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26.01.18 / Mit Humor und Pathos / Der Film »Die dunkelsten Tage« behandelt den Beginn von Churchills Regierungszeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-18 vom 26. Januar 2018

Mit Humor und Pathos
Der Film »Die dunkelsten Tage« behandelt den Beginn von Churchills Regierungszeit
Manuel Ruoff

Passend zum 75. Jahrestag von Joseph Goebbels’ Sportpalastrede vom 18. Fe­bruar 1943 mit der berühmten Suggestivfrage „Wollt ihr den totalen Krieg?“ ist mit „Die dunkelste Stunde“ aus den USA jetzt eine filmische Eloge auf einen anderen Einpeitscher jener Kriegsjahre in die deutschen Kinos gekommen: Winston Churchill. Letzterer stellte sich zu Beginn seiner Amtszeit einer Aufgabe, die im Prinzip noch schwerer war als die des Propagandaministers Goebbels. Denn Goebbels’ Landsleute hatten als Alternative zum Weiterkämpfen nur die bedingungslose Kapitulation, Churchills Landsleute hingegen die ungleich verlockendere Aussicht auf einen Verständigungsfrieden. 

Die historische Beratung zu dem Film „Die dunkelste Stunde“ stammt mit dem 1924 in Budapest geborenen US-amerikanischen Hi­storiker ungarischer Herkunft John Lukacs von einem ausgewiesenen Bewunderer Churchills. Zu Lukacs’ bekanntesten Werken zählt das Buch „Five Days in London, May 1940“, das in Deutschland unter dem Titel „Fünf Tage in London. England und Deutschland im Mai 1940“ erschienen ist und das wie „Die dunkelste Stunde“ den Beginn von Churchills Amtszeit zum Thema hat.

Zum Schluss wird der Film leider zu einem Heldenepos, das stellenweise in die Grauzone zwischen Pathos und Kitsch gerät. Er beginnt jedoch angenehm unpathetisch als eine un­terhaltsame Politkrimikomödie. Nach einer turbulenten Unterhaussitzung, in welcher der Oppositionsführer den Rücktritt Neville Chamberlains gefordert hat, kündigte der Premierminister am Abend in einem elitären Kreis von Parteifreunden seinen Rück­tritt vom 10. Mai 1949 an. 

Die Nachfolge scheint alternativlos auf Lord Halifax hinauszulaufen. Der als intrigant geschilderte Gegenspieler der Hauptfigur des Films lehnt jedoch zur Überraschung der Anwesenden mit der Begründung ab, seine Zeit sei noch nicht gekommen. Nun läuft alles zum Entsetzen der Anwesenden auf Churchill hinaus. Jetzt erst betritt die Hauptfigur, ge­spielt von Gary Oldman, die Bühne. 

Churchill wird als ein überaus skurriler und stellenweise auch grantiger, aber nichtsdestoweniger liebenswürdiger alter Mann mit menschlichen Schwächen geschildert, der sich kaum um Konventionen kümmert. Im weiteren Verlauf schildert der Spielfilm vor allem Churchills Ringen um ein Festhalten seines Landes am Kriegskurs. Seine Selbstzweifel verliert er schließlich, als er auf Empfehlung seines Königs den Kontakt zum „Mann auf der Straße“ sucht, sicherlich eine Schlüsselszene. Er büxt aus und fährt U-Bahn. Dort begegnen ihm alle mit Ehrerbietung und Be­wunderung und bestärken den Falken in seinem Kurs. Um deutlich zu machen, dass die Statisten für die gesamte Breite des Volkes sprechen sollen, ist alles dabei: Alt und Jung, Mann und Frau, Schwarz und Weiß, Arbeitskleidungs- und Anzugträger. 

Am heftigsten und längsten skandiert ein kleines Mädchen gegenüber Churchill, nicht aufgeben zu wollen. Vor Rührung zückt Churchill sein Taschentuch und schämt sich seiner Tränen nicht. Nach diesem komplett erfundenen U-Bahn-Erlebnis ist Churchill sich nun sicher, dass er recht hat und was er nun zu tun hat: auf seinem einmal eingeschlagenen Weg entschlossener denn je weiterzugehen. 

Den Schluss bildet Churchills Unterhausrede vom 28. Mai 1940, die pathetisch mit Musik unterlegt ist. Jubel bricht aus, der anfänglich skeptische Vorgänger Chamberlain signalisiert seinen Mannen mitzujubeln, und den Gegenspieler Halifax bleibt nur noch das Schlusswort: Er hat die englische Sprache mobilisiert und in die Schlacht geschickt. Ein Schelm, der bei diesem schönen Ende denkt, Analoges könne man auch über Goebbels sagen.