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19.01.18 / Brisante Fragen / NSU: Der Verfassungsschutz und die Rolle von V-Mann »Piatto«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-18 vom 19. Januar 2018

Brisante Fragen
NSU: Der Verfassungsschutz und die Rolle von V-Mann »Piatto«

Relativ spät hat sich auch der brandenburgische Landtag entschlossen, ein mögliches Versagen der Behörden im NSU-Komplex zu untersuchen. Erst im Frühjahr 2016 wurde die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) beschlossen. 

Als Zeuge geladen war am         11. Januar nun ein Berliner Anwalt, der einen nigerianischen Asylbewerber vertreten hat. Dieser war in der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1992 von fast 20 Personen ins Koma geprügelt und im Scharmützelsee beinahe ertränkt worden.  Als Rädelsführer wurde Carsten Sz., ein Berliner Skinhead, später zu acht Jahren verurteilt. 

Nach offizieller Darstellung ist Sz. im Sommer 1994 als sogenannter „Selbstanbieter“ während seiner U-Haft zunächst als Informant, ab 1997 dann als V-Mann (Deckname „Piatto“), für den brandenburgischen Verfassungsschutz verpflichtet worden. Vor dem PUA schilderte der Anwalt des Nigerianers nun Erkenntnisse, die darauf hindeuten, eine Zusammenarbeit von Carsten Sz. mit Sicherheitsbehörden könnte womöglich schon im Februar 1992 begonnen haben. Das Datum ist brisant. Brandenburgs Verfassungsschutz war bis Mitte 1993 laut Gesetz die Anwerbung von  V-Leuten untersagt. 

Auch der im Raum stehende Verdacht, Carsten Sz. sei im Februar 1992 von einem anderen Dienst, etwa dem Bundesamt für Verfassungsschutz, angeworben worden, ist heikel: Die rechtskräftige Verurteilung von Sz. wegen Mittäterschaft bei dem Mordversuch am 8./9. Mai 1992 könnte bedeuten, dass Sz. als V-Mann eines Nachrichtendienstes an einer schweren Gewalttat beteiligt war. 

Durch eine parlamentarische Anfrage der Grünen im Landtag wurde inzwischen auch bekannt, dass das Schmerzensgeld für das Opfer durch das Land Brandenburg bezahlt wurde. Als Zeuge im NSU-Prozess hatte Sz. vor dem Münchner Oberlandesgericht ausgesagt, er sei bereits im Jahr 1991 als V-Mann angeworben worden. 

Abzuwarten bleibt, ob weitere Hinweise zum Beginn der Verpflichtung von „Piatto“ erbracht werden können. Wie inzwischen aus Deckblattmeldungen des brandenburgischen Verfassungsschutzes bekannt ist, hat „Piatto“ 1998 seinen V-Mannführern mehrere Hinweise auf das seit Januar 1998 untergetauchte NSU-Trio geliefert. Diese Hinweise scheinen allerdings die Zielfahnder des Thüringer LKA seinerzeit nicht erreicht zu haben.  N.H.