19.04.2024

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09.02.18 / Lewe Landslied, liebe Familienfreunde,

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-18 vom 09. Februar 2018

Lewe Landslied, liebe Familienfreunde,

heute befassen wir uns mit einem schwergewichtigen Thema im wahrsten Sinne des Wortes: Es geht um einen fünf Tonnen schweren Granitstein, der in einem Park von Pretoria in Südafrika steht. Noch steht – denn er muss umgesetzt werden. Aber um verständlich zu machen, warum sich unser Landsmann Siegfried Kittel an uns wendet und wir seine Bitte an unsere Leserschaft weiterreichen sollen, muss zuerst einmal die Entstehung dieses Monumentes erklärt werden, denn da spielt Herr Kittel selber eine ausschlaggebende Rolle. Der heute 91-Jährige war der Initiator, der den Stein ins Rollen brachte – aber darüber lassen wir ihn, den Ersten Vorsitzenden der Landsmannschaft Ost- und Westpreußen S.A. und deren Mitbegründer, lieber selber erzählen:

„Im Januar 2001 unterbreitete ich dem Vorstand den Plan, hier in Südafrika eine Gedenkstätte für die Vertriebenen zu bauen, die Idee bekam ich nach einem Besuch in Bayern. Sie wurde aufgenommen, und die Planung begann. Der neue Bürgermeister von Pretoria, der hier in einer Missionsschule Deutsch gelernt hatte, erteilte uns die Genehmigung und sagte uns seine volle Unterstützung bei der Durchführung zu. Als Standort wurde ein Park ausgewählt, in dem sich ein großes Museum befand und auch schon ein Monument der Portugiesen stand.“

Mithilfe des für die Bearbeitung des Mammutsteines gefundenen Steinmetzen wurde nach langer Suche ein passender Granitblock gefunden. Und dann begannen die eigentlichen Schwierigkeiten, denn der fünf Tonnen schwere Stein musste zuerst in eine Fabrik, wurde dort bearbeitet und mit dieser Inschrift in Deutsch und Englisch versehen:

„Zur Erinnerung an die Enteignung und Vertreibung aus unserer deutschen Heimat und als Dank an Südafrika für eine neue Heimat und Zukunft – Ost- und Westpreußen, Pommern, Ost-Brandenburg, Schlesien und Sudetenland.“ Darüber die Wappen Ost- und Westpreußens.

Mit diesem Stein erfüllte der Ostpreuße Siegfried Kittel die sich selber gestellte Aufgabe, eine bleibende Erinnerung an die Vertreibung zu schaffen. Als Heimatloser war er nach dem Krieg in Lüneburg gelandet. Dort hatte er seine Frau Julie kennengelernt, die er in der St. Johanneskirche heiratete und mit der er 1952 nach Südafrika ging. Es wurden 68 glückliche Ehejahre, bis seine Frau vor zwei Jahren plötzlich verstarb. Siegfried Kittel hatte 1961 eine Tätigkeit bei Siemens in Johannesburg gefunden. Dort lernte er einige Landsleute kennen, alles Menschen mit Verbundenheit zu Ostpreußen über Generationen mit einer fast unwahrscheinlichen Liebe zu der verlassenen Heimat. Sie gründeten 1975 die Landsmannschaft Ost- und Westpreußen S.A., deren erster Erster Vorsitzender Helmut Tillwick war. Als dieser nach drei Jahren aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat, übernahm sein Stellvertreter Siegfried Kittel den Vorsitz. 

Der Transport des Mammutsteins zu dem bereitgestellten Aufstellungsplatz in dem Park in Pretoria war wieder mit großen Schwierigkeiten verbunden. In der Zwischenzeit war das Stufenfundament errichtet worden, und so konnte der Stein am 12. Oktober 2001 in Position gebracht werden. Um ihn herum wurden zwölf Eichen gesetzt, eine passende Umrahmung für das Monument, das am 27. Oktober durch einen Geistlichen eingeweiht wurde. Die Feier, zu der auch viele Ostpreußen kamen, wurde sogar gefilmt. Leider hat Herr Kittel bisher noch keine Kopie gefunden, aber er hofft noch immer, eine zu bekommen. Es lief also alles sehr gut an, die Anlage wurde von den Mitgliedern der Landsmannschaft gepflegt, aber dann begann der Park zusehends zu verkommen und damit auch diese der Öffentlichkeit zugängliche Gedenkstätte. Heute ist der Museumspark verdreckt, verschmutzt, vermüllt, die Stufen des Fundaments werden als Essplatz genutzt, die Abfälle bleiben liegen. Die Gedenkstätte ist, wenn nichts geschieht, dem Verfall preisgegeben Das wollen die Vertriebenen, für die sie ein Stück Heimat ist, verhindern. Also muss ein neuer Standort für den Gedenkstein gefunden werden, und da bietet sich das deutsche Kirchen- und Schulgelände in Pretoria an. Hier könnte der Stein neu aufgestellt werden, er wäre vor Fremdeinwirkungen geschützt, könnte gepflegt werden und würde die Erinnerung an die Oder-Neiße-Gebiete immer sichtbar und damit wach halten. Aber Transport und Neuaufstellung würden wieder viel Geld kosten, das die Mitglieder der Landsmannschaft nicht aufbringen können.

