24.04.2024

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12.01.18 / Lewe Landslied, liebe Familienfreunde,

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-18 vom 12. Januar 2018

Lewe Landslied, liebe Familienfreunde,

immer um diese Zeit gehen die Gedanken zurück an die Flucht in Eis und Schnee und so auch in diesem Jahr, das nun schon das dreiundsiebzigste ist, seit wir die Heimat verlassen mussten. Damals wäre es für uns unglaubhaft gewesen, wenn jemand behauptet hätte, dass wir nie wieder als Bürger in das Land, in dem wir unsere Wurzeln haben, zurückkehren würden. Aber das Schicksal wollte es anders, und so kam es nach Jahrzehnten der Abriegelung für diejenigen, die reisen konnten und wollten, zu einer „Rückkehr auf Zeit“, manchmal in Etappen, zur Spurensuche benötigte man eben mehr als nur die im Reiseprogramm vorgeschrieben Tage. Denn den Spuren der Vergangenheit nachzugehen war ein Hauptanliegen der meisten „Heimwehtouristen“, wie wir oft bezeichnet wurden, aber dieser mokante Begriff ist zum Glück inzwischen aus unserem deutschen Sprachschatz verschwunden. Was blieb ist die Spurensuche, aber die wird nach fast einem Dreivierteljahrhundert immer schwieriger. Umso erfreulicher ist es, wenn sich doch noch Relikte der deutschen Vergangenheit finden, oftmals sogar noch gut erhalten – wie uns immer wieder unser erfolgreichster Königsberg-Entdecker Jörn Pekrul beweist, dessen Berichte nun schon zu einem festen Bestandteil unserer Kolumne geworden sind. Wie die von Bernd Daus­kardt, der seine Wurzeln an der Memel hat und der dieses nördliche Ostpreußen immer wieder bereist, um auch die letzten stillen Ecken zu erfassen. Auch da, wo einst reges Leben herrschte, aber heute kein Stein mehr davon erzählt. Auch darüber muss man schreiben, meint Bernd Dauskardt, und er hat da­rüber geschrieben. Für unsere Ostpreußische Familie, und deshalb soll seinem neuen Bericht auch Platz eingeräumt werden.

„Tattamischken im Memelland, das kleine Fischerdorf am Ruß-Strom. Nach dem Zufluss der Gilge aus der Elchniederung in die Memel bei Baltruscheiten/Balten heißt die Memel nun Ruß. Warum ich diese Gegend aufsuchte, hat seinen Grund: In den 90er Jahren stand ich in ständiger Verbindung mit einer memelländischen Lehrerin, Frau Irmgard Steppat. Sie war Absolventin der Herderschule in Heydekrug und blieb auch nach Erlangung der Hochschulreife und des Besuchs des Lehrerseminars in Memel im ihrer Heimat. So ergab es sich, dass sie eines Tages an die kleine Dorfschule in Tattamischken versetzt wurde. Das mag um das Jahr 1930 gewesen sein. Frau Steppat hat viel von dieser Zeit als junge Lehrerin erzählt, von dem Leben mit den Kindern der einklassigen Volksschule und der diesem kleinen Dorf anhaftenden Beschaulichkeit. Das bewog mich schließlich, den Ort am Ruß-Strom einmal aufzusuchen. Südlich von Heydekrug erwischte ich den richtigen Ausgangspunkt. Der Weg dorthin bestand aus Kopfstein-Pflaster, dürfte bereits im 19. Jahrhundert dort angelegt sein. Ein Weg, der ins Leere führt, denn an seinem Ende kam dann die böse Überraschung: Das Dorf Tattamischken ist vollkommen vom Erdboden verschwunden. Wie viele Orte in Ostpreußen wurde auch dieses kleine Dorf durch Beschuss und Verwüstung vor und nach Kriegsende vernichtet, hier blieb kein Stein mehr auf dem anderen.“

