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12.01.18 / Ein Monumentalbau von preußischer Nüchternheit / Während des Zweiten Weltkrieges entstand mit dem Pentagon das größte einzelne Verwaltungsgebäude der Welt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-18 vom 12. Januar 2018

Ein Monumentalbau von preußischer Nüchternheit
Während des Zweiten Weltkrieges entstand mit dem Pentagon das größte einzelne Verwaltungsgebäude der Welt
Manuel Ruoff

Die Vereinigten Staaten sind die letzte verbliebene Supermacht. Das zeigt sich vor allem auf militärischem Gebiet. Das Vereinigte Königreich hatte sich in seinem besten Zeitalter, dem viktorianischen, zum Ziel gesetzt, dass seine stärkste Teilstreitkraft, die Marine, mindestens so stark sein sollte wie die beiden nächstkleineren Flotten zusammen. Während das UK damals den sogenannten Two-Power-Standard zur Messlatte erhob, würden die heutigen USA einem Eight-Power-Standard genügen – und das wohlgemerkt nicht nur in der Paradedisziplin wie weiland die Briten, sondern auf alle Waffengattungen bezogen. So geben die USA mittlerweile mehr für ihr Militär aus, als die acht nächstbilligeren Streitkräfte von China, Russland, Saudi-Arabien, Indien, Frankreich, Großbritannien, Japan und Deutschland zusammen kosten.

Ähnlich gigantisch wie der Etat des US-Militärs ist auch der Hauptsitz des für ihn zuständigen Ministeriums. Die Außenwände des gleichseitigen Fünfecks sind jeweils 281 Meter lang. Die Grundfläche beträgt 135000 Quadratmeter, die Geschossfläche 610000 Quadratmeter, die Bürofläche etwa 344000 Quadratmeter und das Volumen rund zwei Millionen Kubikmeter. Die Gesamtlänge der Korridore beträgt über 28 Kilometer. Um die 25000 Mitarbeiter arbeiten in dem ungefähr 23 Meter hohen Bau. Um diesen vielen Menschen und den zusätzlichen Besuchern eine möglichst bequeme An- und Anreise zu ermöglichen, werden 30 Meilen Zubringer-Highways, 16 Parkplätze für 8770 Pkw, eine hochmoderne U-Bahn und diverse Buslinien bereitgehalten. Der Komplex hat 7754 Fenster, 4200 Uhren, 691 Wasserspender, 131 Treppen, 19 Rolltreppen, 13 Fahrstühle, neun Imbissstuben und einen Speisesaal. 

Die Dimensionen werden erst aus der Vogelperspektive richtig erkennbar. Von außen kann man ja sonst höchstens zwei der insgesamt fünf Seiten sehen. Zudem erkennt man auch nur von oben, dass es sich genau genommen nicht um ein, sondern um fünf ineinander geschachtelte, konzentrische Fünfecke handelt. Diese fünf sogenannten Ringe sind durch jeweils zwei Querriegel pro Seite miteinander verbunden. Fünf ist auch die Zahl der (oberirdischen) Etagen, zu denen noch einmal zwei Keller beziehungsweise unterirdische Stockwerke kommen. Die Etagen der Ringe sind jeweils durch einen Ringkorridor erschlossen. Der innerste Ring umschließt einen Innenhof von fünf Acres Größe, gut 20000 Quadratmetern.  

Mehr Sein als Schein sowie Form folgt Funktion, scheinen die Maximen des Baus zu sein. Er besticht nicht durch Kunst, sondern abgesehen von seiner Dimension durch Symmetrie, Rationalität und Effektivität. Das Pentagon ist halt ein im Schatten des Krieges entstandener Zweckbau.

Bevor es ihn gab, war das Kriegsministerium, wie das Verteidigungsministerium damals noch weniger euphemistisch hieß, auf nicht weniger als 17 Gebäude aufgeteilt, und trotzdem herrschte noch Platznot. Nachdem der Zweite Weltkrieg ausgebrochen war und sich immer deutlicher herauskristallisierte, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis das von Franklin D. Roosevelt regierte Land auch offen in diesen eintrat, wurde diese Form der Unterbringung zunehmend als inakzeptabel angesehen. Ein Neubau sollte her – und zwar schnell.

Am 11. September 1941 erfolgte der erste Spatenstich. 14000 Arbeiter und 1000 Architekten arbeiteten nun in drei Schichten rund um die Uhr. Um möglichst schnell umziehen zu können, wurden die bereits fertigen Flügel schon vor der Fertigstellung des Gesamtbaus bezogen. Vor 75 Jahren, am 15. Januar 1943, wurde das Pentagon dann eingeweiht. 

Dem Weltkrieg war nicht nur die Schmucklosigkeit geschuldet, sondern auch die ausgiebige Verwendung von Beton. Roosevelt hatte verboten, Material aus kriegführenden Staaten zu verwenden. Italienischer Marmor stand somit nicht zur Verfügung. Auch musste die für den Bau eines Kriegsschiffes notwenige Menge an Stahl eingespart werden. Anstelle eines Eisenskeletts wurden über 42000 Be­tonsäulen, anstelle von Fahrstühlen Betonrampen verwendet. Das erklärt auch die für US-amerikanische Verhältnisse geringe Zahl an Stockwerken. 

Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel, und so erlaubte man sich in zwei bemerkenswerten Fällen den Luxus des Abweichens von der reinen Zweckmäßigkeit. Da ist zum einen die bemerkenswert hohe Zahl an Toiletten und Pausenräumen. Rassentrennung sollte eben auch im Pentagon möglich sein. Und da ist zum anderen der Standort. Ursprünglich war für das Pentagon ein durch fünf Straßen begrenztes fünfeckiges Grundstück zwischen Washington und dem Nationalfriedhof Arlington vorgesehen. Roosevelt hatte jedoch die Sorge, dass der Bau dort die Sicht zwischen der Hauptstadt und dem Gottesacker beeinträchtigen könnte. Also wurde auf den gut einen Kilometer entfernten jetzigen Standort ausgewichen. Die wegen der Fünfeckigkeit des ursprünglich vorgesehenen Grundstücks gewählte Fünfeckigkeit des Gebäudegrundrisses wurde jedoch, um Geld und Zeit zu sparen, beibehalten. Sie ist auch durchaus zweckmäßig. So kann man im Pentagon von jedem Ort aus jeden anderen innerhalb von nur sieben­einhalb Minuten erreichen. Angesichts der Ausmaße des Gebäudekomplexes ist auch das beeindruckend.