26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
26.01.18 / Das macht sprachlos! / Eine gefährliche Entwicklung: An unseren Universitäten ist immer weniger Deutsch zu hören

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-18 vom 26. Januar 2018

Das macht sprachlos!
Eine gefährliche Entwicklung: An unseren Universitäten ist immer weniger Deutsch zu hören
Dirk Pelster

Wir sprechen Deutsch“ heißt es selbst in den entlegensten Weltgegenden. In Südamerika, im Nahen und Mittleren Osten und besonders in Asien werde unsere Sprache zunehmend nachgefragt, verkündet der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD): „In Brasilien lernen sie heute 134000 Menschen, in China 117000.“ Damit haben sich die Zahlen zum Beispiel in China seit 2010 mehr als verdoppelt.

Ob den Lernenden klar ist, dass sie Vokabeln einer Sprache pauken, die selbst in ihrem Ursprungsland rapide an Bedeutung verliert? Die Deutschen mögen anscheinend das Deutsche nicht mehr. Dies gilt insbesondere für Universitäten und Hochschulen. Hier werden zwischenzeitlich ganze Studiengänge von der ersten Vorlesung bis hin zum Examen ohne ein deutsches Wort abgewickelt.

Dabei geht es nicht um philologische Fächer, in denen man sich naturgemäß überwiegend mit einer ausländischen Sprache auseinandersetzt. Ob Medizin, Psychologie, Wirtschaftswissenschaften, Chemie oder Physik, ohne solide englische Sprachkenntnisse kommt man auch in einem grundständigen Studium an den entsprechenden Fakultäten heute nicht mehr aus. Von Promovenden in den Naturwissenschaften wird ganz selbstverständlich erwartet, dass sie ihre Doktorarbeit in englischer Sprache abfassen und einreichen. Deutsche Forschungsorganisationen nehmen Förderanträge oder Ergebnisberichte für Studien oft nur noch in Englisch an. Als Begründung hierfür wird gerne die Internationalisierung von Wissenschaft und Hochschule bemüht. Deutsche Akademiker dürften im weltweiten Forschungsdiskurs den Anschluss nicht verlieren, heißt es vielfach.

Tatsächlich hat sich das Englische nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst im Westen und nach dem Zusammenbruch des Ostblocks schließlich auch auf dem gesamten Globus zur lingua franca von Wissenschaftlern gemausert. Auf internationalen Kongressen wird überwiegend in englischer Sprache kommuniziert.

Dies war nicht immer so. Insbesondere am Ende des 19. und am Beginn des 20. Jahrhunderts gehörte Deutsch neben dem Englischen und Französischen zu den drei führenden Wissenschaftssprachen der Welt. Damals leisteten die Universitäten und Forschungseinrichtungen im Deutschen Reich gerade im Bereich der Naturwissenschaften Pionierarbeit. Rund jeder dritte Nobelpreis wurde an einen deutschen Forscher verliehen. Die Vorreiterrolle Deutschlands schwand jedoch im Verlauf der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts ebenso, wie die anderer europäischer Staaten. Heutige deutsche Nobelpreisträger leben und forschen meist in den Vereinigten Staaten.

Amerikanische Institute bieten Wissenschaftlern international schon seit Jahrzehnten in vielen Bereichen die besten Rahmenbedingungen für ihre Arbeiten und ziehen daher aus vielen Ländern die führenden Köpfe der Forschungswelt an. Die Etablierung des Englischen als führender Wissenschaftssprache ist daher vor allem ein Tribut an die dominante Stellung der Vereinigten Staaten und nicht das Ergebnis einer von Wissenschaftlern selbst getroffenen Konvention.

In Deutschland geht man in Kultusministerien, an Hochschulen und in Forschungseinrichtungen seltsamerweise davon aus, dass man der Anziehungskraft der USA dadurch begegnen könne, indem man zu den von diesen diktierten Regeln spielt. Ein gefährlicher Irrtum: Während aufgrund zahlreicher Bildungsexperimente im Schulwesen viele Abiturienten hierzulande gar nicht mehr richtig lesen, schreiben oder rechnen können und die – insbesondere im Bereich der Grundlagenforschung – bereitgestellten Finanzmittel außerordentlich bescheiden ausfallen, hofft man durch eine möglichst international ausgestaltete Forschungslandschaft vor allem ausländische Akademiker anzulocken, um der schwindenden internationalen Bedeutung des Wissenschaftsstandortes Deutschland wirksam etwas entgegenzusetzen. Die erzielten Erfolge sind indes bescheiden.

Tatsächlich arbeiten zunehmend ausländische Wissenschaftler an deutschen Universitäten, aber zumeist ist die Bundesrepublik für sie nur eine Durchgangsstation in ihrem akademischen Lebenslauf. Die besten Köpfe kommen ohnehin nur selten. Vor allem bleibt der eigene wissenschaftliche Nachwuchs auf der Strecke. Studien aus Skandinavien haben gezeigt, dass die Wissensaufnahme von Studenten deutlich vermindert bleibt, wenn der Lernstoff in einer fremden Sprache vermittelt wird.

Im Bereich der Naturwissenschaften werden neu gebildete wissenschaftliche Begrifflichkeiten schon gar nicht mehr ins Deutsche überführt. Es fehlt somit zunehmend eine eigene deutsche Fachterminologie, die aber für die spätere Heranführung an wichtige Erkenntnisse in der Schule oder in der nicht-akademischen Berufswelt erforderlich ist. Wenn also die geistige Elite dieses Landes darauf verzichtet, die eigene Sprache weiterzuentwickeln, so hat dies langfristig auch erhebliche negative Auswirkungen auf den restlichen Teil der Bevölkerung sowie auf den allgemeinen Sprachgebrauch.

Diejenigen Studenten, die sich in einer anglisierten Wissenschaftswelt besonders leicht tun, fällt zudem der Schritt, nach dem Abschluss ins Ausland zu gehen, zusehends leichter. Auch damit wird die Talentflucht aus Deutschland verschärft. Die Zukunft des Deutschen als Wissenschaftssprache ist daher vor allem eine Frage nachdem, was sich eine Kultur- und Bildungsnation selbst noch wert ist.