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02.02.18 / PiS-Senator erhebt schweren Vorwurf gegen Medien / Laut Jerzy Czerwinski sollen Beiträge über Rechtsradikale in Polen die Restitution des »verlassenen jüdischen Eigentums« beschleunigen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-18 vom 02. Februar 2018

PiS-Senator erhebt schweren Vorwurf gegen Medien
Laut Jerzy Czerwinski sollen Beiträge über Rechtsradikale in Polen die Restitution des »verlassenen jüdischen Eigentums« beschleunigen
Chris W. Wagner

Huldigungen des slawischen Donnergottes Perun, die sich jährlich am 3. Mai wiederholenden Aktionen mit Hitlergruß am Denkmal der polnischen Aufständischen auf dem oberschlesischen St. Annaberg sowie das Verbrennen von EU-Fahnen oder Angela-Merkel-Bildern sind Beispiele dafür, dass Skinhead-Gruppierungen in der Republik Polen sehr aktiv sind. Im schlesischen Brieg [Brzeg] wurde nun eine Sektion des Nationalradikalen Lagers (Oboz Narodowo-Radykalny, ONR) wegen antisemitischer und antideutscher Propaganda sowie dem Gebrauch nationalsozialistischer Symbolik verboten. Im August kam es zu Übergriffen auf eine afrikanische Familie im westpreußischen Löbau [Lubawa] und ab und zu berichten Medien von verbalen Angriffen gegen Ausländer in Großstädten. Doch all dies hat bislang nicht die teils hysterischen Wellen geschlagen, die ähnliche Ereignisse deutscher Gruppen in der Bundesrepublik hervorrufen. Ein Ruck durch die polnische Medienlandschaft und politische Gremien ging jedoch, nachdem der private Fernsehsender TVN einen Beitrag über den Gemeinnützigen Verein „Stolz und Moderne“ (Duma i Nowoczesnosc) ausgestrahlt hatte. 

Mit versteckter Kamera wurden unter anderem Bilder von einer im Wald bei Loslau [Wodzislaw Slaski] zelebrierten Geburtstagsfeier Adolf Hitlers aufgenommen. Der Beitrag zeigt einige als Wehrmachtsoldaten und SS-Männer verkleidete Männer und Jugendliche, die Reichsflaggen hissen und den Hitlergruß zeigen. Ein großes Hakenkreuz aus Holz wird entzündet, im Hintergrund hört man Marschmusik.

Jacek Lanuszny, der stellvertretende Vorsitzender von „Stolz und Moderne“, hat ein Ende November in Kattowitz durchgeführtes „Happening“ organisiert, während dem auf Richtplätzen sechs EU-Abgeordnete der Bürgerplattform symbolisch in Form ihrer Portraits erhängt wurden. Die Parlamentarier hatten im EU-Parlament für eine Resolution gestimmt, in der die polnische Regierung aufgerufen wird, die „xenophoben und faschistischen“ Unabhängigkeitsmärsche am 11. November, dem „Tag der Unabhängigkeit“ zu verurteilen. „Wir wollten auf diese krasse Weise unseren Widerstand ausdrücken“, sagte Lanuszny gegenüber dem Onlineportal gazeta.pl. Lanuszny ist zugleich Assistent des Sejmabgeordneten Robert Winnicki, der Vorsitzender der Nationalen Bewegung (Ruch Narodowy) ist. Lanuszny ist zugleich Chef der 2009 gegründeten Stiftung „Adlernest“ (Orle Gniazdo) im oberschlesischen Tichau [Tychy], die seit fünf Jahren das Musik-Festival „Adlernest“ organisiert, bei dem es, so TVN24, dem ersten polnischen Nachrichtensender mit Programm rund um die Uhr, zu rassistischen und den Nationalsozialismus huldigenden Auswüchsen der Teilnehmer kommen soll. Jährlich finden republikweit derartige Festivals statt, zum Beispiel im niederschlesischen Lampersdorf  [Grodziszcze] im Kreis Neumarkt [Sroda Slaska]. 

Derartige Zwischenfälle müssten geahndet werden, so Senator Jerzy Czerwinski (PiS), doch man dürfe dabei das Ausmaß des Geschehens nicht überschätzen. „Man kann kaum von einem öffentlichen Vorfall sprechen, da es im Wald geschah, von Veröffentlichung nazistischer Symbolik kann hier auch keine Rede sein, es sei denn, man würde Eichhörnchen als Adressaten nehmen“, sagte Czerwinski im Radio Oppeln. Der Senator stellt sich eher die Frage, warum der Sender TVN erst ein Jahr nach den Geschehnissen seinen Beitrag publik machte. Der Zeitpunkt gebe ihm zu denken, da wie Czerwinski betonte, die Sache just in dem Augenblick der Öffentlichkeit präsentiert wird, in dem nun der US-Senat über die Akte S447 (Restitution jüdischen Eigentums) debattiert. Laut Czerwinski sollen derartige Medienbeiträge die Restitution des „verlassenen jüdischen Eigentums“, das vom polnischen Staat übernommen wurde und nun den Besitzern zurückgegeben werden soll, beschleunigen.

Robert Tistek von der Partei Kukiz15 sieht in der medialen Berichterstattung eine Attacke gegen Polen. „Man stellt uns als Faschisten dar, spricht von 100000 Faschisten, die am Unabhängigkeitsmarsch teilgenommen haben. Wir müssen mit derartigen Ausschweifungen kämpfen, das ist klar, aber zu Hause, nicht in einem europäischen Forum“, so der in Derschau [Suchy Bor] bei Oppeln lebende Kukiz15-Politiker.

Selbst in dieser Debatte suche man immer die Schuld bei anderen, so der Abgeordnete der Deutschen Minderheit, Ryszard Galla. „Als letzte Woche die Frage aufkam, ob wir in einem vom Faschismus infizierten Land leben, antwortete der ehemalige Abgeordnete Zbigniew Girzynski, bei den Akteuren des TV-Beitrages könnte es sich um Bürger der deutschen Minderheit handeln!“, so Galla.