Und manchmal ist es nur ein Mauerrest, der sich als Fixpunkt auf der Suche nach der Vergangenheit erweist. Auch dafür legt uns Herr Dauskardt ein Foto vor, das wie ein Symbol für Vernichtung und Verfall erscheint, aber auch wie ein Mahnmal wirkt, wie eine stumme Anklage an die zerstörerischen Mächte. Das Bild zeigt die als solche noch erkennbare Toreinfahrt zu einem Gutshaus, Herr Dauskardt nennt auch den Namen: Es handelt sich um das Gut Perkallen/Husarenberg südlich von Gumbinnen. „Hier habe ich mit meinem russischen Fahrer des öfteren Halt gemacht“, schreibt Herr Dauskardt, „mitten in einer Wildnis, von Gebäuden ist nichts mehr zu sehen. Auf dem Torbogen scheint in jedem Jahr der Storch zu nisten. Was ist bloß aus diesem schönen Land geworden! Zu deutscher Zeit muss Husarenberg ein Mustergut gewesen sein mit einer bedeutenden Trakehner Zucht. Darüber hat der letzte Nachfahre der besitzenden Familie Reisch in den 90ger Jahren im Ostpreußenblatt geschrieben und auch über deren Schick­sal berichtet. Im letzten Augenblick ging die Familie mit allen Angehörigen und mehreren Kriegsgefangenen auf die Flucht. Dabei wurden sie Zeuge der Gräueltaten, die in Nemmersdorf von den Russen begangen wurden.“ Bernd Dauskardt schließt seinen Bericht mit einem kurzen Epilog: „In Ostpreußen hat der Krieg vieles ausgelöscht, wer durch dieses Land fährt, stellt das immer wieder fest. Nicht ausgelöscht wurde das über 700-jährige Wirken und Schaffen von der Ordenszeit bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges.“ Und dazu tragen auch solche dokumentarischen Kurzberichte wie dieser bei, der in mancher Leserin, manchem Leser eigene Erinnerungen erwecken wird.

Es sind nicht immer die Nachfahren der vertriebenen Königsberger, die in der Heimat ihrer Eltern oder Großeltern auf Spurensuche gehen. Auch bei manchem der heutigen Bewohner ist Interesse an der deutschen Vergangenheit vorhanden, und das ist besonders groß, wenn die Betreffenden hier geboren wurden und die Stadt als ihren Lebensmittelpunkt empfinden wie der russische Bürger Viktor Jakuschev. Kein junger Mann mehr, wie man vermuten könnte, wenn man sein in sehr gutem Deutsch gehaltenes Anliegen liest, sondern ein fast 60-Jähriger, der in Königsberg geboren wurde und sein ganzes bisheriges Leben in der Stadt verbracht hat. Das teilt er uns in seiner E-Mail mit, die auch eine Suchfrage enthält, die Königsberger erfüllen könnten, die in den westlichen Stadtteilen gelebt haben. Aber lest selber, was und warum er schreibt:

„Mein Name ist Viktor Jakuschev. Ich bin 59 Jahre alt und bin in Königsberg geboren und groß geworden. Der Genius loci unserer Stadt hat mich zur Geschichtsforschung sowie zur Datensammlung von Königsberg inspiriert. Mein ganzes Leben habe ich in Nordamalienau in der ehemaligen Hardenbergstraße Nr. 11 gewohnt. Das ist die gleiche Hausnummer wie vor dem Krieg. Ich würde gerne mit ehemaligen Hausbewohnern oder ihren Nachkommen Kontakt aufnehmen. Ich wäre sehr dankbar, wenn in privaten Archiven frühere Aufnahmen dieses Haus erhalten geblieben sind. Ich habe auch großes Interesse an Fotomaterial über die ganze Hardenbergstraße sowie an Amalienau und den Hufen. Meinerseits stehe ich für Fragen immer gern zur Verfügung.“ Ein erstes Dankeschön von ihm kam prompt, als wir ihm mitteilten, dass eine Veröffentlichung in unserer Kolumne erfolgen würde. Was nun geschieht und ihm hoffentlich Erfolg beschert. Nach den bisherigen positiven Reaktionen unserer Leserschaft, die das westliche Königsberg betreffen, dürfte Herr Jakuschev auch auf Erfolg hoffen. Es ist allerdings fraglich, ob gerade von seinem Wohnhaus noch Aufnahmen existieren, von der Hardenbergstraße, die vom Hammerweg zur Hagenstraße führt, wohl schon eher, erst recht von anderen Teilen des schönen Vorortes Amalienau. Für eine Kontaktaufnahme ist es ratsam, sich zuerst mit einer Mail an den Suchenden zu wenden. (Viktor Jakuschev, E-Mail: s_gon@mail.ru)

