18.04.2024

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09.02.18 / Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel / Ja! Äh, nein! / Warum wir die anderen endlich verstehen, wer das alte Familienbild wiederentdeckt hat, und wer wen hier (nicht) haben will

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-18 vom 09. Februar 2018

Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel
Ja! Äh, nein! / Warum wir die anderen endlich verstehen, wer das alte Familienbild wiederentdeckt hat, und wer wen hier (nicht) haben will

Den Riss, der durch unsere Gesellschaft geht, den beklagen wir ja alle. Selbstredend gibt jeder dem anderen (Lager) die Schuld an der Kluft, über die kein gepflegtes politisches Gespräch mehr möglich sei, weil sich alle immer gleich angiften. Man versteht sich nicht mehr, wobei „verstehen“ durchaus wörtlich zu nehmen ist.

Nun haben wir neulich eine Erleuchtung erfahren, auf die wir gar nicht mehr zu hoffen wagten. Einer von denen, die wir tatsächlich nicht mehr verstanden hatten, gab uns einen tiefen Einblick in sein Denken, das er mit vielen seiner Leute gemeinsam haben dürfte. 

Bei einer der üblichen Attacken auf den Präsidenten der USA setzte uns der ARD-Hörfunk-Korrespondent in Washington über die neueste Schurkerei von Donald Trump in Kenntnis. Der habe angekündigt, dass das Gefangenenlager von Guantánamo nicht geschlossen werde, was der ARD-Mann voller Empörung aufnimmt, denn, so der Journalist: „Damit kassiert Trump ein weiteres Erbe der Obama-Ära ein.“

Damit kassiert Trump – bitte was? Also: Barack Obama hatte in seinem Präsidentschaftswahlkampf versprochen, das Gefangenenlanger zu schließen. Er gewann die Wahl zwei Mal, 2008 und 2012, war insgesamt acht Jahre lang erster Mann der Vereinigten Staaten, war der mächtigste Politiker der Welt, wie man sagt.

Das Lager gibt es indes immer noch. Obama hat sein Versprechen gebrochen. Und was hat Trump getan? Er hat das gebrochene Versprechen seines von deutschen Medien heiß geliebten Vorgängers nicht wiederholt, sondern sich stattdessen „ehrlich gemacht“, wie man es modisch ausdrückt.

Der ARD-Korrespondent findet das offenbar unverzeihlich. Die schöne Lüge, man werde das Lager schließen, ist demnach äußerst lobenswert – die Wahrheit zu sagen dagegen von Übel. Indem er Obamas Lüge durch die Wahrheit ersetzt hat, hat Trump ein wertvolles „Erbe kassiert“.

Solch überlegene Logik verstehen schlicht gestrickte Heinis wie wir nicht. In unserer tumben Denke glauben wir, dass die Wahrheit der Lüge vorzuziehen sei und dass der Lügner und Schönfärber ein unseriöser Geselle sei und der Wahrheitsliebende ein Ehrenmann. Weit gefehlt! Es ist genau umgekehrt.

Es hängt alles an der Frage, welche Absichten, welche „Haltung“ man jemandem unterstellt. Daran entscheidet sich, ob einer zu den Guten oder den Bösen zählt. Hören Sie sich das mal an und entscheiden Sie selbst: „Mutter und Kinder! Das ist für mich Familie! Mutter und Kinder!“

Ist das nicht vorsintflutlich? Fortschrittliche Verfechter zeitgemäßer Rollenverteilungen samt Gender-Studies und alternativen Familien-Entwürfen laufen Sturm gegen solchermaßen reaktionäres „Mutter und Kind“-Geschwafel, das besonders gendersensible Gemüter an das Familienbild des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte erinnert.

Denkste. Den aufgeregten Satz hat Katrin Göring-Eckardt von den Grünen in den Bundestag gebrüllt. Ja, ausgerechnet die! Ist die Frau denn von allen grünen Geistern verlassen?

Nein, denn in der Debatte ging es um die Familienzusammenführung für Asylsucher mit minderer Schutzberechtigung, dem sogenannten „subsidiären“ Schutz. Ergo um Orientalen und fast ausschließlich Moslems. Da geht das mit der „Einengung der Frau auf ihre Rolle als Mutter“ auf einmal in Ordnung.

Wir würden ja gern den Dialog über den „Riss“ hinweg wieder aufnehmen. Aber wie denn? Sobald man sich denen da drüben ein wenig angenähert hat, um auf eine halbwegs gemeinsame Ebene zu gelangen, hüpfen sie einem weg und landen im Gegenteil dessen, was ihnen eben noch heilig war.

