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12.01.18 / Schmierentheater

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-18 vom 12. Januar 2018

Schmierentheater
Michael Leh

Der Tweet der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion Beatrix von Storch zu Silvester in Köln ist juristisch keine Volksverhetzung. Die Rechtsprechung zum Paragrafen 130 Strafgesetzbuch (Volksverhetzung) ist aus guten Gründen sehr restriktiv. Dass es „barbarische, muslimische, gruppenvergewaltigende Männerhorden“ (von Storch) gibt, ist dabei eine Tatsache, auch wenn man nicht so formulieren muss. „Taharrush gamea“ lautet der arabische Begriff für das Phänomen sexueller Gruppenübergriffe. Von Storch nahm sichtlich Bezug auf die Kölner Silvesternacht 2015/16. Dass sie etwa gemeint habe, „alle“ muslimischen Männer verhielten sich so, kann man ihr nicht unterstellen.

Der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacobs ist zwar kein Jurist, aber er hat Juristen in seinem Polizeipräsidium. Wenn er trotz besseren Wissens eine Strafanzeige wegen angeb­licher Volksverhetzung stellt, ist dies missbräuchlich und der eigentliche Skandal. Ein politisch oder opportunistisch motiviertes Vorgehen solcher Art durch eine Polizeibehörde beeinträchtigt dabei auch das Vertrauen in deren Neutralität.

Jacobs wusste, dass die Strafanzeige erhebliches politisches und mediales Aufsehen erregen würde. Das war auch der Sinn der Aktion. Nicht zufällig wurde die Anzeige auch gleich den Medien bekannt. Diese wiederum machten das Schmieren­theater perfekt: Überall – von ARD und ZDF bis „Bild“ und in allen „Qualitätsmedien“ – wurde der angeblich volksverhetzende Tweet genüsslich in vollem Wortlaut zitiert. Twitter hatte ihn dabei noch wegzensiert. Wenn es sich tatsächlich um Volksverhetzung gehandelt hätte, dann hätten gerade erst die Medien diese Volksverhetzung richtig unters Volk gebracht. Auch das belegt die Heuchelei, mit der hier vorgegangen wurde.

Wenn später die Strafanzeige von der Staatsanwaltschaft abgewiesen wird, dann wird es nur kurz gemeldet werden. Der Polizeipräsident wird seine Hände in Unschuld waschen – er habe ja nur aus angeblich guten Gründen eine Strafanzeige bei der unabhängigen Justiz gemacht, die zu entscheiden habe und deren Ergebnisse man respektiere. Erst recht werden die Medien ihre Hände in Unschuld waschen – sie hätten nur berichtet, wird es heißen. 

Allerdings berichteten sie fast alle unkritisch und bliesen den Vorgang noch gigantisch auf. Dabei gibt es mindestens in den großen Blättern und den Sendeanstalten auch juristisch vorgebildete Journalisten. Doch man unterließ es fast überall absichtsvoll, die Frage qualifiziert zu untersuchen, ob es sich bei dem Tweet tatsächlich um Volksverhetzung im juristischen Sinne gehandelt haben könnte. Immerhin ließ die „Süddeutsche Zeitung“ – wenn auch erst am 3. Januar, nach einem schrägen Kommentar von Heribert Prantl am Tag zuvor – den Frankfurter Juraprofessor Matthias Jahn in einem Interview erklären, warum der Tweet von Beatrix von Storch „kein Fall für das Strafrecht“ ist.

(siehe auch Seite 2)