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19.01.18 / Mehr für Familien statt für Asylsucher / Österreichs Regierung will nach dem Wechsel von Rot-Schwarz zu Schwarz-Blau neue Akzente setzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-18 vom 19. Januar 2018

Mehr für Familien statt für Asylsucher
Österreichs Regierung will nach dem Wechsel von Rot-Schwarz zu Schwarz-Blau neue Akzente setzen
Michael Link

Drei Wochen nach der Angelobung der österreichischen Regierungskoalition aus der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) kündigte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) eine massive Verschärfung der Asylgesetze an.

Kickl hat raschere Asylverfahren und wesentlich schnellere Abschiebungen im Falle von negativen Bescheiden in Aussicht gestellt. Außerdem solle die Exekutive die Möglichkeit erhalten, auf die Handydaten der Asylsucher zuzugreifen, um mittels der Geodaten die Migrationswege zu eruieren. Darüber hinaus prüft der Innenminister die Möglichkeit der berittenen Polizei für Wien.

In diesem Zusammenhang hat Kickl eine hohe Kriminalität bei Asylsuchern beklagt. Die Zahl der fremden Tatverdächtigen sei 2016 um 13 Prozent gestiegen. Auf eine derartige Kriminalitätsentwick-lung werde man mit einer „sehr, sehr strengen Asylpolitik“ antworten, so der Minister.

Auch in der Sozialpolitik sind Verschärfungen geplant. So soll die Notstandshilfe für Menschen mit Langzeitarbeitslosigkeit abgeschafft werden. Diese könnten, sofern ihr Vermögen nicht 4200 Euro übersteigt, um eine „Bedarfsorientierte Mindestsicherung“ ansuchen.

Familien hingegen sollen durch einen „Familienbonus“ auf die Steuern um bis zu 1500 Euro pro Kind und Jahr entlastet werden. Die Steuerschuld von etwa 700000 in Österreich lebenden Familien soll so reduziert werden. Dafür will die Regierung rund 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung stellen.

Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) erklärte, mit dem Familienbonus ein „zentrales Wahlversprechen“ einzulösen. „Wir wollen österreichische Familien entlasten und kein Förderprogramm für Groß-Zuwandererfamilien“, so Strache. Das Modell orientiere sich deshalb an jenen Menschen, die in Österreich arbeiten: „Das ist fair und sozial gerecht.“

Laut dem Finanzministerium verdienen allerdings von den rund 200000 Alleinerziehenden in Östereich 60000 so wenig, dass sie keine Steuer zahlen und somit auch nicht in den Genuss des Familienbonus kommen. Für diese Menschen soll im Rahmen des Alleinverdienerabsetzbetrags ein eigenes Modell implementiert werden.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bat die Bevölkerung um Vertrauen für „diesen neuen Weg“. Gleichzeitig versprach er: „Unseren Weg werden wir als Bundesregierung nicht beendet haben, bevor Österreich noch besser dasteht, als es heute dasteht.“ Kurz hob zentrale Vorhaben der schwarz-blauen Regierung hervor, wie die Senkung der Steuerquote von 43 auf 40 Prozent, mehr Treffsicherheit des Sozialsystems, „mehr Ordnung und Sicherheit“, den Kampf gegen illegale Immigration oder Maßnahmen im Bildungsbereich.

In ihrer Präambel geben die beiden Koalitionspartner die politische Stoßrichtung der Regierung vor: „Mit unserer Politik fördern wir unternehmerische Initiative, belohnen die Fleißigen und sichern einen sozialen Ausgleich unter allen Gesellschaftsschichten. Wir schützen unseren Sozialstaat vor Missbrauch und werden die illegale Migration nach Österreich stoppen.“

Zudem bekennt sich die Regierung zu einem neuen politischen Stil. Auch die Politik brauche ein neues Grundverständnis, erklärten Kurz und Strache vor ihrer Angelobung. „Wir müssen wegkommen vom falschen Stil des Streits und der Uneinigkeit und einen neuen Stil des positiven Miteinanders leben.“

Die neue Bundesregierung der bei der Nationalratswahl im Oktober siegreichen ÖVP mit den Freiheitlichen war am 18. Dezember nach nur siebenwöchigen Koalitionsverhandlungen durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen angelobt worden. Kurz, der mit 31 Jahren der jüngste Regierungschef innerhalb der EU ist, rang dabei seinen freiheitlichen Regierungsmitgliedern ein proeuropäisches Bekenntnis ab.

Im Gegensatz zum Regierungseintritt der Freiheitlichen im Jahr 2000 blieben wohl auch deshalb diesmal internationale Proteste weitgehend und Sanktionen seitens der EU vollständig aus. Damals war die ÖVP mit der FPÖ unter Jörg Haider in eine Koalition eingetreten. Zwar kam es im Dezember zu Protestkundgebungen gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ unter deren Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache, diese fielen jedoch deutlich bescheidener aus als im Jahr 2000.

Demgegenüber hat Israel angekündigt, die Regierungsmitglieder der FPÖ vorerst zu boykottieren. Das israelische Außenministerium wolle den Umgang mit der neuen Regierung neu bewerten. Zunächst soll es bei den Ministerien, in denen ein FPÖ-Minister an der Spitze steht, nur Kontakte zu den Beamten geben. Damit bleibt Israel vorläufig bei seiner Linie, offizielle Kontakte zu FPÖ-Politikern abzulehnen.