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19.01.18 / Grüne Sondierungswoche / Bulgarien als Partnerland, Bio als Dauertrend und breitgetrampelte Pferdeäpfel – Die Grüne Woche kommt herbeigaloppiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-18 vom 19. Januar 2018

Grüne Sondierungswoche
Bulgarien als Partnerland, Bio als Dauertrend und breitgetrampelte Pferdeäpfel – Die Grüne Woche kommt herbeigaloppiert
Susan Bäthge

Die Tafel ist wieder reichlich ge­deckt: 1660 Aussteller aus 66 Ländern präsentieren mehr als 100000 Produkte in 26 Hallen. Zehn Tage öffnet die weltweit be­deutendste Ausstellung für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau ihre Pforten unter dem Funkturm, die 83. Internationale Grüne Woche lädt vom 19. bis 28. Januar Besucher und Fachwelt auf das Berliner Messegelände ein. 

Frischer Rosenduft verströmt in den Messehallen unter dem Funkturm das „Aroma der Sonne“. Das berühmte Rosenöl, gewonnen aus Duftrosen 200 Kilometer östlich von Sofia, wird versprüht und symbolisiert mit den tausenden von roten, gelben und orangefarbenen Rosen das diesjährige Partnerland der Grünen Woche: Bulgarien. Wie einst aus Rosenblüten Öl gewonnen wurde, wird beim traditionellen Pflückritual mit altem Kochgeschirr zelebriert. Leckeres Gartengemüse wie die großen rosafarbenen Tomaten, cremiger Joghurt, guter Wein aus Aroniabeeren – mehr als drei Dutzend Aussteller laden zu einer kulinarischen Entdeckungstour in die Bulgarien-Halle ein. 

Ob Fleischspezialitäten und Gemüsepasten aus der traditionellen Küche, Molkerei- und Obstprodukte, in denen das Aroma der Sonne steckt – auf der Grünen Woche stehen alle Leckereien zur Verkostung bereit, dazu sollen die Lebensart und Handwerkskunst der Bulgaren sowie die bulgarische Folklore nahege­bracht werden. Und da die ökologische Landwirtschaft im osteuropäischen Sonnenland hoch an­gesehen ist, haben viele der angebotenen Produkte Bio-Standard. 

Bio steht auch hierzulande unverändert hoch im Kurs, jeder zehnte Hof wirtschaftet mittlerweile ökologisch, der Absatz an Bio-Produkten steigt stetig. Auf der Berliner Verbraucherausstellung präsentiert sich die Branche unter dem Motto „Bio – mehr Platz für Leben“. 

Sogenannte Nachhaltigkeit, nachwachwachsende Rohstoffe, Klimaschutz und Ressourcenschonung gewinnen immer mehr an Bedeutung, und für die Zu­kunft der tierischen Erzeugung steht ein internationales Forum für Nahrung und Agrikultur. Hier sollen Antworten gefunden werden auf wichtige Fragen, wie eine nachhaltige Landwirtschaft den Hunger in der Welt bekämpfen und die globale Ernährung si­chern kann. Das Bundesentwick­lungsministerium zeigt am Beispiel Kakao, dass eine Welt ohne Hunger möglich ist. 

Faire Preise sollen sicherstellen, dass Menschen nicht hungern, Kinder nicht arbeiten, Wälder nicht abgeholzt werden. Das von der Bundesregierung ins Leben gerufene Forum „Nachhaltiger Kakao“ hat sich ein großes Ziel gesetzt: 100 Prozent fairer Kakao in Deutschlands Supermärkten. Wie das geht, erfahren die Besucher am Stand des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Bewusstsein schaffen – auch das steht hinter der Grünen Woche. Zum Nachdenken soll sie anregen, regionales Einkaufen fördern und globale Zusammenhänge sichtbar machen.

