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19.01.18 / »Die denken, sie sind im Zoo« / Grüne Woche: Deutsche Bauern wehren sich gegen überzogene Kritik von Tierschützern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-18 vom 19. Januar 2018

»Die denken, sie sind im Zoo«
Grüne Woche: Deutsche Bauern wehren sich gegen überzogene Kritik von Tierschützern
Norman Hanert

Dieses Wochenende startet in Berlin die weltweit wichtigste Ernährungsmesse. 2018 sind auch Länder wieder dabei, die in den vergangenen Jahren gefehlt haben. 

Wieder zurück auf der Grünen Woche sind in diesem Jahr russische Aussteller. Russland war wegen der EU-Sanktionen und russischer Gegenaktionen zwei Jahre nicht mehr in Berlin vertreten. 

Angemeldet haben sich Nahrungsmittelproduzenten aus den sibirischen, zentralen und südlichen Regionen des größten flächenmäßig größten Staates der Erde. Punkten wollen russische Exporteure auf den Auslandsmärkten unter anderem mit naturbelassenen Lebensmitteln und hochwertigen Produkten. So präsentieren die Aussteller in diesem Jahr Spezialitäten wie Zedernkernbonbons oder Wilddelikatessen und seltene Fischarten. Angekündigt sind ebenso Weinproduzenten und ein Hersteller von Holzhäusern.  

Mit dabei sind auch wieder Schweden, Japan und Kasachstan. Diese Länder hatten in den vergangenen Jahren auf der Grünen Woche ebenfalls gefehlt. Nach Angaben der Messe Berlin werden auf der diesjährigen Grünen Woche fast 70 Länder präsent sein. „Viel internationaler geht nicht“, freut sich Grüne-Woche-Projektleiter Lars Jaeger. Für eine Reihe brandenburgischer Unternehmen gehört die Grüne Woche mittlerweile zu den wichtigsten Terminen im Jahr. Vertreter der märkischen Landwirtschaft sehen die diesjährige Ausstellung allerdings mit gemischten Gefühlen. Sie befürchten Anfeindungen gegen den Berufsstand  wegen angeblich nicht artgerechter Tierhaltung oder gar eine generelle Stimmungsmache gegen die Haltung von Tieren in der Landwirtschaft. 

Tino Erstling, Pressesprecher des Landesbauernverbandes Brandenburg, erklärte vor der Grünen Woche: „Wir müssen in den nächsten Tagen einmal mehr damit rechnen, in der Öffentlichkeit als schlimme Tierquäler diskreditiert zu werden. Leider fallen diese radikalen Ideen mitunter bei urbanen Bevölkerungsgruppen auf fruchtbaren Boden.“ 

Auch der Bauernbund Brandenburg mahnte bereits im vergangenen Jahr eine faire Diskussion an: „Es kann nicht angehen, dass immer nur wir Landwirte mit angeblichen gesellschaftlichen Ansprüchen konfrontiert werden“, so Bauernbund-Vorstand Marco Hintze. Vielmehr müsse auch die Gesellschaft sich ändern: „Wer immer etwas von uns will, sollte sich zumindest bemühen, grundlegende landwirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen. Nur dann kommen wir weiter.“ 

Der Hinweis vom Bauernbund auf den mangelnden Änderungswillen in der gesamten Gesellschaft scheint berechtigt. So ist die Ablehnung von Massentierhaltung zwar weit verbreitet, die Bereitschaft, höhere Preise für  Fleischprodukte zu bezahlen, fällt jedoch vergleichsweise gering aus. 

Noch seltener ist die Bereitschaft zum generellen Verzicht auf Fleisch. Pro Kopf und Jahr konsumieren die Deutschen im Schnitt 59 Kilogramm Fleisch. Dieser Wert ist in den vergangenen Jahren kaum gesunken.  

Deutschlands Landwirte sehen sich nicht allein immer öfter kampagnenartigen Anfeindungen ausgesetzt, sie bekommen im Alltag auch zunehmend die Auswirkungen des urban geprägten Zeitgeistes zu spüren. Kleine, aber meinungsstarke Gruppen mit ihren in den Augen vieler Bauern romantisierenden Vorstellungen von Natur und Tierschutz haben in den vergangenen Jahren die öffentliche Diskussion stark beeinflussen können. Geht es um die Konsequenzen, dann werden die Landwirte allerdings oftmals allein gelassen. 

So wachsen nicht nur in Brandenburg in der Landwirtschaft die Probleme mit Tierarten wie Wölfen, Biebern, Kormoranen, Kranichen und Kolkraben, die unter strengem Schutz stehen und massive Schäden verursachen. Ein Bürgermeister aus Mecklenburg-Vorpommern sprach die Frage der auf den ländlichen Raum abgewälzten Belastung sehr offen an: „Es gibt da ja Fundamentalisten, denen ist das alles ganz egal. Das muss der Eigentümer in Kauf nehmen sozusagen als Soziallast … Das sind die Leute, die aus den Großstädten kommen und dann mit ganz blanken Augen durch die Landschaft laufen und denken, sie sind im Zoo.“ 

Die Problematik eines naiven Naturschutzverständnisses könnte schon bald neue Aktualität bekommen. Die Afrikanische Schweinepest (ASP), die Hausschweine und Wildschweine befällt, hat sich über Georgien und Russland mittlerweile bis ins Baltikum und nach Polen ausgebreitet. Für Seuchenexperten ist es keine Frage, ob, sondern nur noch wann die ASP Deutschland erreicht. Zwar ist die ASP für Menschen nicht ansteckend, der widerstandsfähige Virus ist allerdings für Haus- und Wildschweine sehr ansteckend, zudem besteht keine Impfmöglichkeit. 

Bauernverbands-Vizepräsident Werner Schwarz hat vor diesem Hintergrund zur Prävention gefordert, den Wildschweinbestand in Deutschland um 70 Prozent zu reduzieren. Doch schon die bereits angelaufenen Bemühungen, die stark angewachsene Wildschweinpopulation wieder zu verringern, stoßen bei einigen Tierschutzgruppen auf scharfe Reaktionen.

(mehr zur „Grünen Woche“ auf S. 21)