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02.02.18 / »Der rote Gott und die Deutschen« / Stalin-Ausstellung in der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-18 vom 02. Februar 2018

»Der rote Gott und die Deutschen«
Stalin-Ausstellung in der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen
Michael Leh

Die Stasi-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen zeigt bis zum 30. Juni die sehenswerte Sonderausstellung „Der Rote Gott – Stalin und die Deutschen“. Wie der Direktor der Gedenkstätte, Hubertus Knabe, bei der Eröffnung erklärte, ist der Personenkult um Stalin in der frühen DDR heute fast völlig in Vergessenheit geraten. 

Die Ausstellung führt mit vielen seltenen Exponaten die von der SED betriebene Verherrlichung Stalins vor Augen. „Die Vergötterung galt einem der schlimmsten Diktatoren der neueren Geschichte“, sagte Knabe, „einem Mann, der über 44000 Todesurteile eigenhändig unterschrieben und den Tod von Millionen weiterer Menschen zu verantworten hat“. Nicht nur Funktionäre wie Walter Ulbricht oder Erich Honecker hätten Stalin als „besten Freund des deutschen Volkes“ und „größten Genius der Epoche“ bejubelt, sondern es hätten sich auch „Arbeiter und Intellektuelle, Lehrer und Journalisten, Städteplaner und Dichter an der Verehrung eines Massenmörders“ beteiligt. 

Bei der Ausstellungseröffnung sprach auch Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke), der qua Amt Vorsitzender des Stiftungsrats der Gedenkstätte ist. Knabe erklärte ihm gegenüber: „Ich weiß, dass viele Opfer der SED-Diktatur Sie und Ihre Partei sehr kritisch sehen, was nicht nur mit ihrer Geschichte als Diktatur-Partei zusammenhängt.“ „Die Linke“ habe bis heute die DDR nicht als „menschenverachtende Diktatur“ verurteilt. Knabe zitierte auch euphemistische Äußerungen Sahra Wagenknechts über das Stalin-Regime. Er dankte Lederer aber dafür, dass dieser den Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus auf dem Sozialisten-Friedhof in Friedrichsfelde gegen linke Kritiker verteidigt habe. 

Lederer sprach sich für eine „vertiefte historische Auseinandersetzung mit dem Stalinismus“ aus. 2006 hatte er als „Linke“-Vorsitzender in Berlin eine Traueranzeige für den Mielke-Stellvertreter Markus Wolf unterzeichnet, in der es hieß: „Wir trauern um unseren Freund und Genossen, einen streitbaren Kämpfer, der aufrecht durch sein Leben ging.“

Die Historikerin Irina Scherbakowa von der russischen Menschenrechtsorganisation „Memorial“, die sich besonders auch mit den Verbrechen der Stalin-Zeit befasst, erklärte bei der Eröffnung der Ausstellung: „Ich bin überrascht, wie facettenreich sie ist.“ In Russland sei inzwischen eine so große öffentliche Ausstellung über Stalin, „wo man wirklich zwei Systeme miteinander vergleichen“ könne, nicht mehr denkbar. 

Eine besondere Attraktion ist ein fast fünf Meter hohes und rund zweieinhalb Tonnen schweres Duplikat der Stalin-Bronzestatue, die bis 1961 – also noch lange nach dem Tod Stalins 1953 und Chruschtschows „Tauwetter-Rede“ von 1956 – in der Stalin-Allee (heute Karl-Marx-Allee) stand. Wie der Kurator der Ausstellung, Andreas Engwert, erklärte, hatte Ulbricht den Kauf der Statue in Russland veranlasst. 1951 wurde das Standbild – das noch auf einem hohen Sockel stand – von Ulbricht eingeweiht. 

Die Statue war der Abguss einer Stalin-Figur des Bildhauers Nikolaij Tomskij, hergestellt in einer Gießerei in Leningrad. Auch in anderen Ländern des sowjetischen Machtbereichs seien Abgüsse der Tomskij-Statue aufgestellt worden, sagte Kurator Engwert. Dort seien sie zum Teil erst 1990 von den Sockeln geholt worden. Die jetzt in Berlin gezeigte Statue fand man in Ulan-Bator, sie gehört einem mongolischen Geschäftsmann, der sie als Leihgabe zur Verfügung stellt. Die Statue wurde 8000 Kilometer auf einem Lkw aus der Mongolei hertransportiert. Bewusst wurde sie nur auf den Boden am Eingang der Ausstellung gelegt und nicht aufgestellt. In der Ausstellung ist auch eine abgebrochene Hand der riesigen Stalin-Statue zu sehen, die beim Ungarn-Aufstand 1956 in Budapest niedergerissen wurde.