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09.02.18 / Roms letzter und Austrias erster Kaiser / Vor 250 Jahren wurde der Herrscher des Heiligen Reiches und des Kaiserstaates Österreich Franz II./I. geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-18 vom 09. Februar 2018

Roms letzter und Austrias erster Kaiser
Vor 250 Jahren wurde der Herrscher des Heiligen Reiches und des Kaiserstaates Österreich Franz II./I. geboren
Manuel Ruoff

Dutzende von Deutschen und auch Nichtdeutschen waren Kaiser des Heiligen Römischen Reiches in der Tradition des (West-)Römischen Imperiums. Und immerhin vier Habsburger waren Kaiser von Österreich. Aber nur einer war beides, als Franz II. von 1792 bis 1806 Roms und als Franz I. von 1804 bis 1835 Austrias Kaiser. 

In Franz’ 43-jährige Herrschaftszeit fiel die von seinem Land ausgehende Restauration. Bemerkenswerterweise wurde diese jedoch nicht ihm, sondern dem verhass­ten Staatskanzler Klemens von Metternich angelastet. Er selber hingegen erfreute sich bei seinen Untertanen einer recht großen Beliebtheit. Ähnlich wie sein preußisches Pendant, Friedrich Wilhelm III., bevorzugte er einen bescheidenen, bürgerlichen Lebensstil. Gerne gab er sich volkstümlich. Er besaß die auch seinem Enkel und Nachfolger von 1848 bis 1916, Franz Joseph I., nachgesagte Mischung aus Gelassenheit und Wurstigkeit, aus Souveränität und Phlegma. Goldig war auch sein Humor. Als der bereits dreimal Verwitwete 1816 die nur halb so alte vierte Frau ehelichte, meinte er trocken: „Wenigstens habe ich dann nicht in ein paar Jahren wieder eine Leich’!“

Dabei ist Franz von der Verantwortung für die Politik seines Kanzlers Metternich nicht freizusprechen. Wir befinden uns mit Franz noch im Zeitalter des Spätabsolutismus, und Metternich hätte nichts bewirken können ohne die Rückendeckung seines Souveräns. Und wenn Franz auch ein eher an Botanik als an Politik interessierter Mensch war, so wollte er politisch doch noch vor seinen Vorgänger von 1765 bis 1790 und Onkel, den Reformkaiser Joseph II., zurück. Im Vergleich mit Joseph, dem Zeitgenossen und gewissermaßen österreichischen Pendant von Friedrich dem Großen, war er in dem Spektrum zwischen dem ersten Diener des Staates, Preußens König Friedrich II., und dem Staat daselbst, Frankreichs König Ludwig XIV., eher bei letzterem. Für ihn stand nicht der Staat im Zentrum, sondern die Dynastie. So überließ er denn auch seinem ältesten Sohn, Ferdinand, das Erbe trotz begründeter Zweifel an dessen Regierungsfähigkeit. 

Zum Verständnis von Franz’ reaktionärer Haltung muss man bedenken, dass ihm vom Beginn seiner Herrschaft an erst vom revolutionären Frankreich und dann vom Kind der Französischen Revolution, Kaiser Napoleon I.,  zugesetzt wurde. 

1790 starb Franz’ Onkel Joseph II. und zwei Jahre später dessen direkter Nachfolger, Franz’ Vater Leopold II. Nun war Franz am Ruder. Er übernahm die Herrschaft in Österreich und wurde noch im selben Jahr traditionsgemäß von den Kurfürsten zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gewählt. Noch vor seiner Krönung im Frankfurter Dom, welche die letzten Kaiserkrönung in Mitteleuropa sein sollte, erklärte das revolutionäre Frankreich, formal noch Königreich, Österreich den Krieg. Wie diesen ersten führte auch der zweite Koalitionskrieg zu einem Machtgewinn Frankreichs auf Kosten Österreichs. 

1804 krönte sich Napoleon zum Kaiser der Franzosen. Damit standen die Habsburger nun unter den Bonapartes, denn gemeinhin wählten die Kurfürsten zwar den jeweils in Österreich regierenden Habsburger zum Kaiser, aber das machte aus den Habsburgern noch keine kaiserliche Dynastie. Deshalb schuf Franz die österreichische Erbmonarchie mit ihm als Kaiser. Franz war nun in Personalunion als Franz II. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und als Franz I. Kaiser von Österreich. Mit dem österreichischen Kaiserstaat hatten die Habsburger nun endlich ein staatliches Gefäß für ihre vor allem durch Heirat im Laufe der Jahrhunderte gewonnen diversen Besitzungen im mitteleuropäischen Raum, von denen das Erzherzogtum Österreich nur einen Bruchteil ausmachte. 

Spätestens die Gründung des Rheinbundes ließ Franz die Gefahr erkennen, dass die Kurfürsten als nächstes einen Angehörigen des Hauses Bonaparte zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches wählen und damit die Habsburger zu Lehensmännern eines Bonaparte machten, denn ein großer Teil Österreichs war ja nicht souverän, sondern gehörte zum Heiligen Römischen Reich. Also legte Franz 1806 die Krone nieder und erklärte das Heilige Römische Reich für aufgelöst.

Nach dem verlorenen fünften Koalitionskrieg von 1809 gab Franz den Widerstand gegen Frankreich vorerst auf und ließ seinen neuen Außenminister Metternich eine frankreichfreundliche Politik betreiben. Dazu gehörte, dass Franz Napoleon seine Tochter Marie-Louise zur Frau gab, dass er sich an dessen Russlandfeldzug beteiligte und dass er nach dessen Scheitern nicht wie Preußen gleich die Seite, sondern erst einmal nur in die Neutralität wechselte, was Österreich die Rolle eines Züngleins an der Waage gab. Metternich entschied sich schließlich für die antinapoleonische Koalition, und Napoleons Schicksal war besiegelt. 

Bei der Neuordnung Europas nach Napoleons Niederlage auf dem Wiener Kongress von 1814/15 war Franz zwar der Gastgeber, aber die Politik machte Metternich. Allerdings war er persönlich maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass Österreich aus Deutschland hinauswuchs, wie es so schön heißt. Enttäuscht von der Illoyalität der Rheinbundfürsten während der napoleonischen Zeit lehnte er es ab, der Idee der Restauration folgend die von ihm niedergelegte römisch-deutsche Kaiserkrone wieder aufzunehmen. Damit verzichtete er ohne Not auf ein wichtiges Symbol der Vorherrschaft in Deutschland. 

Zudem hatte er die Erfahrung machen müssen, dass sich Österreichs Exklaven nur schwer verteidigen ließen. Er verzichtete deshalb auch auf den Rückerhalt der Österreichischen Niederlande und Vorderösterreichs mit den Exklaven in Südwestdeutschland zugunsten einer Arrondierung seines Staatsgebietes im Außerdeutschen. Die prestigeträchtige Wacht am Rhein überließ er damit der anderen großen deutschen Großmacht. Dieses und überhaupt das Herauswachsen Österreichs aus Deutschland in Kombination mit dem Hineinwachsen Preußens in Deutschland ist eine wichtige Weichenstellung für die Lösung der deutschen Frage durch Preußen auf Kosten Österreichs. 

Die kleindeutsche Lösung erlebte Franz jedoch genauso wenig wie das Münden der Restauration in die 48er Revolution. Metternich, der bis 1859 lebte, musste noch erleben, dass er 1848 vom Hof gejagt wurde. Da war Franz schon längst tot. Der vor 250 Jahren, am 12. Februar 1768, geborene Doppelkaiser starb am 2. März 1835 in seiner Haupt- und Residenzstadt Wien.