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19.01.18 / Buch für viele Haushalte / Eine Ortschronik hilft den Kulturraum Ostpreußen zu verstehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-18 vom 19. Januar 2018

Buch für viele Haushalte
Eine Ortschronik hilft den Kulturraum Ostpreußen zu verstehen
Wolfgang Thüne

Die Autorinnen haben keineswegs zu viel versprochen. Die Chronik des kleinen ostpreußischen Örtchens Jodeglienen – 1938 wurde es in Moosheim unbenannt – nahe der litauischen Grenze steht nicht nur exemplarisch für zahllose Orte in Ostpreußen, sie bietet auch Einblicke in „die ganze Weltgeschichte“. Daher gehört sie in möglichst viele Haushalte, auch um den Generationen nach uns die Bedeutung des Kulturraumes Ostpreußen bewusst zu machen.

Das Buch ist in zwei große Teile gegliedert, wobei der zweite sich mit dem Schicksal von 24 Jodegliener Familien bis 1944 befasst. Kaum ein Leser wird jemals von ihnen gehört haben, aber ihr Schicksal ist uns allen sehr vertraut und wir finden uns in ihnen wieder. Dies könnte Ansporn sein, diesem guten Beispiel Folge zu leisten und auch zur Feder zu greifen.

Aber ebenso interessant und lehrreich ist der erste fast 90 Seiten umfassende Teil über „Jodeglienen und die deutsche Geschichte“. 1937 wurde in einem Flachmoor beim Nachbardorf Abschruten eine „Lanzenspitze aus gespaltenen Röhrenknochen“ gefunden, deren Alter auf etwa 11000 vor Christus datiert wurde. Zu dieser Zeit war das skandinavische Eis soweit zurückgewichen, dass die ersten Jäger sich ins Baltikum vorwagten. Doch besiedelt wurde diese Wildnis erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts zu Ende der Ordenszeit (1231 bis 1525) nach dem Frieden am Meldensee vom 8. Mai 1422 mit den Prußen vom Stamm der Nadrauer und Schalauer. 1516 wurde die Streusiedlung Schloßberg gegründet und 1545 in „Pilkaln“ (Pillkallen) umbenannt.

Das Dorf Jodeglienen wurde erstmals 1559 erwähnt. Es war dann 1713 König Friedrich Wilhelm I., der sich der Wiederbesiedlung des durch Krieg und Pest entvölkerten Landes annahm. Er holte Glaubensflüchtlinge aus Hessen-Nassau, dem Siegerland, der Pfalz, aus Halberstadt und Magdeburg. Den größten Anteil bildeten 1732 die Salzburger. 1739 hatte das Bauerndorf 57 deutsche und sechs litauische Bewohner. Die weitere Geschichte ist eng mit der deutschen Geschichte verbunden und zeigt auf, wie fortschrittlich die Geschichte Ostpreußens ist, das erst 1871 Teil des Deutschen Reiches wurde. 1856 entstand eine Chaussee quer durch den Kreis Pillkallen, beiderseits mit Bäumen bepflanzt als Musterbeispiel für die „typisch ostpreußischen Alleen“. 1892 wurde Pillkallen an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges hatte der Kreis besonders stark unter den Russeneinfällen zu leiden. Erst im Februar 1915 konnte die russische Armee von den genialen Heerführern Hindenburg und Ludendorff endgültig besiegt und aus Ostpreußen vertrieben werden.

Mit der Flucht 1944/1945 und dem Befehl Stalins vom 11. Oktober 1947 zur Deportation aller noch im „Königsberger Gebiet“ sich befindenden Deutschen endet die 700-jährige deutsche Geschichte. Diese Erinnerung zu wahren und das kulturelle Erbe zu pflegen, ist unsere Verpflichtung. Die kleine Chronik hilft dabei! Doch wer Jodeglienen besichtigen möchte, der findet nichts mehr, nur einen Truppenübungsplatz.

 Rosemarie Keil, Marthina Klüppelberg: „Jodeglienen – Moosheim – Chronik eines ostpreußischen Dorfes“, Verlag Tredition, Hamburg 2017, broschiert, 356 Seiten, 17,99 Euro