27.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
02.02.18 / In Gold aufgewogen / Eine erfolgreiche Geschäftsidee – Gustav Klimt und sein Hang, goldfarbene Frauen zu malen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-18 vom 02. Februar 2018

In Gold aufgewogen
Eine erfolgreiche Geschäftsidee – Gustav Klimt und sein Hang, goldfarbene Frauen zu malen
Veit-Mario Thiede

Gustav Klimt war der Star der Wiener Secession. Am 6. Februar 1918 starb der Jugendstilmaler, dessen Markenzeichen goldfarbene Gemälde waren, in Wien an den Folgen eines Schlag­anfalls.

Seinem Gemälde einer enthüllten Rotblonden gab Gustav Klimt den Titel „Nuda Veritas – Die nack­te Wahrheit“ (1899) und versah es mit einem Schiller-Zitat auf goldenem Grund: „Kannst du nicht allen gefallen durch deine That und dein Kunstwerk, mach es wenigen recht. Vielen gefallen ist schlimm.“ So gesehen hat es den Maler schlimm getroffen. Denn mit Gemälden wie der „Goldenen Adele“ und „Der Kuss“ ist Klimt heute einer der beliebtesten Künstler der Welt. 

Klimts „Nuda Veritas“ ist vom  13. Februar an im Kunsthistorischen Museum Wien ausgestellt. Zeitgleich beginnt im Stiegenhaus des Museums das Projekt „Stairway to Klimt“. Es ermöglicht mittels einer Brücke den Malereien nahezukommen, nach de­nen man sich sonst den Hals verrenken muss, da sie zwölf Meter über der Eingangshalle hängen. Die 1890/91 von Klimt geschaffenen 13 Bilder sind den bedeutenden Stilepochen der Kunst gewidmet. „Pallas Athene“ etwa verkörpert als Schutzgöttin der Künste die griechische Antike.

Seine Beiträge zur Ausschmückung des Stiegenhauses fanden großen öffentlichen Beifall. Doch das nachfolgende Schaffen des Malers war umstritten. Gleichwohl gehörte er zu den bestbezahlten Künstlern Österreichs. Als zweites von sieben Kindern des böhmischen Goldgraveurs Ernst Klimt und dessen Gattin Anna wuchs der 1862 in Wien geborene Gustav in ärmlichen Ver­hältnissen auf. Er soll wortkarg gewesen sein und ein aufbrausendes Temperament gehabt haben. Aber er war hilfsbereit und freigebig.

Klimt bekannte: „Es bleibt eine üble Gemeinheit, Kapitalien an­zuhäufen. Das verdiente Geld muss man trachten, rasch auszugeben. Könnte man alle Menschen dazu verpflichten, dann hätte sicherlich alle wirtschaftliche Not der Erde ihr endliches Ende.“ Er hat sich daran gehalten. Obwohl er viel verdiente, hinterließ er kein Geld.

Bis heute wird Klimt für seine opulente, erotisch aufgeladene Jugendstilmalerei geschätzt. Sie gipfelt im Gemälde „Der Kuss“. Es hängt in Wiens Oberem Belvedere, das mit 24 Gemälden die größte und wichtigste Sammlung seiner Bilder beherbergt. „Der Kuss“ zeigt ein in goldene, gemusterte Gewänder gehülltes Paar, das auf einer Blumenwiese kniet. Sie hat den Kopf zur linken Schulter geneigt und die Augen hingebungsvoll ge­schlossen. Er renkt den Kopf weit vor, um sie auf die Wange zu küssen. Der Hintergrund erinnert an einen goldbraunen nächtlichen Sternenhimmel – Selige Zweisamkeit in beunruhigender kosmischer Einsamkeit. 

