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26.01.18 / Unverdient

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-18 vom 26. Januar 2018

Unverdient
Bodo Bost

Seit dem Jahreswechsel hat das korrupteste und ärmste Land der EU die EU-Ratspräsidentschaft inne. Ausgerechnet Bulgarien soll nun die krisengeschüttelte europäische Staatengemeinschaft auf einen guten Weg führen. Dessen Ministerpräsident Boiko Borissov sieht in der Ratspräsidentschaft die Chance, sein Land vom schlechten Image zu befreien und es als nützliches EU-Mitglied zu profilieren. Das ist auch dringend nötig, denn das Balkanland steht seit seinem EU-Beitritt 2007 unter besonderer Beobachtung der EU-Kommission. Alle fünf zurzeit in der bulgarischen Volksversammlung vertretenen Parteien können dem oligarchischen Erbe des politischen Totalitarismus zugerechnet werden. 

Eine parlamentarische demokratische Opposition gibt es deshalb in Bulgarien nicht. Wer hier für demokratische Werte eintritt, kann dies nur auf der Straße tun. Dennoch fordert Borissov, der sich in den Augen seiner Kritiker eher wie ein Mafiaboss denn als Regierungschef aufführt, den Beitritt Bulgariens auch zur Euro-Zone. Und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist sogar für eine Aufnahme des Landes in den Schengen-Raum. Dabei hat erst jüngst eine Studie gezeigt, wie korrupt die bulgarischen Grenzschutz- und Zollbehörden sind.

Noch rechtzeitig vor dem Antritt des EU-Ratsvorsitzes hatte die Borissov-Regierung in aller Eile ein neues Anti-Korruptionsgesetz verabschiedet. Demnach sollen die mit Korruptionsprävention und -sanktion befassten staatlichen Institutionen, die sich in den vergangenen Jahren als wirkungslos erwiesen haben, in einem einzigen Organ zusammengelegt werden. Allerdings hat der von den Sozialisten ins Amt gehobene Staatspräsident Rumen Radev sein Veto gegen das von der Regierungsmehrheit verabschiedete Gesetz eingelegt. Kritische Beobachter sehen darin ohnehin keinen Fortschritt, weil es nicht die Möglichkeit anonymer Korruptionsanzeigen vorsieht. Das wäre jedoch mehr als dringend, denn beim Korruptionsindex von Transparency International rangiert Bulgarien unter 176 Staaten am schlechtesten von allen EU-Mitgliedern auf Rang 75. Auch in der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen belegt Bulgarien traditionell die Rote Laterne aller EU-Länder, es landet aktuell auf Platz 109, hinter den meisten afrikanischen und südamerikanischen Ländern, gefolgt nur noch von den meisten muslimischen Ländern.

Schlimmer hat bisher noch keine EU-Ratspräsidentschaft angefangen. Borissov will sich in den kommenden sechs Monaten vor allem für die Beschleunigung der EU-Integration der Westbalkanländer und die Verbesserung der Beziehungen zur Türkei einsetzen. Mit seinem mazedonischen Amtskollegen Zoran Zaev hat er bereits im August 2017 ein lange überfälliges Nachbarschaftsabkommen un­terzeichnet. Nicht das EU-Mitglied Griechenland konnte im Jahre 2016 den von Merkels offener Tür eingeleiteten Flüchtlingsstrom in die EU stoppen, sondern das Nicht-Mitglied Mazedonien – auf Drängen von Österreich, nicht von Merkel. Deshalb hätte vor allem Mazedonien eine Perspektive für einen EU-Beitritt verdient. Dass hingegen Bulgarien seinen EU-Beitritt 2007 verdient hat, muss es noch beweisen.