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02.02.18 / Friedensprozess in Gefahr / Vieles hängt in Kolumbien von der nächsten Regierung ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-18 vom 02. Februar 2018

Friedensprozess in Gefahr
Vieles hängt in Kolumbien von der nächsten Regierung ab
Bodo Bost

Der Friedensvereinbarung der kolumbianischen Regierung mit der größten Guerillabewegung des Landes, der FARC, im Jahre 2016, die unter Vermittlung des Vatikans und Kubas zustande kam, gehört zu den wenigen positiven Entwicklungen in der Weltpolitik in den letzten Jahren. Der historische Friedensschluss und die damit zusammenhängende Versöhnungsarbeit standen auch im Mittelpunkt des Papstbesuches im September, der eine wahre politische Euphorie ausgelöst hatte. Nach dem FARC-Friedensschluss verzeichnete das südamerikanische Land die niedrigsten Opferzahlen seit Jahrzehnten. 

Nach Ablauf der im Oktober vereinbarten Waffenruhe mit der zweitgrößten Guerillagruppe ELN am 9. Januar sollten eigentlich in Ecuadors Hauptstadt Quito die im Februar 2017 begonnen Gespräche in die fünfte Runde gehen. Diese Verhandlungen wurden jedoch nach einem Angriff von ELN-Rebellen auf Militärs sowie auf eine wichtige Ölpipeline von der Regierung ausgesetzt. 

Im März gibt es in Kolumbien Parlaments- und im Mai Präsidentschaftswahlen. Die Parteien sind zwischen klaren Gegnern und Befürwortern des Friedensabkommens mit der FARC gespalten. Das Gelingen oder Scheitern des Friedensprozesses wird wesentlich von der Zusammensetzung der nächsten Regierung abhängen, denn die jetzige hat bei der Umsetzung des Abkommens wertvolle Zeit verloren und wird in den wenigen Monaten, die ihr noch verbleiben, nicht mehr viel erreichen können. 

Für die Bevölkerung in den großen Städten Kolumbiens hat die Frage des Gelingens oder Scheiterns des Friedensprozesses keine Priorität. Für die Landbevölkerung, die mittlerweile zur Minderheit geworden ist, wäre ein Scheitern des Friedensprozesses jedoch fatal. Denn die rund 7000 demobilisierten Guerillakämpfer sind hochqualifizierte Profis im Umgang mit Waffen und der Ausübung von Gewalt. Wenn der Staat bei der Umsetzung der Projekte zu ihrer Wiedereingliederung in die Zivilgesellschaft nicht Wort hält, dann ist die Gefahr äußerst groß, dass viele von ihnen neue kriminelle Banden bilden oder lukrative Angebote der Drogenmafia und Paramilitärs annehmen und wieder dort agieren, wo sie die besten Ortskenntnisse besitzen. 

Die Aussetzung der Friedensgespräche der Regierung mit dem ELN dämpft eher die Hoffnung auf eine baldige friedliche Zukunft. Das ELN rekrutiert fleißig junge Leute, auch Minderjährige, in den afro- und indigenen Gemeinden und rückt systematisch in die Gebiete ein, welche die FARC geräumt hat. Und statt dass das kolumbianische Militär unter rechtsstaatlichen Normen die Kontrolle über diese Gebiete ausübt, überlässt es den territorialen Disput mit dem ELN den Paramilitärs, deren Existenz von der Regierung nach wie vor strikt geleugnet wird. Die Guerillabewegung ELN, die einst von linkskatholischen Christen um den Studentenpfarrer Camillo Torres gegründet worden war, hat zwar nur noch 1500 bis 2000 Kämpfer unter Waffen, aber eine Aufkündigung der Friedensverhandlungen birgt große Gefahren für das Land, das nach Jahrzehnten des Drogen- und Guerillakampfes endlich zur Ruhe kommen und wirtschaftlich wieder erstarken will. Deshalb ist nach der Aussetzung der Friedensgespräche mit dem ELN sogar der UN-Generalsekretär António Guterres nach Kolumbien gereist.