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02.02.18 / Und kein Ende in Sicht / Seit Jahren sinken die Mitgliederzahlen der DGB-Gewerkschaften

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-18 vom 02. Februar 2018

Und kein Ende in Sicht
Seit Jahren sinken die Mitgliederzahlen der DGB-Gewerkschaften
Dirk Pelster

Seit Jahren schon kämpfen die innerhalb des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) organisierten Gewerkschaften mit dem Verlust von Mitgliedern. Heute zählen sie noch knapp über sechs Millionen Angehörige in ihren Reihen. Im Jahre 2000 waren es noch 1,5 Millionen Mitglieder mehr gewesen. 

Stark sind der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften vor allem in Großunternehmen und in öffentlichen Verwaltungen, also dort, wo ohnehin vergleichsweise gute Arbeitsbedingungen und Entlohnungssysteme für die Beschäftigten bestehen. Doch dies primär dem gewerkschaftlichen Einfluss zuzuschreiben, wäre zu kurz gegriffen. Für die Leistungen, die von solchen Konzernen sowie von staatlichen Stellen angeboten werden, gibt es nämlich zumeist keine oder nur sehr wenige Mitbewerber. Während ein Friseurmeister jederzeit damit rechnen muss, dass einige Häuser weiter ein Konkurrent seinen Salon eröffnet, liegt dieses Risiko für einen deutschen Automobilhersteller praktisch nahe Null. Aufgrund des geringen Wettbewerbsdrucks auf nationaler Ebene bestehen daher bei diesen Unternehmen sehr viel größere Spielräume bei der Gestaltung der eigenen Preise und folglich auch für die Entlohnung ihrer Mitarbeiter. Internationalen Konkurrenten begegnet man in der Regel durch die Auslagerung von Betriebsstätten in das Ausland. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit zunehmender Größe eines Unternehmens strengere Auflagen, etwa beim Arbeits- oder Kündigungsschutz, vorschreibt. Aus diesen Gründen ist eine Beschäftigung bei einem im DAX notierten Konzern meist sehr viel attraktiver als eine vergleichbare Tätigkeit in einem Kleinbetrieb. Die privilegierte Beschäftigungssituation ist somit nicht in erster Linie die Folge eines besonderen gewerkschaftlichen Engagements, sondern vor allem der äußeren Rahmenbedingungen, unter denen in diesen Bereichen gearbeitet wird. Vor diesem Hintergrund gelingt es den Gewerkschaften, zumeist sehr ansehnliche Tarifverträge mit den entsprechenden Arbeitgebern abzuschließen. Arbeitskämpfe, die über mehrstündige Warnstreiks in einzelnen Betrieben hinausgehen, haben Seltenheitswert.

Ganz anders sieht es hingegen bei den Beschäftigten in kleineren und mittleren Unternehmen aus. Auch hier gibt es durchaus viele Betriebe, die sich aufgrund ihres innovativen Potenzials durch eine hohe Wettbewerbsfähigkeit auszeichnen und ihren Mitarbeitern daher eine gute Entlohnung anbieten können. In den Branchen allerdings, in denen für einen Marktzugang keine besonderen Voraussetzungen gefordert sind, sehen die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zumeist deutlich schlechter aus. Dies gilt etwa für den Einzelhandel oder für den Logistikbereich. Um diese Arbeitnehmer kümmert sich der DGB kaum. Unterstützung leisten seine Mitgliedsgewerkschaften hier ohnehin nur für die eigenen Mitglieder und diese besteht – gerade für prekär Beschäftigte in tariflich nicht gebundenen Unternehmen – zumeist nur in Form einer rechtlichen Beratung, welche die Betroffenen über eine private Rechtsschutzversicherung jedoch deutlich preisgünstiger erhalten können. Die Mitgliedschaft in einer DGB-Gewerkschaft ist daher heute in der Regel nur noch für bereits privilegierte Arbeitnehmer interessant. 

Hinzu kommt, dass sich die Gewerkschaften immer mehr allgemeinpolitischen Fragen, wie etwa dem „Kampf gegen Rechts“, verschrieben haben. Bei Stellungnahmen des DGB, die tatsächlich noch einen Bezug zur Arbeitswelt haben, spiegeln diese häufig nicht mehr die Interessen vieler Arbeitnehmer in einer sich zunehmend digitalisierenden Welt wider, was sich etwa am Festhalten an starren Arbeitszeitmodellen aus dem vergangenen Jahrhundert zeigt. Abgeschreckt zeigen sich viele Beschäftigte auch von dem Funktionärsunwesen innerhalb der DGB-Gewerkschaften. Viele Vorstandsmitglieder erhalten neben einem ohnehin schon stattlichen Grundgehalt im sechsstelligen Bereich noch Tantiemen aus ihren Tätigkeiten als Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten. Verkrustete Positionen und Strukturen des DGB lassen daher erhebliche Zweifel an dessen Reformfähigkeit zurück.