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19.01.18 / Der lange Arm Hanois / Der vietnamesische Geheimdienst ist auch in Berlin sehr aktiv

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-18 vom 19. Januar 2018

Der lange Arm Hanois
Der vietnamesische Geheimdienst ist auch in Berlin sehr aktiv
Michael Leh

Der ehemalige Funktionär der kommunistischen Partei und Manager des staatlichen Öl- und Gaskonzerns PetroVietnam, Trinh Xuan Thanh (51), hatte in Berlin Asyl beantragt. Danach wurde er am 23. Juli 2017 mitten in Berlin am helllichten Tag vom vietnamesischen Geheimdienst gekidnappt. Trinh Xuan Thanh wurde mit einer vietnamesischen Begleiterin in ein Auto gezerrt und wohl über Prag nach Hanoi ausgeflogen. Das Auswärtige Amt erklärte: „Bei der Entführung handelte es ich um einen eklatanten Verstoß gegen deutsches Recht und gegen das Völkerrecht. Dies dulden wir unter keinen Umständen.“ Da Hanoi dreist behauptet, der Ex-Manager sei freiwillig nach Vietnam zurückgekehrt, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes auch: „Für die Entführung gibt es klare Belege.“ Unter anderem wurden Passanten am Berliner Tiergarten Zeugen der Entführung. Berlin wies den nachrichtendienstlichen Leiter der vietnamesischen Botschaft und einen weiteren Botschaftsmitarbeiter aus.

Der scharfe Protest der Bundesregierung hat nicht zu einer Freilassung Trinh Xuan Thanhs geführt. In Hanoi steht er jetzt vor Gericht und ist unter anderem wegen Korruption angeklagt. Schlimmstenfalls droht ihm die Todesstrafe. Seiner deutschen Rechtsanwältin Petra Schlagenhauf wurde die Einreise nach Hanoi verwehrt. Sie hat in einem Interview mit der linken Tageszeitung „Taz“ erklärt: „Diplomaten hatten ein Entführungsflugzeug gechartert. Es ist nachweisbar, dass das Entführungsauto unmittelbar vom Tiergarten in die vietnamesische Botschaft in Berlin fuhr.“ 

„Reporter ohne Grenzen“ hat jetzt gemeinsam mit der „Taz“ in Berlin die Podiumsdiskussion „Der lange Arm von Hanoi? Vietnamesische Journalisten im Berliner Exil“ veranstaltet. Der vietnamesische Blogger und Schriftsteller Bui Thanh Hieu, ein anerkannter Asylant, und der in Berlin lebende Journalist und Unternehmer Khoa Le Trung berichteten über ihre Erfahrungen und die Drohungen, denen sie auch in Deutschland ausgesetzt sind. Der Entführungsfall Trinh Xuan Thanh spielte dabei im Hintergrund auch eine Rolle. 

Wie Khoa Le Trung erläuterte, wird er ständig im Internet attackiert und erhält auch Morddrohungen, seit er auf seiner Internetseite „Thoibao.de“ offen über den Entführungsfall auch auf Vietnamesisch berichtet hat. Frühere Anzeigenkunden staatlicher Firmen aus Vietnam wollen nicht mehr auf seiner Webseite beworben werden. „Wir müssen sehr gut aufpassen, wenn wir das Haus oder die Redaktion verlassen“, erklärte Khoa Le Trung. Im Internet wird er unter anderem als „Hund“ und „Volksverräter“ beschimpft. Es wurden Fotos von ihm und seine Privatadresse ins Internet gestellt sowie biographische Angaben über seine noch kleinen Kinder veröffentlicht. „Die Geheimpolizei ist sehr aktiv hier in Berlin“, sagte Khoa Le Trung. 

Die Vorsitzende des Bundes vietnamesischer Flüchtlinge in Deutschland, die Ärztin Hoang Thi My Lam, erklärte, wie stark der Entführungsfall die hiesigen Vietnamesen verunsichert hat. Die Facebook-Seite des Bloggers Bui Thanh Hieu wurde zeitweise gesperrt.