„Jetzt ist der Punkt gekommen, wo wir Hilfe brauchen“, schreibt Herr Kittel und kommt damit zu dem eigentlichen Anlass seiner Mail, der bisher ungelösten Finanzierung des Vorhabens. Trotz seines hohen Alters will er den Schriftverkehr übernehmen und die Verbindung zu alten Freunden in Deutschland suchen, die unsere Landsleute in Südafrika unterstützen könnten. Er denkt da in erster Linie an Deutsche, die einige Zeit am Kap gelebt haben und wieder in die Bundesrepublik zurückgekehrt sind und die heutigen Verhältnisse dort gut kennen. Siegfried Kittel hofft sogar, dass sich einige von unseren Leserinnen und Leser an eine Begegnung mit ihm erinnern, gleich ob diese in Südafrika oder auf einer seiner Deutschlandreisen erfolgte, auf denen er Landsleute aus Bayern und Berlin kennenlernte. Auch an deutsche Reisegruppen erinnert er sich, die auf ihren Afrikareisen mit den dort lebenden Vertriebenen zusammenkamen und die vielleicht die Gedenkstätte in Pretoria besuchten. So meint er, dass es durchaus „interessierte echte Ostpreußen“ geben könnte, die bereit wären, das dringend notwendige Vorhaben zu unterstützen „Ich kann es nicht begreifen, dass es nicht möglich sein sollte, solch eine Gedenkstätte für die Zukunft zu erhalten“, beendet der alte Herr seinen „Aufruf“, den wir in dieser Form an unsere Leserschaft weitergeben – wir selber haben nicht die Möglichkeit, solch eine Hilfsaktion durchzuführen, können also nur Vermittler sein. Als solche dürften wir in diesem Fall einen gewissen Seltenheitswert haben, denn der Appell eines 91-jährigen aus Pretoria wird nun von einer fast 102-Jährigen aus Hamburg bearbeitet und weitergegeben. Siegfried Kittels Brüder wurden übrigens fast 94 Jahre alt! Es ist also nie zu spät, auch in hohem Alter etwas zu beginnen, das für die Zukunft erhalten bleiben soll. „Herzliche Grüße an alle, die mich kennen“, soll ich noch von Siegfried Kittel ausrichten, der Zuschriften auf dieser E- Mail Adresse erwartet. (herbert.kittel@mweb.co.za)

Noch ein paar Jährchen mehr bringt Ruth Kaufmann auf die Lebenswaage, die in Schlesien geborene Kanada-Auswandererin, über die wir in Folge 3/2018 berichteten. Mit 95 Jahren schrieb sie ihre Erinnerungen an ein außergewöhnliches Leben auf und legte sie uns als gebundenen „Rückblick“ vor. Diese Selbstbiografie hat nicht nur bei schlesischen Lesern Interesse geweckt, es kamen auch von anderer Seite Anfragen nach dem Büchlein und vor allem nach ihrer Anschrift. Hier ist sie: Ruth Kaufmann, P.O.Box 1033, Stn.B, Ottawa. On Kip 5R1, Kanada. Und sie ist sogar als Zeitzeugin gefragt, denn Frau Ute Bäsmann möchte diese als Manuskript gedruckten Me­moi­ren erwerben – kann sie, denn Frau Kaufmann besitzt noch mehrere Exemplare. Vor allem möchte sie die Auswandererin nach ihrem damaligen Aufenthalt in Bremerhaven befragen, denn ihre Angaben könnten für das dortige Auswandererhaus interessant sein. In dem Büchlein beschreibt Ruth Kaufmann zwar weniger die allgemeine Situation als vielmehr den Abschied von ihrer Mutter vor dem Auslaufen des Transportschiffes. Da sie aber immer ihre Kamera dabei hatte und einige Aufnahmen von der Überfahrt in das Büchlein einbrachte, könnte sie auch noch weitere Fotos von dem damaligen Auswandererhafen besitzen. Für eine Befragung wird sie sich gerne zur Verfügung stellen, denn ihre Erinnerungen an diese Zeit sind ungetrübt und erfassen auch über das Persönliche hinaus die Gesamtlage. Wäre schön, wenn wir auch da eine Mittlerrolle erfüllt hätten.

Aber einen erfreulichen Erfolg kann ich schon heute melden: Die bisher bei allen Suchaktionen offen gebliebene Frage nach der Familie des Bischofs Maximilian Kaller ist gelöst. Wir hatten in den Folgen 50/2017 und 02/2018 das Anliegen von Herrn Klaus Schwand gebracht, der nach Angaben aus seiner Familie glaubt, dass eine direkte Verwandtschaft zu dem Bischof bestehe. Alle Nachforschungen waren bisher erfolglos geblieben. Und obgleich es sich um eine oberschlesische Familie handelt, wurde Herrn Schwand unsere Ostpreußische Familie als letzter Hoffnungsträger empfohlen. Den hat sie nun voll erfüllt. Zwar hatte uns Herr Schwand noch Mitte Januar mitgeteilt, dass er Zuschriften bekommen habe, die erbrachten aber keinen entscheidenden Hinweis bis auf die von Herrn Bergmann aus Herne, der ihm gleich mehrere Hinweise gab. Und einer war der richtige, denn nur zwei Wochen später kam diese Mail von Herrn Schwand:

„Dank Ihrer Hilfe bin ich jetzt auf meine Verbindung zu Bischof Kaller gestoßen. Der entscheidende Hinweis kam von Ihrem Leser, Herrn Bergmann aus Herne. Er führte zu der Ermlandfamilie und von da aus zu Frau Gasch, die sich sehr um mein Problem bemühte. Sie hatte Kontakt zu dem Pater Dr. Werner Brahtz, der eine Dissertation über Bischof Kaller geschrieben hatte. Um es kurz zu machen: Ich bin nicht direkt blutsverwandt mit ihm, aber seine Mutter war früh verstorben, und die zweite Frau war Maria Schwand!“ 

Um es auch kurz zu machen: Dank an alle Leserinnen und Leser, die bei der Suche mitgeholfen hatten und so viel interessante Einblicke in das Leben und Wirken des Bischofs gaben, dass wir dieses Thema noch ausführlich behandeln werden.

Eure Ruth Geede