Das persönliche Gestalten, Schmecken und Spüren spielt dabei eine große Rolle. Es gibt Mitmachaktionen beim „Multitalent Holz“, und der Besucher erlebt, wie der Wald Kopf, Herz und Körper bewegt. Multimediale Einblicke in die Moderne Landwirtschaft geben 50 Aussteller auf dem Erlebnis-Bauernhof – zum Staunen, Schmecken und Fühlen. Erlebnisstationen vermitteln au­thentische Einblicke, wie Tiere gehalten, Pflanzen produziert und innovative Technologien eingesetzt werden. Ein Stall erwacht hier plötzlich zum Leben und ein dreifarbiger Farbfächer ermöglicht es den Besuchern, zwischen den Perspektiven Landwirt, Verbraucher und Industrie/Handel hin- und herzuwechseln. Neue Einblicke sollen gegeben, Denkanstöße vermittelt und ein Dialog zwischen Landwirten und Verbrauchern gefördert werden.

Erlebnishungrige Messebesucher kommen in Halle 12 auf ihre Kosten: Sogenanntes Street Food, der zeitgemäße Schnellimbiss, wird in einer Halle voller Lebensmittellaster angeboten. Man kann wählen zwischen der asiatischen Burgervariante Baos, frischen Burritos, köstlichen Ra­clettes, Eisjoghurts oder türkischem Mara-Eis und anderen Knabbereien aller Art aus aller Welt. 

Traditionen werden gepflegt, Innovationen geschaffen, sagt die Messeleitung. „Die Mischung macht’s!“ so Lars Jaeger, seit elf Jahren Projektleiter der Grünen Woche. Seit dem Premierenjahr 1926 präsentierten sich rund 88000 Aussteller aus 129 Ländern den insgesamt 32,9 Millionen Fach- und Privatbesuchern. „Erstmals dabei ist Katar, und ausgerechnet der Wüstenstaat präsentiert das Thema Wasser. Wir sind gespannt!“, sagt Jaeger.

Die größte Herausforderung für die Macher? „Politische Problemstellungen, die wir nicht beeinflussen können. 2016 sagten unerwartet die Russen ab und wir mussten 2700 Quadratmeter Fläche neu bestücken.“ Dieses Jahr ist Russland wieder dabei, denn die Landwirtschaft des größten Flächenstaates der Erde hat sich zu einer der erfolgreichsten Branchen der nationalen Wirtschaft entwickelt. 

Sportlich wird es in der Tierhalle 25 zugehen, wo Pferdefreunde auf ihre Kosten kommen.  Die Hippologica hat zeitlich um­gesattelt, das größte Hallenreitsportereignis Berlins ist nun Teil der Grünen Woche und startet am 25. Januar in vier Pferdesportdisziplinen: Spring- und Dressurreiten, Voltigieren und Fahrsport. Eine fünftägige Veranstaltung für die ganze Familie. Und auch das ist neu: Die Besucher kommen in den Genuss eines rasanten Polo-Turniers.

Sicherheitsbedenken wie vor einem Jahr gibt es in diesem Jahr keine. Im Falle eines Falles wird die Messeleitung in enger Zu­sammenarbeit mit dem Landes-und Bundeskriminalamt beschließen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Die morgendliche Lagebesprechung der Sicherheitskräfte gehört zum täglichen Ritual während der Messe. „Die erhöhte Polizeipräsenz im Januar 2017 wurde von Ausstellern und Besuchern positiv aufgenommen, und keiner ist verärgert über vermehrte Taschenkontrollen – die gehören in unsere Zeit“, sagt Jaeger, „schließlich ist es eine Großveranstaltung, zu der täglich rund 40000 Besucher auf das Gelände kommen.“ 

Projektleiter Jaeger freut sich jedenfalls auf den Trubel: „Kein Jahr gleicht dem anderen, langweilig wird es nie!“ So wurde einer der größten Publikumsmagneten, die duftende Blumenhalle, völlig neu konzipiert. Wie die gesamte Grüne Woche ein Genuss für alle Sinne.

Geöffnet ist die Messe vom 19. bis 28. Januar täglich von 10 bis 18 Uhr, am „Langen Freitag“ (26. Januar) von 10 bis 20 Uhr. Die Tageskarten kosten 15 Euro, Kinder unter sechs Jahren haben freien Eintritt. Infos im Internet: www.gruenewoche.de

Siehe auch Seite 5