Ich freue mich über jede Zuschrift, die das eigentliche Thema eines veröffentlichten Anliegens noch erweitert oder ergänzt, obgleich sie nicht zu der eigentlichen Lösung der betreffenden Suchfrage beiträgt. Oder doch? Vielleicht ist es nur ein Mosaiksteinchen, das hilft, das lückenhafte Bild zu ergänzen. Auf jeden Fall bewirkt es, dass dem betreffenden Fall mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird und es dadurch neue Hinweise geben könnte, die zur Klärung beitragen. So zum Beispiel zu dem in Folge 50/17 erschienenen Anliegen von Herrn Klaus Schwand, der Informationen über den letzten Bischof des Ermlandes, Maximilian Kaller sucht, weil eine Verwandtschaft zu diesem bestehen soll. Jedenfalls kann sich Herr Schwand da­ran erinnern, dass sein Vater ihm einmal erzählt hatte, dass er einen „Onkel“, der Pfarrer in Ostpreußen war, besucht hätte. Konkreter sind da schon die Angaben über einem Briefwechsel mit der Schwester des Bischofs und einen Besuch seines Vaters am Grab des 1947 verstorbenen Geistlichen in Königstein. Herr Schwand berichtete von seinen bisher vergeblichen Bemühungen, irgendwelche Informationen über die Herkunft des Bischofs zu bekommen, er war sogar in Frauenburg und hat dort nach Spuren gesucht – leider vergeblich. Er fand keinerlei Hinweise auf das Leben und Wirken des seit 1930 dort tätigen Bischofs, der nach Ende des Zweiten Weltkrieges, aus Gestapo-Haft entlassen, in das Ermland zurück­kehrte und dann von den Polen ausgewiesen wurde. Man hat in Frauenburg wohl alles ausgelöscht, was an diesen letzten deutschen Bischof des Ermlandes erinnert, wie auch Herr Werner Schlenter aus Essen feststellen konnte, der uns nun seine Eindrücke übermittelte: „Bei einer meiner Ostpreußen-Reisen in den 90er Jahren besichtigten wir auch den Frauenburger Dom. Vor dem Gotteshaus stand ein Gedenkstein mit den Namen der Bischöfe, die hier am Dom tätig waren. Der Name von Bischof Kaller war nicht verzeichnet, es wurden nur die polnischen Bischöfe aufgeführt. Die Nachfrage eines Reiseteilnehmers, warum der Name des letzten deutschen Bischofs auf dem Stein nicht verzeichnet sei, stieß auf Unkenntnis und Erstaunen des polnischen Hausmeisters. Der Gedenkstein wird wohl heute noch vorhanden sein, der Name von Maximilian Kaller dürfte wohl nach wie vor fehlen.“

Auch die Suche nach einem Angehörigen der Königsberger Familie Daus stieß bisher ins Leere. Grund zu der Suche: Es handelt sich um einen Nachkriegsfund, um ein christliches Lehrbuch, das 1947 im mecklenburgischen Lübz entdeckt wurde. Der Finder nahm das mit vielen Unterstreichungen und Randnotizen versehene Buch mit und hat es bis heute bewahrt, denn es gelang ihm bisher nicht, den in dem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ namentlich eingetragenen Besitzer zu finden: Anton Daus aus Königsberg, Königseck 9.

Eure Ruth Geede


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