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19.01.18 / Tesla in der Defensive / US-Multis und Chinesen greifen den Branchenführer an

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-18 vom 19. Januar 2018

Tesla in der Defensive
US-Multis und Chinesen greifen den Branchenführer an
Norman Hanert

Über eine halbe Million Vorbestellungen sollen für das „Model 3“ des Elektroautoherstellers Tesla vorliegen. Diese hohe Zahl ist nicht nur mit einer großen Nachfrage, sondern auch mit einem geringen Angebot zu erklären. Angepeilt hatte der US-Autobauer, pro Woche 5000 Fahrzeuge des begehrten Modells auf den Markt zu bringen, aber das Unternehmen verfehlt seine Produktionsziele deutlich. Wie aus einem Investorenbrief vom 3. Januar hervorgeht, konnten im letzten Quartal des vergangenen Jahres insgesamt nur 1550 Stück des neuen Modells ausgeliefert werden. 

Der Grundpreis des Fahrzeugs liegt bei 35000 US-Dollar, Teslas bisheriges Erfolgsprodukt „Model S“ schlägt mit rund dem dreifachen Preis zu Buche. Die Erwartungen bei Tesla, aber auch bei den Investoren sind hoch: Der neue Mittelklassewagen „Model 3“ sollte dem kalifornischen Unternehmen den Durchbruch in den Massenmarkt und schwarze Zahlen bringen. Die Firma führt die Schwierigkeiten auf Produktionsengpässe in der Batteriefabrik in Nevada zurück. 

Allerdings wird auch von Problemen bei der Endfertigung berichtet. Firmenchef Elon Musk selbst hatte vergangenes Jahr sogar von einer „Produktionshölle“ im Zusammenhang mit dem neuen Automodell gesprochen. 

Teslas Probleme, eine Massenfertigung aufzubauen, könnten jenen Autobauern eine Chance geben, die über jahrzehntelange Massenproduktionserfahrungen verfügen. Mit über 100000 verkauften E-Autos im Gesamtjahr 2017 ist Tesla in diesem Segment zwar immer noch der führende Hersteller, allerdings holen traditionelle Kraftfahrzeugmultis wie General Motors oder Nissan auf. Sieht man vom Berg an Vorbestellungen ab, liegt etwa der Chevrolet „Bolt“ bei den tatsächlichen Verkaufszahlen vor dem „Model 3“. Zudem haben mehrere etablierte Autobauer angekündigt, ab 2020 eine ganze Palette von E-Autos auf den Markt bringen zu wollen. 

Auch in China wächst dem Pionier der Elektromobilität neue Konkurrenz heran. Das Land ist weltweit der größte Absatzmarkt für Autos, zudem setzt die politische Führung in Peking darauf, China zum Vorreiter bei der Elektromobilität zu machen. Gleich mehrere chinesische Un­ternehmen versuchen, mit potenten Geldgebern im Rücken und eingekauften westlichen Experten dem US-Autobauer Tesla Konkurrenz zu machen. Gute Chancen werden dabei dem chinesischen Hersteller Nio eingeräumt, der auf der Shanghaier Automesse im April vergangenen Jahres gleich elf Elektromodelle vorgestellt hat. 

Nio hat westliche Spitzenkräfte aus der Automobilbranche verpflichtet und bei Kapitalgebern rund 1,7 Milliarden US-Dollar eingesammelt. Zudem hat Nio eine Zusammenarbeit mit etablierten chinesischen Autoherstellern wie JAC und Changan vereinbart und setzt auf renommierte Zulieferer wie Magna. 

Branchenexperten sehen auch für das chinesische Start-up-Unternehmen „Byton“ (Bytes on Wheels) gute Chancen. Das Unternehmen hat sehr ambitionierte Pläne für ein hochwertiges batteriebetriebenes SUV-Fahrzeug, das ab 2019 zunächst in China und ab 2020 dann weltweit auf den Markt kommen soll. Byton soll zur Umsetzung seiner Ziele sogar einen erfahrenen Manager verpflichtet haben, der früher für BMW gearbeitet hat.