So ein Sprung kann viele Auslöser haben. Manchmal rührt er daher, dass einem die Folgen der eigenen Politik auf die Füße fallen, Da müssen wir dann nachsichtig sein. Mit Wilhelmshaven, Salzgitter, Delmenhorst, Cottbus und Freiberg in Sachsen wollen fünf Städte keine weiteren Asylsucher mehr aufnehmen. Skandal! Sind  diese Städte etwa schon AfD-regiert? Nein, die Bürgermeister gehören erstaunlicherweise CDU und SPD an. Aha! Und wo waren die Herren 2015, als CDU-Chefin Merkel die Grenzen öffnete und der SPD das eigentlich noch gar nicht weit genug ging? Auf Klo?

Natürlich nicht, wie albern, jedenfalls nicht immerzu. Dennoch ist es spannend zu beobachten, wie ein Bürgermeister seine damalige „Welcome“-Euphorie mit der heutigen Forderung nach einer Sperre zusammenklöppelt. Er beteuert, er wolle ja auf gar keinen Fall einen Zuzugsstopp, „weil ich diese Menschen hier nicht haben möchte“. „Dumpfen Populismus“ lehne er nämlich ab. Er möchte „diese Menschen“ also doch in seiner Stadt haben? Ja! Äh, nein!  Also, wie jetzt? 

Ist doch ganz egal: Was einer tut, ist gar nicht wichtig, er muss nur die richtige Gesinnung („dumpfer Populismus“) dazu singen, schon geht so gut wie alles. Daher wird auch keinem dieser Bürgermeister die Zunge rausfallen, wenn er bei nächster Sonntagsreden-Gelegenheit abermals das „Europa der offenen Grenzen“ preist und donnert: „Wir dürfen nicht den dumpfen Parolen der Populisten folgen, die fordern, wir sollten uns abschotten!“ Mit „abschotten“ sind Grenzkontrollen gemeint und die Begrenzung des Zuzugs nach Deutschland – also weit weniger als eine komplette „Sperre“ für das Land.

Wir würden ja zu gerne wissen, wie das weitergeht! Dass die Bürgermeister als Erste draufkamen, dass es „so“ jedenfalls nicht  weitergeht, hat sicher damit zu tun, dass sie etwas näher dran sind an den Problemen als die Mächtigen auf der Landes- und erst recht der Bundesebene.

Dort oben hält man sich die Ohren zu. Muss man auch, sonst erfährt man noch sowas hier:       61 Prozent der Grünen-Anhänger begrüßen es, dass laut Groko-Papier der Familiennachzug für die „Subsidiären“ eingeschränkt werden soll. Die Parteispitze und so ziemlich die gesamte Funktionärsebene der Partei findet eine solche Beschränkung dagegen menschenverachtend  – „Mutter und Kinder!“ Diese Umfragezahl schreckt. Schließlich dachten wir bislang, dass zumindest bei den Grünen Basis und Führung noch an einem Strang ziehen.

Bei der SPD ist das vorbei, weshalb sich die Wählerbasis woanders nach einem Platz fürs Kreuzemachen umschaut. Immer noch jede Woche eine neue Gruselzahl von den Meinungsforschern: Die Umfragewerte der Sozialdemokraten schreiten mit der spannungsgeladenen Gleichmäßigkeit eines Countdowns nach unten. Ist der Countdown runtergezählt, erfolgt die Zündung für den Schuss zum Mond.

Adieu SPD, wir hatten schöne Jahre zusammen. Doch am Schluss hattest du alles vergessen, was du mal wusstest, und nur noch wirres Zeug gebrabbelt.

Selbst die lieben Ratschläge, welche gutmeinende Journalisten den Sozialdemokraten auf den letzten Metern zustecken, wirken nicht sonderlich ermutigend. 

So lesen wir in einer großen Tageszeitung, Martin Schulz solle „gegenüber der Partei mit offenen Karten spielen“ und den Genossen vor der Abstimmung über die Groko offen sagen, was er will. Nach seinem Zickzack zu Schwarz-Rot hatte er ja zumindest kategorisch ausgeschlossen, für ein Ministeramt unter Merkel zur Verfügung zu stehen. Dann ließ Schulz durchstechen, dass er auf jeden Fall Minister werden wolle. Und als das zum erwartbaren Gegrummel führte, hieß es schließlich: „Ich sag’ euch nicht, ob ich einen Kabinettsposten anstrebe oder nicht.“ Das werde erst zum Schluss verraten.

Wir haben vollstes Verständnis, dass derlei Hin und Her selbst die treuesten Sozis in die Verzweiflung treibt. Aber „mit offenen Karten spielen“? Sagen, was er wirklich will? Das wissen wir doch: Schulz’ Ziel lautet: „Erst ich, dann ich, und zum Schluss nur noch ich“. Ob er mit der Beichte das „verlorengegangene Vertrauen“ zu­rückgewinnt?