Was hier nur dezent anklingt, tritt in vielen anderen Gemälden lautstark zu Tage: das mit Schönheit gepaarte Unheimliche, Drohende und Schicksalhafte. Im Gemälde „Hoffnung I“ blickt uns eine nackte Hochschwangere aufmerksam an. Über ihrem Haupt treten ein Schädel sowie drei de­solate Gesichter in Erscheinung. Sie verkörpern Tod, Krankheit, Alter und Irrsinn.

Die finsteren Hintergrundgestalten der „Hoffnung I“ werden mit dem Tod von Klimts Sohn Otto in Verbindung gebracht. Der Maler hatte von mehreren seiner Modelle uneheliche Kinder, darunter drei mit dem Namen Gustav. Klimts sexuelle Freizügigkeit veranlasste die Modesalonbesitzerin Emilie Flöge, ihre Liebesaffäre mit ihm zu beenden. Fortan pflegten sie jedoch ein inniges freundschaftliches Verhältnis. So verbrachte die Familie Flöge mit Klimt die Sommerfrische im Salzkammergut, wo dieser sich der Landschaftsmalerei widmete.

Das „Bildnis Emilie Flöge“ ist eines der bekanntesten Porträts Klimts. Seit 1899 nahm er nur von Frauen Porträtaufträge an, darunter der wohlhabenden Marie Henneberg. Ihr Bildnis ist eines der zentralen Werke der Sonderschau, die das Kunstmuseum Mo­ritzburg in Halle an der Saale ab 14. Oktober Klimt widmet. Viele der von ihm porträtierten Damen gehörten dem jüdischen Großbürgertum an. Besondere Be­rühmtheit genießt das „Bildnis Adele Bloch-Bauer I“, das den Spitznamen „Goldene Adele“ trägt. Kein Wunder: Un­mengen Goldauflage sind zu Quadraten ge­schichtet oder zu Spiralen ge­dreht. Das schlanke Luxusgeschöpf im goldenen Kleid scheint uns zu betrachten. Aber ihre Ge­sichtszüge bleiben ausdruckslos.

Nach dem „Anschluss“ Österreichs pressten die Nationalsozialisten Adeles Witwer Ferdinand das Bildnis ab. Es gelangte in die Österreichische Galerie im Belvedere. Adeles Nichte Maria Altmann bemühte sich seit 1998 um die Rückerstattung des Bildes. Sie gewann 2006 gegen die Republik Österreich den Streit um die Herausgabe und reichte es an den Kosmetikunternehmer Ronald S. Lauder weiter, der dafür 135 Mil­lionen US-Dollar bezahlt haben soll. Damit war es zu dem Zeitpunkt das wohl teuerste Gemälde der Welt, was nicht unwesentlich zur „Wertschätzung“ des Malers beigetragen hat. Heute wirbt es in der Neuen Galerie von New York für die Kunst Gustav Klimts. Kinofreunden wird noch der Film „Die Frau in Gold“ in Erinnerung sein, in dem die britische Schauspielerin Helen Mirren im Jahr 2015 die Maria Altmann mimte und in dem es um ihren Kampf um die Rückgabe des Gemäldes geht. Klimt beschäftigt uns also sogar noch 100 Jahre nach seinem Tod.

Ausstellungstipps: Wien um 1900, bis 10. Juni im Leopold Museum Wien. Stairway to Klimt und Präsentation der „Nuda Veritas“, 13. Februar bis 2. September im Kunsthistorischen Mu­seum Wien. Klimt ist nicht das Ende, 23. März bis 26. August im Unteren Belvedere, Wien. Der Zauberer aus Wien, 14. Oktober bis 6. Januar 2019 im Kunstmuseum Moritzburg Halle an der Saale. Literaturtipps: Mona Horncastle, Alfred Weidinger. Gustav Klimt: Die Biografie, Brandstätter Verlag, 29,90 Euro. Gustav Klimt: Sämtliche Gemälde, Taschen Verlag, 50 Euro. Elisabeth Sandmann, Der gestohlene Klimt: Wie sich Maria Altmann die Goldene Adele zu­rückholte, Suhrkamp, 10 Euro.