die Auffassung, dass es unpassend sei, neben dem Grab eines so bedeutenden Menschen ein komisch wirkendes Konterfei von ihm aufzustellen.

Der Künstler Tschilikin, der die Kantskulptur geschaffen hat, sagte, es sei nicht einfach gewesen, an der Skulptur zu arbeiten, weil Kant auf keinem der Abbilder von ihm lächelt. „Das Gesicht war schwer zu bilden und das Lächeln musste ich mir ausdenken“, verteidigte sich der Künstler.

Dennoch vergingen nur wenige Tage, bis die Kant-Skulptur wieder ihren Standort wechselte. Diesmal gibt es Grund zu der Annahme, dass der „Wander-Kant“ einen bleibenden Platz gefunden hat. Er steht jetzt in Palmnicken auf dem Grundstück des Hotels „Aquatoria“. Die Hotelleitung sagte, dass sie die Skulptur gerne aufnähme. Das Hotelmanagement werde seinen Gästen den „guten Kant“ mit Stolz präsentieren. Schon im vergangenen Jahr hatte der Palmnicker Bürgermeister Alexej Saliwatskij vorgeschlagen, die Skulptur in der Stadt aufzustellen, aber der Ideengeber Musewitsch bestand darauf, sie vor dem Dom zu platzieren. So wohnt nun der „gute Kant“ am Meer, und es scheint ihm zu gefallen.