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26.01.18 / Così fan tutte / Doping ist sehr verbreitet im Sport – Angeprangert werden aber fast nur Russen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-18 vom 26. Januar 2018

Così fan tutte
Doping ist sehr verbreitet im Sport – Angeprangert werden aber fast nur Russen
Wolfgang Kaufmann

Entgegen allen anderslautenden Behauptungen geht es bei Olympia und auch sonst im Spitzensport weniger ums Dabeisein als ums Siegen. Das oft um jeden Preis, und nicht nur bei Russen. 

So ergab eine anonyme Befragung des renommierten Tübinger Psychologen Rolf Ulrich im Auftrag der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), dass rund 40 beziehungsweise 60 Prozent der Teilnehmer an den Leichtathletik-Weltmeisterschaften von 2011 in Daegu sowie den im selben Jahr veranstalteten Panarabischen Spielen in Doha unerlaubte leistungssteigernde Substanzen konsumiert hatten. 

Durch die Dopingkontrollen des Weltleichtathletikverbandes (IAAF) in Daegu konnten gerade einmal 0,5 Prozent der angetretenen Wettkämpfer als Betrüger entlarvt werden. Und auch sonst gehört Doping längst zum Alltag im Leistungssport – egal ob bei italienischen Gehern, polnischen Gewichthebern oder chinesischen Turnern. Trotzdem gilt das Augenmerk der Öffentlichkeit momentan fast nur russischen Athleten.

Verantwortlich hierfür sind die Enthüllungen des russischen Whistleblowers Grigori Rodtschenkow sowie die Untersuchungen dreier Sonderkommissionen der WADA beziehungsweise des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) unter der Leitung von Richard Pound, Richard McLaren und Denis Oswald. 

Diese belegen angeblich, dass es ein ebenso geheimes wie großangelegtes Doping-Programm in Russland gebe, in dessen Rahmen schon mehr als 1000 Sportler behandelt worden seien. Die Sieger unter ihnen sollen nun die von ihnen gewonnenen Medaillen zurückgeben. Hinzu kamen in manchen Fällen lebenslange Sperren für die zukünftigen Olympischen Spiele. Russland wurde kollektiv wegen „systematischen Dopings“ von den bevorstehenden Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang vom 9. bis 25. Februar ausgeschlossen. Nur nachweislich „saubere“ Wettkämpfer dürfen unter gewissen Bedingungen als „Olympische Athleten aus Russland“ antreten. Dabei ist die Beweislage dünner, als es auf den ersten Blick scheint.

Zum einen weckt die Biografie des Kronzeugen Rodtschenkow Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit. Zum anderen lässt sich die individuelle Schuld der angeblich gedopten Sportler kaum juristisch sauber belegen – und im Zuge einer selektiven Beweisumkehrpflicht von Athleten russischer Herkunft zu verlangen, ihre Unschuld zu beweisen, verstößt gegen elementare Rechtsgrundsätze, so zum Beispiel gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz unabhängig von der Herkunft sowie dem Prinzip „in dubio pro reo“ (Im Zweifel für den Angeklagten). Das sehen nicht nur die Anwälte der Betroffenen so, sondern auch die Anti-Doping-Kommission des Internationalen Bob- und Skeleton-Verbandes (IBSF). Und selbst der WADA blieb im September 2017 keine andere Wahl, als 95 der ersten 96 eingeleiteten Verfahren gegen russische Sportler aus Mangel an Beweisen einzustellen. Das wird von einigen nicht betroffenen Olympioniken wie Ole Bjørndalen begrüßt. Der norwegische Biathlet verwies darauf, wie erschreckend einfach es sei, Dopingproben während der vorgeschriebenen zehnjährigen Lagerungsfrist zu öffnen und in manipulativer Absicht zu verunreinigen.

Vor diesem Hintergrund werden nun Stimmen laut, die auf die politische Dimension des Ganzen verweisen. So warf der russische Präsident Wladimir Putin den USA am 9. November vergangenen Jahres vor, die Dopingaffäre aufzubauschen, um die Regierung in Mos­kau zu diskreditieren und die Präsidentschaftswahlen im März zu beeinflussen.