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19.01.18 / Irgendwie dranbleiben / Groko: Eine Regierung wie ein Rettungsschiff für Politiker der Vergangenheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-18 vom 19. Januar 2018

Irgendwie dranbleiben
Groko: Eine Regierung wie ein Rettungsschiff für Politiker der Vergangenheit
Hans Heckel

Die Parteichefs von Union und SPD reden von „Aufbruch“ statt „Weiter so“. In Wahrheit droht eine Regierung in Überlänge.

Bei der SPD bleibt es spannend. Die Widerstände bei Funktionären und Basis-Genossen gegen eine erneute Groko mit Angela Merkel  sind weit ausgeprägter, als von der Führung um Parteichef Martin Schulz zunächst angenommen. Der Parteitag der Sozialdemokraten dieses Wochenende in Bonn verspricht aufregend zu werden.

Dass gleich nach dem Abschluss der Sondierungsgespräche mit der Union etliche SPD-Granden Änderungswünsche am gemeinsamen Papier angebracht haben, enthüllt deren Angst vor der Parteibasis. Kampfbereitschaft und Hoffnung auf noch mehr SPD-Inhalte sollen geweckt werden und zur Zustimmung für die neuerlichen Groko-Verhandlungen verlocken. Schulz weiß: Wenn der Parteitag ihm nicht folgt, ist seine politische Karriere beendet.

Das Getöse vermag den ziemlich tristen Kern einer weiteren schwarz-roten Zusammenarbeit aber nicht zu verdecken. Ein „Aufbruch“ solle es werden, kein „Weiter so“, so die drei Parteichefs Merkel, Schulz und Horst Seehofer bei der Vorstellung ihrer Sondierungsbeschlüsse. Auf die Frage, worin denn dieser „Aufbruch“ bestehe, geriet die Kanzlerin derart ins Schlingern, dass die Szene ins Komische fiel. Sinngemäß sagte sie, dass allein die Bildung dieser weiteren Groko an sich doch schon einen „Aufbruch“ darstelle.

Es geht also nur ums nackte Weiterregieren. Die SPD hat ein paar Forderungen durchgesetzt, die Union einige weitere verhindert. In Sonderheit Merkels CDU hatte aus eigenem Antrieb praktisch nichts Eigenes, Neues mehr beizusteuern.

Stattdessen wurden soziale Wohltaten beschlossen, die vor allem aus der Angst vor dem Wähler, dem „kleinen Mann auf der Straße“ geboren wurden. Mit Geld möchte man die Menschen ruhigstellen, denen das Vertrauen in die großen etablierten Parteien verlorengeht.

Im Ergebnis gibt der Staat auf dem Höhepunkt der Konjunktur noch mehr Geld aus und geht langfristige Verpflichtungen ein, die er auch in schlechteren Tagen noch erfüllen muss. Verantwortungsvolle Staatsführung funktioniert genau umgekehrt: In guten Tagen hält sich der Staat mit dem Geldausgeben zurück, um für den nächsten Abschwung gerüstet und handlungsfähig zu bleiben. 

Doch diese Koalition würde eine Regierung des ausschließlichen Hier und Jetzt, ohne an morgen zu denken. Die Akteure wollen politisch überleben und stellen dahinter alle anderen Interessen zurück – die des Landes ebenso wie die ihrer Parteien.

Die Medien-Reaktionen auf das Gewürge in Richtung Groko zeigen, dass diese mögliche weitere Koalition als Regierung in Überlänge empfunden wird. Die Geschichte zeigt indes: Wenn eine Zeitspanne zu lange dauert, gestaltet sich der Umbruch danach nur umso heftiger.