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26.01.18 / »Wählerroman« mit erhobenem Zeigefinger

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-18 vom 26. Januar 2018

»Wählerroman« mit erhobenem Zeigefinger
Wolfgang Thüne

Der Roman „Initiative Denkzettel“ von Jens Richter entpuppt sich schnell als „Krimi“, der es in sich hat an Brutalitäten und Intrigen. Er ist extrem spannend und hat einen unerwarteten Ausgang. Soviel kann gesagt werden: Es ist ein politischer „Krimi“, der das Konzept der „Desinformation“ brillant und zauberhaft bedient. Das Motto lautet: „Die Politik wird Deutschland kaputt machen, wenn der Wähler nicht endlich eine wirkliche demokratische Alternative geboten bekommt.“ 

Zu diesem Zweck wird von Sachsen ausgehend die dubiose und ominöse „Initiative Denkzettel“ von einem sehr reichen Unternehmer gegründet, der sich in die neutrale Schweiz absetzt und alles so inszeniert, um selbst Finanzminister zu werden. Sein Ziel ist, Deutschlands Schuldenlast von etwa zwei Billionen Euro abzubauen, um es über die Jahrzehnte zur „Nummer 1 auf der Welt“ zu machen.

Er bildet ein qualifiziertes Team, das mit allen Wassern gewaschen und fest mit der Politik vernetzt ist, und auch vor Geheimdiensteinsätzen und Morden nicht zurück-schreckt. Da fallen Parolen wie: „Nieder mit der deutschen Arroganz! Nieder mit der deutschen Flüchtlingsbürokratie! Nieder mit der deutschen Kleingeistigkeit! Nieder mit der beruflichen Ausgrenzung meiner Glaubensbrüder!“ Oder: „Ohne medizinisch gut ausgebildete syrische, afghanische und irakische Flüchtlinge ist die ärztliche Versorgung in Deutschland dramatisch unterbesetzt.“ Oder: „Was die Deutschen brauchen, ist Orientierung und moralischer Halt. Sie brauchen ein neues Weltbild, dem sie sich anvertrauen können. Dieses Leitbild ist der Koran.“ Oder: „Wer die PPF wählt, wählt ein offenes Deutschland mit freundlichem Gesicht.“ Die „Initiative Deutschland“ hat nicht nur zwei, sondern etliche konträre Gesichter. Ihr Ziel bleibt undurchsichtig.

Was dem Wählerkrimi eine interessante Würze gibt, ist, dass er zugleich „Lehrbuch“ für Geschichte ist. Es beginnt mit 814, dem Tod von Karl dem Großen. Doch war Otto I. 936 der „Vater des Nationalstaatsgedankens“, der Europa vor vielen Kriegen hätte bewahren können, wenn er nach seinem Sieg den Weitblick gehabt hätte, „das chronisch neidische, deutschfeindliche und stichelnde Frankreich einfach von der Landkarte zu radieren“? Ob man zum Ersten Weltkrieg 1914 sagen kann „Dumm. Dümmer. Deutschland“, ist fragwürdig. Unstrittig sind dagegen die Sätze eines Ministers: „Die Bevölkerung muss vor zu vielen Informationen geschützt werden. Die meisten da draußen sind doch viel zu einfältig, um mit der Wahrheit umgehen zu können. Gezielte Desinformation ist die hohe Schule der Politik und Wählerführung.“ Diese „hohe Schule“ beherrscht der Autor.

Nach dem Epilog spricht er seine „lieben Leser“ persönlich an, erklärt, dass er seine „Gedanken als Mahnung“ niedergeschrieben habe, „radikale Parteien“ nicht durch „eine zu niedrige Wahlbeteiligung“ zu stark werden zu lassen. Man solle es unterlassen, „SPD und CDU einen Denkzettel zu verpassen“ oder zumindest „liberal oder grün“ zu wählen.

Jens Richter: „Initiative Denkzettel. Ein Wählerroman“, Lampe Verlag, Leipzig 2017, broschiert, 328 Seiten, 10 Euro