Nahe der bulgarischen Schwarzmeerküste hat ein internationales Forscherteam mehr als 60 bestens erhaltene historische Schiffswracks gefunden. Die Schiffe sind römischen, byzantinischen, osmanischen sowie venezianischen Ursprungs. Sie liegen in einer Tiefe von 90 bis 2000 Meter auf dem Meeresgrund.
Seit Herbst 2016 sandten die Wissenschaftler ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge mit modernen Kameras und Laserscannern zu den Wracks. Unter Flutlicht wurden Tausende Fotos gemacht und anschließend am Computer zu hochauflösenden 3D-Modellen zusammengesetzt. Das Ergebnis ist spektakulär: Klar zu erkennen sind Einzelheiten wie Seile auf den Decks, Ruder, Tongefäße, Kanonen und kunstvolle Schnitzereien. Es konnten Schiffstypen identifiziert werden, die bisher nur aus Schriften oder Malereien bekannt waren.
Drei Jahre hat das Team um Professor Jon Adams vom Zentrum für Maritime Archäologie der Universität von Southampton entlang der bulgarischen Schwarzmeerküste Untersuchungen des Seebodens durchgeführt. Die Expedition mit dem Titel „Black Sea Maritime Archaeology Project“ hatte die Aufgabe, frühere Küstenlandschaften im Schwarzen Meer zu kartieren. Man ist bestrebt, die paläo-ökologische Vorgeschichte des Gewässers zu rekonstruieren. Die Zentrale des Forscherteams war das mit modernsten Unterwasser-Vermessungssystemen ausgerüstete Schiff „Stril Explorer“.
Ursprünglich war das Schwarze Meer ein Süßwassersee. Vor rund 7500 Jahren kam es zu einem raschen Anstieg des Wasserpegels, nachdem die Bosporus-Meeresenge zwischen Marmarameer und Schwarzem Meer entstanden war. Mit diesem Ereignis wird die biblische Erzählung von der Sintflut in Verbindung gebracht. In wenigen Jahrzehnten versank die Landschaft unter den Fluten, als vom Mittelmeer über das Marmarameer Salzwasser in das Schwarze Meer strömte.
Die Entdeckung des Schiffsfriedhofs entlang der westlichen Seefahrtsroute kam völlig unerwartet und versetzte die Forscher in Begeisterung. Schon in der Antike war das Schwarze Meer eine viel befahrene Wasserstraße. Sie verband Venedig, den Balkan, Griechenland und Kleinasien mit dem Kaukasus, den eurasischen Steppen und Mesopotamien. Dank der anoxischen Bedingungen, also im sauerstofffreien Milieu in Tiefen ab 150 Meter, sind die untergegangenen Schiffe samt Ladung in sensationell gutem Zustand erhalten, denn alles, was dorthin sinkt, wird konserviert.
Man hofft, anhand der geborgenen Funde Belege für den Import von Seide, Gewürzen, Parfüm, Juwelen und selbst Schriftrollen zu finden. Ob es zu Bergungen von Schiffswracks kommt, ist noch ungewiss. Der bulgarische Kultusminister hat angekündigt, dass ein Museum für Unterwasserarchäologie auf der Insel Sweti Kirik vor Sosopol, dem antiken Apollonia, entstehen wird, um die Fundstücke von den Schiffen auszustellen.